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Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

Auslöser, oder treibende Kraft hinter einer Wirkung ?



pispezi schrieb:
[...] was ist der essentielle Unterschied ziwschen "Auslöser" und "Verursacher"?
Eine wohlwollende Deutung des Unterschiedes zwischen Auslöser und Verursacher könnte darin bestehen,
dass mit "Verursacher" die treibende Kraft hinter einer Wirkung benannt wird.

Zum Beispiel bei einer Diskussion über die Wirkung des Wassers,
das bei geöffnetem Ventil mit großer Geschwindigkeit aus einem Rohrsystem herausströmt.

Der Wasserdruck ist der Verursacher der in Rede stehenden Wirkung,
das Öffnen des Ventiles ist der Auslöser.

Natürlich kann auch die Kraft für das Öffnen des Ventiles als eine Ursache bezeichnet werden und
korrekterweise wäre in diesem Fall auch von einem Zusammenwirken mehrerer Ursachen zu sprechen;
der Wasserdruck ist die eine Ursache, die Kraft, die das Öffnen des Ventiles bewirkt, die andere.

Das sind zweifellos unterschiedliche Kräfte, und es kommt wohl darauf an, was nun eigentlich im Fokus
der Diskussion liegt, ob bei dieser Unterscheidung ein Verkürzung auf "Verursacher" und "Auslöser"
akzeptabel ist.

Maturana weist mit dieser Unterscheidung lediglich auf den wohlvertrauten Sachverhalt hin,
dass der Output einer Black Box (sei es nun die Reaktion eines neuronalen Geflechtes,
oder die Veränderung der inneren Struktur einer Zelle) eben nicht nur durch den Input bestimmt wird,
sondern auch durch den jeweils aktuellen Verarbeitungsalgorithmus der Black Box
(mir kommt ganz so vor, als hätte ich über diesen Wirkungszusammenhang schon einmal geschrieben).


Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.
 
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AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

der Planet Erde ist belebt und sieht aus dem Weltall total anders aus
als die anderen bekannten Gestirne

durch den industrialisierten Menschen wird jedoch der belebte Bereich verkleinert

  • die Böden werden flachgründiger
  • die Vegetation wird schütterer
  • die Biomasse zu Wasser und zu Luft nimmt ab





    es geht, denke ich, in dieser diskussion nicht um (an anderer stelle sicher sehr relevante) ökologische fragen und probleme unserer zeit (klimawandel, umweltzerstörung etc.) sondern *erkennen* betrachtet doch ganz grundlegende fragen des menschlichen bewusstseins und der wahrnehmung - jenseits aller aktuellen gesellschaftlichen fragen.

    dass die biomasse insgesamt abnimmt, ist so nicht richtig - die artenvielfalt ist im rückgang begriffen, nicht aber die gesamtproduktion an grüner masse. auch wird vegegtation nicht pauschal schütterer, allenfalls gibt es auch hier eine neigung zu mehr simplizität der erscheinungsformen. anders gefragt: auf welchen bereich bezieht sich diese aussage - auf deutschland, auf europa, auf die welt? und: spannende fragen, aber unpassender thread.

    dreieck im quadrat
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

ein weitere wichtiger aspekt ist m.e. die frage der unterschiedlichen arten, *dinge* bzw. *erscheinungen* wahrzunehmen. dass zum beispiel bestimmte falter uns als weiß erscheinende blüten (ultra)violett sehen bzw. die wahrnehmung der fledermaus den ultraschallbereich mit einbezieht, zeigt doch, dass unsere wahrnehmung lediglich eine spezielle form der anpassung an umwelt ist. diese wiederum ist daran ausgerichtet, was für unser überleben sinnvoll ist - viele essbare beeren ERSCHEINEN uns (der menschlichen wahrnehmung) rot, weil diese signalwirung hilfreich ist, wenn es um effektive nahrungssuche geht bzw. ging. viele moderne werbestrategien richten sich ebenfalls an unserer wahrnehmung aus - zum beispiel an der bei allen menschen gleichen richtung und abfolge der blicke beim betrachten eines bildes/dokuments. (eibl-eibesfeldt hat hierzu interessante untersuchungen angestellt).

