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Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

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AW: Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

Doch, das sagen sie! J. B. Watson sagt:
"Es ist die Zeit gekommen, in der die Psychologie die Verweise aufs Bewußtsein ablegen muss. Ihre einzige Aufgabe ist Vorhersage und Kontrolle von Verhalten; und Introspektion kann bei ihrer Methode keine Rolle spielen. " ("Psychologie aus Sicht des Behavioristen")

Ja, aber das impliziert meine Aussage bereits:
„Eigentlich sagen Behavioristen das aber nicht.
Sie behandeln das Innenleben, von dem sie nicht abstreiten, dass es das gibt, lediglich als "black box", als etwas, wovon wir - ihrer Meinung nach - nichts wissen können, was nur bedingt stimmt und was - ihrer Meinung nach - auch nicht relevant ist, was ganz sicher falsch ist.

Also, Watson verwirft die Psyche, Bewußtsein, Emotionen und freien Willen.
Wie Du selbst zitiert hast, verwirft er die Introspektion (zu unrecht) und die Verweise auf Bewusstsein (auch zu unrecht).

Für ihn ist die Psychologie "die Wissenschaft vom Verhalten, und dieses Verhalten soll die Psychologie "in Begriffen von Reiz und Reaktion" beschreiben. So in etwa beschreibt es A. Janov.
Was ich bereits kritisierte, siehe vor allem die Zitate von Putnam und Habermas.

A. Salter sagt:
"...dass der Mensch sich aus erlernten Reflexen oder Gewohnheiten zusammensetzt, die ein Resultat von Umwelteinflüssen sind--..."
D. h. der Mensch ist ein Produkt der Konditionierung, und die Konditionierung ist einziges Heilmittel. Und wenn man mich fragt, dann sage ich dazu: das ist Gehirnwäsche.
Das Konzept des Behaviorsimus ist in dem Umfang theoretisch unhaltbar und es gibt Auswüchse in der Therapie, die ich auch sehr kritisch sehe.

J. Wolpe praktizierte "reziproke Hemmung" bzw. Desensibilisierung.
Also auch eine Art Konditionierung. Glaube an den Therapeuten.
Die Desensibilisierung ist eine langsame Gewöhnung und hat ihre Vorteile, allerdings ebenfalls ihre Grenzen. Ja nach dem, was gerade neueste Mode ist, ist das Konzept nicht mal ungefährlich.

B. F. Skinner mit seiner "Skinner Box" und "operanten Konditionierung".
Er sagt, ".....dass die Reaktion oder das Gefühl nicht wichtig ist, nur die Sache die es auslöste." Das menschliche Selbst betrachtet Skinner als "einen Apparat zum Repräsentation eines funktionell vereinten Systems von Reaktionen". Also, ZOMBIE! Er fordert eine emotionale Enthemmung.
Der Mensch ist bei diesen Trollen verschwunden, aber völlig!
Das trifft nur bei Skinner zu!
Die operante Konditionierung ist im Grunde das, was am meisten angewendet wird, in der VT. Die klassische Konditionierung spielt keine Rolle. Das Problem was ich sehe, ist ein metapsychologisches. Viele Psychotherapeuten mein(t)en es durchaus gut, nur ist eine gewissen Wissenschaftsgläubigkeit ein Problem – es wurde immer wieder betont, wie angeblich unwissenschaftlich tiefenpsychologische Verfahren doch seien und die exakt und wissenschaftlich dagegen der Behaviorismus – ein Irrtum, gleich auf mehreren Ebenen.
Wenn Du wirklich herausfinden willst, wo die Sache schief gelaufen ist – die ist nämlich schief gelaufen – gibt es genügend Ansatzpunkte, die man nach und nach untersuchen kann und anhand deren man nachweisen kann, was alles, warum, nicht klappen konnte und darum auch nicht geklappt hat.

Ein Brachialstil führt allerdings nur dazu, dass einen kaum mehr jemand ernst nimmt.
Da mag Dein Anliegen noch so gut und berechtigt gewesen sein, wenn Du alles in eine Topf schmeißt, stehst Du nachher als Spinner da und auch die berechtigten Teiler der Kritik werden nicht mehr ernst genommen.
 
