AW: deus dignitas est
@ lilith
Hallo Eisi,
ich bin nicht katholisch und gehöre auch sonst keiner Glaubensgemeinschaft an. Vielleicht betrachten wir die "Würde des Menschen" deswegen von verschiedenen Standpunkten.
So wird es wohl sein. Aber das ist auch gut so!
Und für mich ist es eines der großartigsten Errungenschaften der Menschheit, als Mensch in einem Land leben können, wo es erlaubt ist, ganz öffentlich seinen "Standpunkt" kundzutun, eben frei seine Meinung äußern zu dürfen. Denn das ist auf unserer Welt immer noch nicht selbstverständlich. Ich persönlich nenne es auch "Gnade", in einer Zeit und in einem Land geboren zu sein das z.B. mit dem
Artikel 4 im GG diese "Standpunkte" und sogar das "Gewissen" schützt:
"(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz."
Ein Gesetzesartikel, der sogar bis hin zum "Kriegsdienstverweigerer" sein Recht entfaltet. Das finde ich das einfach stark!
Die unantastbare Würde ist ein Menschenrecht. Dafür muss Gott nicht als Erklärung herhalten, Würde kann man definieren und verstehen.
Hier muß ich Dir aber klar widersprechen. Denn die "Würde" ist eben kein "Menschenrecht" - nein - sie ist die absolut zu setzende
"Grundlage" eines jeden Rechts.
Besonders deutlich läßt sich dies eben am Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ablesen:
„
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen … hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. ...
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
(Präambel und Artikel 1,1 GG)
Nach einer äußerst leid- und schmerzvollen Karthasis von 12 Jahren Barbarei mit über 20 Millionen Toten, war die Erkenntnis von der Natur des Menschen für das deutsche Volk so weit gereift, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und diese mit aller staatlichen Gewalt zu schützen und zu achten ist. Erstmals in der Geschichte der Menschheit kommt es daher in einer modernen Staats-Verfassung zu einer
vorstaatlichen Grundlegung,
in der die Würde des Menschen unantastbar ist und diese mittels aller staatlichen Gewalt geschützt und geachtet werden muss. Nur von dieser absolut gesetzten, vorstaatlichen Rechtsgrundlage her, also immer um der Würde des Menschen willen, können Rechte und Pflichten für Menschen abgeleitet und Gesetze erlassen werden.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar." gibt also das absolut gesetzte
"Wesensmerkmal des Menschen" vor und mit
"Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
ist
"Würde als Gestaltungsauftrag" festgeschrieben worden, sozusagen auch die Leitidee alles politischen Handelns.
... aber was die "Würde des Menschen" letztendlich ist, das versuchen wir seit 50 Jahren mehr schlecht als recht zu schützen und zu achten. Aber immerhin!
... es gibt keinen besseren Versuch bisher - und zwar auf der ganzen Welt nicht!
... und Gott bewahre uns davor, dass jetzt jemand hergeht und endgültig "definiert" was die "Würde des Menschen" ist.
DEUS DIGNITAS EST - nicht ohne Grund heißt es deshalb gleich im ersten der zehn Gebote: "Du sollst Dir kein Gottesbild machen."
Auch das zweite Gebot verweist mit "Du sollst den Namen Jahwes, deines Gottes, nicht missbrauchen." darauf, dass der Mensch als Abbild Gottes der Verfügbarkeit von Menschen entzogen ist - und das im Namen Gottes!
Aber wenn wir die "Menschenrechte" ernst nehmen, sie sozusagen als dicht gewebten "Schutzmantel" um die unbegreifliche Größe "Menschenwürde" legen, dann haben wir schon viel erreicht, von dem was letztendlich jedem Menschen zugedacht ist - nämlich ein "Leben in Würde" führen zu können.
Die Liebe geht darüber hinaus.
Du glaubst also an die Liebe?!
... oder woher weißt Du, dass die "Liebe" über die "Würde" hinausgeht?
Ich versuche es einmal mit anderen Worten zu sagen:
Der Mensch denkt auch in abstrakten Begriffen. Dazu gehören z.B. Struktur, Gesellschaft, ... bis hin zu den obersten "Kategorien".
und es gibt nach Kant, noch etwas, in dem unser Denken in Kategorien eingebettet ist, nämlich die Formen unserer Anschauung. Für I. Kant gibt es davon zwei: "Raum" und "Zeit". Ich habe mich allerding immer gefragt, wie will er mit diesem Denken jemals das Denken, was ein "Hund" ist?
Deshalb habe ich in meinem Denkansatz noch zwei weitere Formen unserer Anschauung zu Grunde gelegt: "Tod" und "Leben"
(sorry, jetzt ist es aber etwas sehr abstrakt geworden ...)
Fasse also zusammen worauf ich hinaus will:
Stellen wir uns deshalb einmal ernsthaft die Fragen:
"Was ist Raum?"
"Was ist Zeit?"
"Was ist Tod?"
"Was ist Leben?"
Und bei der Suche nach Antwort auf diese Fragen, wird uns schnell deutlich, an welche Grenzen der Vorstellung und des Begreifens wir dabei kommen. Wir stoßen hier unmittelbar an die Grenzen unseres Denkens - unser Verstand gerät ins Stolpern - und dennoch liegen gerade diese "undenkbaren Größen" dem "Denken" unserer gewöhnlichen Lebenswelt zugrunde.
Und für mich ist das Wort "Gott", der Begriff, der noch hinter all diesen "undenkbaren Größen" steht, der diese sozusagen auf einen Begriff bringt. Das Wort "GOTT" ist für mich das "abstrakteste Wort" des Menschen überhaupt! Und dennoch hat es überall in unserer gewöhnlichen Lebenswelt seinen Platz.
Die Begriffe "Würde" und "Liebe" stehen in meiner "Weltanschauung" gleichberechtigt nebeneinander, denn sie sind die
ersten "Offenbarungsgrößen GOTTES" - liegen noch vor "Raum", "Zeit", "Tod" und "Leben", die für mich zweitrangige "Offenbarungsgrößen" sind.
... und so sehe ich
"das GANZE"
von dem Du in Deiner "Weltanschauung" sprichst und schreibst:
Auch wenn der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde (wie es im Alten Testament geschrieben steht), so ist er doch nur ein Teil des Ganzen. Gott ist nach meinem Gottesverständnis aber das Ganze, so wie ein Tropfen im Ozean nicht der gesamte Ozean ist und doch ein Teil des selben Wassers ist.
Liebe Grüße
Franz