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Wie kommt der Freie Wille zu Entscheidungen?

Wer sich in Übereinstimmung mit sich selbst entscheidet ist frei. Nur ist das für den Menschen fast nie möglich, da er seit seiner Geburt durch seine Umwelt geprägt und beeinflusst wird. Er müsste also zuerst zu seinem eigentlichen Wesen zurückkehren, um frei sein zu können.
Aber du kannst dir nicht mal dein "eigentliches Wesen" aussuchen, also würde das auch gar nicht so viel mehr bringen.
Was diese Diskussion auch schwierig macht ist das strenges philosophisches Hinterfragen auf unser alltägliches Alltagsempfinden trifft.
Unser Alltagsempfinden ist libertär.
Wir verwenden im Alltag zB. Wörter wie Entscheidung ganz selbstverständlich, aber wenn zB: Determinismus (D.) korrekt ist entscheidest du in Wirklichkeit gar nichts.
Denn die Bedeutung des Wortes Entscheidung ist eine Wahl zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten zu treffen. Die Definition von Möglichseins ist das sich etwas verwirklichen lässt.
Im D. gibt es keine zwei oder mehr Möglichkeiten denn sonst wäre der D. falsch.
Es gibt nur eine einzige Möglichkeit die notwendigerweise passieren muss.
Unser Wortschatz ist libertär geprägt weil das nun mal das natürliche Empfinden des Menschen ist.
 
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Im D. gibt es keine zwei oder mehr Möglichkeiten denn sonst wäre der D. falsch.

Er ist falsch. Was ihn zunächst plausibel erscheinen lässt, ist die Annahme, dass man bei vollständiger Kenntnis der Anfangs- und Randbedingungen alle Geschehnisse nach vorwärts und rückwärts in der Zeit ausrechnen könnte. Dieses Gedankenkonstrukt hat erhebliche Mängel. Der größte Mangel scheint mir zu sein, dass das Subjekt hier als blinder Fleck außen vor bleiben muss. Ansonsten funktioniert das Uhrwerk nicht mehr. Aber das ist nicht der einzige Schwachpunkt dieses Konstrukts.
 
Oder es ist Teil des Uhrwerks.
ja, ok. Auch wieder wahr. Dann bleibt vom Subjekt ein Epiphänomen oder wie immer man es nennen mag. Aber der Determinismus ist auch abgesehen von diesem Streitpunkt längst obsolet.

Worauf ich hinauswill, ist, dass es für die Frage der Willensfreiheit völlig irrelevant ist, ob ich von einem naturwissenschaftlichen Determinismus oder Indeterminismus ausgehe. Freiheit hat in dieser vergegenständlichten Sicht keinen Ort. Es ist ein Kategorienfehler, innerhalb des (veralteten) deterministischen Weltbilds überhaupt von Freiheit zu sprechen.
 
Dann bleibt vom Subjekt ein Epiphänomen oder wie immer man es nennen mag.
Muss nicht und genau das ist der Clou des Kompatibilismus.
In einer kurzen Skizze: Alles was passiert - auch gedacht oder gefühlt werden wird - steht an einem Punkt 0 fest, aber da wir nicht über eine Gottesperspektive verfügen wissen wir nicht, was passieren wird.
Da wir aber intelligente Wesen sind können wir Regularitäten, Muster oder Gewohnheiten erkennen und dennoch unser Leben so rational planen, wie wir es tun. Die besseren Hypothesen und Theorien stechen die schlechteren aus und wir sind sogar gezwungen frei zu entscheiden, auch ob wir aus bestimmten Routinen ausbrechen oder in ihnen verweilen. Eine Frage der jeweiligen Prämissen.

