• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Sterbehilfe

Werbung:
AW: Sterbehilfe

Also ich bin ja kein Jurist, aber wie ich das sehe, stimmt das so nicht.
Selbstverstümmelung ist verboten, da hast du recht.

Aber im StGB steht nichts von Selbstmord, nur § 77 StGB Tötung auf Verlangen und § 78 StGB Mitwirkung am Selbstmord.

Ich denke, dass man Selbstmord durchaus als tödliche Selbstverstümmelung ansehen kann.


Na ja, wenn schon dürfte nicht nur die Tat selbst sondern auch der Versuch strafbar sein.

Ja, das wäre dann der Angriffspunkt, den Betroffenen gegen seinen Willen in Gewahrsam (Psychiatrie) nehmen zu dürfen.


Warum? Kann man jemanden "von sich selbst" schützen? Sollte man das?

Sollten Eltern ihre Kinder ggf. vor den eigenen Taten schützen ? Sind sie nicht gesetzlich dazu sogar verpflichtet ?

Meinen die das wirklich so, oder sagen sie es nur in der Therapie. Welchen Einfluss haben Medikamente auf solche Aussagen. Und was ist mit denen, die es bedauern?

Medikamente .... wie oft geben Medikamente bzw. Drogen den Anstoß zu einem Selbstmord ? Auch hier stellt sich die Kernfrage: Ist der Betroffene zurechnungsfähig ?
Die, die die Rettung wirklich bedauern haben in der Regel erneut die Möglichkeit für einen neuen Versuch.


Seit wann ist "Verzweiflung" eine Form der Unzurechnungsfähigkeit - vielleicht ist in manchen (vielen?) Situationen Verzweiflung angebracht?

Wieder die Kernfrage: ein Außenstehender kann nicht beurteilen ob etwas angebracht ist und vom Betroffenen weiß man nicht um dessen Zurechnungsfähigkeit


Es geht hier nicht nur um rechtliche Fragen. Ethisch gesehen ist der Selbstmord kaum verwerflich - denn wie soll man unethisch gegenüber sich selbst handeln?

Wenn Selbstmord ethisch 'kaum verwerflich' wäre: Warum ist er dann in den meisten Gesellschaften ein Tabu ?


Das stimmt sicher. Doch welches Thema ist schon so einfach, wie man es sich vorstellt?

Es kommt immer darauf an, wie tief man hineingeht. Wie sehr man hinterfrägt und an Grenzfälle herangeht. Wie bei den meisten diskussionswürdigen Themen verschwimmen da schnell 'richtig' und 'falsch'. Macht das Nachdenken darüber abeschwerlich, aber auch interessant.

lg,
Muzmuz
 
AW: Sterbehilfe

der suizid, bzw das "recht" zur selbsttötung oder die "pflicht" zum leben, ist mE nach die wurzel vieler grosser philosophischen fragen und kann, da sie eher ontologischer natur ist, kein gegenstand philosophisch logischer betrachtung sein - man kann da keine rationale lösung oder einigung finden !

dies gilt ebenso für hiervon abgeleiteten feldern wie des der intervention anderer in das suezid-problem einzelner individuen oder - auf höherer stufe - die intervention anderer staaten/kollektive in die inneren angelegenheiten eines anderen staates/kollektives.
 
AW: Sterbehilfe

Sollten Eltern ihre Kinder ggf. vor den eigenen Taten schützen ? Sind sie nicht gesetzlich dazu sogar verpflichtet ?

Kinder sind unmündig. Erwachsene nicht (solange sie keine geistige Behinderung aufweisen). Wieso sollte man einen mündigen Bürger vor sich selbst schützen müssen?

Medikamente .... wie oft geben Medikamente bzw. Drogen den Anstoß zu einem Selbstmord ? Auch hier stellt sich die Kernfrage: Ist der Betroffene zurechnungsfähig ?

Natürlich, das kann ein Auslöser sein. Doch oft ist es nur eine Begleiterscheinung. Wer verzweifelt ist, greift halt gerne zur Flasche. Die Ursachen liegen oft tiefer - vielfach auch in der Persönlichkeit eines Menschen.

