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Wer bin ich? Wie erkenne ich mich selbst?

coldbluice

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13. Mai 2006
Beiträge
135
Kurz: Überlege dir, was Du suchst, wer Du bist und was Du willst. Sei
ehrlich zu dir und zu deinen Menschen. Dann werden sie es auch bei dir
sein, weil sie sich sicher fühlen.

Ich halte diese aussage für wahr. Aber es ist so einfach gesagt als getan. wie erkenne ich wer ich eigentlich bin? wie mach ich das? vielleicht hat der eine oder andere da mal nen tipp. würd mich sehr darüber freuen.
 
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Hallöchen coldbluice!

Eine Möglichkeit der Selbsterkenntnis ist die Selbstobjektivierung an deren Ende die Erkenntnis des Subjektes steht. Das Subjekt. Ein wahrlich komisches Dinge.

Philosophie beginnt bekanntlich im Nachsinnen vereinzelter Wörter: Subjekt und Objekt. Jedem vertraute Begriffe. Wirklich?

In der Schule (noch zwei Wochen muss ich hin :clown2: ) spielen Subjekt und Objekt im Deutschunterricht eine Rolle: Wer oder was ist? Der Nominativ tritt so hervor.

Ein Beispiel: Coldbluice ist neugierig.

Hier wird von einem Objekt (Coldbluice), das grammatikalisch zwar das Subjekt ist, etwas ausgesagt, nämlich dass es neugierig sei. Das Subjekt des Satzes ist eigentlich das Objekt. Verwirrend, nicht?

Ein weiteres Beispiel: Coldbluice fährt leidenschaftliche gern Motorrad. (Das nehme ich auf Grund deines Fotos mal an!) :)

Hier ist das Subjekt Coldbluice zwar aktiv, nämlich leidenschaftliche Motorradfahrend, aber gleich wohl geschieht ihm etwas, während er gleichzeitig handelt. Subjekte handeln nie frei in ein absolutes Vakuum hinein, sondern das ihrem Handeln vorgegebene, es erst Ermöglichende, bestimmt Form und Inhalt des ansonsten freien Handelns.
Coldbluice fährt in der Welt Motorrad, d.h. er kann nur in der Welt, die Luft, Gesellschaft, Arbeit, Liebe, ein tolles Motorrad und das Geld, also alles dafür ist, diese Tätigkeit ausüben. Das Objekt ist demnach das wahre Subjekt. Spätestens wenn die Sonne erlischt oder ein Meteorit die Erde zerstört tritt hervor, was Subjekt ist und was sich bloß als Subjekt inszeniert hat und mehr oder weniger doch bloßes Objekt ist, ohne es denken zu können, von den großen, realen Subjekten abhängig, den Eltern, Lehrern, den Arbeitgebern, den Medien, den Versicherungen, den Altersheimen.

War das jetzt so richtig Frau Lehrerin Marianne?

An diesem Punk beginnt Selbstobjektivierung: Wenn ich im Denken meinen Objektcharakter erkenne, erhebe ich mich über diesen; ich konstituiere oder begründe mich als wahres Subejkt, das seinen Dingcharakter, wenn auch nur in der Selbsterkenntnis, abgestreift hat.
Der Eingangsspruch zum Delphischen Orakel ("Erkenne dich selbst!") meint nicht die bloße Selbstspiegelung ICH = ICh sondern es meint und fordert die Erkenntnis der Objektwelt, die allerdings als SUbjekt gedacht wird.
Marx hatte einen ähnlichen Gedanken, indem er die objektive Welt der Industrie, als ein gewaltiges, anonymes, unmenschiches, unsubjektives Subjekt sah.
Vieles in unseren Gesellschaften hat sich zu einer eigenen Form gebenden Gestalt erhoben, die diejenigen beherrscht und zu Objekten macht, die sie geschaffen haben.

Soll heißen: Wieviel Subjekt ist wirklich IN DIR? Bist Du im großem Zusammenspiel von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nicht bloßes Objekt? Ein Spielball? Sind die Dinge, die Du deiner Subjektivität zusprichst, nicht Produkte anderer Wesen die Dich zum bloßen Objekt degradieren? Sind deine Wünsche wirklich deine eigenen, oder von Freunden, Familie und Gesellschaft vorgegebene Wünsche?

