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Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Ziesemann:

Das ist zwar formal elegant und wahrscheinlich sogar richtig; aber es fehlt das Kriterium, an Hand dessen wir entscheiden können: Wann kann, darf, soll, muß man denn nun lügen?

Lieber Ziesemann,

das würde doch jeder gern wissen, doch gibt es kein Rezept dafür.

Jeder Mensch hat durch seine Erfahrungen - dazu gehört alles, was uns je in unserem Leben beeinflussst hat - sich ein mehr oder weniger unverrückbares Weltbild zurechtgelegt. Dadurch haben wir so etwas wie ein GEWISSEN entwickelt. Es ist ein Konglomerat aus religiösen und weltlichen Erfahrungen. Somit hat jeder Mensch einen anderen Zugang zu seinen Einstellungen für Ethik und Wahrheit.

Habe ich mit der Wahrheit z.B. nur schlechte Erfahrungen gemacht, dann werde ich eben mehr als andere überlegen müssen, bei der Wahrheit zu bleiben oder einen anderen Weg zu suchen.

Hat man mir in Kindertagen bereits immer wieder gesagt, dass es eine Sünde ist zu lügen, werde ich große Hemmungen haben, mich der Lüge zu bedienen. Andererseits werde ich auch eine stark getrübte Einstellung zur Wahrheit haben, wenn mir Eltern und Lehrer versicherten, dass man nur den Gleichgläubigen die Wahrheit sagen muss, jedoch die "Ungläubigen" ohne Skrupel anlügen darf.

Über Wahrheit und Lüge gibt es die verschiedensten Auffassungen. Keiner kann wissen, ob er mit der Wahrheit oder mit einer Lüge besser ankommt. Aber es heißt nicht umsonst "Lügen haben kurze Beine" oder "Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt alles an die Sonnen!"

Doch jeder hat schon erfahren, dass man auch durch die Wahrheit in große Schwierigkeiten kommen kann.

Es werden sich immer Fragen ergeben:

Soll ich die Wahrheit sagen oder doch
lieber schweigen oder
mich für eine Lüge entscheiden?

Es macht zugegebenermaßen unser Leben schwierig. Ich für meinen Teil wage es immer wieder "meine" Wahrheit zu sagen, vor allem im Denkforum.
Habe ich nicht eine Verantwortung den Lesern gegenüber? Auch die Lyrik hat nur einen Wert für die Menschheit, wenn sie die eigene Wahrheit wiedergibt. Nur dadurch können Zuhörer und Leser für ihr Leben etwas gewinnen.

Auch ich wurde schon ob meiner Wahrheit geschlagen, Gott sei Dank nur mit Worten in einer Welt der Anonymität. Hier darf ich nicht nur, hier muss ich sogar bei "meiner" Wahrheit bleiben. So sagt es mir mein Gewissen.

Somit bitte ich auch darum, hier im Denkforum bei der Wahrheit zu bleiben.
Haben wir nicht alle den Mitmenschen gegenüber eine Verantwortung zu tragen?

Nach bestem Wissen und Gewissen

Eure suche

:ola:
 
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AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Das wage ich aber zu bezweifeln. Je mehr sich ein Mensch öffnet, desto abstoßender könnten mir seine Einstellung und seine Überzeugungen sei, sie würden das Gegenteil der Harmonie bewirken. - Deshalb halte ich es für richtig, selbst in der intimsten Gemeinschaft der Liebe oder Freundschaft sich nicht "alles" (bitte ganz wörtlich nehmen!) zu sagen.
Und daß Lügen "immer" ein Mißstand ist, genau das wird aus gutem Grund auch hier bezweifelt. Immer eben nicht.

