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Systemtheorie

instanton

Member
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4. Mai 2003
Beiträge
333
hallo,

(hallo robin-weil majanna mir gesagt hat dass du da der spezialist bist:-) )

Also,
ich beginn mal ganz elementar: Die An

fänge der Systemtheorie sind egtl in der Biologie zu finden. Humberto Maturana(Gehirnwissenschaft...) versuchte lebende Systeme als den Prozess zu verstehen,der sie verwirklicht,und sie nicht durch ihre Bezirhung zu ihrer Umwelt zu erklären.

Er vereinte 2 Traditionen des Systemsdenkens ,indem er erkannte dass die EVrebindung im Verständnis der "Org. des Lebendigen" liegt:
1) Die organismische Biologie,die das WEsen der biologischen Formen untersucht
2)Die Kybernetik,die das WEsen des Geistes zu verstehen versucht.
Somit setzte er den Erkenntnisprozess mit dem Prozess des Lebens gleich.(der Geist ist kein ding,sondern ein Prozess-der eigetnliceh Prozess des Lebens)


Später wurde die biologische Systemtheorie für die Sozialwissenschaften fruchtbar gemacht.-->Luhmann

wir können darüber dann diskutiern,wenn nicht im anderen Thread das so weit gedeiht.

Meine Frage: in wie weit hat das ganze mit der Philosoph. Richtung des Konstruktivismus zu tun? und: Ist der Konstruktivismus zu konstruktivistisch? muss der Mensch unbedingt der Schöpfer seiner selbst sein??

grüße an alle :zauberer1
 
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instanton schrieb:
Meine Frage: in wie weit hat das ganze mit der Philosoph. Richtung des Konstruktivismus zu tun? und: Ist der Konstruktivismus zu konstruktivistisch? muss der Mensch unbedingt der Schöpfer seiner selbst sein??

grüße an alle :zauberer1

Auwei, Instanton, jetzt wollte ich loslegen, habe aber Gehirnstarre. Luhmann beruft sich in der Tat auf den radikalen Konstruktivismus, führt aber noch einen anderen Begriff ein. Den habe ich aber just vergessen :rolleyes:
Soweit ich weiß, war der radikale Konstruktivismus weniger eine ausgereifte philosophische Richtung, denn eine radikalisierte Idee, die aber schon zum Beipspiel bei Schopenhauer zu finden ist: Die Welt ist Vorstellung. Demnach können wir weder direkt über Wirklichkeit reden noch über sie nachdenken, sondern nur über eine Idee von Welt, die wir uns aufgrund von Sinneswahrnehmungen konstruieren. Dieser Konstruktionsprozess ist aber nicht als so aktiv und bewusst zu sehen, wie er klingt; es bleibt uns einfach nichts anderes übrig. Die Idee gipfelte in der Idee, man könnte ja auch darüber nachdenken, ob überhaupt etwas anderes exitiere, als man selbst. Virtuelle Welten haben uns zumindest bewiesen, dass man sich in diese Richtung bewegen kann; dass man Sinneswahrnehmungen so gekonnt simulieren und stimulieren kann, das die Wahrnehmung kaum noch zwischen echter und virtueller Welt unterscheiden kann.
Luhmann interessierten solche Aspekte aber weniger. Er überführte Maturnas Vorstellungen von selbstreferentiellen, autonomen Systemen in die Soziologie ein und ging von insbesondere zwei wichtigen Systemen aus. Den Bewusstseinssystemen (Individuen) und den gesellschaftlichen Systemen (Kommunikation). Die Frage, die mit Kontruktivismus zu tun hat, ist die: Wie können Systeme, die geschlossen sind, also mit ihren Operationen (zum Beispiel dem Denken) die Außenwelt nicht direkt erreichen können, trotzdem mit der Umwelt interagieren?
Die Antwort: Sie können es nicht direkt. Sondern über Irriatation oder strukturelle Kopplung.
Nicht zuletzt die erwähnten strukturellen Kopplungen könne so stabil und evident sein, dass sich für uns der Eindruck ergibt, man unterhalte sich direkt miteinander. Sogar dann, wenn dies so offensichtlich nicht der Fall sein kann, wie in einem virtuellen Forum, wo Teilnehmer an Kommunikation Zeichen in einen virtuellen Raum geben (diesen "irritieren") und andere Teilnehmer der Kommunikation diese dann wieder entschlüsseln.
Schafft man es, diese ungewohnten Vorstellungen zu akzeptieren, z.B. dass Gesellschaft nicht mehr als Ansammlung von INdividuen verstanden wird, sondern als autonomes System von Kommunikationen, erklären sich dafür Probleme, die früher rätselhaft waren: Zum Beispiel warum es so schwierig ist, an sich vernünftige Gedanken in die Gesellschaft hineinzutragen und dann zu hoffen, alle mögen diese verstehen und entsprechend handlen. Mithin die Idee und das Scheitern der Aufklärung. Und zum Beispiel auch, warum Kommunikation eine (teilweise fatale) Eigendynamik gewinnen kann, so dass Missverstöndnisse nicht mehr auszuräumen sind und sich zum Beispiel Streits und Konflikte bis weit über die Schmerzgrenze hochschaukeln können, obwohl dies keiner gewollt hat.