der buddhismus hat scheinbar parallelen zum konstruktivimus, denn auch dort spricht man davon, dass die welt das ist, was wir daraus machen, dass die realität lediglich ein konstrukt unseres geistes ist. oder meint der b. da lediglich die emotionen zu bestimmten vorgängen?

gibt es also so etwas wie eine vom individuum unabhängige realität? und wenn nicht, in welchem raum bewegen wir uns dann? bzw.: bewegen wir uns überhaupt oder ist auch das nur eine illusion?

dreieck, knoten im gehirn
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

der Knoten im Gehirn lässt sich lösen,
wenn man die Existenz der Geographie, Bodenkunde ... anerkennt

das banale 'subjektive-Wahrnehmungs-Spiel'
gibt es bei den Geographen, Bodenkundlern ... nicht

eibl-eibesfeldt hat hierzu interessante untersuchungen angestellt

der Knoten im Gehirn lässt sich lösen,
wenn man erkennt,
daß auch die biologische Verhaltensforschung überhaupt nichts mit der soziologischen Marktforschung (subjektive Wahrnehmung) zu tun hat

gibt es also so etwas wie eine vom individuum unabhängige realität? und wenn nicht, in welchem raum bewegen wir uns dann? bzw.: bewegen wir uns überhaupt oder ist auch das nur eine illusion?

der Knoten im Gehirn lässt sich lösen,
wenn man in die Bücherei geht,
sich mit Naturphilosophie beschäftigt
und dann hoffentlich feststellt,
daß der Begriff NATUR dualistisch gemeint ist (objektiv, subjektiv)
daß hingegen der Begriff UMWELT nichtdualistisch gemeint ist (Periode, Sphäre, Phase)
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

dass die biomasse insgesamt abnimmt, ist so nicht richtig - die artenvielfalt ist im rückgang begriffen, nicht aber die gesamtproduktion an grüner masse. auch wird vegegtation nicht pauschal schütterer, allenfalls gibt es auch hier eine neigung zu mehr simplizität der erscheinungsformen. anders gefragt: auf welchen bereich bezieht sich diese aussage - auf deutschland, auf europa, auf die welt? und: spannende fragen, aber unpassender thread.

Europa wäre bis auf den Norden und den Osten
geschloßen bewaldet
(ist heute nicht mehr so)
die Böden im Süden sind weitgehend erodiert
die Böden im Westen und Osten sind nicht mehr so fruchtbar
(im Norden hat sich bisher wenig geändert)

daß es in Europa insgesamt (Stückzahl, nicht Artenzahl) immer weniger Fische, Vögel, Insekten ... gibt,
dürfte klar sein

man könnte jetzt mit der Massentierhaltung kontern,
das müsste aber jemand untersuchen​

in den Gebieten außerhalb Europas gibt es keine Forstwirtschaft
dort kommt es zu gewaltigen Verwüstungen
in den Trockengebieten breitet sich die Wüste aus
(Faktor Mensch)

zur Biomasse im Meer kann ich nicht allzuviel sagen
das Mittelmeer und die Nordsee sind leergefischt
die lichtliebenden Kleinstlebewesen bekommen durch die Einstrahlung (Ozonloch) eins auf die Rübe
der Anfang der Nahrungskette ist damit geschädigt
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

@ scilla

wie gesagt interessante fragestellung, aber unpassender thread.

dreieck
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

ich zitiere in meiner dipl. häusler (bekannt?) welcher sagt, *...sein berühmt gewordenes höhlengleichnis (platons) ... formulierte den bis in die neuzeit weiterwirkenden verdacht, dass der sehende außerstande sei, die wahrheit seiner wahrnehmung zuverlässig zu beurteilen.* nach platon entspicht die sichtbare welt der abbildung der ideellen welt.
kant schreibt: *allein erscheinungen sind nur vorstellungen von dingen, die, nach dem, was sie an sich sein mögen, unerkannt sind.*
die raum-zeit-tehorie muss ich ja hier wahrscheinlich nicht wiederholen.
schopenhauer greift wiederum kants gedanken auf und bringt sie auf die formel: *die welt ist meine vorstellung*. aus der transzendentalerfahrung ergäbe sich ferner, *dass die objektive welt, wie wir sie erkennen, nicht dem wesen der dinge an sich selbst angehört, sondern bloße erscheinung desselben ist, bedingt durch eben jene formen, die a priori im menschlichen intellekt liegen, daher sie auch nichts als erscheinungen enthalten kann.*
wittgensteins ansicht, denken und sprechen seien ein abbild der welt, hat mich ebenfalls bewogen, ihn hier anzuführen.