Es gibt schon Situationen, in denen es besser ist eine Lüge einzubringen, weil es nämlich besser nicht geht. Trotzdem ist das aber eine Situation, die nicht so gut ist, wie eine, in der man nicht Lügen braucht. Es heist ja auch "Notlüge" und in der Not frisst der Teufel fliegen.
Je weniger in einer Beziehung gelogen wird, desto besser ist sie normalerweise auch.

netten Gruß
Jing
 
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Aber es heißt nicht umsonst "Lügen haben kurze Beine" oder "Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt alles an die Sonnen!"
Ja, so lernt man es als Kind zu Hause und in der Schule, und meist stimmt es auch. Aber die Ausnahmen kann man gar nicht zählen, denken wir nur an die vielen Millionäre. Es wäre allzu naiv zu glauben, nur durch Fleiß und Redlichkeit kann man aus dem Nichts zum Multimillionär werden. Ich meine nicht bloß die Alltagslügen oder Notlügen oder Ähnliches, mit denen wir alle untereinander auskommen wollen oder müssen...
 
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Ja, so lernt man es als Kind zu Hause und in der Schule, und meist stimmt es auch. Aber die Ausnahmen kann man gar nicht zählen, denken wir nur an die vielen Millionäre. Es wäre allzu naiv zu glauben, nur durch Fleiß und Redlichkeit kann man aus dem Nichts zum Multimillionär werden. Ich meine nicht bloß die Alltagslügen oder Notlügen oder Ähnliches, mit denen wir alle untereinander auskommen wollen oder müssen...
Ich kann auch mit diesen naiven Spruchweisheiten wenig anfangen. Die Geschichte ist voll von Lügen, die sich über hundert Jahre gehalten haben, etwa die Lüge "Vom angeborenen Schwachsinn des Weibes" über "Hitler hat die Autobahnen gebaut" bis zum marxistischen Sozialismus als die Verwirklichung des Humanismus
Ziesemann
 
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Der Wahrheit ist es egal, ob sie gesagt wird oder nicht.

Sag ich jetzt mal so ganz salopp.

Wenn wir zu uns selbst ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass wir unsere eigene Wahrheit IMMER kennen, ob wir sie nun sagen oder nicht.
Es gereicht uns selbst zum Nachteil, wenn wir gegen unsere Wahrheit handeln, wenn wir mit manchen Entscheidungen unsere "Seele verkaufen". Wahrheit im Sinn von korrekter historischer Berichterstattung ist mMn für die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen nicht relevant. Viel wirksamer ist es, ob er gegen seine Überzeugung handelt oder mit ihr im Einklang.

Die individuelle Wahrheit ist die Übereinstimmung des eigenen Handelns mit der inneren Form. (Das ist keine Theorie von irgendwem, sondern das kann jeder fühlen, der versucht, die feinen Nuancen seiner emotionalen Reaktionen, von leisem Unbehagen über massive Gewissensbisse, bewusst wahrzunehmen.)

Gruß
lilith
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Ja, so lernt man es als Kind zu Hause und in der Schule, und meist stimmt es auch. Aber die Ausnahmen kann man gar nicht zählen, denken wir nur an die vielen Millionäre. Es wäre allzu naiv zu glauben, nur durch Fleiß und Redlichkeit kann man aus dem Nichts zum Multimillionär werden. Ich meine nicht bloß die Alltagslügen oder Notlügen oder Ähnliches, mit denen wir alle untereinander auskommen wollen oder müssen...

Du hast vollkommen recht. Unter dem Mäntelchen der Wahrheit werden die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher, ganz offiziell. Und es ist sehr schwer, ihre Lügen, durch welche uns das Geld aus der Tasche gezogen wird zu erkennen, geschweige denn aufzudecken oder gar anzuprangern.

Wer die Macht hat, darf ungeschoren Lügen verbreiten. Der gewöhnliche Staatsbürger ist meistens ohnmächtig.

suche
 
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Die individuelle Wahrheit ist die Übereinstimmung des eigenen Handelns mit der inneren Form. (Das ist keine Theorie von irgendwem, sondern das kann jeder fühlen, der versucht, die feinen Nuancen seiner emotionalen Reaktionen, von leisem Unbehagen über massive Gewissensbisse, bewusst wahrzunehmen.)

