Hallo Walter,
ewiges Leben, ein Traum vieler Menschen, oder doch eher ein Alptraum und zwar von der ganz üblen Sorte?
Wenn ich mich so umschaue und die Abläufe des Lebens im Zusammenhang beobachte, dann erscheint mir der Gedanke an Unsterblichkeit wahrlich sehr unpassend. Ich meine, alles Lebendige war einst nicht lebendig und überhaupt; alles ist in einem scheinbar harmonischen und fortwährenden Wandel begriffen. Dieser Wandel verbindet Sterblichkeit und Lebensentstehung, Sein und Nichtsein.
Irgendwie vermag die bloße Vorstellung des ewigen Seins, z.B. eines Menschen, hiermit überhaupt nicht harmonisieren zu wollen.
Hier siedelt der große Widerspruch, der dennoch unser Sein zu rechtfertigen scheint. Wir erheben einen absoluten Daseinsanspruch, solange wir existent sind. Wir sind uns dem allgegenwärtigen Tod mehr oder minder bewusst, aber in den wohl wenigsten Fällen leben wir mit dem ständigen Todesgedanken, hierfür sorgt unser i.d.R. starker Lebenswille. Es ist allein dieser Lebenswille, der uns überhaupt am Leben hält, viel mehr trennt uns nicht vom Tod. Erlischt dieser eine Wille, dann ist der individuelle Tod gegenwärtig.
Unser Leben ist also - von diesem Lebenswillen einmal abgesehen - dem Tode wesentlich näher als dem Leben. Wollten wir jene Grundfrage erfahren, dann müssten wir Wissen einfordern, welches uns schon seit Anbeginn unseres Denkens vorenthalten ist. Der Sinn und der Unsinn des Lebens als solches. Weshalb will das Lebendige leben und was für Ziele sind mit dem Lebenstrieb verbunden, ausser dem Ziel, eben leben zu wollen und jenes Leben zu mehren.
Objektiv betrachtet gibt es nicht mehr Gründe, die Vermehrung und Erhaltung sind die einzigen beiden Eigenschaften, welche oberflächlich erkennbar und demzufolge annehmbar sind. Ob jedoch noch weitere Begründungen existent sind, dieses bleibt (vorerst jedenfalls) der Spekulation, dem philosophischen Diskurs überlassen.
Eines sehe ich gewiss: Ein jeder Mensch verkörpert etwas mit seinem Sein, verkörpert ein Lebewesen als dessen Gesamtheit, bestehend aus vielem und in einer gesamtheitlichen Ichfunktion präsent. Jeder Mensch ist also ein verschwindend kleiner Bestandteil einer Gesamtheit, die wir mit unserem zum Überleben ausgelegten Bewusstsein nicht, oder nur in vagen Komturen, zu erfassen vermögen.
Unser Ich sucht sich seinen Platz anhand seiner mittelbaren und unmittelbaren Umwelt, um diesen nach der Ichentwicklung einzunehmen. Wir werden in ein Lebensgefüge geleitet, die Mitmenschen bewirken dies und wir selbst werden ein wirkender Teil derselben.
Die Schranken sind jedoch klar ersehbar. In unserem Leben gibt es als bestimmenden Faktor nur das Lebendige, daher wird der Tod, obwohl so allgegenwärtig und dominant, verdrängt. Verdrängt wird er als Lebensfeind, wir die wir nur das Eine zu sehen vermögen, wir können uns so lange nicht wirklich mit dem Tod auseinandersetzen, bis uns die Zwangsläufigkeit jener Sache selbst zuteil wird.
Keine Frage, wir können nur das Leben kennen. Auch wenn dieses noch so bedeutungsklein erscheint, wir wollen es halten und wahren, so lange wie möglich.
Als LEBEwesen fehlt uns die Kompetenz anders zu handeln, sonst wären wir nicht lebendig.
Viele Grüße,
Philipp