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Systemtheorie

Ich dachte bis jetzt immer, dass sich die Richtung des Konstruktivismus aus der Philosophie der Mathematik herleitet .Danach ist die mathematische Erkenntnis a priori synthetisch und beruht auf der Konstruktion mathematischer Objekte in so genannten reinen Raum – Zeitanschauungen also die empirische Ableitung findet nicht ihre Beweisführung in der so genannten Außenwelt, sondern „ nur“ im Kopf als Verstandesleistung statt, die aber auch Raum – Zeitbedingungen unterliegen und daher eben auch mit der Realität zusammengebracht werden muss. Wie Ihr es ja schon exemplifiziert, ist diese Theorie von Brouwer und Heyting erweitert worden. Puh – nicht, dass Ihr glaubt, ich hätte ein einziges Werk von diesen gelesen – ich habe heute noch Alpträume, in Mathe beim Abi/der Matura durchzufallen.


Deshalb wage ich es anzuzweifeln, den Autopoisisgedanken al la Maturana ( der ja primär Biologe ist ) so ungebrochen auf alle Erkenntnis anzuwenden, wie es Luhmann ( und da berufe ich mich jetzt v.a. auf Dich, Robin, da ich zuwenig von ihm gelesen habe ) getan hat.( oder wie ich glaube, Dich verstanden zu haben).

„Autopoietische Systeme haben durch ihre operative Geschlossenheit keinen unmittelbaren Kontakt zu ihrer Umwelt, sondern reagieren stets nur auf Eigenzustände. Diese Zustandsdeterminiertheit lässt sich am menschlichen Gehirn beobachten“ Zitat Metzlers Philosophielexikon, Stichwort Autopiesis S.57 Ausgabe:1999

Das macht also offensichtlich Sinn in der Biologie.

Ich bezweifle allerdings, ob – um in der Sprache der Systemtheoretiker zu bleiben, so komplexe Systeme, wie sie gesellschaftlich vorfindbar sind, völlig autopoietisch erklärbar sind.
Zumindest findet ein Transfer zwischen den einzelnen Systemen statt: Kunst z.B. mit Ökonomie, in dem Moment, in dem sich ein Autor um Veröffentlichung bemüht, ein bildender Küstler darum,seiner Werke in Galerien auszustellen usw. Recht korrespondiert mit Moral: in fast jeder Strafgesetzesnovelle nachvollziebar nachzudenken. ( Habermas nimmt eine ähnliche Position wie ich ein – bescheidener formuliert: meine Gedanken dazu sind von Habermas beeinflusst.)



Also: ich finde, Insti hat uns hier allerhand Denkaufgaben gestellt.

Marianne
 
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Denkaufgabe

Ich möchte hier nochmal auf meinen Link zu Wikepedia hinweisen, wo die Systemtheorie als eine universelle Theorie beschrieben wird, die fachübergreifend wirkt. Während meines Studiums der Starkstromtechnik habe ich mich auf die Regelungstechnik geschmissen und bisher unter
Systemtheorie auch nur einen kleinen Ausschnitt
der Anwendungen, vor allem aus der Sicht eines Ingenieurs verstanden. Die philosophische Seite hat mich bisher nicht so interessiert, obwohl ich natürlich noch im Hinterkopp habe, daß die ollen
Mathematiker immer zugeich Philosophen waren.
Aber die hatten auch noch nichts mit Systemtheorie in der EDV am Hut;-)

Ich gehe jetzt erst mal frühstücken......
 
_its_not_me_, könnte diese Aussage von der Farbe, die wir sehen, obwohl es sie gar nicht gibt,

in dem Artikel im Spiegel "Das falsche Rot der Rose"

(Ausgabe 1/2001, vom 30. Dezember 2000] enthalten gewesen sein ?

Ich kenne den Inhalt dieses Artikels nicht, sondern nur den Aufmacher, der so aussieht:

SPIEGEL ONLINE schrieb:
Was geschieht im Kopf, wenn die Augen etwas sehen?

Wie entsteht Bewusstsein, wie die Vorstellung vom "Ich"?

Hirnforscher Wolf Singer beschreibt das Zentralorgan als ein "extrem dezentral organisiertes System".