So, als Antwort auf deine Frage, Instanton, sollte das erstmal reichen. Was dein impliziertes Unbehangen betrifft, können wir ja mal abwarten, ob dazu weitere Meinungen eintreffen.

Schöne Grüße
 
In Niklas Luhmann, Aufsätze und Reden, Reclam findet sich ein Aufsatz von Luhmann: „Erkenntnis als Konstruktion“.

Da setzt er sich kritisch mit dem „radikalen Konstruktivismus“ auseinander. Fast schon sarkastisch: „Und die letzte Mode der Erkenntnistheorie heißt >radikaler Konstruktivismus<. Je mehr solche Verstärker [wie radikal] hinzugesetzt werden, um so mehr sind Zweifel angebracht.“ Er fragt sich sogar, ob der radikale Konstruktivismus seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hat. Ein kleiner Ausschnitt:
„[...], das Problem lautete: wie ist Erkenntnis möglich, obwohl sie keinen von ihr unabhängigen Zugang zur Realität außer ihr hat. Der radikale Konstruktivismus beginnt dagegen mit der empirischen Feststellung: Erkenntnis ist nur möglich, weil sie keinen Zugang zur Realität außer ihr hat. Ein Gehirn beispielsweise kann nur Informationen erzeugen, weil es umweltindifferent codiert ist, d.h. im rekursiven Netzwerk der eigenen Operationen eingeschlossen operiert. [...] Offenbar sehen die radikalen Konstruktivisten diesen Schritt von >obwohl möglich< zu >weil möglich< eine befreiende Radikalisierung, mit der man zweitausend Jahre unnütze Reflexion abhängen kann. An der Bedeutung diese Schrittes von obwohl zu weil will ich nicht zweifeln, [...]. Man möchte aber genauer wissen, was wir mit diesem Schritt vom obwohl zum weil gewinnen; und hier stehen wir erst am Anfang einer in nur vagen Umrissen absehbaren Entwicklung.“
Damit startet der Aufsatz dann quasi. Eine einfache Gleichsetzung „Luhmann = radikaler Konstruktivist“ ist also womöglich etwas zweifelhaft.

