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"Erkenne dich selbst!"

Jan Amos

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11. April 2003
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404
Bedauerlicherweise ist etwas Unruhe in das Forum gekommen und das nur wegen irgendwelchen Punkten, die vergeben, bzw. vorenthalten werden.

Liegt es nun daran, dass die Olympischen Spiele begonnen haben und die Sportler der Welt angetreten sind um Punkte zu sammeln, die gelegentlich von den Offiziellen angefochten werden, oder liegt es am Karneval oder Fasching je nach Landschaft, in dem die Büttenredner so schöne bunte Orden verpasst bekommen?

Deshalb setze ich als "Kontrapunkt" einen Beitrag mit dem Titel:

„Erkenne dich selbst“

Von Gotthold Ephraim Lessing wurde das Wort geprägt:
„Mensch lerne dich selbst erkennen, das ist der Mittelpunkt aller Weisheit“.

„Erkenne dich selbst“. Diese Aufforderung galt als wichtigste Aufgabe an den nach Wahrheit und Erkenntnis strebenden Suchenden und befand sich an der Stirnseite des 478 v.Chr. vollendeten Apollotempels in Delphi, in dem die Pythia ihre weltberühmten Orakelsprüche verkündete.
Das Orakel war eine Lebenshilfe für den Suchenden und sollte ihm, dem Hilfe suchenden Menschen, bei der Selbstfindung helfen.

Die Selbsterkenntnis soll von jedem denkenden Menschen angestrebt werden, mit dem Ziel, durch diese Analyse sein künftiges Verhalten, falls notwendig, zu ändern; denn erst die innerliche Verarbeitung des Erkannten lässt den Menschen Einsicht gewinnen und bewegt ihn zu einer erforderlichen Änderung. Über die Selbsterkenntnis kommt der Mensch zur Selbstfindung und, wenn er es richtig versteht, zur Selbstveredelung.

Deshalb ist das „Erkenne dich selbst“ die Aufforderung an jeden Menschen, sich mit seinem „Ich“ auseinanderzusetzen.
In seinem Buch: „Ödipus der Rätsellöser“ hat Thorwald Dethlefsen die Suche des Menschen nach sich selbst interpretiert, und er nimmt die griechische Tragödie als Beispiel dafür, um uns einen möglichen Weg aufzuzeigen, sich aus den Verstrickungen der äußeren Verlockungen zu befreien.
Er schreibt: „Am Ende ist vom äußeren Königtum allein der königliche Sinn geblieben, der durch den Bettler nicht gefährdet, sondern bereichert wird. Der Mensch ist immer beides, König und Bettler, und er ist einseitig und unheil, solange er nicht beides in sich entdeckt und verwirklicht hat.
Der Mensch ist zum Königtum berufen, zum Herrscher über sich selbst, und er ist gleichzeitig ein Bettler, der davon leben muß, was das Schicksal ihm zuteilt.
Seine Sehnsucht geht nach heiligen Hainen, nach dem Sitz eines Gottes. Als Bettler hat er seine wahre Bedürftigkeit entdeckt, weiß er, was ihm zum Heil und zum Glück fehlt, denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein“. (Zitatende)

Wenn der Mensch die Forderung: „Erkenne dich selbst“ an sich gestellt, ist dies zunächst scheinbar eine einfache Aufgabe, aber wie sieht es in Wirklichkeit aus?
Will er sich wirklich selbst erkennen?
Wer sucht wirklich die Wahrheit über sich selbst?

Sie könnte erschreckend sein, denn wir sind drei Personen in einer.
Nämlich:
einmal wie uns die anderen sehen,
einmal wie wir uns selbst sehen und
einmal wie wir wirklich sind.

