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Das schlechte Gewissen

"anerzogen" ???

Hi Stöpsi!

Hui, Du bist ein blitzgescheiter Verstandesmensch!!!
Alle Achtung. Merke schon, dass ich bei dieser Art des Philosophierens mit Dir nicht mithalten kann. (In der Schule zu wenig aufgepaßt-*hihihi*)

Möchte dennoch auf Deinen Beitrag eingehen.
Das schlechte Gewissen gibt es nicht. Es wurde uns eingeredet und nun haben wir so etwas. Ein kleines Kind hat kein schlechtes Gewissen, dass es das letzte Stück Kuchen aß und es nicht mit seiner Mutter teilte. Im Gegenzug hat die Mutter ein schlechtes Gewissen, wenn sie das Gleiche tun würde. Wieso? Weil sie so erzogen worden ist.
Das schlechte Gewissen gibt es dann, wenn wir es als solches Empfinden.
Wenn Du es manchmal hast/kennst, dann gibt es es auch!!!

Ob es Dir eingeredet wurde - oder nicht, ist dabei irrelevant.
Die Frage vielmehr ist doch, was damit anfangen??? - Und wofür soll es gut sein???

MAn gehört das schl. G. untrennbar zu unserer Entwicklung. Es deutet daraufhin, dass der/die einzelne nicht nur die eigenen Bedürfnisse wahrnimmt und danach handelt, sondern auch die Wirkungen der eigenen Handlungen auf die Umwelt reflektiert.

Die Behauptung, dass dies "anerzogen" wird, ist mMn ein Fehlschluss. Denn dieses "Reflektieren" setzt bei jedem Menschen früher oder später sowieso von selbst ein. Auch dann, wenn beim Gegenüber kein Grund zum schl. G. gegeben wurde, wie ich bei meinem 9-jährigen Sohn beobachten kann.
Wann nämlich jemand ein schl. G. hat, hängt nicht unmittelbar mit den Reaktionen der Umwelt zusammen.

Dies ist auch dadurch zu bemerken, dass ich Mütter kenne, die KEINES haben, wenn sie ihrem Kind das letzte Kuchenstück wegessen!!!
(Vielleicht nämlich deshalb, weil sie es gar nicht bemerken/wahrnehmen!!!)

Und umgekehrt hab´ich es auch schon erlebt. Weil das Kind dies aus Aufmerksamkeit und Liebesbeweis seiner Mutter gegenüber tat und sich darüber freute.

Also so einfach dürfte die Sache mit dem "anerzogenen" schlechten Gewissen nicht sein!!! :weihnacht

lg kathi
 
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kathi schrieb:
1.
Das schlechte Gewissen gibt es dann, wenn wir es als solches Empfinden.

2.
Und umgekehrt hab´ich es auch schon erlebt. Weil das Kind dies aus Aufmerksamkeit und Liebesbeweis seiner Mutter gegenüber tat und sich darüber freute.

Deine "Einleitung" deines Beitrages kannste dir ruhig sparen...

1.
Stöpsi schrieb:
Auch unsere Gefühle bestimmen unsere Handlungen (s. David Humes Theorie der kalten Vernunft) und nicht unser Verstand.
Wir handeln dann nach unseren Gefühlen. Also ist das schlechte Gewissen nur ein Gefühl. Hm... okay, vielleicht hast du Recht und unser Gewissen wurde uns nicht eingeredet. Trotzdem haben manche Leute kein schlechtes Gewissen, wenn sie einem Kind den Lolli klauen. Dann schließen wir daraus, dass das Gewissen nur ein Gefühl ist, genau wie die Liebe, der Hass oder die Trauer. Und jeder Mensch definiert die Liebe anders. Dann ist es mit dem Gewissen auch so, also ist trotzdem das, was Kant gesagt hat, falsch. Natürlich alles nur meiner Meinung nach.

2.
Er hat sich darüber gefreut, dass er den Kuchen gegessen hat? Du meinst das bestimmt andersherum. Wenn ja, hat er's aus Liebe zu seiner Mutter getan. Wobei wir wieder bei den Gefühlen wären.


Gewissen = Einfluss der Gefühle auf den Verstand?
 
ohne Gefühle kein Leben

Mit umgekehrt meinte ich: das Kind läßt der Mutter das letzte Kuchenstück als Liebebeweis und freut sich darüber, wenn die Mutter es annimmt (wird sogar ärgerlich, wenn nicht!!!).
Ich dachte, dass das klar war. - Aber da sieht man, wie schwierig Kommunikation ist.

Ich entschuldige mich auch für die "Einleitung", die Dir nicht gefiel. Nichts für ungut. :kuss3:

...und: ohne Gefühle kein Leben.

...warum sie also nicht gleich miteinbeziehen - ins eigene System???

mit oder ohne Kant.

lg kathi :winken1:
 
kathi schrieb:
...und: ohne Gefühle kein Leben.

...warum sie also nicht gleich miteinbeziehen - ins eigene System???

Weil Gefühle zu großen Ausmaß annehmen. Man lässt sich "von seinem Herzen leiten", man bestimmt "aus dem Bauch heraus". So kann man sein eigenes Leben vielleicht meistern, aber einen Staat wird man dadurch zerstören.
 
Stöpsi schrieb:
Weil Gefühle zu großen Ausmaß annehmen. Man lässt sich "von seinem Herzen leiten", man bestimmt "aus dem Bauch heraus". So kann man sein eigenes Leben vielleicht meistern, aber einen Staat wird man dadurch zerstören.

