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Nicht sehen und nicht hören.

Kelvan

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Registriert
22. Juli 2005
Beiträge
20
Die Frage müsste wohl bereits bekannt und schon beantwortet sein, aber bisher konnte ich die noch niemanden stellen und selbst komme nicht auf die Antwort.

Wenn jemand von Geburt an Blind ist, kennt er die Bedeutung von Farbe? Wenn ja was stellt er sich unter Rot vor ? Wie sieht jemand so die Welt?

Etwas abgewandelt könnte ich das genauso gut einen tauben Menschen fragen, wie er die Welt erlebt.

Was wenn man beides ist?

Eure Meinung :)

Gruß

Kelvan
 
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Hallo,

die Frage wird nur zum Problem, wenn man verschiedene Bedeutungsebenen vermengt.
Was bedeutet: Kennt die Bedeutung?
Wenn damit gemeint ist, dass der Begriff gekannt wird, dass die Funktion von Farben und Sehen in der Gesellschaft bekannt, dass eventuell sogar Dinge wie Farbenpsychologie, Farbenlehre usw. bekannt sind, denke ich: Natürlich kann ein von Geburt an Blinder das kennen.
Wenn damit aber gemeint ist: Ob er es nachvollziehen kann, ob sich bei ihm "innere Bilder" einstellen können, wenn andere von Farben reden usw., so möchte ich das bezweifeln. Denn das setzt ja Unterscheidungsvermögen voraus (jede Wahrnehmung beruht auf Unterscheidungen) und Unterscheidungsvermögen kann sich nur bilden, wenn man mit Unterscheidungen konfrontiert wird.
Selbst wenn von Natur aus in bestimmte Gehirnregionen die Fähigkeit, Seheindrücke zu verarbeiten vorangelegt ist, dürften diese ohne Reizung verkümmern und somit für "innere Bilder" nicht zur Verfügung stehen.
Dennoch wird sich auch beim Blinden irgendweine Vorstellung einstellen beim Reden über Farben. Aber die ist wahrscheinlich nicht vergelichbar.

Ein Selbstversuch könnte uns auf die Spur bringen, wie schwer es ist, abstrakte Sinneseindrücke durch Beschreibung entstehn zu lassen:
Ich flog heute mit dem Flugzeug, und mir fiel auf, dass es ein Kopplung von Sehsinn und Gleichgewichtssinn gibt: Indem mir mein Gleichgewichtssin Auskunft über meine Körperlage gibt, sehe ich auch zum Beispiel die Längsachse des Fluzeugs in eine bestimmte Richtung, obwohl es keinen visuellen Bezugspunkt gibt. Die Kopplung von zwei Sinnesorganen erzeugt hier einen Eindruck, der kaum zu kommunizieren ist und warhscheilich schon für jemanden, der noch nie geflogen ist, kaum nachzuvollziehen ist.
Oder?
 
was siehst du wenn du blind bist?
hunde sehen schwarz weiß, aber blind?
weder schwarz noch weiß noch grau. da ist "nichts". so stell ich es mir zumindest vor; nur: wie beschriebt man "nichts"?
wenn jemand noch nie eine farbe gesehen hat, dann kann man sich das nicht vorstellen.
wie beschreibst du rot? wir alle denken an eine farbe an die roten zigelsteine :autsch: das rote gesicht :wut1: die rote mütze :weihnacht .
alles rot.
aber wie kann man das nun beschreiben?
einem pc kann man das über den hexadezimal code mitteilen. ein mensch kann sich dadrunter aber wieder wenig vorstellen, besonders wenn man das produkt, die farbe, nicht kennt.

was denkt ein blinder wenn man ihm sagt: da vorne ist ein baum.
wie stellt er sich den baum vor?
das kann man noch teilweise mit einem selbstexperiment machen: lasst euch eine eher unbekannte tierart sagen, nicht welche gattung bzw. zugehörigkeiten, dann kann man sich wieder was vorstellen. aber kann sich auch nur einer in etwa ausmalen wie das ganze aussieht? klar, aber trifft das 1. zu und 2. denken andere auch so?
man hat dann irgendeine vorstellung.
man könnte das auch bei einem absoluten blind date testen.
personen von denen man nur den namen kennt, wie sehen die aus, was fürn typ sind die?

ich glaub kaum das blinde, taube sich das vorstelln können, was wir hier erleben dürfen.
es fehlen bezugspunkte um es mit bekanntem zu vergleichen.

robin hat da den nagel mit seinem selbstexperiment auf den kopf getroffen, natürlich auch mit dem restlichen text.

für mich stellt sich die frage: was stellt man sich dann vor? bzw.: was ist "nichts", wenn man blind ist und nicht sehen kann?

ciao
 
PHP:
für mich stellt sich die frage: was stellt man sich dann vor? bzw.: was ist "nichts", wenn man blind ist und nicht sehen kann?