Beide Sichtweisen, sowohl die, wie uns die anderen sehen als auch die, wie wir uns selbst sehen, sind sicherlich mit Mängeln behaftet.
Hier beginnt die Schwierigkeit, denn üblicherweise möchten wir unsere vorgefaßte Anschauung über uns selbst von unseren Mitmenschen, auch von der Familie, von den Freunden, ja selbst von Fremden, bestätigt haben, und wer uns schmeichelt, ist uns allemal sympathischer als jener, der uns den Spiegel vorhält.

Gern wird davon gesprochen, dass nur die inneren Werte zählen, aber immer wieder wird nur auf die Oberfläche geschaut, dies zeigt sich vor allem in dem Wahn, dass äußere Schönheit und materieller Reichtum das einzig Erstrebenswerte im Leben sein sollen und für viele tatsächlich sind, da wir angeblich nur hier und jetzt leben. Mit dieser Einstellung kann der Mensch aber nur seinen persönlichen Eitelkeiten frönen und zu keiner Reflexion über sich selbst gelangen, um zu sich selbst zu finden.

In Extremsituationen z. B. kommt der Mensch der Erkenntnis wesentlich näher und misst dem bisherigen andere Bedeutungen bei. Leo Tolstoi drückt es so aus:
„Einer, der zum sofortigen Tode verurteilt ist, wird sich nicht um die Vermehrung oder Erhaltung seines Vermögens, auch nicht um seinen guten Ruf, auch nicht um den Triumph seines Volkes über andere Völker, auch nicht um die Entdeckung eines neuen Planeten und ähnliches bekümmern. Er wird aber eine Minute vor der Hinrichtung den Betrübten zu trösten trachten, dem gefallenen Greise auf die Beine helfen, die Wunde verbinden, dem Kinde ein Spielzeug aus-bessern und ähnliches tun.“
(Zitatende)
All dies muß aber früher geschehen, solange ausreichende Zeit gegeben ist, und wie oft hört man: „Würde ich noch einmal geboren, würde ich alles ganz anders machen!“

Die Aufforderung „Erkenne dich selbst“, verlangt aber von mir, dass ich gleichsam aus meinem „Ich“ aussteige und mich von einer höheren Warte aus kritisch betrachten soll, um mein höheres „Selbst“ zu suchen. Denn nur so wird es mir möglich, wenn ich ehrlich bin, mich in etwa so zu sehen, wie mich die anderen sehen.
„Erkenne dich selbst“ erfordert Selbstkritik, Einsicht in die eigenen Fehler und die eigene Unvollkommenheit.

Nun ein weiterer Aspekt.
Immer wieder hören wir, nicht ich, sondern die Gesellschaft müsse ihr Verhalten ändern, z. B. gegenüber unserer Umwelt, gegenüber der Ablehnung von ausländischen Mitbürgern, gegenüber Andersgläubigen oder Andersdenkenden und es ließen sich beliebig viele Beispiele anführen.
Wer ist diese Gesellschaft?
Die Gesellschaft sind wir alle, da wir ein Teil davon sind, also jeder Einzelne 1/80.000.000 in unserem Land.
Viele sagen von sich: mich betrifft dies aber nicht. Das mag zunächst subjektiv richtig sein, ob aber dieses Vorurteil einer kritischen Selbstprüfung standhalten kann, muß jeder für sich allein, in den Tiefen seiner Seele, ausloten und ein bekanntes Sprichwort sagt: „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“.

Wir wurden von Gott mit dem freien Willen ausgestattet in diese Welt gesandt, in der wir nun gleichsam wie in einem Labyrinth umherirren, um uns hier zu erkennen und zu vervollkommnen; um dann nach einem würdigen und erfüllten Leben den Kreis zu schließen und zu ihm - unserem Ausgang – zurückkehren sollen.


