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Braucht der Mensch Probleme?

  • Ersteller Ersteller lilith51
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L

lilith51

Guest
Im Thread Trennung Mensch und Natur wurde diese Frage von Robin aufgeworfen:

Braucht der Mensch Probleme?

Wie immer man es nennen mag: Probleme, Herausforderungen, Aufgaben, Hindernisse, Blockaden, Widerstände, ...

Ja ich glaube, der Mensch braucht das. Wo kein Problem ist, dort gibts keine Erkenntnis. Wenn immer die Sonne scheint, wissen wir nicht, dass es auch Dunkelheit gibt. Erst durch die Nacht können wir den Tag erkennen.

C.G.Jung schreibt in seinem Grundwerk (GW 17, 197; Grundw.9,12 f.):
"Niemand nämlich entwickelt seine Persönlichkeit, weil ihm jemand gesagt hat, es wäre nützlich oder ratsam, es zu tun. Die Natur hat sich durch wohlmeinende Ratschläge noch nie imponieren lassen. Nur kausal wirkender Zwang bewegt die Natur, auch die menschliche.

Ohne Not verändert sich nichts, am wenigsten die menschliche Persönlichkeit. Sie ist ungeheuer konservativ, um nicht zu sagen inert.(träge). Nur schärfste Not vermag sie aufzujagen. So gehorcht auch die Entwicklung der Persönlichkeit keinem Wunsch, keinem Befehl und keiner Einsicht, sondern nur der Not, sie bedarf des motivierenden Zwanges innerer oder äußerer Schicksale."

Wie seht ihr das?

herzlich
lilith
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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hab grad gestern einen film gesehen, wo eine frau sagte, jetzt wo alles perfekt ist, sie ncihts mehr will, absoluten erfolg erzielt hat, erfüllt sie ein zustand der Leere.

ich stimme dem zu, dass menschen probleme brauchen. das erst macht uns ja zu menschen. erst über probleme dringen wir von der Oberfläche des Daseins in die Tiefe des Lebens ein. daran reifen wir und lernen dazu und das Leben zu erleben. würden wir nur vor uns hinvegetieren, ich glaub nciht dass das uns freude bereiten würde. es wär geradezu sinnlos. aber damit fängt schon die frage des sinns an....

lg insti
 
instanton schrieb:
hab grad gestern einen film gesehen, wo eine frau sagte, jetzt wo alles perfekt ist, sie ncihts mehr will, absoluten erfolg erzielt hat, erfüllt sie ein zustand der Leere.
Konnte sie damit gut umgehen, oder war dann die Leere ihr Problem?

ich stimme dem zu, dass menschen probleme brauchen. das erst macht uns ja zu menschen. erst über probleme dringen wir von der Oberfläche des Daseins in die Tiefe des Lebens ein. daran reifen wir und lernen dazu und das Leben zu erleben. würden wir nur vor uns hinvegetieren, ich glaub nciht dass das uns freude bereiten würde. es wär geradezu sinnlos. aber damit fängt schon die frage des sinns an....

lg insti
Wie gehen wir damit um, wenn wir ein Problem haben? Da sehe ich den Lernprozess.

Ich kenne eine Menge Leute, die über ihre Probleme nur klagen, oft jahrelang. Sie sind schwer krank oder arm wie Kirchenmäuse und überstehen jahrelang den nächsten Tag nicht.

Wofür brauchen die ihre Probleme? Wie erkennen wir überhaupt, was wir aus unserem Problem lernen können?
 
Ich würde sagen, der Mensch braucht Probleme in dem Ausmaße, dass ihm nicht langweilig wird. Die Leere der Langeweile ist sicher das Ärgste. Sei tritt ein, wenn man sich alle Wünsche und Träume erfüllt bzw. seine Ziele erreicht hat. Natürlich auch erst dann, wenn jedermanns Grundbedürfnisse befriedigt sind. Aber an Träume, Wünsche und Ziele denkt man in der Regel erst dann, wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind.

Was mich persönlich derzeit betrifft, laboriere ich seit 10 Tagen an der Grippe, habe mein Konto überzogen und fühle mich noch immer durch einen Kursteilnehmer bedroht. Ich habe also derzeit Probleme genug.