Die Idee des freien Willens hält er für ein kulturelles Konstrukt.

lg nase
 
Bei dem falschen Rot der Rose - ich spekuliere - geht es wohl darum, dass unser Gehirn die tatsächlichen Unterschiede, die es sehen müsste - etwa zwischen dem Rot, wie es am hellen Mittag erscheint und dem Rot, wie es am Abend erscheint - sozusagen herunter spielt, zugunsten einer "sichtbaren" Identität. Wir sehen, auch wenn die Datenlage eigentlich eine andere ist, immer mehr oder weniger eine identisch rote Rose.

Es tut mir leid, dass ich die Quelle nicht finde. Ich hoffe nur, dass ich kein Gerücht in die Welt gesetzt habe :-(
 
Ich halte die Idee des freien Willens ebenfalls für ein kulturelles Konstrukt. Aber auch Konstrukte bekommen Eigenleben,d.h. verwirklichen sich als gesellschaftlich vorfindbar.- So theoretisiere ich mal.
Aber gerade Systemtheoretiker verweisen mit Recht darauf hin, dass diese Konstrukte eben nur solche sind, dass sich die Realität sehr häufig nicht an der Idee, sondern an der Sache ablesbar machen lässt.Und da sehr häufig durch die Bestimmung dessen, was innerhalb von Definitionen gerade noch zulässig ist - an zwei Polen der Konstruktfüllung.

Es ist doch auffällig, um bei der Farbe rot zu bleiben, dass wir alle ( außer Farbenblinde natürlich) anscheinend eine uns einigende Vorstellung von Rot haben, dass Alltagsschauer, Maler und die Poeten, die diese Farbe metaphorisch verwenden, sich irgendwie einig sind, einander irgendwie verstehen, glauben, einander zu verstehen, wenn sie sowohl sachlich als auch übertragen diese Farbbezeichnung hören.


Mir selbst scheint es dabei unerheblich zu sein, ob mein freier Wille rot wirklich als rot sehen "will" oder ob es mir beigebracht wurde ( wie ich glaube, dass das irgendwie so abläuft) oder ob meine Gehirn bereits synthetisch a priori rot als rot checkt, wenn das Auge mit den dieser Farbe entsprechenden Wellen zusammenkommt.

Insofern gibt es - glaube ich natürlich nur - keinen freien Willen. Der freie Wille scheint beim Sprechenden vor allem im Kommunikativen, der kommunikativen Absicht des Senders zu liegen. Wenn ein Ich rot sagt und will, dass es verstanden wird, wird er nicht blau oder krkr sagen, sondern rot.


Grüße

Marianne
 
eine philolehrerin sagte mal: man kann ,wenn man den konstruktivismus einmal wirklich durchdacht hat, kein Fundamentalist mehr sein-in sofern ists was gutes!!! :jump1:
 
baerliner schrieb:
Während meines Studiums der Starkstromtechnik habe ich mich auf die Regelungstechnik geschmissen
und bisher unter Systemtheorie auch nur einen kleinen Ausschnitt der Anwendungen, vor allem aus der
Sicht eines Ingenieurs verstanden.

Unter "www.ngfg.com/texte/ae004.htm" ist eine Einführung in ein

SYSTEMTHEORETISCHES BEWUßTSEINSMODELL abrufbar.

Der Abstrakt dieses Textes (entstanden 1993/94) sieht so aus:

Diese fachübergreifende Betrachtung diskutiert mit einer neuen und umfassenden Theorie die Problematik,
daß bis zum heutigen Tage noch kein allgemeingültiges Bewußtseinsmodell existiert und versucht auf der
Basis von Entwicklungspsychologie, Evolutionsbiologie, Ethologie, Systemtheorie und Erkenntnissen der
Neurologie / Neurobiologie ein schlüssiges fachübergreifendes Modell der menschlichen Psyche zu
entwickeln, welches keinen bekannten Fakten widerspricht, überprüfbare Vorhersagen über menschliches
Verhalten ermöglicht und eine bestmögliche Integration der neuesten Erkenntnisse in eine einheitliche
Theorie des menschlichen Bewußtseins erlaubt.
Ob dieser Text den im Abstrakt geweckten Erwartungen voll gerecht wird, sei dahingestellt.