Die, die die Rettung wirklich bedauern haben in der Regel erneut die Möglichkeit für einen neuen Versuch.

Eben - man kann Suizd sowieso nicht verbieten. Wer sich umbringen will, der macht es auch - außer, wie eben in Falle unseres Themas, bei schwer kranken Menschen. Hier muss der Wunsch zu sterben durch Andere erfüllt werden.

Wieder die Kernfrage: ein Außenstehender kann nicht beurteilen ob etwas angebracht ist und vom Betroffenen weiß man nicht um dessen Zurechnungsfähigkeit

Das ist aber ein generelles Problem. Ich denke, dass gerade viele Schwerkranke sehr wohl sehr klar sehen, was sie wollen - nämlich Erlösung. Oftmals sind es die Angehörigen, die ihre Lieben nicht gehen lassen wollen bzw. es nicht wahr haben wollen und mit allen Mitteln kämpfen...

Wenn Selbstmord ethisch 'kaum verwerflich' wäre: Warum ist er dann in den meisten Gesellschaften ein Tabu ?

Das stimmt nicht. Im Abendland war es bis zum frühen Mittelalter kein Tabu, eher eine sehr angesehene Art zu sterben (gerade im griechisch-römischen Kulturkreis). In Asien sieht es kaum anders aus (Japan z.B., wo der Suizid sogar als höchst ehrenvoll galt).

Es kommt immer darauf an, wie tief man hineingeht. Wie sehr man hinterfrägt und an Grenzfälle herangeht.

Ich denke bei diesem Thema wird zu sehr an Grenzfälle gedacht.
Für mich ist es nämlich gleich schlimm, wenn ein Menschen zum Leben gezwungen wird, obwohl er sterben will als wenn ein Mensch nicht mehr am Leben erhalten wird, obwohl er leben wollte.
Man sollte m.A. jedem Menschen auch das Recht gewähren, zu sterben und zwar so, wie er es will.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Sterbehilfe

der suizid, bzw das "recht" zur selbsttötung oder die "pflicht" zum leben, ist mE nach die wurzel vieler grosser philosophischen fragen und kann, da sie eher ontologischer natur ist, kein gegenstand philosophisch logischer betrachtung sein - man kann da keine rationale lösung oder einigung finden !

Wieso "ontologischer Natur"? Für mich ist das ganz klar eine Frage der Ethik bzw. der praktischen Philosophie - die aber natürlich immer auch mit der theoretischen Philosophie zusammenhängt.
 
AW: Sterbehilfe

Wieso "ontologischer Natur"? Für mich ist das ganz klar eine Frage der Ethik bzw. der praktischen Philosophie - die aber natürlich immer auch mit der theoretischen Philosophie zusammenhängt.

Ja ja, auch in der Philosophie hängt Alles mit Allem irgendwie zusammen ....:lachen:

Wie im Universum oder UNI-versum ....:lachen::lachen::lachen:
 
AW: Sterbehilfe

Kinder sind unmündig. Erwachsene nicht (solange sie keine geistige Behinderung aufweisen). Wieso sollte man einen mündigen Bürger vor sich selbst schützen müssen?

Ganz so ist es nicht. Da gibt es den Zustand der vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit, die eine ansonsten mündige Person temporär unzurechnungsfähig macht. Dieser Zustand kann durch Ausnahmesituationen induziert werden - und ich denke wir sind sich einig, dass wir hier über Menschen in Ausnahmesituationen sprechen.


Natürlich, das kann ein Auslöser sein. Doch oft ist es nur eine Begleiterscheinung. Wer verzweifelt ist, greift halt gerne zur Flasche. Die Ursachen liegen oft tiefer - vielfach auch in der Persönlichkeit eines Menschen.

Ob nun Alkohol, andere Drogen, eine Krankheit, psychisches Trauma oder sonstwas der Auslöser ist, ist mMn nicht relevant.


Eben - man kann Suizd sowieso nicht verbieten. Wer sich umbringen will, der macht es auch - außer, wie eben in Falle unseres Themas, bei schwer kranken Menschen. Hier muss der Wunsch zu sterben durch Andere erfüllt werden.