Bis auf weiteres grüßt Euch

Zeili
 
Probleme als Langeweilebewältigung finde ich, würden Probleme echt sinnlos machen. Ich denke Probleme sind da zu lösen, jedes Problem stellt ein Hindernis im Leben dar und man lernt, indem man Lösungen sucht, Stategien zu benutzen, um ans Ziel zu kommen. Damit wird man überlebenstüchtiger.
 
lilith51 schrieb:
Konnte sie damit gut umgehen, oder war dann die Leere ihr Problem? ?
ja die leere, sie konnte damit nicht umgehen.eben das war ihr problem dann....sie hat sich dann umgebracht. das ist oft die konsequenz.nicht notwendigerweise aufgrund der leere, aber aufgrund von problemen anderer art - hat aber vielschichtige gründe. ist denk ich auch gesellschaftlich bedingt. man darf keine probleme haben, das wird sofort als schwäche angesehen. Und die gesellschaft will das nicht sehen, denn nicht nur der betroffene ist „undicht“ sondern jeder andere auch auf die eine oder andere Art und Weise.


lilith51 schrieb:
Ich kenne eine Menge Leute, die über ihre Probleme nur klagen, oft jahrelang. Sie sind schwer krank oder arm wie Kirchenmäuse und überstehen jahrelang den nächsten Tag nicht.

Wofür brauchen die ihre Probleme? Wie erkennen wir überhaupt, was wir aus unserem Problem lernen können?

Ad1 Das ist eine ungelöste frage, wozu so sehr leiden? Was lernt man daraus, aus armut und dem darauffolgenden Tod?

Ad2 wie wir das erkennen. Nicht so schnell auf jeden fall. Das dauert unheimlich lang. Im nachhinein erkennt man es auch nur vielleicht. Ich seh das auch als geschenk an, wenn ich die erkenntnis daraus verstehe. Im nachhinein zu sagen, das leid hätte was gebracht ist wesentlich einfacher als zuvor das durchstehen.
 
Zeilinger schrieb:
Ich würde sagen, der Mensch braucht Probleme in dem Ausmaße, dass ihm nicht langweilig wird. Die Leere der Langeweile ist sicher das Ärgste. Sei tritt ein, wenn man sich alle Wünsche und Träume erfüllt bzw. seine Ziele erreicht hat. Natürlich auch erst dann, wenn jedermanns Grundbedürfnisse befriedigt sind. Aber an Träume, Wünsche und Ziele denkt man in der Regel erst dann, wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind.
Wäre dir wirklich langweilig, wenn du deine Probleme nicht hättest?
Was mich persönlich derzeit betrifft, laboriere ich seit 10 Tagen an der Grippe, habe mein Konto überzogen und fühle mich noch immer durch einen Kursteilnehmer bedroht. Ich habe also derzeit Probleme genug.
...
Zeili
Du kennst also deine derzeitigen Probleme. Und was tust du damit? Denn darum gehts mMn. Wenn man das Problem erkannt hat, eine Entscheidung zu treffen, was man damit tun will. Die Fragen "Was habe ich getan, dass ich jetzt in dieser Lage bin" und "Was soll ich an dieser Situation, die ich als Problem erlebe, lernen" sind da gute Wegweiser.

So erlebe ich es immer wieder. Es ist auch oft gar nicht so einfach, mein wirkliches Problem zu benennen, denn das was ich vordergründig als Problem sehe, ist oft nur ein Symptom, hinter dem sich die Ursache des Problems sehr gut versteckt.

herzlich
lilith
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Kommt es denn nicht immer auf die Art der Problematik an?
Problem ist doch nicht gleich Problem!
Gesundheitliche oder finanzielle Probleme sind doch sicher ganz anders einzuordnen oder zu bewältigen, als solche, die aus dem Zwischenmenschlichen oder Psychischen heraus entstanden. Diese Art der Problematik lässt sich kaum von alleine bewältigen, denn dazu braucht es die Hilfe Anderer.
Oft ist es sicher so, dass der Mensch durch/an seine/n Probleme/n wächst, sich mit neuen Situationen konfrontiert sieht.
Aber generell lässt sich ein Problem nicht mit einem anderen Problem vergleichen.
Pauschalisieren kann man es meines Erachtens nicht, denn würde man es tun, müsste man sich über die gesamte Bandbreite aller Probleme im Klaren sein.

Die Probleme, die ich habe, sind für andere keine, genauso, wie es auch umgekehrt der Fall ist.

Trotzdem, auch wenn wir uns vielleicht alle wünschen, ein Leben ohne Probleme führen zu können, würde uns nicht dann etwas fehlen? Genau dieses Etwas, was uns zu dem macht, was wir sind; zu Menschen.

Rhona
 
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Wie erwartet und legitimerweise wurde "das Problem" bis jetzt auf persönlicher Ebene diskutiert.
ich denke aber, die Überlegungen könnten viel weitreichender sein und eine Paradoxie aufdecken, unter der unsere ganzen gesellschaftlichen Werte wanken.