Mir ist Maturana deshalb so wichtig, weil seine Aussagen - dies unterscheidet ihn von Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein - nicht dem "Geist" gelten, sondern der Physis. So ist seine Schussfolgerung "Wir erschaffen die Welt" in meinen Augen nicht nur eine mehr oder weniger originelle Idee, sondern m.E. bezeichnet 'Autopoiese' die unhintergehbare biologische Tatsache unserer individuellen Wahrnehmung. Unser ganzer menschlicher Organismus schafft unser jeweils individuelles Wahrnehmen. Objektivität im Sinne von "Das ist wahr." lassen die sensorischen und intrazellurären Prozesse nicht mehr möglich erscheinen, da unser lebendendes System Reize auf seine jeweils eigene Weise kreativ beantwortet. Im Unterschied dazu behaupten Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein auf ihre Weise 'das Wahre', die 'Objektivität', indem sie implizit die Vorstellung haben, dass es Prinzipien der Wahrnehmung gäbe, die Physisches umgehen bzw. aushebeln können. Ihre Ebene der Betrachtung ist die der Spekulation. Maturana dagegen bezieht sich auf Beobachtbares. Seine Schlussfolgerungen sind an Konkretem nachvollziehbar.

Bisher hat die Philosophie solche 'sensualistischen Ansätze' ignoriert oder gar verteufelt und die Tradition metaphysischer "Erkenntnisse" als DIEPHILOSOPHIE gepflegt mit kulturellen Auswirkungen für Handeln, Denken und Sprechen, die zur Zeit die Entwicklung eines weltweit notwendigen 'philosophieren' verhindern. Wenn es vom "Geist" immer noch erwartet wird, dass es ihm möglich sei, prinzipiell 'Objektivität' wahrzunehmen, dann wird es ja immer wieder Menschen geben, die angeblich besser wissen als andere, wie etwas eigentlich ist. Dieses muss aber im Hinblick auf die von Maturana beschriebenen biologische Sachverhalte prinzipiell fragwürdig erscheinen, wenn man bereit ist, physizistische Phänomene als Ausgangspunkt des 'philosophierens' gelten zu lassen.

Ich halte dies für einen sinnvollen und menschlich hoch wirksamen Ansatzpunkt, den ich gerne weiter erörtern möchte.

manni :)
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

Unser ganzer menschlicher Organismus schafft unser jeweils individuelles Wahrnehmen. Objektivität im Sinne von "Das ist wahr." lassen die sensorischen und intrazellurären Prozesse nicht mehr möglich erscheinen, da unser lebendendes System Reize auf seine jeweils eigene Weise kreativ beantwortet.

totaler Stuß !!!

Stichwort: ökologische Konvergenz

tja,
ohne ökologische Kenntnisse
keine Philosophie

da hatten es Platon, Wittgenstein, Kant und Schopenhauer noch einfacher

für den Anfänger empfehle ich
VOLLMER evolutionäre Erkennntistheorie
(ist zwar voller Popper, bringt einen aber auf den richtigen Weg)
 
Hurra, wir sprengen Maturanas Argumentationsgebäude !




In meiner Antwort an pispezi (Beitrag # 11) habe ich u.a. den wohlvertrauten Sachverhalt erneut erwähnt,
dass der Output eines Prozesses sowohl vom Prozess-Input als auch vom jeweils aktuellen Prozess-Algorithmus
bestimmt wird. Diese beiden Faktoren stehen in einer logisch-multiplikativen Beziehung, sie sind miteinander
durch ein logisches "Und" verknüpft, sodass bei einem Vergleich von zwei Prozessen folgende Aussagen gelten:

Gleicher Input und gleicher Algorithmus produzieren gleichen Output.

Gleicher Input und ungleicher Algorithmus produzieren ungleichen Output.

Ungleicher Input und gleicher Algorithmus produzieren ungleichen Output.

Ungleicher Input und ungleicher Algorithmus produzieren unbestimmten Output
(die Abweichung im Input kann durch die Abweichung im Algorithmus kompensiert werden, oder auch nicht).