AW: Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

Pirroge,
Umwelt wird nicht von den Behavioristen zum Reizgeber gemacht,
sondern Umwelt ist ein Reizgeber, der den Organismus verändert,
auch wenn die Veränderung in vielen Fällen so geringfügig ist,
dass sie nicht sofort als eine solche erkannt wird
(Analogie:
Jeder Tropfen Wasser eines Flusses verändert das Flussbett).
Nein, denn dass das so ist ist eine Behauptung der Konstruktivisten, die sich aus ihrer Theorie ergibt.
Man kann diese Sichtweise einnehmen, muss man aber nicht.


... diese Position relativ zum Subjekt ist mir bei den Konstruktivisten
Foerster, Glasersfeld, Watzlawick, etc., noch nicht untergekommen,
und stellt wohl auch keinen zentralen Bestandteil des Behaviorismus dar.

Woher hast du diese Aussage ?
Man kann es damit unterschiedlich weit treiben. Bei Watzlawick ist der Konstruktivismus sicher sehr pragmatisch, bei Luhmann sehr theoretisch.
Darum kann man Elemente von Watzlawick auch gut anwenden (insbesondere die paradoxen Interventionen und die Offenlegung von Doppelbindungen), während man bei Luhmann von der Theorie beeindruckt sein mag, es aber oft Anwendungsprobleme gibt.

Ansonsten haben sich systemische Ansätze mitunter gut bewährt, haben aber, wie wohl alle Ansätze ihre Grenzen.
Das ist an sich kein Problem, wenn man weiß, was – welcher Ansatz – wozu geeignet ist und welcher nicht.
 
AW: Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

Das kann er nicht. Denn, das Gewissen muss auch von irgendwoher kommen.
Das kommt auch irgendwo her und das ist heute gut untersucht und bekannt:
http://www.psyheu.de/4254/gewissen-ueberich-neurose-narzissmus/

Kant ist der Überzeugung, dass es KI nur geben kann, wenn es die Unsterblichkeit der Seele gibt, wenn es Freiheit gibt und wenn es Gott gibt.
Wenn der Tod das letzte Wort hat, dann ist auch KI sinnlos. Dann wäre auch das moralische Gesetz, das man als verbindlich erlebt ein Irrsinn.
Nein, das sagt Kant nicht. Aber das wäre auch egal, für den KI reicht der Verstand und ein gewisses Maß an Empathie.

Du solltest keine Fakten verdrehen.
Ich habe was andres geschrieben, und keinesfalls das was Du postest. "Aufgebaut", habe ich geschrieben, und das stimmt. Selbst Hinayana Buddhismus ist religiös konzipiert! Mahayana Buddhismus zeigt eine theistische Tendenz.
Es gibt verschiedene Ausprägungen des Buddhismus, der Hinayana ist eine älteren Form, die an gewisse Grenzen gestoßen ist, die der Mahayana zu überwinden versuchte. Je nach regionaler Ausprägung und Fusion mit den Usrprungsreligionen ist der Buddhismus mal gottheitsbezogener, wie manchmal im tibetischen Buddhismus, aber auch da gibt es verscheiden Schulen, wie Du wissen wirst, und mal weniger, wie bei einigen Zen-Schulen.

Nun aber, sekulare Humanisten im Westen haben keine eigene Moral aufgebaut, sie bedienen sich der religiösen moral.
Das ist eine Frage, die man so und so sehen kann, das krampfhafte Bemühen einiger Berufsatheisten, die diversen religiösen Wurzeln aus der europäischen Geschichte heruazsuerklären, finde ich albern und verfehlt.

Und wer baut eine Moral auf, Tröllchen, wenn nicht Menschen, und Atheisten sind Menschen, oder sind es für Dich Tiere? Also, Atheisten als Naturalisten haben keine eigene Moral aufgebaut!
Ist es Dir möglich, Deine albernen Entwertungen zu lassen? Dann tu das bitte, danke!
Moral hat sich über dieverse Stufen des Zusammenlebens entwickelt, was aber wieder vom Thema wegführt.

Also, ich habe "aufgebaut" geschrieben, und Atheisten die nicht religiös organisiert sind, haben keinen Moralkodex aufgebaut. Das ist nicht dasselbe wie wenn Du es schreibst: dass die "atheisten keine Moral haben".