Denn in der Tat ist doch die moderne westliche Gesellschaft, seit die Idee, man erreiche das Paradies erst nach dem Tod, aus der Mode gekommen ist, auf das Versprechen aufgebaut, jeder könnte dort glücklich werden. Der Sündenfall sollte reparabel sein. Glück auf Erden erreichbar.
Das drückte sich in der Idee der Vernunft aus, die jedem vernunftbegabten Menschen in Aussicht stellte, durch Gebrauch seines Verstandes frei und zufrieden zu werden.
Oder auch in der Dialektik des Fortschritts, in der die perfekte Lösung vieleicht nie erreicht wird, aber sich doch alles dem Ideal annähert.
Was aber, wenn das ideal gar nicht annäherungswert wäre. Ja, Langeweile wurde hier angesprochen. Aber es steckt doch noch mehr dahinter:
Alle unsere Teilbereiche der Gesellschaft sind auf Problemlösung ausgerichtet.
Die Politik scheint hierbei für alle Probleme zuständig zu sein und bekommt entsprechend viel Kritik, wenn es nicht klappt.
Aber auch die Wirtschaft löst nichts als Probleme: Die der Gewinnmaximierung, des Kapitalflusses und des persönlichen Reichtums Einzelner. Das Recht braucht Probleme in Form von Verbrechen und Delinquenten und wie diese wieder integriert werden sollen (schon eine Paradoxie in sich: denn wenn das Recht das Problem zu gut löst, wird die Juristik überflüssig...)
Sogar die Kunst braucht Probleme: Wie man immer neue Formen entwickelt, um einen Kommentar zur Welt abzugeben, auch wenn schon alles gesagt scheint.
Sogar in der Liebe braucht man Probleme: Zunächst das Problem, den richtigen zu finden; und dann, die Liebe zu verteidigen einerseits gegen einziehende Langeweile, andererseits gegen Konkurrenz in Form von attraktiveren Liebespartnern.

Das alles wäre ja kein Problem, wenn die Lösung von Problemen nicht weitere Probleme heraufbeschwört.
So müssen zur Durchsetzung des Rechts z.B. hohe Anforderungen an die Ausbildung gestellt werden. Das läuft auf eine soziale Diskriminierung schwächerer Bewerber hinaus (oder unfaire Verfahren, indem Kinder aus reichen Familien mehr Chancen haben). Zudem können nicht alle Anwälte auf Seiten des Guten stehen. Eine eigene Untergruppe von Anwälten entststeht, die Verbechensverschleierung auf Seiten der Reichen und Mächtigeren ermöglicht - und indirekt damit dem Rechstsystem Arbeit und damit Selbsterhaltung zuführt.
Aber auch die Kunst muss sich legitimieren - auch indem innerhalb der Kunst Probleme heraufbeschwört und verschärft werden. Denn: Für wen ist es eigentlich wirklich ein Problem, wenn die eine Inszenierung schwächer ausfällt als die andere? Doch eigentlich nur für den Kritiker, denn wäre es nicht so, würde er nicht gebraucht. Und warum muss der eine Künstler den anderen mit Verachtung strafen? Weil Kunst so wichtig ist für die Menschheit? Oder weil sich ein Künstler am Besten dadurch legitimieren kann, indem er sich von der Konkurrenz absetzt?

Alle Unterbereiche der Gesellschaft scheinen also von Problemen abzuhängen und erzeugen intern weitere.
Dann könnte man ja sagen, wenn wir alle Probleme lösten, mithilfe einer Utopie z.B., dann gibt es diese Probleme nicht mehr.
Aber dann gibt es auch diese Gesellschaftsbereiche nicht mehr. Und kann eine Utopie die Probleme abschätzen, die dadurch entstehen, dass es keine Probleme mehr gibt?
Was passiert, wenn sich Politik nur noch um die Verwaltung einiger weniger Randprobleme kümmern muss, also Verwaltung wird? Was wird aus den Medien, die vom Bericht von "bad news" anhängig sind, wie sonst kaum jemand?
Was wird aus sozial engagierten Menschen, die nichts "Gutes" mehr tun können? Verlieren sie ihren Lebenssinn - und werden womöglich selbst asozial?

Muss sich die Gesellschaft also eingestehen, dass das Ausbalancieren all ihrer Probleme nicht ihr Problem ist, sondern auch ihr Daseinszweck? Und das sie daher an einer wirklichen Lösung ihrer Probleme gar nicht interessiert sein dürfte? Und das wir die Folgen einer solchen Struktur, also die Außenseiter, die Armut, der Ausschluss der dritten Welt nicht nur nicht verhindern können, sondern eben zynischerweise als Voraussetzung des Selbsterhalts der Gesellschaft, so wie sie ist, brauchen?
 
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