Das seh´ich allerdings GAAAAAAAAAAAAAANZ anders.
 
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hallo spöpsi!

Stöpsi schrieb:
Da die Moralphilosophie von Immanuel Kant kategorisch imperativ ist (= sie gilt immer und überall, in jeder Situation, egal, wo man steckt), sollte das eigentlich schon die Frage klären. Nach Kant haben wir dieses Moralgesetz schon in uns seit dem wir auf der Welt sind. Hier noch schnell Zitate, was die kategorisch imperative Moraphilosophie beschreibt:

"Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte."
"Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst."
Immanuel Kant - Philosoph

Klingt doch ein bisschen wie ein göttliches Gebot: "Handle so......." :zunge 5:
Es bezieht sich auf ein bestimmtes Ziel, dass ich durch dieses so handeln erreichen will. D.h. "Wenn du die Absicht hast, ein Mensch zu werden, der nach Kant´schen Moralvorstellungen leben will, dann handle so........"

Daraus folgt auch deine Überlegung:
Aber ich denke, dass diese Moral nicht schon "vor uns" da gewesen sein könnte. Unsere Vorfahren und vorallem unsere Gesellschaft - also auch unser soziales Umfeld - bestimmen darüber, wann wir ein schlechtes Gewissen haben sollten.

Die Gesellschaft und das soziale Umfeld geben dir als Individuum Spielregeln und Wertvorstellungen vor. Wenn du als gleichwertiges Mitglied dazugehören willst (und dich nicht nur gehorsam unterordnen willst), bringst du deine persönlichen Wertvorstllungen immer wieder in Beziehung zu diesen Spielregeln. Manches wird übereinstimmen, manches nicht. Je nachdem, wie streng ein Regelverstoß bestraft/kritisiert wird, wird sich auch dein Gewissen schlecht fühlen. Dort wo Übereinstimmung herrscht, gibt es kein schlechtes Gewissen.

Auch unsere Gefühle bestimmen unsere Handlungen (s. David Humes Theorie der kalten Vernunft) und nicht unser Verstand.
Gefühle sind mMn die Hauptursache, dass der Verstand überhaupt etwas zu tun bekommt. Ich nehme etwas über die Sinne wahr, das löst ein Gefühl im Körper aus. Ich kann jemandem, der mir auf den Fuss tritt, aus Schmerz und davon ausgelöster Wut sofort eine in die Fresse hauen, ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen das haben könnte. Eine Reaktion, ohne dass der Verstand etwas dazu beiträgt. Der Verstand ist quasi die Kontroll-Instanz, der Wächter der Moral. Deine Gefühle können etwas ganz anderes in dir auslösen, als der Verstand als "richtig" einstuft, und da entsteht das sog. schlechte Gewissen.

Außerdem ist noch eine große Lücke in Kants Moralphilosophie: Es ist egal, ob das Geld ankommt, was man den armen Kindern geschickt hat, hauptsache man hat's getan. Also ist die Handlung - und nicht die darausentstehende Wirkung - wichtig.

Du empfindest es als wichtig, auch die Ergebnisse deines Handelns zu beeinflussen, wenn ich das Beispiel richtig verstanden habe.

Nach meiner Erfahrung nach ist das aber nicht möglich, da stimme ich mit Kant überein.
Du hast eine Absicht, die für dich gut ist (=du möchtest arme Kinder finanziell unterstützen). Damit ist deine Einflussmöglichkeit beendet. Du kannst vielleicht noch darauf vertrauen, dass die Organisation, die dein Geld weitergibt, das so gut als möglich erledigen wird, aber das wars dann schon.
Du kannst nur selber hingehen und den armen Kindern das geben, was dir als Hilfe vorschwebt, aber ob sie das auch als Hilfe sehen, kannst du auch nicht beeinflussen.
Ein gutes Beispiel ist da der obdachlosen Bettler, dem man gern etwas zu essen spendiert, der aber um Gottes Willen mit meinem guten Geld ja keinen Schnaps kaufen soll. Aber weiß ich wirklich, was jemand anderem hilft?

Das schlechte Gewissen gibt es nicht. Es wurde uns eingeredet und nun haben wir so etwas.
Es gibt ein schlechtes Gewissen, wenn das eigene Handeln und die Spielregeln der sozialen Gemeinschaft "im Clinch liegen". Wenn du mit "wurde uns eingeredet" diese Spielregeln meinst, dann hast du recht, denn die sind von außen auferlegt.

Ein kleines Kind hat kein schlechtes Gewissen, dass es das letzte Stück Kuchen aß und es nicht mit seiner Mutter teilte.
Das Kind kennt die Spielregeln noch nicht. Es lernt erst durch die Reaktion der Mutter, was diese ihm als "richtig" und "falsch" beibringen will.

Im Gegenzug hat die Mutter ein schlechtes Gewissen, wenn sie das Gleiche tun würde. Wieso? Weil sie so erzogen worden ist.
Die Mutter hat nur dann ein schlechtes Gewissen, WENN sie so erzogen worden ist, und wenn sie in der Zwischenzeit nicht durch ihre eigenen Wertvorstellungen zu der Erkenntnis gelangt ist, dass sie auch ein Recht darauf hat, einmal das letzte Stück Kuchen zu essen.

herzlich
lilith51
 
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