AW: Die Beraterflut
von LaChatte:
Forcieren nicht, fördern aber sehr wohl. Es hat etwas von Gartenarbeit: man kann Pflanzen düngen, wässern, ihnen eine gute Erde geben und einen schönen Platz, an dem sie sich wohl fühlen - wachsen müssen sie aber selbst.
Hallo Barbara.
Als theoretische Vorstellung ist das m.E. schon inzwischen weit verbreitet und das stimmt mich garnicht so traurig. Was ist mit der Praxis, scheitern nicht die meisten solcher Vorstellungen daran, dass man sagt „ja aber“, scheitern sie nicht an eben dem, was ich mit Motiv vielleicht zu allgemein beschreibe? Du willst frei sein, aber erst „nachdem du nur wenigstens dieses eine Ziel noch erreicht“ hast. Du bist frei, „wenn“ du deine Mitte gefunden hast, dir geht’s gut, „wenn“ du den Partner gefunden hast und die Kinder aus dem haus sind“. Ist nicht die Praxis, dass sich die Menschen ein friedvolles Leben erst meinen „leisten“ zu müssen, nachdem die Bedingungen erfüllt sind?,... oder erst ihr Standardleben abspulen und dann irgendwann, wenn sie all ihre Bestrebungen erfüllt, gescheitert oder unsinnig sehen, (oder ab 18.00 Uhr...nach Feierabend) dass sie sich erst dann echten Veränderungen widmen?
Sind wir von deinem Bild mit dem Garten nicht tatsächlich noch weit entfernt, und verseuchen nicht materielle Zwänge und feststehende Lehrmeinungen das Erdreich? Müssten wir unsere Kindergärten, Schulen, Unis, Gerichte, das Militär, das Arbeitsleben, das Krankenverwahrsystem... nicht gravierend verändern, umorganisieren, um sie zu Gärten zu machen?
Wenn man Autoritätsgläubigkeit wegnimmt, so könnte Fachkompetenz übrig bleiben. Doch ein Mensch, der sich dem Stillstand verpflichtet und kein Bedürfnis mehr hat, sich weiter zu entwickeln, ist ein sehr trauriges Wesen. ein depressives Wesen.
Wie kommst du zu soeinem Satz? Müsste man den nicht auch offen lassen? Genau darum geht es mir. (Das Wort Fachkompetenz hat für mich keine Bedeutung. Ich weiß nicht, was das sein soll.)
Vielleicht siehst du Fortentwicklung als etwas notwendiges, gutes. Hier kommen wir näher ans Thema. Denn der Beratene (der den Beraterboom scheinbar verlangt) wird sich beraten lassen, um sich zu entwickeln. Was ist aber dieses Entwickeln. Können wir eine Entwicklung nicht erst durch Vergleichen erkennen? Und ist Vergleichen nicht gerade das Handwerkszeug des Denkens? Ist die Entwicklung, die wir anstreben ein Produkt des Denkens? Ich sag das deshalb so, weil doch spirituelle Menschen sagen, Denken sei hinderlich...aber wie sollten sie ihre spirituelle Entwicklung erkennen können ohne Denken (vorher-nachher-Vergleich). Und hier spielt das Motiv eine große Rolle, wenn ich mich entwickeln will, hab ich eine Vorstellung davon, wie ich sein sollte, und die wiederum kann m.E. nur eine Projektion aus eigenen und fremden Erlebnissen in Verbindung mit Wiederholungsabneigung oder Wiederholungswunsch sein, dieses "so möchte ich sein/nichtsein"...und was soll das sein, außer Denken. Vielleicht besteht diese Entwicklung ja eigentlich nur im Denken? Ich bin mir daher immer nicht so sicher.
Hallo Reinhard,
mit Gedankenwerk meine ich ein Schema, was alles, was neu hinzukommt in diesem Bereich innerhalb des Schemas oder unter der feststehenden Formel einordnet...beispielsweise wenn ihr euch manchmal so beharkt und euch dieses Spiegeln und „du gehst nur von dir aus“ um die Ohren schleudert...darunter blüht Verletzung und Wut...man merkt irgendwie, dass es zu nichts führt, nur verteidigt wird.
Aber auch z.B. die Vorstellung der Zichologen von der „richtigen“ Entwicklung des Menschen, deren Ableitung von „Defiziten“ oder Störungen......ich meine jede Religion, ich meine bestimmte Zusammenhänge, die man meint erkannt zu haben, das Konzept von Gott/Nichtgott/Reinkarnation.... Wechselbeziehungen zwischen Himmel und Erde, jeden Ismus, das Konzept, dass man indem man seine Gedanken kontrolliert, das Denken überwinden könne, das Konzept des positiven Denkens, von Erleuchtung, von Gerechtigkeit...ich meine das Neuneck, ich meine jede Typisierung, wie sie heute modern sind....
Das alles braucht man m.E. nur vorübergehend, als kurzfristige Hilfe, aber ohne dass sich ein Berater (Professor) auf eines der Schemen stützen könnte, würde er nicht wissen, was er lehren/raten soll. Würde er es gleichzeitig als vorübergehend sinnvoll anpreisen...würde sich der Rat suchende fragen, ob sein Lehrer außerhalb
ungeplanter Begegnungen überhaupt existieren kann.
Soweit mit Grüßen
Bernd