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Welche Philosophen sind streitbar?

Danke! Und dennoch sehe ich Nietzsche als sehr umstritten an. Die meisten reden von ihm eher so, als hätten sie ihn keineswegs verstanden, und eher abschätzig. Dasselbe kann natürlich auch auf Heidegger zutreffen - aber es trifft mit Sicherheit auf Nietzsche zu. Selbst bei der Nietzsche - Gesellschaft habe ich das Gefühl, als würden sie an Nietzsche vorbei reden und nur ihre eigene Agenda vertreten. Nietzsches Werte teilen sie jedenfalls nicht. Nietzsche verdreht man eher. Darüber wäre er heute nicht glücklich.

Es kann natürlich sein, dass dasselbe auch über Heidegger gesagt werden kann.

Kant ist heutzutage der Liebling aller Ethiker. Er feiert einen Triumph sondergleichen. Kant und Nietzsche sind sehr konträr.

Nietzsche wurde und wird - da pflichte ich dir vollends bei - sicherlich von vielen Leuten benutzt, um eigene Ansichten/Interessen zu stützen und sich mit seinem geheimnisvoll-funkelnden Namen zu schmücken. Das fing ja schon zu seinen Lebzeiten an. Da er keine stringente und klare philosophische Linie hatte, sondern mehr als Aphoristiker und philosophisch angehauchter Schrifsteller gesehen werden kann, ist dies auch relativ einfach möglich. So hat ihn die Postmoderne für eigene Zwecke in die Pflicht genommen. Das meinst du vermutlich mit "verdrehen".

Auch Heidegger ist in hohem Maße unklar (seine Philosophie) und rätselhaft, aber im Unterschied zu Nietzsche gilt er eben als reiner Philosoph, der ein neues Verständnis der Welt begründen wollte. Er fand und findet dabei zahlreiche Anhänger in der Philosophie, zugleich wird sein Denken von vielen Philosophen im Gesamten verworfen. Zuletzt waren die sogenannten "Schwarzen Hefte" Aufhänger für viele Kontroversen.
 
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Heidegger, glaube ich, steht eher als Person in Verruf, weniger seiner Philosophie wegen. Er hatte sich im Dritten Reich politisch engagiert, wofür er heute harsch kritisiert wird. Bei Nietzsche, der sich politisch überhaupt nicht betätigte (er führte ein zurückgezogenes Leben), ist es das Werk, was heutzutage mißliebig beäugt wird.

Sofern man Werke wie "Sein und Zeit" heute schriebe, würde man politisch nicht anecken. Wenn man aber so etwas wie "Jenseits von Gut und Böse" als heutiger Autor fabrizierte, erginge es diesem schlecht, weil der Inhalt politisch höchst unkorrekt ist.
 
...Selbst bei der Nietzsche - Gesellschaft habe ich das Gefühl, als würden sie an Nietzsche vorbei reden und nur ihre eigene Agenda vertreten. Nietzsches Werte teilen sie jedenfalls nicht. Nietzsche verdreht man eher. Darüber wäre er heute nicht glücklich. ...
Die heutige Nietzsche-Gesellschaft, die ja aufpassen muß, sich nicht unkorrekt zu verhalten, votiert bei Nietzsches Werken fast einhellig für seine mittlere Schaffensperiode, weil diese noch am ehesten kompatibel mit dem heutigen Zeitgeist ist. Bei den restlichen Büchern hält man sich mit Sympathie-Bekundungen auffällig zurück. An der Basis der Nietzsche-Leserschaft sieht das ganz anders aus.
 
Heidegger, glaube ich, steht eher als Person in Verruf, weniger seiner Philosophie wegen. Er hatte sich im Dritten Reich politisch engagiert, wofür er heute harsch kritisiert wird. Bei Nietzsche, der sich politisch überhaupt nicht betätigte (er führte ein zurückgezogenes Leben), ist es das Werk, was heutzutage mißliebig beäugt wird.