Genau, das möchte ich auch Wissen:). Robin hat bereits ein Teil der Frage beantwortet. Wie erlebt also so ein Blinder die Realität, bzw wie ist seine Realität? Vergessen wir dabei nicht, dass er noch die Tastsinne hat.

Ob er es nachvollziehen kann, ob sich bei ihm "innere Bilder" einstellen können, wenn andere von Farben reden usw., so möchte ich das bezweifeln.

Also er kennt keine Farben. Dann wiederum Frage ich mich, wenn er ein Fahrrad ertastet. Kennt er die Form, aber um eine Form zu erkennen, braucht es ja Konturen. Wie soll das aber ohne Farbe gehen? Oder ist es möglich ein Gegenstand nur zu fühlen, ohne das mit einem Bild zu verbinden?
 
Ich denke, dass ich als Sehender mir nicht die Frage zu stellen brauche, was ein Blinder " sieht". Soviel ich weiß ( von Sehschschwachen - so werden sie hier in Ö. offiziell bezeichnet, genau wie " Taube" auch offiziell als Hörgeschädigte bezeichnet werden : also: soviel ich weiß, stellen sich diesen Sinnengeschädigten ganz ander Existenzfragen. Und wer es von uns " Normalos" wissen will, möge die Betroffenen selber fragen. Wir anderen können nur Mutmaßungen anstellen. Und dazu habe ich weniger Lust.

Und soviel ich auch weiß, gibt es gar keinen genormten "Sehsinn" oder "Hörsinn".
Die Frequenzen der Licht - oder Schallwellen sind zwar messbar - aber: wie sieht es mit der subjektiven Wahrnehmung aus?

Und- philospohisch gefragt: Ist es für die Erkenntnis wichtiger Lebenseinsichten überhaupt nötig, aller Sinne mächtig zu sein?

Marianne
 
Marianne schrieb:
Und- philospohisch gefragt: Ist es für die Erkenntnis wichtiger Lebenseinsichten überhaupt nötig, aller Sinne mächtig zu sein?

Marianne
nein.
das gedankenspiel hier find ich trotzdem recht schön...philosophie ist oft auch nichts anderes bzw. könnte ohne gar nicht leben...


Also er kennt keine Farben. Dann wiederum Frage ich mich, wenn er ein Fahrrad ertastet. Kennt er die Form, aber um eine Form zu erkennen, braucht es ja Konturen. Wie soll das aber ohne Farbe gehen? Oder ist es möglich ein Gegenstand nur zu fühlen, ohne das mit einem Bild zu verbinden?
wenn du einen gegenstand ertastest den du nicht kennst, dann kannst du erstmal damit nichts anfangen. er prägt sich dir nur mehr oder minder gut ein.
jetzt sagt dir jemand: der gegenstand ist ein fahrrad.
beim nächstenmal ertasten eines ähnlichen gegenstandes weißt du: das ist ein fahrrad.
als kleines kind haben wir alle so gelernt, mit dem unterschied das wir die mölichkeit des sehens und höhrens hatten, welche blindne und hörgeschädigkten leider fehlt. sie lernen dann nur noch über die verbleibenden sinne. das dafür genausogut wie menschen denen alle sinne zur verfügung stehen. so ist es im allgemeinen ja so, dass blinde ein enorm gutes gehör haben und einen sehr gut ausgeprägten tastsinn. das muss natürlich nicht immer zutreffen, auf die personen die mir schin begegnet sind, trifft dies aber zu. (ich kann mir das nur so erklären: wir sind mit allen sinnen überfordert, können uns also nicht mehr richtig auf einen sinn konzentrieren.)
wenn du einem blinden sagst: das ist ein fahrrad, dann wird er das auch immer so wiedererkennen. allerdings nur nach form, nie nach farbe und ohne das er jemals ein bild von diesem ding hätte. es sind halt wiederkehrende formen, die sich einprägen, bewegungen wie das schreiben mit einem stift. blindenschrift funktioniert nach diesem prinzip.

ciao
 
Und wer es von uns " Normalos" wissen will, möge die Betroffenen selber fragen. Wir anderen können nur Mutmaßungen anstellen. Und dazu habe ich weniger Lust.

Stimmt, wozu selbst denken, wenn man fragen kann.

Danke tosto du hat mich verstanden:).
Mit deiner Erläuterung hast du recht, aus der Sicht hab ich wirklich nicht gedacht, weil ich automatisch immer Objekte und meine Gedanken mit einem Bild verbinde.
Also stellen wir uns die Welt eines Blinden vor. Mathematisch könnte man es ja eigentlich so interpretieren, dass ihn die 2. Dimension fehlt. Eine Realität, die ihre Umwelt nur durch Tastsinn und Geräuschen wahrnimmt; und Dunkelheit.

So zweiter Gedankengang betrifft die Interaktion mit Anderen. Wie ihr womöglich wisst, läuft bei einem Gespräch der Informationsaustausch größtensteils über die Körpersprache und ein kleiner Teil über die Sprache selbst. Welche genau Wirkung hat das auf das Gespräch bzw. auf die Personen.