Bis ins 18.Jahrhundert hinein, also über ads ganze Mittelalter hindurch, galt genau das, was wir heute unter einem Objekt verstehen, als Subjekt. Die Natur war Subjekt. Die Natur war nicht wie seit der Industrialisierung im nationalen bis in unsere Zeit im gloablen Maßstab ausschließlich Gegenstand der menschlichen Ausbeutung als Rohstoff für die energiefressenden gigantischen Industriekapazitäten.
Die Natur hatte bis in die Moderne hinein noch einen eigenen Wert und die große Literatur der deutschen Klassik bezeugte es. Sie war nicht nur Objekt ihrer eigenen Ausbeutung. Auch die menschliche Natur begann sich zu verdinglichen, zusammen mit dem zu einer ökonomischen Ware werdenden Naturprojekt. Die großen literarischen Erzählungen überliefern den Konflikt: Mann und Frau handeln gegen ihre Natur; ihre Gefühle, ihre Liebe opfern sie Geld, Macht und Schönheit. Sie machen sich so zu Objekten, zum Beispiel der Macht des Geldes und leben nicht die Natur, ihre wirkliche Liebe. In der menschlichen Subjektivität bringt sich die Natur in Erinnerung, von der wir körperlich ein Teil sind. Es ist die ganze, seelische Gefühlswelt, in der die Natur uns mit sich selbst und uns verbunden hat. Dieses Subjektive ist uns, wenn wir es erkennen, die Erkenntnis der Natur. Die wirkliche Naturerkenntnis, die die Natur als gleichberechtigten Partner versteht, als achtenswertes Subjekt.

Menschen, die die Abschaffung der Umweltministerien fordern, weil diese dem Abbau der natürlichen Ressourcen im Wege stünden, haben das wohl nicht verstanden...!

Sorry Coldbluice, bin ziemlich von deiner eigentlichen Frage abgekommen und hab wohl mehr über Subjekt und Objekt geschrieben. Ich denke, selbst wenn der Mensch der Selbstreflexion fähig ist, sagt das immernoch nichts über seine WIRKLICHE Subjektivität aus.

Mfg Patrice
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo coldbluice,

das ist m.E. ein lebenslanger Prozess, der teils aktiv vorangetrieben werden kann, teils aber auch Passivität und „Geschehenlassen“/Geduld verlangt. Der Beginn ist das Problem. Aus einer normalen durchschnittlich depressiven und mittelzufriedenen Lebenssituation heraus, ist es m.E. nahezu unmöglich. Das deshalb, weil das „sich erkennen“, teilweise ein sehr tiefgehender und schmerzhafter Prozess ist. Das ICH versucht sich mitunter mit Händen und Füßen gegen die Selbsterkenntnis zu wehren (z.B. Ich-Wiederstände). Und es ist dabei so raffiniert, dass es dich immer wieder beruhigen will, zum Durchhalten der aktuellen Situation ermuntert, dich auf die Zukunft vertröstet oder dich in sanfter Selbstbeweihräucherung passiv machen will, mitunter will es auch mit massivem Vorwärtsdrang eine Selbsterkenntnis vorantreiben (Wille), solcher Ehrgeiz ist meiner bescheidenen Erfahrung nach jedoch meist irreführend, bzw. soll es ein anderes Problem zudecken. Zeit und Ruhe sind meine besten Helfer dabei.

Leider beginnt der Weg der Selbsterkenntnis meist erst durch eine innere oder äußere Katastrophe, die den Leidensdruck soweit zuspitzt, dass man etwas unternehmen/ändern muss oder zugrunde geht. Zugrundegehen ist hier durchaus wörtlich mit einer Krankheit, Suizid oder extrem selbstzerstörerischem Verhalten (SVV, Sucht...) gemeint.