Das Stgb verbietet Taten sowieso nicht, es stellt lediglich gewisse Taten unter Strafe.
"muss" oder "könnte nur" ...durch Andere erfüllt werden. ?
Außerdem: ich habe schon einmal geschrieben, dass zumeist nicht eine Handlungsunfähigkeit die Hilfe anderer verlangt, sondern mangelnde Kenntnis oder der Zugang zur gewünschten Todesart. In diesen Punkten unterscheiden sich schwer kranke (in deinem angenommenen Sinne) nicht von anderen Kandidaten.


Das ist aber ein generelles Problem. Ich denke, dass gerade viele Schwerkranke sehr wohl sehr klar sehen, was sie wollen - nämlich Erlösung. Oftmals sind es die Angehörigen, die ihre Lieben nicht gehen lassen wollen bzw. es nicht wahr haben wollen und mit allen Mitteln kämpfen...

Ja, und hier sind wir schon am Punkt, warum sich die Gesellschaft einmischt. Bei einem Selbstmord ist eben nicht nur der Selbstmörder betroffen.

Das stimmt nicht. Im Abendland war es bis zum frühen Mittelalter kein Tabu, eher eine sehr angesehene Art zu sterben (gerade im griechisch-römischen Kulturkreis). In Asien sieht es kaum anders aus (Japan z.B., wo der Suizid sogar als höchst ehrenvoll galt).

Du bringst einige der wenigen Beispiele die bekannt sind, weil sie zunächst außergewöhnlich anmuten. Was im frühen Mittelalter war, kann heute kaum mehr herangezogen werden. Der Wert von Leben war dort allgemein nicht sehr hoch angesetzt (siehe Circus Maximus, Colosseum, Sklavenhaltung, etc..). Das Beispiel von Japan greift hier auch nicht, da hier nicht der Wunsch nach dem Tod die Triebkraft ist, sondern vielmehr das Leben für die Ehre geopfert wird. Ein Selbstmord aus Verzweiflung, Angst, Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit wurde in Japan mitnichten als ehrenhaft angesehen. Andererseits wird das Opfern des eigenen Lebens für ein höheres Gut (das Vaterland, Lebens eines Mitmenschen, politische Ziele bzw Ideale, etc ...) in den meisten Kulturen als sehr ehrenhaft angesehen. Das hat aber nichts mit der Art von Selbstmord von der wir hier sprechen, zu tun.


Ich denke bei diesem Thema wird zu sehr an Grenzfälle gedacht.
Für mich ist es nämlich gleich schlimm, wenn ein Menschen zum Leben gezwungen wird, obwohl er sterben will als wenn ein Mensch nicht mehr am Leben erhalten wird, obwohl er leben wollte.
Man sollte m.A. jedem Menschen auch das Recht gewähren, zu sterben und zwar so, wie er es will.

Klingt plausibel, nur will der Mensch mitunter oft nicht das, was er (wirklich) will und wir kommen zur Frage der Zurechnungsfähigkeit.
Kennst du das Sprichwort "Sei vorsichtig mit deinen Wünschen - sie könnten in Erfüllung gehen" ?

lg,
Muzmuz
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Sterbehilfe

Ganz so ist es nicht. Da gibt es den Zustand der vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit, die eine ansonsten mündige Person temporär unzurechnungsfähig macht. Dieser Zustand kann durch Ausnahmesituationen induziert werden - und ich denke wir sind sich einig, dass wir hier über Menschen in Ausnahmesituationen sprechen.