Von Jan Amos Comenius gibt es einen Roman: „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens.“
In der Einleitung schreibt er:
„Was du, lieber Leser, hier lesen wirst, ist keine Dichtung, auch wenn es die Form eines Romanes hat. Aber die Begebenheiten sind wahr. Das wirst du erkennen, wenn du mein Leben und meine Geschichte kennst.
Denn zum großen Teil erzähle ich meine eigenen Geschichten, die ich in den wenigen Jahren meines Lebens selbst erlebte, aber auch einige, die ich bei anderen beobachtete.
Zwei Führer hatte ich, wie jeder, der in der Welt herumtappt: die Neugier des Geistes, die alles versucht; und jene Gewohnheit, die den Täuschungen der Welt die Farbe der Wahrheit gibt.
Wenn du mit dem Auge des Verstandes ihnen nachgehst, erblickst du mit mir gleichsam das miserable Durcheinander deiner Mitwelt; wenn es dir anders vorkommen wird, dann wisse, daß auf deiner Nase die Brille der Verblendung sitzt, durch die du alles verkehrt siehst.“ (Zitatende)

Er beschreibt darin wie ein junger Mann (also er selbst), durch die Welt irrt, modellhaft dargestellt an einer Stadt, gleichsam wie durch ein Labyrinth wandert und dabei die verschiedensten Menschen aus allen sozialen Schichten vorstellt und der Gesellschaft einen Spiegel vorhält, damit sich diese darin wieder erkennt. In diesem Buch beschreibt er den Menschen mit all seinen Facetten und man glaubt es wäre heute geschrieben.

Erkennen heißt: zur Wahrheit vordringen. Auch die Gewissenserforschung der kath. Kirche ist eine Übung, die in diese Richtung zielt, mit der Vorgabe, dass es vor Gott keine Geheimnisse gibt, also ein Verstecken hinter dem berühmten Feigenblatt nichts nutzt.
Hierher gehört der Satz aus der Bibel: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge.“ (Matth. 7.3)

Um diese Lebenslüge: „Selbsttäuschung“ zu überwinden, wird hier der Einzelne ganz massiv aufgefordert der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, denn nur zu gern baut der Mensch eine Fassade auf, die er vor sich selbst und den Mitmenschen verteidigt.

Also möchte ich zum Anfang zurückkommen, die zentrale Forderung an uns alle lautet immer wieder von neuem: „Erkenne dich selbst“ , damit Punkte unwichtig sind und ihren Wert verlieren.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Amos
 
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Erkenne dich selbst

Weil ich auf der Suche nach eben solchen Beiträgen bin, die mir helfen, mich selbst in einer wirren Phase meines Lebens besser zu verstehen, bin ich hier vorbeigekommen.
Wie der Zufall es so will, bin ich auf eben dieses Bibelzitat vor zwei Tagen auch gestoßen (Matt.) und alles andere stellt im Prinzip eine klare Zusammenfassung meiner verworrenen Gedanken, beleuchtet zusätzlich durch herangezogene Literatur, dar. Dem Ziel der Entwirrungen bin ich durch diesen Beitrag also wieder etwas näher gekommen.
Was ich zu diesem Thema fand und was mich ähnlich berühert hat, war folgendes Zitat von Thomas Nagel:
"In diesem Bemühen kommt uns ein gewisser intellektueller Optimismus zu Hilfe:
die Überzeugung, daß wir die unbegrenzte Fähigkeit besitzen, auch das heute noch nicht Erdachte verstehen zu können, und daß wir diese Fähigkeit aktualisieren können, indem wir uns von unserem gegenwärtigen Verständnis ablösen und auf einer höheren Stufe nach einer darüber hinausgehenden Auffassung greifen, die unser ursprüngliches Verständnis als ein Produkt der Welt erklärt."
Danke also für eine weitere Entwirrung.
 
Zufall oder nicht!

Wie ich nachträglich gesehen habe gibt er den Titel: „Erkenne dich selbst“, zweimal.

Allerdings die Selbsterkenntnis von aphex ist eine rein materialistische und gründet sich ausschließlich auf das materielle Dasein. Diese Sichtweise ist zwar interessant zu Lesen, aber sie weicht von meinem Ansatz grundsätzlich ab.