Die Frage ist leider, ob man es überhaupt schafft, sich zu erforschen, ohne durch eine innere Hölle (die einzige die es gibt) zu gehen/gehen zu müssen. Ich weiß nicht, ob es bereits jemanden gab, der sich selbst erkannte, ohne da durch zu müssen. Ohne den gefühlsgetriebenen Background (das tatsächliche seelische Leiden) neigt man bei seiner Selbsterforschung zum intellektualisieren, will heißen, es entsteht ein von deinem Körper losgelöstes Gedankengerüst, was m.E. nicht immer sinnvoll ist. Bestimmte religionsgegründete Formen der Selbsterkenntnis sind dafür m.E. sehr anfällig, ebenso wie reine geistbezogene Ansätze, wie früher die Psychoanalyse nach Freud.

Ohne Leidensdruck, könnten dich vielleicht Reisen, Tiere, Natur, Meditation, Tanz, Literatur oder Begegnungen mit anderen Menschen auf eine Idee bringen, was außerhalb deines derzeitigen Bewusstseins so vor sich gehen könnte. Manchmal bemerkt man, wenn man seine eigene Reaktion auf bestimmte Situationen mal „von außen anschaut“, dass hi und da ein Ansatzpunkt sein kann. Die Angst, man könne dabei „Probleme kreieren“, die hat wohl jeder noch von seinen Eltern im Ohr, die scheint mir aber unrealistisch.

Aber ich möchte noch mal dazu sagen, eine wirklich für den Menschen kritische Lebenssituation kann, wenn man sich für sich selbst entscheidet, dem Leben öffnet und die Umstände einigermaßen lebensfreundlich sind, die Selbsterkenntnis und das Verständnis von Leben im Vergleich zum „normalen suchen“ geradezu explodieren lassen. Das Explodieren ist nicht reine Wortspielerei, damit ist gemeint, dass der teilweise Zusammenbruch des Ich´s und damit die Aufgabe der Ich-Wiederstände einen Quantensprung in der Selbsterkenntnis bewirken kann. Dieser Prozess geht tiefer und tiefer, er scheint nicht an ein Ende zu kommen, ähnlich einer Zwiebel enthüllen sich Schicht um Schicht und Zusammenhänge mit Äußerem erschließen sich,... er scheint m.E. auch nicht mehr umkehrbar (!), das sei fairer Weise genannt.

Gleiches ist über den Glauben in einem kontinuierlichen Prozess möglich, aber die Anfälligkeit für eine Abhängigkeit von einer Person, einem externen Gott o.ä. ist gegeben, diese behindert die Erkenntnis auch ab einem gewissen Grad, nach meiner nicht allgemeingültigen Meinung. Psychotherapie ist geeignet und mit einer gewissen Vorsicht und Eigenverantwortung einiges vergleichbare.

Den Weg selbst, würde ich mir nicht anmaßen, die vorgeben zu können, ich würde nur empfehlen, niemandem und auch keiner Lehre vollständig zu glauben...dir immer ein Türchen offen zu lassen, was dein Bewußtsein nach innen und außen nicht begrenzt und was deinen Bezug zum Unbekannten (Leben) offen lässt. Und was dir vor allem den Reiz am unerfassbaren Leben und dessen Faszination belässt. Es geht bei alledem nicht nur um reine Gedankenarbeit...es geht letztenendes um das erleben.

Viele Grüße
Bernd
 
Bis ins 18.Jahrhundert hinein, also über ads ganze Mittelalter hindurch, galt genau das, was wir heute unter einem Objekt verstehen, als Subjekt. Die Natur war Subjekt. Die Natur war nicht wie seit der Industrialisierung im nationalen bis in unsere Zeit im gloablen Maßstab ausschließlich Gegenstand der menschlichen Ausbeutung als Rohstoff für die energiefressenden gigantischen Industriekapazitäten.

In der Tat ist die Idee des Subjekts (das sich dann im Individuum "verwirklicht") eine relativ junge Idee. Und ist sie nicht schon wieder passé?

Die Aufklärung forderte die Befreiung des Individuums durch Vernunft und eigenständiges Denken. Aber hier liegt schon ein Grundwiderspruch: Wie soll ein Individuum eigenständig denken, wenn es gleichzeitig dafür Vorbilder und Anleitung braucht? Oder: Die Selbstwerdung als Idee ist ja auch nur eine vorgegebene Form, die man dann ausfüllt. Aber was ist daran dann individuell?
Vor allem in den 70ern war der Höhepunkt des Prozesses erreicht, dass sich alle individuen darin glichen, einzigartig sein zu wollen...
Spätestens mit der Überführung des Individualitätsgedankens in die Werbung wird die Idee entgültig ad absurdum geführt. Aber das hindert die Menschen nicht daran, harttnäckig an ihm festzuhalten.