Mahayana-Buddhisten haben eine Moral die man mit der christlichen Moral vergleichen kann. Sie beziehen und basieren ihre Moral uf die Liebe und das Mitleid, genau wie Christen.
Klar, ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass es moralische Universalien gibt.

Du vertrittst Totalitarismus des Relativismus! Du willst aus dem Menschen für den Menschen eine Moral ableiten!
Klar hat der Mensch sich selbst Moral gegeben, was denkst Du denn? Hältst Du den Mythos vom Berg Siani für buchstäblich wahr? Du kannst das sogar evolutionsbiologisch herleiten, nicht so total wie einige das gerne hätten und nur bis zu einer bestimmten Grenze, aber das ist eine andre Geschichte.

Warum das allerdings Relativismus sein soll, erschließt sich mit nicht ganz.
Ich finde die Kritik, die Ratzinger am (Werte-)Relativismus geäußert hat, durchaus klug, weil sie die oft naiven performativen Widersprüche der Relativierer offenlegt, aber auch das ist ein anderes Thema.

Wenn Du ein anderen Thema im Sinn hast, dann mach doch dazu einen Thread auf, aber beim Behaviorismus zu beginnen, um beim lieben Gott zu landen, da ist wohl die Verkündungswut mit Dir durchgegangen.
 
AW: Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

Eine recht beißende, aber im Kern zutreffende Polemik gegen den Behaviorismus ist die hier:

"Die Betrachtung der Psychologie in unserem Kontext ist nicht nur interessant, sondern auch kompliziert. Interessant deshalb, weil die Psychologie unserem Thema am nächsten steht, kompliziert, weil das, was sich der Laie gemeinhin unter Psychologie vorstellt, mit der sogenannten wissenschaftlichen Psychologie kaum eine Gemeinsamkeit hat. Der Nichtpsychologe ist der Meinung, dass Psychologen, aufgrund ihrer hervorragenden Kenntnisse um die menschliche Psyche sehr gute Menschenkenner seien, bereits aus äußerlichen Merkmalen auf grundlegende Charaktereigenschaften schließen könnten und so Kenner der geheimnisvollsten seelischen Zusammenhänge seien. Geschürt wird diese Meinung von den Illustriertenartikeln und populärwissenschaftlichen Abhandlungen, die Träume und bestimmte äußere Erscheinungsmerkmale als Ausdruck eines bestimmten Charakters deuten. Psychologie ist zur Zeit modern, und so verleiht die Vorsilbe "Psycho" einem jeden Wort das Flair entschleierter Geheimnisse.
Bemüht sich der interessierte Laie, tiefer in das Gebiet der Psychologie einzudringen, so stößt er meist sehr bald auf die Werke von Sigmund Freud. Die Erwartungen werden nicht enttäuscht; kaum geahnte Zusammenhänge zwischen Symbol und Wirklichkeit offenbaren sich. Und so kommt es, dass Psychologie fast ausschließlich mit der Psychoanalyse Freuds identifiziert wird.
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Die Psychologie beschäftigt sich mit den verschiedensten Gebieten, das einzige aber, womit sie sich nicht beschäftigt, ist die Psyche. Der Begriff Psyche oder Seele würde das streng wissenschaftliche Konzept der Psychologie nur stören. Deshalb definieren die Psychologen ihre Psychologie als "Lehre vom Erleben und Verhalten des Menschen". Durch diese Definition hat man das Problem vom Zentrum an die Peripherie geschoben, denn Erleben und Verhalten sind bestenfalls Funktionen der Psyche.
Wir sehen die Parallelität zur Medizin; man umfasst und analysiert fleißig funktionale Abläufe, ohne sich um die Ursache und den Entstehungsort zu kümmern. Dieses Vorgehen war bei Physik und Medizin immerhin noch naheliegend, da dort die Phänomene, die zum Forschen herausforderten, sich hauptsächlich im materiellen Bereich manifestierten. Die Psychologie jedoch hätte von vorn herein die Chance gehabt, dem Irrtum des Materialismus nicht zu erliegen, da ihr Forschungsgebiet immaterieller Natur ist. Die ersten Ansätze der Psychologie berücksichtigten diesen Umstand auch gebührend. Den tragfähigsten Ansatz für eine echte psychologische Forschung lieferte schließlich Sigmund Freud. In seiner Überzeugung war Freud zwar Materialist, jedoch lieferte er mit seiner Technik der Psychoanalyse ein vom Materialismus ziemlich unabhängiges Instrument psychologischen Forschens.
Dieser durchaus fruchtbare Ansatz wurde von C.G. Jung aufgegriffen und konsequent weiterentwickelt. Dabei sprengte Jung die noch recht engen und einseitigen Grenzen der Freudschen Theorie und entwickelte in einem immensen Lebenswerk eine Psychologie, die sich ausschließlich an der Realität des Psychischen orientiert und auch deren Eigengesetzlichkeit Rechnung trägt. Die Genialität Jungs erkannte klar die Rolle und Aufgabe der Psychologie als eine alle anderen Disziplinen umfassenden Wissenschaft.
Es ist unvorstellbar, welchen Erkenntnisstand unsere heutige Psychologie hätte, wenn sie die unzähligen Ansätze und Einsichten Jungs als Basis ihres weiteren Forschens genommen und die analytische Psychologie konsequent weiterentwickelt hätte. Doch diese einmalige Chance verpasste man mit souveräner Blindheit, denn eine andere Strömung passte gerade besser in das übliche Denkschema: Aus Amerika kam der Behaviorismus zu uns. Ab sofort galten als neue Ideale psychologischen Forschens die Grundsätze der Physik. Man erkannte klar: Nur wenn die Psychologie genauso exakt arbeitet wie die Physik, hat sie eine Chance, von den anderen Naturwissenschaften ernst genommen zu werden.
Ausgerüstet mit dieser Profilneurose, begann man schleunigst, psychologische Phänomene messbar und quantifizierbar zu machen. Experiment und Statistik wurden das unentbehrliche Handwerkszeug eines Seelenforschers. Aus Liebe zur exakten Methode verzichtete man gerne auf die Erforschung der Psyche selbst. Es wurde gemessen und ausgewertet ... man ist heute noch nicht mit dieser Arbeit fertig! Um nicht irritiert zu werden, erklärte man einfach alle Theorien, Ansichten, Ergebnisse und Methoden, die nicht den Anforderungen der Statistik entsprachen, als unwissenschaftlich und veraltet. Diesem Säuberungsverfahren fällt zur Zeit auch noch die Psychoanalyse Freuds zum Opfer, die man bisher immer noch wegen ihrer therapeutischen Anwendbarkeit geduldet hatte. Nachdem man nun aber glaubt, durch die Entwicklung der Verhaltenstherapie auch auf dem Therapiesektor autark geworden zu sein, fällt man endgültig auch über die Tiefenpsychologie das Urteil der Unwissenschaftlichkeit.
Das Ergebnis dieser Entwicklung ist eindrucksvoll: Ein wissenschaftlicher Psychologe weiß überhaupt nichts! Er lebt lediglich von dem Vorurteil der Laien, die glauben, er wüsste etwas. Die Psychologie besteht zur Zeit aus einer Unsumme von Einzelergebnissen, die sich letztlich alle widersprechen. Es dürfte wohl kaum eine einzige bedeutende Untersuchung existieren, zu der es keine Gegenuntersuchung gibt, die das Gegenteil beweist. Da jedoch auch Psychologen das Gefühl, nichts zu wissen, als unangenehm empfinden, sucht sich ein jeder aus dem großen Angebot der wissenschaftlichen Ergebnisse einige, die ihm gerade gefallen, heraus, um sie fortan als sein "Wissen" zu verwenden.