Hallo Pocoloco,

es freut mich, dass mich die göttliche Vorsehung dieses Thema hat anschneiden lassen, damit es Dir bei Deiner Suche im richtigen Moment begegnet.

Im normalen Sprachgebrauch benutzen wir den Begriff Zufall, m.E. in einer Weise die nicht seiner wahren Bedeutung entspricht, nämlich: Dass uns im richtigen Moment das für uns notwendige zu Teil wird. Dies kann sowohl positiv als auch negativ sein. Je nach dem was erforderlich ist, um uns auf dem irdischen Weg weiterzubringen um aus dem Labyrinth „Stoffliches Leben“ herauszufinden.
Die uns bekannte stoffliche Welt wurde von Gott erst geschaffen, nachdem „Luzifer der Lichtträger“ - wie er in den hl. Schriften genannt wird – eine zahlenmäßig ungenannte Menge von Geistern oder Seelen – je nach Sichtweise – hinter sich gebracht hatte und diese gemeinsam, von Gott in die Finsternis verstoßen wurden.

Da Gott, auch diese sich verirrten Seelen liebt, schuf er die materielle/n Welt, Welten also den Kosmos, um die Rückkehr ins göttliche Licht zu ermöglichen.
Die Erbsünde war also bereits vorhanden als Adam und Eva nach einer frommen Legende vom Baum der Erkenntnis naschten.
Diese Darstellung ist nur so formuliert worden um es auch jenen Geistern, denen von Religionsführern das eigene Denken verboten wurde begreiflich zu machen, warum Adam im Schweiße seines Angesichtes sein Brot verdienen und Eva unter Schmerzen Kinder gebären sollen.

Somit stehen sich diese beiden Themen des „Erkenne dich selbst“ diametral gegenüber und meine Sichtweise könnte ohnehin nicht unter dem von aphex vorgegebenen Ansatz diskutiert werden.

MfG Jan Amos
 
"Erkenne dich selbst"

Hallo Jan Amos,
mir stellen sich hierbei die Fragen (die auch an alle anderen gerichtet sein können):
Gibt es also keinen Zufall in dem Sinne? Ist alles Teil eines großen Plans?
Ist es dann Schicksal? Ist Schicksal das Gegenteil von Zufall?
Sowas in der Richtung.:)
 
Doch es gibt den Zufall.
Und jeder sollte seines Schicksals der eigene Schmied sein, egal wie man die Zufälle interpretiert.
Den man läuft gefahr das man zufälle zu stark interpretiert und sie mit den eigenen Wünschen und Gedanken vereinen möchte.
Und ich bin der Meinung das es keinen Plan gibt, nicht für uns.
Wenn es einen Gott gibt dann hat er den Plan und keiner darf dort hineinsehen, man kann nur sich lenken in dem man sich Sachen oder Dinge vornimmt und diese dann auch schafft.
Wenn ich im Lotto gewinne dann ist das Zufall und Schicksal zusammen, aber ich kann andere Ereignisse die ich tagtäglich sehe nicht darauf aufbauen das dieses wieder vorkommt (das sich schicksal und zufall vereinen)
Ergo Schicksal und Zufall sind für mich 2 verschieden Dinge die zusammenpassen können, aber nicht müssen und man sollte nicht zuviel in Sachen hineininterpretieren die den eigenen Wünschen am ehesten entsprechen.
 
Man kann den Zufall auch ohne die Annahme von Schicksal oder das Wirken eines Gottes ausschließen.

Alles was geschieht ist kausal auf andere Ereignisse zurück zu führen. Wären wir in der Lage, all diese Ereignisse zu kennen und deren Folgen zu berechnen, dann gäbe es keinen Zufall und auch kein Schicksal.