Tatsache ist doch, dass immer beides gegeben ist. Du bist einzigartig ("du selbst") - und doch ist nichts von dir originär. Es sei denn, du glaubst an eine Seele oder solche Dinge. Dann musst du mit anderen diskutieren...
Ich schlage daher vor, dich nicht als etwas Ganzes selbst zu erkennen - sondern in deinen Rollen dich selbst zu erkennen. Erkenne, welche Funktion du in Beziehungen erfüllst, was du wem bedeutest und wo du welche Interaktionen hervorrufst. Und führe nicht vorschnell Hierarchien ein. Und bleibe dabei stets in geistiger Bewegung.
Du wirst dich nie im Ganzen selbst erkennen können. Aber du wirst dich im Ganzen besser fühlen, wenn du deine Beziehungen ordnest und Dinge abstellst, die sich nur im Kreise drehen oder gar in Abwärtsspiralen führen. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren wird vielleicht nie möglich sein. Aber man kann mit der zeit immer mehr Unwesentlichkeiten erkennen...

Vielleicht bist du aber auch ein Mensch, dem es unreflektierter besser geht...
Jednefalls würde ich die Idee des Sich-selbst-findens nicht überbewerten - ebentuell sogar ganz durch Neues ersetzen...
 
"Erkenne dich selbst"

coldbluice schrieb:
Kurz: Überlege dir, was Du suchst, wer Du bist und was Du willst. Sei
ehrlich zu dir und zu deinen Menschen. Dann werden sie es auch bei dir
sein, weil sie sich sicher fühlen.

Dazu der Hinweis:
e-a-s schrieb:
Hinweis: Nach dem Lesen von ca. 5.000 Büchern aller Arten erscheint diese Frage nicht mehr ganz so schwer zu beantworten......

Das Studium von Literatur darüber, was andere vor uns gedacht und gelehrt haben ist auf jeden Fall empfehlenswert, aber ob es sogar 5.000 Bücher sein sollen?


„Erkenne dich selbst“.

Von Gotthold Ephraim Lessing wurde das Wort geprägt:
„Mensch lerne dich selbst erkennen, das ist der Mittelpunkt aller Weisheit“.

„Erkenne dich selbst“. Diese Aufforderung galt als wichtigste Aufgabe an den nach Wahrheit und Erkenntnis strebenden Suchenden und befand sich an der Stirnseite des 478 v.Chr. vollendeten Apollotempels in Delphi, in dem die Pythia ihre weltberühmten Orakelsprüche verkündete. Das Orakel war eine Lebenshilfe für den Suchenden und sollte ihm, dem Hilfe suchenden Menschen, bei der Selbstfindung helfen.

„Erkenne dich selbst“ ist die Aufforderung an jeden Menschen, sich mit seinem „Ich“ auseinanderzusetzen.
In seinem Buch: „Ödipus der Rätsellöser“ hat Thorwald Dethlefsen die Suche des Menschen nach sich selbst interpretiert, und er nimmt die griechische Tragödie als Beispiel dafür, um uns einen möglichen Weg aufzuzeigen, sich aus den Verstrickungen der äußeren Verlockungen zu befreien.
Er schreibt: „Am Ende ist vom äußeren Königtum allein der königliche Sinn geblieben, der durch den Bettler nicht gefährdet, sondern bereichert wird. Der Mensch ist immer beides, König und Bettler, und er ist einseitig und unheil, solange er nicht beides in sich entdeckt und verwirklicht hat.
Der Mensch ist zum Königtum berufen, zum Herrscher über sich selbst, und er ist gleichzeitig ein Bettler, der davon leben muß, was das Schicksal ihm zuteilt.
Seine Sehnsucht geht nach heiligen Hainen, nach dem Sitz eines Gottes. Als Bettler hat er seine wahre Bedürftigkeit entdeckt, weiß er, was ihm zum Heil und zum Glück fehlt, denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein“.
(Zitatende)

Wenn die Forderung „Erkenne dich selbst“ an mich gestellt wird, ist dies zunächst scheinbar eine einfache Aufgabe, ich brauche doch nur in den Spiegel zu schauen. Das ist zu kurz gefasst, wenn ich nur flüchtig hinsehe.
Mache ich dies aber eine Stunde? Wie siehe ich dann in Wirklichkeit aus? Welche Gedanken gehen mir dann durch den Kopf?