Man kann und muss wohl Willens- und Handlungsfreiheit theoretisch trennen (praktisch dann weniger), der Ausgangspunkt ist die Willensfreiheit und die liegt, laut Kompatilbilismus (insb. Lockes) vor, wenn:
Eine Person ist in einer Entscheidung frei, wenn sie erstens die Fähigkeit besitzt, vor der Entscheidung innezuhalten und zu überlegen, was zu tun richtig wäre, und wenn sie zweitens die Fähigkeit besitzt, dem Ergebnis dieser Überlegung gemäß zu entscheiden und zu handeln. (John Locke)
Innehalten (also über Impulskontrolle verfügen) und die Vor- und Nachteile, die man sieht, auf der Basis eigener und selbst hierarchisierter Prämissen abwägen und so entscheiden, das ist die Freiheit, von der hier die Rede ist.
 
Worauf ich hinauswill, ist, dass es für die Frage der Willensfreiheit völlig irrelevant ist, ob ich von einem naturwissenschaftlichen Determinismus oder Indeterminismus ausgehe. Freiheit hat in dieser vergegenständlichten Sicht keinen Ort. Es ist ein Kategorienfehler, innerhalb des (veralteten) deterministischen Weltbilds überhaupt von Freiheit zu sprechen.
Das sehe ich ähnlich.
Der Kompatibilismus ist ein Gedankenexperiment, das bewusst den Determinismus bis zum Ende treibt und fragt, ob - falls dieser bestünde - er den freien Willen verunmöglichen würde. Sein Ergebnis ist nein, da beide einander nicht in die Quere kommen, also kompatibel mit einander sind.

Allerdings ist ein zu breiter Indeterminismus (da Willkür und Zufall die Freiheit verringern, anders als man zunächst denkt) ein Problem für die Willensfreiheit, da die meisten Formen des Wollens, ob die Flasche Bier, der Jahresurlaub oder die Idee der Freiheit selbst, eine gewissen Verlässlichkeit voraussetzt.
 
Willkür und Zufall
Für mich sind diese beiden Begriffe geradezu Gegensätze. In der Willkür steckt der Wille, im Zufall die fehlende naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit. Eine willkürliche Entscheidung ist nach meinem Verständnis eine, die sich über den anderen Willen, die Sitte, das Gesetz hinwegsetzt.
 
Was ihn zunächst plausibel erscheinen lässt, ist die Annahme, dass man bei vollständiger Kenntnis der Anfangs- und Randbedingungen alle Geschehnisse nach vorwärts und rückwärts in der Zeit ausrechnen könnte. Dieses Gedankenkonstrukt hat erhebliche Mängel. Der größte Mangel scheint mir zu sein, dass das Subjekt hier als blinder Fleck außen vor bleiben muss.
Hilfreiche Differenzierungen:


Ein solcher mangelnder angenommener Determinismus, schließt vollständige Determiniertheit nicht aus.
Ist alles determiniert, was man nicht wissen kann, gibt es keine Freiheit von dieser Determiniertheit.
Heißt aber nicht, dass alles determiniert sei.
 
Eine Person ist in einer Entscheidung frei, wenn sie erstens die Fähigkeit besitzt, vor der Entscheidung innezuhalten und zu überlegen, was zu tun richtig wäre, und wenn sie zweitens die Fähigkeit besitzt, dem Ergebnis dieser Überlegung gemäß zu entscheiden und zu handeln. (John Locke)
Ich halte Lockes Definition für wenig erhellend, da sie das zu Definierende ja schon voraussetzt. Wenn es keine Willensfreiheit gibt, gibt es auch kein willentliches Innehalten, Überlegen und Entscheiden.
 
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Für mich sind diese beiden Begriffe geradezu Gegensätze.
Da kann ich mitgehen. Zufall ist die generelle Unberechenbarkeit von etwas (was wir evtl. nur nicht durchschauen), Willkür ist in der Nähe des Verlustes der Impulskontrolle, d.h. jemand hat nicht die Fähigkeit auf einen Umweltreiz nicht zu reagieren.
Der Zwang reagieren zu müssen, aber auch (so kann man Willkür auch verstehen) einfach nicht sonderlich nachzudenken (man greift in die Schale mit bunten Bonbons, welche man genau erwischt interessiert einen eigentlich nicht) oder auch (weitere Möglichkeit) genau ein Programm unreflektiert durchdrücken zu müssen, ist m.E. kein Ausdruck von Freiheit.
 
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