Man könnte jetzt wiederum weitergehen und sich fragen, da Mensch durch seine Umwelt konditioniert wird, wie wirkt sich das dann bei einen Blinden aus, wo eine Information der Umwelt fehlt?.
 
Wenn Anschauungen ohne Begriffe blind sind, wie Herr Kant meint, gilt dann vielleicht auch das Gegenstück, dass Begriffe ohne Anschaungen blind sind?

Jemand, der Farbenblind ist, weiß von seiner Farbenblindheit vielleicht, weil er bestimmte "Sprachspiele" nicht korrekt mitspielen kann. Wenn alle anderen vor einem monochromen Bild im Museum stehen und sagen, welch wundervolles Rot, nur um Sekunden später vor einem "identischen" Bild zu sagen, welch wundervolles Grün. Dieses Spiel kann er nicht mitspielen. Er kennt gewissermaßen nicht seine Bedeutung, weil er es nicht mit einem bestimmten Bewusstseinszustand korrelieren kann. Er kann die Unterscheidung, die die Sprache anbietet nicht nachvollziehen, vermute ich. Die "Qualia" rot, ist ihm aus der Perspektive der ersten Person singular eben nicht bekannt :-)
 
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Kelvan schrieb:
So zweiter Gedankengang betrifft die Interaktion mit Anderen. Wie ihr womöglich wisst, läuft bei einem Gespräch der Informationsaustausch größtensteils über die Körpersprache und ein kleiner Teil über die Sprache selbst. Welche genau Wirkung hat das auf das Gespräch bzw. auf die Personen.
in etwa können wir das ja heir selbst teste (ich dnek jeder der schon mal in einem forum aktiv war kennt das zu genüge): wir haben hier nur sprache (leider ohne die stimmliche lage und weitere sprachliche merkmale).
ein ironischer satz wird sofort erkannt wenn er ausgesprochen wird (in der regel!). hier nicht.
um dem problem der falschen veständigung aus dem weg zu gehen haben wir textformatierungsmöglichkeiten um z.b. nachdruck zu verleihen. und emoticons über die man sogar die liebe zu einem ausdrücken kann :umarm: , zumindest im internet und in bildform...

auf diese visuellen mittel müssen blinde verzichten.
ich denke sie hohlen die infos dann nur noch aus der sprache. analysieren diese dafür aber viel genauer.
sie drehen die worte um, achten auf kleinste stimmliche änderungen, die uns wahrscheinlich gar nie auffallen würden. ich behaupte mal, all jene informationen die wir während eines gesprächs aus der körpersprache heraushohlen, werden auch in der stimme enthalten sein, bzw. zumindest in einer kleinen form (wer weiß schon welche infos nun genau nur aus der körpersprache kamen und welche unbewusst durch die stimme?).
ein paar selbstexperimente hierzu wären nicht schlecht...

Man könnte jetzt wiederum weitergehen und sich fragen, da Mensch durch seine Umwelt konditioniert wird, wie wirkt sich das dann bei einen Blinden aus, wo eine Information der Umwelt fehlt?.
sie hohlen sich die infos aus den verbleibenden. dadurch bekommen sie wahrscheinlich nicht ein solches bild wie menschen mit allen informationswegen, es dürfte aber, bis auf die spezifischen fehlenden parts, in etwa ziemlich genau mit dem übereinstimmen was menschen mit allen informationswegen haben.
so wird ein blinder zwar nicht genau die autos sehen die an ihm an einem bestimmten ort vorbeifahren, aber er wird wissen, aufgrund des vekehrsaufkommens, wieviel uhr es ist und wo er sich befindet.
den platz sehen kann er nicht, aber in etwa abschätzen, wenn hier die ampel ist das da dann die skulptur steht. vorstellen wird es sich das nicht können, nur ein in etwa bild mit punkten, die anzeigen von wo bis wo die einzelnen objekte sind. vergleichbar mit einem modelleditor.

Wenn Anschauungen ohne Begriffe blind sind, wie Herr Kant meint, gilt dann vielleicht auch das Gegenstück, dass Begriffe ohne Anschaungen blind sind?
ganz klar. wie ich oben schon beschrieben hab, wird man sich nur schwer etwas vorstellen können wie es aussieht. in etwa die form, z.b. dass das hinterrad die vielen zahnräder in der mitte hat, aber garantiert nicht mehr. wenn dann fahrrad gesagt wird, fallen dem blinden sicher die einzelheiten ein, aber er könnte wahrscheinlich nicht zeichnen wie es in etwa aussieht. vll die einzelteile beschreiben.
schwer darüber zu mutmaßen wie es ist wenn man nicht sehen kann, ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen wie das abläuft, ein fahrrad nur spüren, ohne das ich sofort die konturen, ein bild von ihm im kopf habe...

ciao
 
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