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Schämen

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Ja, aber auch hier kommt einem die Erkenntnis nicht einfach so zugeflogen als ein heurekalisches Ereignis für das man nichts zu tun braucht. Ganz im Gegenteil, es bedarf der Aufmerksamkeit, der Konzentration, der Mühe, der Disziplin, der Bereitschaft lernen zu wollen - das ist kein angenehmer Prozess und erfordert Anstrengung - auch hier würde ich von Schmerz sprechen. Damit ein Muskel wächst, benötigt er auch Anstrengung, ansonsten verkümmert er.
Erkenntnis und Schmerz bilden eine Dialektik - das eine ist nicht zu haben ohne das andere. Das Verweilen beim Negativen eröffnet einen neuen Raum.
 
Ja, aber auch hier kommt einem die Erkenntnis nicht einfach so zugeflogen als ein heurekalisches Ereignis für das man nichts zu tun braucht. Ganz im Gegenteil, es bedarf der Aufmerksamkeit, der Konzentration, der Mühe, der Disziplin, der Bereitschaft lernen zu wollen - das ist kein angenehmer Prozess und erfordert Anstrengung - auch hier würde ich von Schmerz sprechen. Damit ein Muskel wächst, benötigt er auch Anstrengung, ansonsten verkümmert er.
Erkenntnis und Schmerz bilden eine Dialektik - das eine ist nicht zu haben ohne das andere. Das Verweilen beim Negativen eröffnet einen neuen Raum.
Okay, verstehe, was Du meinst.
Psychologisch halte ich es für sehr möglich, dass einem Neurotiker ein Erwachen schmerzlich sein kann.

Bei einer Erkenntnis kann ich mit "schmerzlich" nichts anfangen - mir persönlich waren Erkenntnisse stets
etwas Erfreuliches.
 
Die Freude wird ja hierbei nicht ausgeschlossen - ganz im Gegenteil, der Schmerz geht ja auch mit einer Lust einher - natürlich ist ja das Ziel die Erkenntnis und die sich damit einstellende Befriedigung ihrer Erlangung.

Und ich glaube du missverstehst mich leider noch immer, nicht das Erwachen ist schmerzlich, sondern der Prozess dahin. Es ist so ähnlich wie mit dem Wandern auf einen Berg. Um auf dem Gipfel anzukommen bedarf es der Anstrengung, und wenn man das Ziel endlich erreich hat, genießt man den Ausblick und freut sich darüber die Mühe auf sich genommen zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Mensch schämt sich heute mehr denn je, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere die den gegenwärtigen gesellschaftlichen Ansprüchen nicht gerecht werden (man schämt sich für die Raucher, Alkoholtrinker, für diejenigen die noch Fliegen, die Fleisch konsumieren, für weiße, männliche Heterosexuelle, für Großkonzerne usw.) und das Paradoxe dabei ist, dass wir dadurch in einer Kultur der Schamlosigkeit angekommen sind.

Nicht in einer Kultur der Schamlosigkeit, vielmehr in einer Kultur der Besserwisser, Egoisten, Erbsenzähler und Dogmatiker.
 
*Schämanismus* ist und bleibt "unbegründet", das ist die "nackte" Wahrheit:

>> " Und ob ich schon wanderte gedanklich im finsteren Tal der Schattenwelten
so fürchte ich keine Häme durch meine eigene Schäme in den dankbaren Lichtwelten. " <<

Bernies Sage (Bernhard Layer)
 
Einer empfundenen Scham wohnt eines inne: Angst. Die Angst beispielsweise vor Liebesentzug als Reglementierung. Durch jene, die über das sich schämende Subjekt Macht ausüben. Es Regeln unterwerfen, die nicht evolutionär entstanden sind sondern als subtiles Werkzeug der Unterwerfung. Um beispielsweise religiöse oder sexuelle Ideale zum Nutzen weniger durchzusetzen, Sahen wir im Mittelalter zur Ruhigstellung der Armen durch den Klerus, auch als neuzeitliches Mittel, Frauen auf dem Weg der Gleichberechtigung einzubremsen. Scham kennen wir nicht aus dem Tierreich, ist dem Menschen je nach gesellschaftlicher Prägung und intellektuellem inneren Erkenntnisstand zu Eigen. Habe im engeren Freundeskreis eine Frau, die musste auf der Fahrt von der Arbeit nachhause plötzlich unaufschiebbar Wasser lassen. Ihr Lebensgefährte fuhr, sie stieg an der nächsten Ampel aus, setzte sich neben das Auto und verrichtete ihr Geschäft. Nie zuvor habe ich jemanden getroffen, der solch eine Angstfreiheit besaß, solch eine Stärke, sich nicht um die anerzogene Fremdbestimmung, also die empfundene Verurteilung in den Augen anderer zu kümmern.
Diese Fremdbestimmung ist die eigentliche Wirkweise von Scham. Beim vorher gelesenen Beispiel der im Nachhinein empfundenen Scham über den scheinbaren Verrat an einer Mit-Patientin möchte ich majanna gern trösten. Nichts an der geschilderten Situation ist schämenswert. Die Ursache der Selbstverletzung zu kennen, heißt nicht, dass sie dem Mädel hätte helfen können. Deren Geständnis ihr gegenüber, zeigt nur das besondere Vertrauen samt der Erwartung von Hilfe. Um die die Ärzte zu bitten verbot ihr natürlich die "falsche" Scham, die bei Versagen des Scham-Mechanismus gern benutzte Floskel zur Entschuldigung. Unzweifelhaft war bei dieser Selbstverletzung und den sicher ernst zu nehmenden Ursachen, professionelle Hilfe zu ermöglichen eher ein Akt von Nächstenliebe. Das entstandene Dilemma zeigt, was die Kollision zweier gegensätzlicher Moralforderungen anrichtet.
Mein persönliches Ideal ist, eigene Verantwortung fürs Leben zutragen ohne den anerzogenen Moralvorstellungen zu viel Raum zu geben. Dem über uns richtenden Umfeld nicht gefallen zu wollen, zu müssen.
Die Kosmetikindustrie zeigt perfide, wie neue Aspekte der Scham etabliert werden. Sah in einem Beitrag im TV zwei Frauen, die sich ohne die regelmäßige Rasur oder Epilierung ihrer Arme, Beine usw. schmutzig, nicht begehrenswert fühlten.
Dabei finde ich, kann ein zarter Flaum, vom Gegenlicht untergehender Sonne angeleuchtet, ungemein erotisierend wirken. Als Ausgleich dafür, brauchen sich nun seit geraumer Zeit die Grünen nicht mehr dafür schämen, schwere Waffen zu exportieren oder Frackinggas aus den USA zu importieren. Wer die Macht hat, macht die Moral.
 