Hier: http://www.t0.or.at/~punktstoerung/disk/k2.html findet man eine Einführung in den radikalen Konstruktivismus. Ein kleiner Ausschnitt:
GRUNDLAGEN
Der RK versucht als Theorie des Wissens die traditionellen Fragen der Erkenntnistheorie neu zu beantworten. Der Radikale Konstruktivismus ist radikal in dem Maße, wie er betont, daß das, was wir wahrnehmen, ein Konstrukt unseres Gehirns ist; er lehnt die Erkennbarkeit (nicht jedoch die Erfahrbarkeit) einer vom Bewußtsein unabhängigen Welt ab. Eine holistisch orientierte Weiterführung des Radikalen Konstruktivismus ersetzt das Kriterium der Objektivität durch das der Intersubjektivität; danach sind nicht so sehr die objektiven Daten, sondern die subjektiven Reaktionen beim Empfänger der Daten von entscheidender Bedeutung. Dementsprechend kann es auch keine objektiven, sondern nur (inter-)subjektive Informationen geben, die in ein interaktives Konzept der Wirklichkeit eingebunden sind. Die Mehrdimensionalität unserer Welt ermöglicht uns unterschiedliche, jedoch miteinander gekoppelte Wahrnehmungsperspektiven (»Many-Worlds–Many-Orders«). Deshalb ist Objektivität laut von Foerster eine geniale Strategie, um sich der Verantwortung zu entziehen.

Wirklichkeit
Unser Wissen läßt sich als Wirklichkeit und unser Nicht-Wissen als Realität beschreiben. Der Wirklichkeitsbegriff bezieht sich auf den aktuellen Wissensstand eines Teilnehmers. In dem Maße, wie der Teilnehmer dazulernt, verändert sich sein Wissen und damit die von ihm konstruierte Wirklichkeit. Wirklichkeit ist entfaltetes Wissen, wohingegen dasjenige, was wir noch nicht wissen, in der Realität enthalten ist. Die Differenzbildung zwischen entfaltetem und nicht-entfaltetem Wissen ermöglicht uns einen subjektiven Erkenntnisfortschritt.

Wahrnehmung
Eine Trennung zwischen Wahrnehmung und Interpretation kann es nicht geben, da der Akt des Wahrnehmens gleichermaßen ein Akt der Interpretation ist.

Du hast Zweifel am Konstruktivismus instanton, das verstehe ich ganz gut - die meisten stoßen sich ja bereits am Begriff „Konstruktion“. Das klingt nämlich ein wenig so, als könne man (voller Hybris) machen, was man wolle - sich also die Welt beliebig so konstruieren, wie es einem gerade einfällt. Das ist aber nicht der Standpunkt des Konstruktivismus. Konstruktionen können nämlich auch scheitern. Heißt: Sie müssen „viabel“ sein, damit sie funktionieren. „Viabel“ könnte man mit „passig“ oder „passend“ übersetzen, denke ich. Die Konstruktionen unseres Gehirns sind – „dank Evolution“ – offensichtlich recht gut :-) Sie passen in die Welt. Ein Beispiel, dass es dennoch Konstruktionen sind, sind Farben. In der „Welt da draußen“ gibt es keine Farben. Unser Gehirn konstruiert aus einem kleinen Ausschnitt des großen Spektrums elektromagnetischer Wellen, die Farben, die wir sehen. Neulich las ich zu meiner Überraschung sogar, dass wir sogar Farben sehen, für die es gar kein Korrelat in diesem Spektrum gibt!

Der Begriff Konstruktion verliert etwas von seinem „Schrecken“ :-) wenn man statt dessen Re-Konstruktion sagt – ich finde, das trifft es auch ganz gut.

Wenn ich es nicht ganz falsch verstanden habe, will der Konstruktivismus die Vorstellung ablösen, unser Erkennen sei ein Spiegeln der Natur – gewissermaßen ein „Erleiden“. Üblicherweise werden die Begriffe Konstruktivismus (manche sprechen auch einfach von Idealismus!) und Realismus in einen Gegensatz gebracht. Es gibt aber auch Positionen, die hier vermitteln wollen. In etwa – um es Paradox à la Luhmann – auszudrücken: Realismus, weil Konstruktivismus.
 