Okay - zur Frage der Zurechnungsfähigkeit... Was macht einen Menschen aus? WER bin ich? Das sind grundsätzliche philosophische Fragen. Meiner bescheidenen Ansicht nach bin ICH nicht mehr als mein Bewusstsein, d.h. alles was mein momentanes Bewusstsein ausmacht ist identisch mit meinem ICH. Das ICH ist also unabhängig von Möglichkeiten, sondern immer nur das, was gerade tatsächlich ist. Insofern kann es keine "Unzurechnungsfähigkeit" geben - es sei denn, ich verliere mein Bewusstsein (hier in einem weiteren Sinn, also nicht im Sinne von Ohnmacht, sondern alle Zustände, in denen ich kein bewusstes Sein mehr habe, sei es weil ich Schlafe, weil ich einen sogenannten Filmriss habe ect.).
Solange ICH allerdings bewusst bin, kann es keine Entscheidungen geben, die mich nicht zurechnungsfähig machen, da alle Zustände in meinem Bewusstsein eben dieses ausmachen - sei es nun eine sogeannte Depression oder was auch immer. Bin ich depressiv, dann bin ICH depressiv. Ob es mich ohne Depression geben kann, ist irrelevant - was ICH im Moment bin, das zählt und nur auf dieser Basis kann sich das ICH in die Zukunft entwerfen oder eben die Zukunft VERwerfen...

Ob nun Alkohol, andere Drogen, eine Krankheit, psychisches Trauma oder sonstwas der Auslöser ist, ist mMn nicht relevant.

Das klingt so, als gäbe es keine wohlüberlegten Selbstmorde, als wäre Selbstmord IMMER resultat einer sogenannten psychischen Krankheit. Das stimmt aber nicht...

Das Stgb verbietet Taten sowieso nicht, es stellt lediglich gewisse Taten unter Strafe.

Wie gesagt - bin kein Jurist ;)

"muss" oder "könnte nur" ...durch Andere erfüllt werden. ?

Extrembeispiel: Locked-in-Syndrom. Hier MUSS der Selbstmord durch andere erfolgen - wenn er erfolgt. Müssen hier aber nicht als Imperativ. Man sollte niemanden zum Sterben zwingen - aber auch keinen zum Leben...

Außerdem: ich habe schon einmal geschrieben, dass zumeist nicht eine Handlungsunfähigkeit die Hilfe anderer verlangt, sondern mangelnde Kenntnis oder der Zugang zur gewünschten Todesart. In diesen Punkten unterscheiden sich schwer kranke (in deinem angenommenen Sinne) nicht von anderen Kandidaten.

Bist du dir da sicher?
Komapatienten etwa?
Es geht auch darum, ob mir das Sterben erleichtert wird, oder ob der Arzt gegen meinen Willen alle Maßnahmen setzt (setzen muss), um mich länger leben/leiden zu lassen.

Bei einem Selbstmord ist eben nicht nur der Selbstmörder betroffen.

Das ist generell ein Problem des Todes. Wenn du so argumentierst, müsste Sterben unethisch sein - es gibt immer Angehörige.
Und ob es manchmal sowohl für Gesellschaft als auch für die Angehörigen nicht angenehmer wäre, Patienten sterben zu lassen sei dahingestellt.

Du bringst einige der wenigen Beispiele die bekannt sind....

1) Ein Tabu ist nicht umbedingt ein Indikator für ethisches Verhalten.
2) In der abendländischen Kultur jedenfalls stammt das Tabu erst von Augustinus.

Z.B. Seneca äußert sich ganz klar: „Finden wirst du auch Lehrer der Philosophie, die bestreiten, man dürfe Gewalt antun dem eigenen Leben, und es für Gotteslästerung erklären, selbst sein eigener Mörder zu werden […] Wer das sagt, sieht nicht, dass er den Weg zur Freiheit verschließt. Nichts besseres hat uns das ewige Gesetz geleistet, als dass es uns einen einzigen Eingang in das Leben gegeben, Ausgänge viele. Ich soll warten auf einer Krankheit Grausamkeit oder eines Menschen, obwohl ich in der Lage bin, mitten durch die Qualen ins Freie zu gehen und Widerwärtiges beiseite zu stoßen? Das ist das einzige, weswegen wir über das Leben nicht klagen können: niemanden hält es.“
Eine positive Wertung des Suizids führt weiter über Hume und Nietzsche in die heutige Zeit (Cioran).
 