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Einer empfundenen Scham wohnt eines inne: Angst. Die Angst beispielsweise vor Liebesentzug als Reglementierung. Durch jene, die über das sich schämende Subjekt Macht ausüben. Es Regeln unterwerfen, die nicht evolutionär entstanden sind sondern als subtiles Werkzeug der Unterwerfung. Um beispielsweise religiöse oder sexuelle Ideale zum Nutzen weniger durchzusetzen, Sahen wir im Mittelalter zur Ruhigstellung der Armen durch den Klerus, auch als neuzeitliches Mittel, Frauen auf dem Weg der Gleichberechtigung einzubremsen. Scham kennen wir nicht aus dem Tierreich, ist dem Menschen je nach gesellschaftlicher Prägung und intellektuellem inneren Erkenntnisstand zu Eigen. Habe im engeren Freundeskreis eine Frau, die musste auf der Fahrt von der Arbeit nachhause plötzlich unaufschiebbar Wasser lassen. Ihr Lebensgefährte fuhr, sie stieg an der nächsten Ampel aus, setzte sich neben das Auto und verrichtete ihr Geschäft. Nie zuvor habe ich jemanden getroffen, der solch eine Angstfreiheit besaß, solch eine Stärke, sich nicht um die anerzogene Fremdbestimmung, also die empfundene Verurteilung in den Augen anderer zu kümmern.
Diese Fremdbestimmung ist die eigentliche Wirkweise von Scham. Beim vorher gelesenen Beispiel der im Nachhinein empfundenen Scham über den scheinbaren Verrat an einer Mit-Patientin möchte ich majanna gern trösten. Nichts an der geschilderten Situation ist schämenswert. Die Ursache der Selbstverletzung zu kennen, heißt nicht, dass sie dem Mädel hätte helfen können. Deren Geständnis ihr gegenüber, zeigt nur das besondere Vertrauen samt der Erwartung von Hilfe. Um die die Ärzte zu bitten verbot ihr natürlich die "falsche" Scham, die bei Versagen des Scham-Mechanismus gern benutzte Floskel zur Entschuldigung. Unzweifelhaft war bei dieser Selbstverletzung und den sicher ernst zu nehmenden Ursachen, professionelle Hilfe zu ermöglichen eher ein Akt von Nächstenliebe. Das entstandene Dilemma zeigt, was die Kollision zweier gegensätzlicher Moralforderungen anrichtet.
Mein persönliches Ideal ist, eigene Verantwortung fürs Leben zutragen ohne den anerzogenen Moralvorstellungen zu viel Raum zu geben. Dem über uns richtenden Umfeld nicht gefallen zu wollen, zu müssen.
Die Kosmetikindustrie zeigt perfide, wie neue Aspekte der Scham etabliert werden. Sah in einem Beitrag im TV zwei Frauen, die sich ohne die regelmäßige Rasur oder Epilierung ihrer Arme, Beine usw. schmutzig, nicht begehrenswert fühlten.
Dabei finde ich, kann ein zarter Flaum, vom Gegenlicht untergehender Sonne angeleuchtet, ungemein erotisierend wirken. Als Ausgleich dafür, brauchen sich nun seit geraumer Zeit die Grünen nicht mehr dafür schämen, schwere Waffen zu exportieren oder Frackinggas aus den USA zu importieren. Wer die Macht hat, macht die Moral.

Danke. Insgesamt ein sehr wertvoller Beitrag. Bei Viktor Frankl habe ich mal gelesen, dass der Mensch sich nicht vor sich selbst verantworten kann, sondern immer nur vor anderen, weil Verantwortung bedeutet: eine Antwort an jemanden zu richten. Ich denke, dass man selbst den Anderen als Beispielhaftigkeit dienen kann -- es gibt so etwas wie eine Beziehung zu sich selbst - im kierkegaardschen Sinne (das Selbst ist ein Selbst, dass sich zu sich selbst verhält ...) und es gibt auch das Selbstgespräch als Möglichkeit zur Selbstreflexion -- Sprache richtet sich immer an etwas und letzten Endes richtet es sich an ein Außer-Ich, vielleicht an eine höhere Instanz, wenn man es so nennen mag.

Und ja, jemand der es nicht mehr nötig hat zu moralisieren, ist befreiter und gelassener, als der der zwanghaft versucht einem Soll zu entsprechen, welches ihn möglicherweise noch mehr von ihm selbst entfernt.
 
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