Zufall ist der Grad an Unwissen, den wir individuell in bestimmten Situationen haben. Für den Einen ist es Zufall, daß der Dachziegel gerade jetzt herunter gefallen ist. Der Andere hat den lockeren Ziegel gesehen und auch, daß die Katze damit gespielt hat. Für ihn war es sehr wahrscheinlich, daß der Ziegel jetzt herunterfällt. Gleiches gilt für Frühwarnsysteme.

Ein eindrucksvolles Beispiel ist immer Sherlock Holmes, der die natürlichen Gründe sucht, um seltsame oder zufällige Ereignisse aufzuklären.

Meine Meinung: Es gibt keinen Zufall und auch kein Schicksal. Jedoch wird es immer Ereignisse in der Zukunft geben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden, nur wir können das nicht erkennen, da das System zu komplex ist.
 
Louiz30 schrieb:
Man kann den Zufall auch ohne die Annahme von Schicksal oder das Wirken eines Gottes ausschließen.

Alles was geschieht ist kausal auf andere Ereignisse zurück zu führen. Wären wir in der Lage, all diese Ereignisse zu kennen und deren Folgen zu berechnen, dann gäbe es keinen Zufall und auch kein Schicksal.

Zufall ist der Grad an Unwissen, den wir individuell in bestimmten Situationen haben. Für den Einen ist es Zufall, daß der Dachziegel gerade jetzt herunter gefallen ist. Der Andere hat den lockeren Ziegel gesehen und auch, daß die Katze damit gespielt hat. Für ihn war es sehr wahrscheinlich, daß der Ziegel jetzt herunterfällt. Gleiches gilt für Frühwarnsysteme.

Ein eindrucksvolles Beispiel ist immer Sherlock Holmes, der die natürlichen Gründe sucht, um seltsame oder zufällige Ereignisse aufzuklären.

Meine Meinung: Es gibt keinen Zufall und auch kein Schicksal. Jedoch wird es immer Ereignisse in der Zukunft geben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden, nur wir können das nicht erkennen, da das System zu komplex ist.

Ich steige etwas unkonventionell hier ein, also beim letzten Beitrag, den von Louiz. Denn er spricht über den Zufall - und ich bin nicht ganz seiner Meinung.

Die sehr aktuelle Diskussion über den Zufall wurde angeregt durch die Erkenntnisse im Bereich der Physik und nicht zuletzt durch die Chaostheorie. Also durch die Erkenntnis, dass Chaos nichts Negatives ausdrückt, sondern auch Chance beinhaltet. Keinesfalls aber bedeutet Zufall Willkür.

Es kann ja sein, dass Louiz und ich das gleiche meinen, es aber anders ausdrücken.

Der Grund, dass wir Zufall nur zögerlich akzeptieren wird wohl darin zu finden sein, dass wir ihn doch weiterhin als ein Würfeln mit offenem, willkürlichem Ende betrachten. Dabei hat durch die neuen Erkenntnisse der Begriff Zufall auch eine andere Qualität gewonnen. Wenn Zufall früher eher als "auf Geratewohl" verstanden wurde, denkt man heute darüber nach, dass uns eventuell ein Phänomen das wir als (willkürlichem) Zufall bezeichnen, nur nicht in seiner Kausalität, in seinen Zusammenhängen, erkennbar ist. Also, dass auch dabei eine Ordnung herrschen könnte, die wir aber nicht durchschauen.

Könnte, schrieb ich, aber ist das auch immer so?
Ich übernehme dein Beispiel mit dem Ziegelstein, Louiz - und erzähle die Geschichte weiter. Es kommt einer, nichtsahnend, gerade vorbei, als der lose Ziegelstein vom Dach fällt und dieser trifft ihn tödlich. Da kann ich keinen kausalen Zusammenhang erkennen, das ist nun eine Konzidenz. (Für mich persönlich auch kein Schicksal).
Oft wird Kausalität mit Koinzidenz verwechselt. Das Fallen des Ziegelsteins und das Vorbeigehen eines Passanten den dieser nun trifft, sind bloss zeitnah - hier eher zeitgleich.