Wollen wir uns wirklich selbst erkennen? Wer sucht wirklich die Wahrheit über sich selbst?

Sie könnte erschreckend sein, denn wir sind drei Personen in einer.
Nämlich:
einmal wie uns die anderen sehen,
einmal wie wir uns selbst sehen und
einmal wie wir wirklich sind.

Beide Sichtweisen, sowohl die, wie uns die anderen sehen als auch die, wie wir uns selbst sehen, sind sicherlich mit Mängeln behaftet.
Hier beginnt die Schwierigkeit, denn üblicherweise möchten wir unsere vorgefaßte Anschauung über uns selbst von unseren Mitmenschen - auch hier im Forum - bestätigt haben, und wer uns schmeichelt, ist uns allemal sympathischer als jener, der uns den Spiegel vorhält.

Gern wird davon gesprochen, dass nur die inneren Werte zählen, aber immer wieder wird nur auf die Oberfläche geschaut, dies zeigt sich vor allem in dem Wahn, dass äußere Schönheit und materieller Reichtum das einzig Erstrebenswerte im Leben sind, da wir angeblich nur hier und jetzt leben. Mit dieser Einstellung kann der Mensch aber nur seinen persönlichen Eitelkeiten frönen und zu keiner Reflexion über sich selbst gelangen und zu sich selbst finden.

In Extremsituationen z. B. kommt der Mensch der Erkenntnis seines Selbst wesentlich näher und misst dem bisherigen andere Bedeutungen bei.
Leo Tolstoi drückt es so aus:
„Einer, der zum sofortigen Tode verurteilt ist, wird sich nicht um die Vermehrung oder Erhaltung seines Vermögens, auch nicht um seinen guten Ruf, auch nicht um den Triumph seines Volkes über andere Völker, auch nicht um die Entdeckung eines neuen Planeten und ähnliches bekümmern. Er wird aber eine Minute vor der Hinrichtung den Betrübten zu trösten trachten, dem gefallenen Greise auf die Beine helfen, die Wunde verbinden, dem Kinde ein Spielzeug ausbessern und ähnliches tun.“

All dies muß aber früher geschehen, solange ausreichende Zeit gegeben ist. Wie oft hört man: „Würde ich noch einmal geboren, würde ich alles ganz anders machen!“
Und Friedrich Nietzsche hat einmal gesagt:
„Es gibt einen Weg, den niemand gehen kann außer dir. Frage nicht wohin er führt, sondern gehe ihn.“

Die Aufforderung „Erkenne dich selbst“, verlangt aber von mir, dass ich gleichsam aus meinem „Ich“ aussteige und mich von einer höheren Warte aus kritisch betrachten soll, um mein höheres „Selbst“ zu suchen. Denn nur so wird es mir möglich, wenn ich ehrlich bin, mich in etwa so zu sehen, wie mich die anderen sehen.

„Erkenne dich selbst“ erfordert Selbstkritik, Einsicht in die eigenen Fehler und die eigene Unvollkommenheit.
Wir wurden in die materielle Welt hineingeboren und irren im Labyrinth des irdischen Lebens auf dem Weg aus der Dunkelheit des Uterus - und der erste Schrei war bereits der erste Protest gegen dieses Dasein - hin zum Tor des Todes, das viele Menschen als Weg in eine unbekannte Dunkelheit verstehen. M.E. ist aber das Tor des Todes, der Schritt ins Licht, denn solange ich an die Materie gebunden bin, bin ich in der Daseinsebene gefangen, die, die kath. Lehre als Hölle und Finsternis bezeichnet. Die Hölle ist für mein Verständnis kein imaginärer Ort im Jenseits, sondern für unendlich viele inkarnierte Seelen, die Erde, wobei es für mich ohne weiteres denkbar ist, dass es auch andere uns noch unbekannte materielle Welten geben kann, auf oder in denen wir unsere Reise zur Vervollkommnung fortsetzen.
Wir gehen also einen Weg aus der Dunkelheit zum Licht, wir gehen diesen Weg tastend und unsicher.