Ergänzend wäre dazu noch zu erwähnen, dass "gleicher" und "ungleicher" Input natürlich immer nur
hinsichtlich der für den Prozessalgorithmus relevanten Aspekte zu verstehen ist.
Wenn beispielsweise der Prozessalgorithmus eine Abhängigkeit von einem Schwellwert aufweist,
dann reduziert sich die Unterscheidung zwischen "gleich" und "ungleich" auf die zwei Klassen
"Schwellwert nicht erreicht" und "Schwellwert erreicht oder überschritten". Das gilt u.a. bei der
Analyse der Reaktion von Neuronen, bei denen ja ein bestimmter Output von einem Schwellwert abhängig ist
(z.B. wird ein Aktionspotential nur erzeugt, wenn die Depolarisation einen Schwellwert überschreitet).


Im Eröffnungsbeitrag dieses Threads zitiert mwirthgen als elementare Aussage von Maturana:
[...] Welche neuronalen Aktivitäten durch welche Perturbationen ausgelöst werden,
ist allein durch die individuelle Struktur jeder Person
und nicht durch die Eigenschaften des perturbierenden Agens bestimmt. (Baum, S.27)

Steht diese Aussage nicht in krassem Widerspruch zum obenerwähnten wohlvertrauten Sachverhalt ?

Wenn Maturana mit dieser Aussage sinngemäß korrekt zitiert wurde,
wenn insbesonders auch der Originaltext von Maturana das von mir durch Fettdruck hervorgehobene "allein"
an dieser Stelle enthält,
dann hat Maturana doch offenkundig groben Unfug verzapft.

Selbst bei Verzicht auf informationstheoretische Betrachtungsweisen würde die zitierte Aussage meilenweit
an der Realität vorbeigehen, würde sie doch implizieren, dass sich die Psyche eines Menschen
völlig unabhängig von Umwelteinflüssen, völlig unabhängig von der individuellen Biographie entwickelt.

Eine solche Position erschiene aber im 21. Jahrhundert sowas von vor-vor-vorgestrig,
dass man darüber nur den Kopf schütteln könnte.


Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden, auch wenn eine Sprengung von Maturanas
Argumentationsgebäude hier kommentarlos zur Kenntnis genommen wird.
 
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AW: Hurra, wir sprengen Maturanas Argumentationsgebäude !




In meiner Antwort an pispezi (Beitrag # 11) habe ich u.a. den wohlvertrauten Sachverhalt erneut erwähnt,
dass der Output eines Prozesses sowohl vom Prozess-Input als auch vom jeweils aktuellen Prozess-Algorithmus
bestimmt wird.

....

Steht diese Aussage nicht in krassem Widerspruch zum obenerwähnten wohlvertrauten Sachverhalt ?

Wenn Maturana mit dieser Aussage sinngemäß korrekt zitiert wurde,
wenn insbesonders auch der Originaltext von Maturana das von mir durch Fettdruck hervorgehobene "allein"
an dieser Stelle enthält,
dann hat Maturana doch offenkundig groben Unfug verzapft.

Selbst bei Verzicht auf informationstheoretische Betrachtungsweisen würde die zitierte Aussage meilenweit
an der Realität vorbeigehen, würde sie doch implizieren, dass sich die Psyche eines Menschen
völlig unabhängig von Umwelteinflüssen, völlig unabhängig von der individuellen Biographie entwickelt.

...

Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden, auch wenn eine Sprengung von Maturanas
Argumentationsgebäude hier kommentarlos zur Kenntnis genommen wird.

Hallo Neugier,

zu Hause habe ich auch ein Buch von Maturana ("Was ist Erkennen?"), das ich nach relativ kurzer Zeit weggelegt habe.
Muss sagen, ich stimme Deiner Argumentation hier voll zu. Das einseitige Fixieren aufs Innere und die Abstreitung aller äußeren relevanten Inputs auf den Organismus ist auch in meinen Augen grob falsch, da es etliche allgemein bekannte Tatsachen einfach ignoriert. Siehe u.a. mein Beispiel mit dem heranrasenden Auto. Und dass auch die innere Disposition bei der Inputverarbeitung wesentlich ist, ist eine Trivialität, wie Du richtig sagst.

Da scheint mir jetzt alles Notwendige in aller Klarheit gesagt. ;)

LG, pispezi :zauberer2
 
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