Dass wir kein Sinn haben für den Zufall, hat mehrere Gründe, hier einen von ihnen: wir möchten überall, in jedem Phänomen, eine Ordnung erkennen - und das hängt zusammen mit der Kapazität unseres Gehirns. Der Speicherplatz des Gehirns reicht nicht aus, für Phänomene, in denen keine Ordnung zu erkennen ist. Für geordnete Phänomene, benötigt unser Gehirn sehr viel weniger Kapazität.

Ich komme auch zum Hauptthema in einem nächsten Beitrag.
 
Zum Satz "Erkenne dich selbst" fällt mir eine für mich sehr treffliche Bemerkung von Wolf Biermann ein. Habe versucht den Text wiederzufinden - bis jetzt ist mir dies nicht gelungen. Ich weiss noch, dass er sich zum Thema sich selbst (er)kennen, anlässlich seiner Übersetzung der Shakespeare-Sonette geäussert hat und folgendes - sinngemäss - gesagt hat: dem Menschen fällt es am schwersten ein Wesen zu kennen: sich selber.

Ich denke, dass das auch stimmt. Dass viele versuchen die eigene Persönlichkeit zu erkennen, das stimmt wohl auch. Einige tun es, auch wenn es ihnen schwer fällt diese Analyse, die sicherlich auch Negatives ans Licht fördert, durchzustehn. Doch es bleibt nur ein Versuch, eine Annäherung - die mehr oder weniger gelingt.
Viele aber leben mit einem völlig falschem Selbstbild und bemühen sich auch nicht, dieses mal zur Seite zu schieben.
 
Mich reizt an dieser Stelle der Diskussion die Frage:

Kann sich ein Mensch auch durch Zufall erkennen?


Sind solche Zufallserkenntnisse über sich selbst - also z.B. hier im Forum eine Bemerkung bei den Bewertungen nicht von wesentlich größerer "Erkenntniskraft " als langes Nachdenken über sich selbst?
Nicht umsonst gab es schon bei den Persern die " Augen und Ohren" des Herrschers, die anonym Meinungen sammelten. Das waren allerdings keine Zufallsaktionen, sondern nur Zufallsergebnisse.

Na ja ...

Marianne
 
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Miriam schrieb:
Es kommt einer, nichtsahnend, gerade vorbei, als der lose Ziegelstein vom Dach fällt und dieser trifft ihn tödlich. Da kann ich keinen kausalen Zusammenhang erkennen, das ist nun eine Konzidenz. (Für mich persönlich auch kein Schicksal).

Koinzidenz beschreibt meiner Auffassung nach nur ein Zusammentreffen zweier Ereignisse (für einen Beobachter).
Demnach verstehe ich dich nicht ganz, Miriam.
Wenn ein Ziegelstein vom Dach fällt, muss es dafür einen Auslöser geben. Wobei ich anmerken möchte, dass so ein Auslöser aus mehreren Komponenten bestehen kann. Im Fall des Ziegelsteins könnten diese zum Beispiel die Erdanziehung und das alte Baumaterial sein - oder andere.
Genauso muss es einen konkreten "Auslöser" dafür geben, warum diese Person genau zu dem Zeitpunkt dort vorbeigeht.

Koinzidenz ist vielleicht das Zusammentreffen dieser Ereignisse, aber es hat meiner Meinung nach nichts mit Zufall, Schicksal, usw. zu tun.

Die Frage nach dem Zufall ist von ganz anderer Art.
Hier geht es doch darum, ob das Eintreten dieses Ereignisses schon immer klar gewesen ist. Vielleicht nicht klar für einen menschlichen Beobachter, aber definitiv klar für die Natur(gesetze).

Damit beschäftigt sich die Frage des Zufalls. Koinzidenz hat damit nichts zu tun - würde ich zumindest sagen.

Aber eigentlich sind wir hier wieder sehr off-topic ...
 
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