Nun möchte ich zu einem anderen Aspekt kommen.
Immer wieder hören wir, die Gesellschaft müsse ihr Verhalten ändern, z. B. gegenüber unserer Umwelt, gegenüber der Ablehnung von ausländischen Mitbürgern, gegenüber Andersgläubigen oder Andersdenkenden und es ließen sich beliebig viele Beispiele anführen. Wer ist diese Gesellschaft? Die Gesellschaft sind wir alle, da wir ein Teil davon sind, also jeder Einzelne 1/80.000.000 in unserem Land.
Viele sagen von sich: mich betrifft dies aber nicht. Das mag zunächst subjektiv richtig sein, ob aber dieses Vorurteil einer kritischen Selbstprüfung standhalten kann, muss jeder für sich allein, in den Tiefen seiner Seele ausloten und ein bekanntes Sprichwort sagt: „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“. Deshalb ist die Selbsterkenntnis für den denkenden Menschen so außerordentlich wichtig.

Wir wurden von Gott mit dem freien Willen ausgestattet in diese Welt gesandt, in der wir nun gleichsam wie in einem Labyrinth umherirren, um uns hier zu erkennen und zu vervollkommnen; um dann nach einem möglichst würdigen und erfüllten Leben, den Kreis zu schließen und zu ihm - unserem Ausgang – zurückkehren sollen.
Erkennen heißt: zur Wahrheit vordringen.
Auch die Gewissenserforschung der kath. Kirche ist eine Übung, die in diese Richtung zielt, mit der Vorgabe, dass es vor Gott keine Geheimnisse gibt, also ein Verstecken hinter dem berühmten Feigenblatt nichts nutzt. Hierher gehört der Satz aus der Bibel: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge.“ ( Matth. 7.3 )
Um diese Lebenslüge: „Selbsttäuschung“ zu überwinden, wird hier der Einzelne ganz massiv aufgefordert der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, denn nur zu gern baut der Mensch eine Fassade auf, die er vor sich selbst und den Mitmenschen verteidigt.

Nur wer ständig an seinem „Selbst“ arbeitet und so sich zum Guten hin verändert, wird erkennen und erfassen, warum ich in diese Welt gesandt wurde.
Also möchte ich zum Anfang zurückkommen, die zentrale Forderung an uns alle lautet immer wieder von neuem: „Erkenne dich selbst!“

MfG
Jan Amos


Anmerkung:
Jan Amos Comenius (1592-1670) schreibt in seinem Buch: „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens.“
„Was du, lieber Leser, hier lesen wirst, ist keine Dichtung, auch wenn es die Form eines Romanes hat. Aber die Begebenheiten sind wahr. Das wirst du erkennen, wenn du mein Leben und meine Geschichte kennst. Denn zum großen Teil erzähle ich meine eigenen Geschichten, die ich in den wenigen Jahren meines Lebens selbst erlebte; aber auch einige, die ich bei anderen beobachtete.
Zwei Führer hatte ich, wie jeder, der in der Welt herumtappt: die Neugier des Geistes, die alles versucht; und jene Gewohnheit, die den Täuschungen der Welt die Farbe der Wahrheit gibt. Wenn du mit dem Auge des Verstandes ihnen nachgehst, erblickst du mit mir gleichsam das miserable Durcheinander deiner Mitwelt; wenn es dir anders vorkommen wird, dann wisse, daß auf deiner Nase die Brille der Verblendung sitzt, durch die du alles verkehrt siehst.“


Er beschreibt darin wie ein junger Mann (also er selbst), durch die Welt irrt, modellhaft dargestellt an einer Stadt, gleichsam wie durch ein Labyrinth wandert und dabei die verschiedensten Menschen aus allen sozialen Schichten vorstellt und der Gesellschaft einen Spiegel vorhält, damit sich diese darin wiedererkennt.
In diesem Buch beschreibt er den Menschen mit all seinen Facetten und man glaubt es wäre heute geschrieben.