Eine weitere Reaktion auf diese groteske Situation, dass es eine Wissenschaft gibt, die nichts mit Bestimmtheit weiß, ist eine "kritische wissenschaftliche Einstellung", die das Prinzip des Zweifels zum Wertmaßstab der Wissenschaftlichkeit erhebt und dadurch eine neue Möglichkeit persönlicher Qualifikation eröffnet.
Ich möchte hier nochmals betonen, dass meine Kritik natürlich nicht die Anhänger der verschiedenen tiefenpsychologischen Schulen betrifft, da man sich in diesen Kreisen nicht so sehr um die "Wissenschaftlichkeit" als um die therapeutische Anwendbarkeit kümmert. Jedoch beschränkt sich die Ausbildung und Forschung der psychoanalytischen Psychologie hauptsächlich auf Privatinstitute, da sie von den Universitäten immer mehr verdrängt wird. Mögen auch die Anschauungen dieser einzelnen Schulen oft recht divergent sein, so fußen sie doch alle auf einem recht einheitlichen Grundkonzept.
An den Universitäten hat man in den letzten Jahren das psychotherapeutische Konzept durch ein "neues" Modell ersetzt, das den Anforderungen der Wissenschaftlichkeit besser entsprechen soll: die Lerntheorie. Die Lerntheorie entwickelte sich aus Tierexperimenten und ist in ihrer Grundkonzeption einfach, um nicht zu sagen banal. Gegen die Lerntheorie selbst wäre grundsätzlich gar nicht so viel einzuwenden, hätte man den Versuch unterlassen, einfache funktionale Zusammenhänge, die man im Tierexperiment erforscht hatte, auf den Menschen zu übertragen und daraus eine Therapie psychischer Störungen abzuleiten. Dieser letzte Schritt, die Entwicklung der Verhaltenstherapie, verwandelt Psychologie in Kriminalität. Der Grundgedanke der Verhaltenstherapie ist einfach: Man geht von der Hypothese aus, dass der Mensch sich bestimmte Verhaltensweisen durch Lernprozesse aneignet. Trifft ein Verhalten mit einem angenehmen Erlebnis zeitlich zusammen, so wird besagtes Verhalten verstärkt, die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung des Verhaltens steigt an, während sie beim Zusammentreffen mit einem unangenehmen Erlebnis sinkt.
Diesen Mechanismus kennt jeder aus der Dressur von Tieren: Füttere ich einen Hund jedesmal, wenn er mir die Pfote gibt, mit einem Stück Fleisch, so wird er eher und schneller das "Pfotengeben" lernen, als wenn ich ihn jedesmal bei dieser Handlung schlage. Zeigt nun ein Mensch ein unerwünschtes Verhalten, wie zum Beispiel eine Neurose, so interpretiert die Verhaltenstherapie dieses Verhalten konsequenterweise als Ergebnis eines Lernprozesses, der nun in der Therapie "rückgängig" gemacht werden soll. Praktisch leitet man einen neuen Lernprozess ein, indem das unerwünschte Verhalten bestraft und das erwünschte Verhalten belohnt wird. Dieses geschilderte Grundprinzip kann man beliebig modifizieren und kombinieren - einen Beschäftigung, die zur Zeit die Mehrzahl aller Psychologen voll ausfüllt.
Unschwer erkennt man in der Verhaltenstherapie das Comeback eines als veraltet und unmenschlich geltenden Erziehungsstils: Tat ein Kind nicht das, was die Eltern wollten, bestrafte man es so lange, bis es dieses Verhalten aufgab; umgekehrt belohnte man ein Kind für das, was es tun sollte. Genau dieser Vorgang verkleidet in eine umfangreiche Fachterminologie, ist heute das modernste Behandlungsverfahren für psychische Störungen!
Es ist wohl dem Schamgefühl der Psychologen zu verdanken, dass man heute im Zusammenhang mit der Verhaltenstherapie nicht mehr so gern von "Therapie" sondern von "Intervention" spricht. Die Tatsache, dass man den Verhaltenstherapeuten - statt sie vor Gericht zu stellen - Institute und Geldmittel für ihre "Forschung" zur Verfügung stellt, zeigt, was man heute alles ungestraft machen darf, wenn man das Wort "wissenschaftlich" vor seine Tätigkeit setzt. Was man heute unter der Fahne der Wissenschaftlichkeit treibt, entspricht den Kreuzzügen unter dem Signum der Kirche.
Man mag über eine solche Entwicklung noch so erbost sein, mir selbst fällt es schwer den einzelnen Mitläufern der wissenschaftlichen Kreuzzüge böse zu sein. Man versuche sich in die Lage eines Abiturienten zu versetzen, der sich entschlossen hat, Psychologie zu studieren, um die Geheimnisse des Seelenlebens kennenzulernen. Von der Schule gewohnt, gültige Fakten und Gewissheiten gelernt zu haben, begegnet er auf der Universität einer Flut von Theorien, Meinungen und Ergebnissen, die nebeneinander all gleichgültig oder ungültig sind. Als Handwerkzeug, sich in diesem Chaos zurechtzufinden, lernt er Statistik und Testtheorie. Doch die Diskrepanz zwischen seinen Erwartungen und der gebotenen Realität wird zusehens größer, er sehnt sich nach einem Wissen, das für ihn anwendbar ist. In dieser Situation ist es verständlich, wenn er gierig nach dem einzigen angebotenen Konzept, nämlich der Lerntheorie, greift. Schließlich verspricht sie die Möglichkeit praktischer Anwendbarkeit. Glücklich überhaupt etwas Konktretes gefunden zu haben, wird er jede Kritik fanatisch abwehren, aus unbewusster Angst, wieder ins Nichts der völligen Orientierungslosigkeit zu fallen. Auf diese Weise erzieht man eine Schar von Gläubigen, die mit echter Überzeugung Dinge vertreten, die einem jeden denkenden Menschen ihre Sinnwidrigkeit ohne Mühe offenbaren."
(T. Dethlefsen, Das Leben nach dem Leben, Goldman TB 1974, S.163 -168)
 