Sofern man Werke wie "Sein und Zeit" heute schriebe, würde man politisch nicht anecken. Wenn man aber so etwas wie "Jenseits von Gut und Böse" als heutiger Autor fabrizierte, erginge es diesem schlecht, weil der Inhalt politisch höchst unkorrekt ist.
Ich will Heidegger wegen seines Engagements nicht nachtragend sein. Ich habe vernommen, dass er es bereut haben sollte.

Nietzsche hat bewusst in Kauf genommen, dass seine Werke missbilligt werden. Dafür sind sie aber sehr interessant geschrieben. Dass seine Philosophie so kontrovers ist, macht ihn auch aus. Er war ein Sonderling und wollte es auch bleiben.
 
Ich will Heidegger wegen seines Engagements nicht nachtragend sein. Ich habe vernommen, dass er es bereut haben sollte.

Nietzsche hat bewusst in Kauf genommen, dass seine Werke missbilligt werden. Dafür sind sie aber sehr interessant geschrieben. Dass seine Philosophie so kontrovers ist, macht ihn auch aus. Er war ein Sonderling und wollte es auch bleiben.
Heidegger war ja mit seinem politischen Engagement damals systemkonform, nur heut ist er es nicht mehr. Bereut haben wird er es im nachhinein auch nur deshalb, weil das System sich geändert hatte. Ohne diese Änderung hätte er keine Reue gezeigt. Nietzsches Philosophie war aber von Anfang an auf Konfrontation zu den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen ausgelegt. Er vermutete sogar, daß man seine Werke konfiszieren und auf den Index setzen könnte. Heute tut man es nur deshalb nicht, weil er in der Zwischenzeit ein Klassiker geworden ist. Wäre er ein heutiger Newcomer, würde die Zensur ohne Erbarmen zuschlagen.
 
Heidegger, glaube ich, steht eher als Person in Verruf, weniger seiner Philosophie wegen.

Das sehe ich doch etwas anders. Heidegger gehört einer philosophischen Richtung an, die viele renommierte Philosophen als unredlich ansehen. Da steht also ein (bzw. sein) ganzes philosophisches Konzept in Zweifel. Die Vorwürfe reichen von Wortzauberei und Scharlatanerie bis hin zu Religionsersatz. Natürlich ist dieser Streit eher informierten Kreisen bekannt, während die Kontroversen um sein Engagement während des Nationalsozialismus eine breitere Berichterstattung erfahren haben.
 
Ich will Heidegger wegen seines Engagements nicht nachtragend sein. Ich habe vernommen, dass er es bereut haben sollte.

Bereut hat er gar nichts. Das, was er von sich gab, waren die üblichen Strategien der Selbstentlastung, die viele "Täter" genutzt haben. Ein in diesem Zusammenhang gerne genanntes Zitat bringt Heideggers (Lebens)Einstellung gut auf den Punkt:

Ich glaube, dass er etwas Verlogenes hatte. Menschlich-politisch allemal, aber auch im Philosophischen. (Ernst Tugendhat)
 
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Es ist für Nicht-Heidegger-Kenner mittlerweile fast aussichtslos, die Thematik adäquat zu bewerten, oder? Zumindest ist das für mich der Eindruck als Laie. Klar, man kann Heideggers Handeln als Person unter der NS-Didaktur beurteilen, aber inwieweit in seiner Philosophie derartige Tendenzen auszumachen sind? Dazu müsste ich nicht nur "Sein und Zeit" gelesen haben, sondern wahrscheinlich auch die "Schwarzen Hefte". Habe ich jedoch nicht getan. Figal, der damals als Vorsitzender der Heidegger-Gesellschaft zurückgetreten ist, da in diesen Heften antisemitische Gedanken zu lesen waren, halte ich für einen redlichen, klugen Kopf. Aber Vetter, der damals den Vorsitz übernahm, ebenso. Wie gesagt: Als Laie müsste man sich da erstmal in die Originalliteratur einlesen.
 
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