AW: Sterbehilfe

Okay - zur Frage der Zurechnungsfähigkeit... Was macht einen Menschen aus? WER bin ich? Das sind grundsätzliche philosophische Fragen. Meiner bescheidenen Ansicht nach bin ICH nicht mehr als mein Bewusstsein, d.h. alles was mein momentanes Bewusstsein ausmacht ist identisch mit meinem ICH. Das ICH ist also unabhängig von Möglichkeiten, sondern immer nur das, was gerade tatsächlich ist. Insofern kann es keine "Unzurechnungsfähigkeit" geben - es sei denn, ich verliere mein Bewusstsein (hier in einem weiteren Sinn, also nicht im Sinne von Ohnmacht, sondern alle Zustände, in denen ich kein bewusstes Sein mehr habe, sei es weil ich Schlafe, weil ich einen sogenannten Filmriss habe ect.).
Solange ICH allerdings bewusst bin, kann es keine Entscheidungen geben, die mich nicht zurechnungsfähig machen, da alle Zustände in meinem Bewusstsein eben dieses ausmachen - sei es nun eine sogeannte Depression oder was auch immer. Bin ich depressiv, dann bin ICH depressiv. Ob es mich ohne Depression geben kann, ist irrelevant - was ICH im Moment bin, das zählt und nur auf dieser Basis kann sich das ICH in die Zukunft entwerfen oder eben die Zukunft VERwerfen...

Ja, und hier geht es nicht darum, was man KANN sondern was man DARF (im Sinne von Straffreiheit oder unter ethischen Aspekten).
Ein analoges Beispiel:
Will jemand eine Geschwindigkeitsübertretung begehen, darf ich ihn nicht daran hindern indem ich beispielsweise vor ihm fahre und ihn am Überholen hindere. Oder will jemand bei Rot über die Straße gehen, darf ich ihn nicht zurück halten (außer er würde in ein Auto laufen....). Würde ich es trotzdem tun, hätte ich den Tatbestand der Nötigung erfüllt und mein Handeln wäre strafbar. Will allerdings jemand einen anderen verletzen oder andere schwer gefährden, darf ich ihn natürlich daran hindern.
Dieses Beispiel soll zeigen, auch wenn man seines eigenen Schicksals Schmied sein soll heißt das nicht, dass nicht irgendwo eine Grenze sein kann oder eventuell auch sein muss.

Das klingt so, als gäbe es keine wohlüberlegten Selbstmorde, als wäre Selbstmord IMMER resultat einer sogenannten psychischen Krankheit. Das stimmt aber nicht...

hat auch niemand behauptet



Extrembeispiel: Locked-in-Syndrom. Hier MUSS der Selbstmord durch andere erfolgen - wenn er erfolgt. Müssen hier aber nicht als Imperativ. Man sollte niemanden zum Sterben zwingen - aber auch keinen zum Leben...

Ja, aber hier ist auch schwer rauszufinden, was der Betroffene will. Und auch, wenn er zuvor eine Verfügung erlassen hat - man weiß nicht wie der Betroffene nun dazu steht. Zu verfahren in Tenor "du hast es damals so wollen, jetzt steh dazu und stirb" geht wohl nicht, da sind wir uns sicher einig.


Bist du dir da sicher?
Komapatienten etwa?
Es geht auch darum, ob mir das Sterben erleichtert wird, oder ob der Arzt gegen meinen Willen alle Maßnahmen setzt (setzen muss), um mich länger leben/leiden zu lassen.

Ich kann mir schwer einen Komapatienten vorstellen der sagt "Das Koma ist mir zu trost- und würdelos, ich will lieber sterben. Beim Koma wären wir außerdem in einem Stadium der Bewusstlosigkeit --> unzurechnungsfähig

Das ist generell ein Problem des Todes. Wenn du so argumentierst, müsste Sterben unethisch sein - es gibt immer Angehörige.
Und ob es manchmal sowohl für Gesellschaft als auch für die Angehörigen nicht angenehmer wäre, Patienten sterben zu lassen sei dahingestellt.