So manch einer/eine hat aber keine Gewissensbisse, wenn die "feinen Nuancen der emotionalen Reaktion" überkochen.
Er/sie verkauft ihre Seele dem :teufel2: ohne Rücksicht darauf, daß die eigene Erkenntnis:

"Es gereicht uns selbst zum Nachteil, wenn wir gegen unsere Wahrheit handeln"

nicht berücksichtigt wird.

claus
 
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Ich kann auch mit diesen naiven Spruchweisheiten wenig anfangen. Die Geschichte ist voll von Lügen, die sich über hundert Jahre gehalten haben, etwa die Lüge "Vom angeborenen Schwachsinn des Weibes" über "Hitler hat die Autobahnen gebaut" bis zum marxistischen Sozialismus als die Verwirklichung des Humanismus
Ziesemann

Wenn so manchem auch diverse Sprüche naiv vorkommen mögen, oft enthalten sie den Kern der Wahrheit, immer jedoch zumindest ein Körnchen.

Es ist jedoch richtig, dass die Geschichte vor Lügen wimmelt. Ich glaube, dass es eher möglich ist im privaten Bereich bei der Wahrheit zu bleiben als Geschichtslügen bzw. -fälschungen aufzudecken.

Diese Geschichtslügen würde ich als sehr gefährlich einstufen, sind sie doch letztlich schuld, dass die Menschen ein falsches Weltbild bekommen und dadurch automatisch am richtigen Handeln gehindert werden. Somit werden wir total ungewollt zu Verführten, die in der Folge Handlungen setzen, deren Folgen sich verheerend auswirken. Geschichtslügen sind schuld an Chaos und Kriegen, zumindest tragen sie eine große Teilschuld daran.

suche
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Je mehr wir unsere Meinung offenlegen, desto schneller entwickelt sich die Gesellschaft als Ganzes.

Je weiter wir uns einem Menschen öffnen, desto schneller entsteht eine tiefere Harmonie zwischen ihnen.

Lügen ist immer ein Missstand.

Gruß
Jing

Auch ich bin der Meinung, dass es eine Wahrheit vom Standpunkt des Betrachters aus gibt,
die nicht umbedingt mit der Wahrheit des Gegenübers im Einklang steht.
Die Wahrheit kann ein zweischneidiges Schwert sein die sowohl den Bekunder, als auch den Angesprochenen verletzt.
Es sind wahrscheinlich schon mehr Köpfe der Wahrheit wegen gerollt, als der Lüge.
Doch liegt auch in der Wahrheit das Finden der Selbstachtung und des Wachstums und deshalb bin ich für deren Vertretung.
Allerdings reicht das Spektrum der Sprache, die Wahrheit zu sagen, von Verurteilung bis poesiehafter Ansprache,
und ich kann einen Lügner als solchen bezeichnen, aber genausogut als phantasiereichen Menschen.
Wird als Diplomatie bezeichnet und erlaubt eine weiterführung des Dialoges aufgrund von Wertschätzung.

LG
v
Himmelblau
 
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AW: Wahrheit - kann, soll, darf muß man sie immer sagen?

Hm, das geht mir ziemlich tief! Es lohnt sich, das vom Anfang bis zum Schluss langsam und genau (sogar auch mehrmals) zu lesen, meine ich.

"Allerdings reicht das Spektrum der Sprache, die Wahrheit zu sagen, von Verurteilung bis poesiehafter Ansprache,
und ich kann einen Lügner als solchen bezeichnen, aber genausogut als phantasiereichen Menschen."

Damit beispielsweise kommt auch zum Ausdruck, meine ich, wie differenziert man Sachlagen und Aussagen empfinden und einordnen kann, wie schmal die Gratwanderung sein kann und in der Folge dann so manches Missverstehen entstehen könnte.
"Wertschätzung" ist für mich ebenfalls so ein ausschlaggebendes Schlüsselwort, das uns auch hilfreich sein kann im Umgang miteinander, wenn wir uns das immer wieder bewusst machen.
Alle Achtung, wie viel man in so einer Kürze aussagen kann!
:blume1:
Andreas
 
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