Für einen Kybernetiker recht nützlich erscheint mir die kurzgefasste Darstellung jener Elemente der
Systemtheorie, die für eine Diskussion über Bewusstsein / Geist / Seele relevant sind, insbesonders
das Konzept der Attraktoren. Diese Darstellung verwendet eine Sprache, die einem Techniker liegen sollte.

lg nase
 
Neugier schrieb:
Für einen Kybernetiker recht nützlich erscheint mir die kurzgefasste Darstellung jener Elemente der
Systemtheorie, die für eine Diskussion über Bewusstsein / Geist / Seele relevant sind, insbesonders
das Konzept der Attraktoren. Diese Darstellung verwendet eine Sprache, die einem Techniker liegen sollte.

lg nase


Hallo, Nase,

Bevor ich mich genauer mit dem von Dir oben angeführten Theorien beschäftige - wenn ich das Geschriebene richtig verstanden habe, stimme ich ihnen zu: Systemtheorie löst nicht die Fragen, die metaphysisch oder behavioristisch eben als; Geist,Bewusstsein , Seele in unserer Metaebene eine große Rolle spielen, möchte ich fragen.

Bitte kläre mich auf, was in diesem Zusammenhang Attraktoren sind?
Sind es die - sogar geschlossenen Systemen - Vorfindlichkeiten, die auf die obigen Fragen verweisen?


Danke im Vorhinein

Marianne
 
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Ein kleiner Ausschnitt, der zeigt, dass das nicht so trocken ist, wie man befürchten könnte :-)

AUTOR
Peter Fuchs, Systemtheoretiker, Luhmann-Schüler. Das System ist die Ordnungsmacht, die das Rauschen in ein verständliches Kontinuum von Sätzen transformiert. Nicht etwa die Menschen, die Subjekte, die an dieser Kommunikation teilnehmen. Denn nach Luhmanns Theorie kommunizieren Menschen gar nicht: Die Kommunikation kommuniziert. Was heißt das?

ZUSPIELUNG (Fuchs)
Zunächst ist einfach nur gemeint, daß ein Miteinander-Kommunizieren meinetwegen von Subjekten schon deswegen ausgeschlossen ist, weil eine Vielzahl von Wahlen vorgenommen werden müssen, die sich gar nicht auf eine einzige Person konzentrieren. Das Kommunikationsmodell sieht ja vor, daß Kommunikation aus drei Momenten besteht - Information, Mitteilung und Verstehen -, und meine Äußerungen - utterances würde ich lieber sagen oder Mitteilungen - müssen an irgendeinem anderen Ort verstanden werden, so daß wir schon eine Mehrheit von Personen brauchen, ich gar nicht allein kommunizieren kann. Aber das ist nur die eine Seite der Sache. Es gibt einen zweiten Begriff, der da eine wichtige Rolle spielt, das ist ein - sagen wir mal vorsichtig - aus der Biologie adaptierter Begriff, nämlich der der autopoiesis, der sagt, daß die Äußerungen, die wir zum Beispiel im Moment machen, aufeinander reagieren, das heißt: Ich mache eine Äußerung, Ihre Äußerung beschreibt das, was ich gesagt habe, als eine bestimmte. Unabhängig davon, was ich denke oder nicht denke.

Um ein Beispiel zu machen: Nehmen wir an, wir seien ein Liebespaar, und ich würde jetzt fragen "Liebst du mich?" Dann wäre die Frage in meinem Kopf irgendwie präsent, also ich will wissen, ob Sie mich lieben. Das, was diese Äußerung aber war, entsteht erst durch eine Äußerung, die Sie tun werden. Zum Beispiel könnten Sie sagen: "So'n Quatsch, habe ich überhaupt nicht im Kopf, ich liebe doch keinen Systemtheoretiker. Quatsch einfach." Oder Sie sagen: "Oh, ich hab nicht gewußt, daß wir uns schon auf dieser Ebene bewegen" oder etwas in der Art. Oder Sie sagen: "Lieben nicht, aber ich hab' dich gern", und Sie riskieren sozusagen den Krach, der dadurch entstehen kann. Oder Sie sagen: "Ach, seitdem es Luhmann gibt, brauchen wir über Liebe nicht mehr so zu reden, man müßte ganz anders reden", und jedesmal entstündeetwas anderes, eine andere Sequenz. Ich könnte das gar nicht steuern. "
 
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