Neulich las ich zu meiner Überraschung sogar, dass wir sogar Farben sehen, für die es gar kein Korrelat in diesem Spektrum gibt!

Genauer müsste es wohl heißen "eine Farbe sehen, für die ..."; wenn ich mich recht erinnere - ich müsste das Buch heraussuchen, um das zu präzisieren, falls es jemand interessiert
 
Systemtheorie kurz und bündig

Die Störungsresistenz eines Öko-Systems hängt dabei von der Güte seines Mikroklimas ab. Ein gutes Mikroklima puffert den Klimawandel so weit ab, daß die Reaktion darauf vergleichsweise gering ausfällt.

• indifferent auf eine actio folgt keine reactio
(Tropfen auf den heissen Stein)
• kritisch auf eine actio folgt eine reactio
(steter Tropfen höhlt den Stein)
• überkritisch auf eine actio folgt eine Katastrophe
(Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt)
• chaotisch auf eine actio folgt ein Durcheinander
(alles fließt)
 
Eine einfache Gleichsetzung „Luhmann = radikaler Konstruktivist“ ist also womöglich etwas zweifelhaft.

Richtig. Jetzt ist mir auch Luhmanns Begriff wieder eingefallen: Operationaler Konstruktivismus.
Hier wird der Begriff durch Operation ergänzt und damit in einer Weise erweitert, die aussagekräftiger ist als das allzu emphatische radikal.
Ausgesagt ist damit, dass Systeme ihre Weltsicht durch selbstreferentieller Aneinanderreihung von Operationen leisten und sich gleichzeitig gegenüber der Umwelt abgrenzen. Dies nennt man Autopoiesis.

Den Begriff abzumildern durch Re-Konstruktion mag vielleicht dämpfend wirken, erweckt aber die Vorstellung einer Wieder-Konstruktion von Welt, also etwas, das schon dagewesen ist.
Wie dem auch sei, rein philosophisch ist das meiste der Erkenntnistheorie der Konstruktion schon bei Schopenhauer angelegt und diskutiert. Zum Beispiel auch die Eigenschaft des Bewusstseins als temporär und punktuell und die damit verbundene Unmöglichkeit, sich als System beim Beobachten zu beobachten.
Die Systemtheorie geht weit, weit darüber hinaus. Es ist eine komplett neue Gesellschaftstheorie, die das Wirken von kommunikativen Strukturen beschreibt, die Subsysteme der Gesellschaft durch Einführung der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien scharf voneinander abgrenzt und die bisher vorherrschende Gesellschaftstheorie vom Balast eines normativen So-sollte-es sein befreit.

Und? Welche Farbe sehen nur wir?
 
Und? Welche Farbe sehen nur wir?
Ich muss leider passen. Ich war mir sicher, dass die Quelle das Buch "Auge und Gehirn, Psychologie des Sehens" von R. L. Gregory ist. Aber ich kann, trotzdem ich alle im Register unter "Farbsehen" angegeben Stellen durchgeschaut habe, die entsprechende Stelle im Moment nicht finden. Entweder steht's in einem anderen Buch oder ich habe mich einfach geirrt (Was ich aber nicht glaube :-) Sorry ...
 
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_its_not_me_ schrieb:
Ich muss leider passen. Ich war mir sicher, dass die Quelle das Buch "Auge und Gehirn, Psychologie des Sehens" von R. L. Gregory ist. Aber ich kann, trotzdem ich alle im Register unter "Farbsehen" angegeben Stellen durchgeschaut habe, die entsprechende Stelle im Moment nicht finden. Entweder steht's in einem anderen Buch oder ich habe mich einfach geirrt (Was ich aber nicht glaube :-) Sorry ...


Vielleicht hilft die Literaturliste weiter (mit Googeln Stichwörter Farbe Korrelat Spektrum bin ich nicht fündig geworden, da müßte
man wohl eine andere Suchmaschine bemühen)

http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/psychologie/02_wahrnehmung_lit.xml
 
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