AW: Behaviorismus: Psychologie ohne Seele?

Ansonsten haben sich systemische Ansätze mitunter gut bewährt, haben aber, wie wohl alle Ansätze ihre Grenzen.
Das ist an sich kein Problem, wenn man weiß, was – welcher Ansatz – wozu geeignet ist und welcher nicht.

Wäre es nicht angemessen, grundsätzlich in der Psychotherapie auf einen Heilungsanspruch zu verzichten und eher vorbereitenden Charakter darin zu sehen? Ohne die Theorien im einzelnen zu kennen meine ich, grob unterschieden, dass Verhaltensänderungen neue Erfahrungen zu machen ermöglichen, ohne die der Mensch vielleicht den Glauben an seine verschütteten Möglichkeiten verlieren würde, und die Psychoanalyse bringt es mit sich, die eigenen Anliegen besser verstehen und eventuell auch kommunizieren zu lernen.

Aber nur, wenn diese neuen Erfahrungen und Möglichkeiten der sprachlichen Verständigung in der Interaktion in den realen ( in Abgrenzung zu den arrangierten in Therapieräumen) Lebensbezügen des Betroffenen für Ausgeglichenheit und Entfaltung der Persönlichkeiten aller Beteiligten sorgen, kann man mMn von Heilung sprechen.

Heilung ist ein vom Individuum ausgehendes soziales Phänomen.
 
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Wäre es nicht angemessen, grundsätzlich in der Psychotherapie auf einen Heilungsanspruch zu verzichten und eher vorbereitenden Charakter darin zu sehen?
Vorbereitend auf was?

Ohne die Theorien im einzelnen zu kennen meine ich, grob unterschieden, dass Verhaltensänderungen neue Erfahrungen zu machen ermöglichen, ohne die der Mensch vielleicht den Glauben an seine verschütteten Möglichkeiten verlieren würde, und die Psychoanalyse bringt es mit sich, die eigenen Anliegen besser verstehen und eventuell auch kommunizieren zu lernen.
Das Ziel jeder Psychotherapie ist letztlich die Verhaltensänderungen.
Aufdeckende Verfahren (Psychoanalyse, tiefenpsychologische und psychodynamische Verfahren) versuchen das über den Weg des Kennenlernens von sich selbst und seine Bedürfnissen (inklusive der ehedem unbewussten Bereiche) zu ermöglichen.
Strukturierende Verfahren wie der Behaviorismus versuchen dem Menschen, neue, andere Verhaltensmöglichkeiten beizubringen und das hat siene Berechtigung, da nicht jeder Mensch reflexiv und intelligent genug für aufdeckend Verfahren ist.
Inzwischen gibt es genügend erfolgreiche Mischformen, die durch Bewusstmachung strukturieren.
Die Diagnose entscheidet über das beste Verfahren.
Aber nur, wenn diese neuen Erfahrungen und Möglichkeiten der sprachlichen Verständigung in der Interaktion in den realen ( in Abgrenzung zu den arrangierten in Therapieräumen) Lebensbezügen des Betroffenen für Ausgeglichenheit und Entfaltung der Persönlichkeiten aller Beteiligten sorgen, kann man mMn von Heilung sprechen.
Heilung ist ein vom Individuum ausgehendes soziales Phänomen.
Ja, man muss sich besser fühlen.
 
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