Giacomo_S
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Der Sinn des Lebens ist, zu leben, und die Lebenszeit nicht mit dem Streben nach Feinstofflichem und Jenseitigem zu vergeuden.
Es gibt da diesen Ausspruch (wenn ich mich richtig erinnere, von irgendeinem amerikanischem Autoren der Moderne), dass ein Mann in seinem Leben drei Dinge zu vollbringen hat: Einen Sohn zeugen, ein Haus bauen und ein Buch schreiben.
Was mich betrifft, so habe ich nichts von dem geschafft und die ersten zwei Aufgaben werde ich wohl in meinem Leben auch nicht mehr schaffen. Ein Buch schreiben ... nun, da habe ich zumindest noch die Chance, das zu tun.
Es ist das Wesen der Kochkunst, keine bleibenden Werke zu schaffen. Selbst der schlechteste Schreiner kann zumindest die Hoffnung haben, dass sein Gesellenstück "Schachtisch" die Zeiten in irgendeinem verstaubten Antiquar überdauert ... aber der Koch, der lebt nur von seinen Erinnerungen oder er wird erinnert: Denn die Kochkunst ist die einzige Kunst, die im Höhepunkt ihrer Vollendung vernichtet wird.
Und genau aus diesem Grund erfreue ich mich auch so sehr daran, auf meine alten Tage junge Menschen auszubilden. Denn Wissen weiterzugeben, zumal wenn es mühsam gewonnenes Erfahrungswissen ist: Das ist - mehr oder weniger - der einzige Weg, den man als ein Koch hat, im kollektiven Gedächtnis der Menschen fortzuleben. In meinem Fall werden das nur wenige Menschen sein, aber immerhin.
Man mag mir vorwerfen, ich würde meine zwei Azubinen bevorzugen, weil sie weiblich sind (nein, Chris M: Mit "Notgeilheit" hat dies nichts zu tun). In gewisser Weise stimmt das sogar: Ich bevorzuge sie in der Ausbildung, weil sie engagiert sind, weil sie Talent haben, und weil sie den Willen haben, kochen zu lernen ... während die männlichen Azubis oder besser gesagt: Schon-nicht-mehr - Azubis träge Dumpfbacken sind, die ich immer nur antreiben muss, und die trotz aller Hinweise und Belehrungen oft nur Bockmist bauen.
Oder anders gesagt: Die jungen Frauen sind einfach schlauer, saugen meine Infos wie ein Schwamm auf und setzen meine Anweisungen einfach besser um. Wem würdest du eine Aufgabe anvertrauen: Einem, von dem du weisst, das wird i.d.R. funzen, oder einem, der den Job schon ein Dutzend Mal gemacht hat, aber den du trotzdem jedesmal noch zu kontrollieren hast, weil er es mutmaßlich wieder verbocken wird? Weil es ihm eh scheissegal ist?
Da sage ich doch lieber zu der Azubine: Ich zeige Dir das jetzt, und wenn ich dann mal tot bin, dann kommst Du einmal im Jahr auf den Friedhof und pinkelst auf mein Grab (hoffentlich für Dich sterbe ich nicht im Winter).