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Wie frei ist der menschliche Wille?

Chris M

Well-Known Member
Registriert
2. November 2014
Beiträge
3.728
Mir ist aufgefallen, dass es bei der Frage nach der Freiheit des Willens fast nur Hardliner gibt, die entweder sagen:

- der menschliche Wille ist zu 100% frei

oder

- der freie Wille ist eine 100%ige Illusion

Beide Seiten haben gute Argumente. Intuitiv hat zunächst jeder sowieso das Gefühl, einen freien Willen zu haben. Ich entscheide, ob und wann ich meine Hand bewege, ob ich heute eine Pizza oder nur einen Salat esse, ob ich morgen einen Besuch mache oder nicht. Der Wille ist also frei. Zudem hätte eine gegenteilige Behauptung fatale Folgen zum Beispiel für die Rechtsprechung. Was ist, wenn ein Mörder seine Entscheidung für den Mord gar nicht selber getroffen hat? Ist er dann überhaupt schuldfähig? Was hätte das für eine Auswirkung auf das Strafrecht?

Neurowissenschaftler sagen uns schon seit langer Zeit, dass im Gehirn schon ein Impuls zu messen ist, bevor ich die bewusste Entscheidung treffe, meine Hand zu bewegen etc. Damit wäre der freie Wille eine Illusion. Doch kann man dies so stehen lassen? Sind diese Experimente wirklich ein Beweis für die Unfreiheit des menschlichen Willens? Oder ist das subjektive Empfinden eines freien Willens immer höher zu werten als wissenschaftliche Testergebnisse?

Vielleicht liegt die Wahrheit ja auch in der Mitte: Vielleicht sind nur die wirklich wichtigen Entscheidungen frei und die Details laufen folgerichtig automatisch ab. So wie ich die bewusste Entscheidung treffe, das Autofahren zu lernen, welches dann nach einiger Zeit so in Fleisch und Blut übergeht, dass ich mich nicht mehr auf der bewussten Ebene darum kümmern muss, sondern nebenbei Radio hören und Gespräche führen kann. Vielleicht ist es aber auch genau umgekehrt. Vielleicht ist der grobe Kurs unseres Lebens genetisch oder wie auch immer vorbestimmt und wir entscheiden nur über die Details. Was meint ihr dazu?
 
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Definiere mir genau "Freiheit" und "Wille" und gebe dir ein Prozentzahl zwischen 0 und 100 als Antwort ;)

Ansonsten ist meine Antwort weder 0 noch 100%, sondern diese:
Ob der Mensch auf atomarer oder sonst einer Kleinteil-Ebene determiniert ist, weiß ich nicht, aber es kann schon sein.
Entscheidend ist für mich, wie der Mensch sich "fühlt", also wie er sich auf seiner Ebene annimmt zu sein.
Und hier ist der Mensch "bedingt frei": Er kann in jedem Moment dieses oder jenes wollen, aber nur im Rahmen seines Denkens; dieser begrenzt seine Freiheit.
Ansonsten kann er z.B. gerne wollen armebewegend zu fliegen, aber solange er das nicht besser hinbekommt, nützt der beste freie Wille nicht - was allgemeiner heißen soll, er ist natürlich an Naturgesetze u.ä. gebunden.

Dein "Vielleicht ist der grobe Kurs unseres Lebens genetisch oder wie auch immer vorbestimmt und wir entscheiden nur über die Details." passt insofern z.T., als dass wir natürlich genetisch als Mensch und nicht als Elefant vorbestimmt sind. Ansonsten s.o. zu "bedingt frei".
 
Wille ist NUR ein Teil unserer Entscheidungen- frei oder frei bestimmt sich an den weiteren Erkenntnismöglichkeiten aus Denken und Fühlen.
 
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(Libet-Experiment)
Die hirnbiologische Untersuchung über den Ablauf einer Entscheidung auf einer Zeitachse sagt für mich nichts über freien oder unfreien Willen auf. Ich sehe darin eine Einheit - dessen Ergebnis nach verschiedenen Werteordnungen betrachtet wird.
Ein "Wille an sich", der "rein willkürlich" entscheidet ist mit uneren Erkenntnismöglichkeiten unzugänglich - allenfalls Spekulation.
 
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