Ethisch oder unethisch können letztendlich nur bewusste Entscheidungen sein. Da Sterben ein Imperativ ist und zumeist ohne den bewussten Willen des Betroffenen durchgeführt wird, befindet sich der Sterbevorgang dann außerhalb der Ethik.
Ja - ob angenehmer aber auch ob Angenehmheit eine Rechtfertigung mit sich ziehen würde, muss dahingestellt bleiben.


1) Ein Tabu ist nicht umbedingt ein Indikator für ethisches Verhalten.
2) In der abendländischen Kultur jedenfalls stammt das Tabu erst von Augustinus.

Ich denke, in irgendeinem Wertesystem ist ein Tabu immer so ein Indikator. Für das System eines Anderen mag es keiner sein - bei einem gesellschaftlichen Tabu gehe ich schon davon aus, dass es in jenem System auch einen Bezug zur gesellschaftlichen Ethik hat.
Ob das Tabu von Augustinus oder von Tante Emma aus dem Jahre 1976 stammt ist doch nicht wichtig - es existiert anscheinend hier und jetzt, und darum können/sollen/müssen wir es einbeziehen, wenn wir darüber diskutieren.
Z.B. Seneca äußert sich ganz klar: „Finden wirst du auch Lehrer der Philosophie, die bestreiten, man dürfe Gewalt antun dem eigenen Leben, und es für Gotteslästerung erklären, selbst sein eigener Mörder zu werden […] Wer das sagt, sieht nicht, dass er den Weg zur Freiheit verschließt. Nichts besseres hat uns das ewige Gesetz geleistet, als dass es uns einen einzigen Eingang in das Leben gegeben, Ausgänge viele. Ich soll warten auf einer Krankheit Grausamkeit oder eines Menschen, obwohl ich in der Lage bin, mitten durch die Qualen ins Freie zu gehen und Widerwärtiges beiseite zu stoßen? Das ist das einzige, weswegen wir über das Leben nicht klagen können: niemanden hält es.“
Eine positive Wertung des Suizids führt weiter über Hume und Nietzsche in die heutige Zeit (Cioran).[/QUOTE]

Seneca denkt hier auch an den bewussten Siechenden - eben eine gewisse Situation, in der es allgemein verständlich ist, sich dem unter keinen Umständen aussetzen zu wollen. Selbstmord geht aber über diesen einzelnen, konkreten Zustand hinaus und Sterbehilfe geht über Selbstmord hinaus. Zusätzlich gibt es dann noch mehrere Arten von Sterbehilfe wie völlige Inaktivität, Unterlassen von 'Hilfemaßnahmen', organisatorische Hilfe, 'passive' Hilfe durch Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen, bis hin zur aktiven Tötung auf Verlangen.
Bei einer generellen Freigabe muss man daher weiter schauen als auf den konkreten, von Seneca angedachten speziellen Umstand.

Daher bin ich zwar geneigt dir prinzipiell zuzustimmen, aber der Schritt zur generellen Freigabe ginge darüber hinaus.

lg,
Muzmuz
 
Werbung:
AW: Sterbehilfe

Selbstmord geht aber über diesen einzelnen, konkreten Zustand hinaus und Sterbehilfe geht über Selbstmord hinaus. Zusätzlich gibt es dann noch mehrere Arten von Sterbehilfe wie völlige Inaktivität, Unterlassen von 'Hilfemaßnahmen', organisatorische Hilfe, 'passive' Hilfe durch Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen, bis hin zur aktiven Tötung auf Verlangen.
Bei einer generellen Freigabe muss man daher weiter schauen als auf den konkreten, von Seneca angedachten speziellen Umstand.

Gut zusammengefasst! Es ist auf jeden Fall ein sehr komplexes Problem und es gilt, rechtlich sinnvolle Bestimmungen zu treffen, die aber AUCH beinhalten, dass Menschen, die es wollen, sterben dürfen.
Wie diese Bestimmungen genau ausschauen könnten, sodass Irrtümer ausgeschlossen werden können und in allen Fällen nach dem Willen der Betroffener gehandelt wird - da bin auch ich ratos - aber wie gesagt, ich bin ohnehin kein Jurist und/oder Politiker...
 
Zurück
Oben