„Klugheit ist Erkennen der Grenzen.
Höchste Klugheit ist Erkennen der eigenen Grenzen.“

(Franz Carl Endres 1878-1954)
 
Ich möcht euch jetzt schonmal für eure geistreichen beitrage bedanken und ich glaub das ich mir doch mal das ein oder andere buch besorgen werde ;-)
 
..........und dann hast du dich selbst erkannt.........Du versuchst nach dieser neugewonnenen Erkenntnis zu handeln und zu leben. Aber das Dumme ist, dass dein Umfeld, deine Freunde, Kollegen, die Familie gar nicht mitbekommen hat, dass du dich selbst erkannt hast. Sie wundern sich nur über deine sonderbaren Reaktionen. Glück hast du, wenn sie dich nicht als "gestört" oder kurzzeitig "indisponiert" ansehen.
Die Chance, langfristig aus deiner Erkenntnis Nutzen zu ziehen, sehe ich nicht. Individualisten sind die Außenseiter der Gesellschaft; und mit dem Status des Außenseiters klarzukommen, so reizvoll er auch sein mag, ist verdammt schwer. In 10 - 20 Jahren wirst du das meiste, das dir dein Selbsterkenntnis-Tripp offenbarte zwar noch wissen, aber du wirst (aber vielleicht auch nicht) das angepasste Leben führen, das man von dir erwartet und das Bequemlichkeit verspricht.

Rhona
 
Jan Amos schrieb:
Dazu der Hinweis:


Das Studium von Literatur darüber, was andere vor uns gedacht und gelehrt haben ist auf jeden Fall empfehlenswert, aber ob es sogar 5.000 Bücher sein sollen?


„Erkenne dich selbst“.

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Also möchte ich zum Anfang zurückkommen, die zentrale Forderung an uns alle lautet immer wieder von neuem: „Erkenne dich selbst!“
Nach dieser langen Antwort möchte ich meinen Hinweis aus eigener Erfahrung präzisieren:
Man lasse dabei solche Bücher fort, die sich ähnlich schwadronierend im Kreise drehen, um auf die Frage "wie erkenne ich mich selbst?" am Ende mit dem Hinweis "erkenne Dich selbst" zu antworten.

Im selbstkritischen Vergleich mit Anderen liegt reichlich Erkenntnispotential und mancher wird es sich leisten können, auch schon vor dem Erreichen der Zahl 5.000 mit dem Lesen aufzuhören, aber allzu viele Lehrbücher sollten auch dann nicht dabei gewesen sein!
Die kritische Analyse konkreter Lebenssituationen, eigener und fremder, ist vermutlich der bessere Ansatz.
Und die "Liebe zur Weisheit".
Die hat man oder nicht, gelehrt kann sie nicht werden.
Schon gar nicht von "Berufsphilosophen" oder anderen Missionaren, die meinen, man müsse sich schon mit einer angeblich jenseits der Logik angesiedelten Wahrheit beschäftigen, obwohl man das System der Logik selbst noch nicht vollständig erfassen kann.

Nachsatz:
Und glaube nicht einfach, was Rhona gerade gepostet hat: ein ganzes Leben als Aussenseiter kann u.U. sogar richtig Spass machen!
 
Zuletzt bearbeitet:
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e-a-s schrieb:
Nachsatz:
Und glaube nicht einfach, was Rhona gerade gepostet hat: ein ganzes Leben als Aussenseiter kann u.U. sogar richtig Spass machen!


Hier kann ich Dir versichern, dass ich Dir mit Dir einig gehe.

Ansonsten:

Die von mir zitierten Menschen nennst Du Schwadronierer?, während Du von 5.000 Büchern schriebst ohne ein einziges zu benennen.

Somit habe ich abermals den Eindruck, im Gegensatz zu Dir bin ich darauf angewiesen, fremdes Gedankengut in meine Denkweise einzubauen, während Du in göttlicher Manier aus Dir selbst sprechen kannst!


MfG
J.A.
 
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