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Eindrücke und Vorstellungen

"Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als unsere Schulweisheit sich erträumen lässt." (Shakespeare -Hamlet)

Lieber Louiz,

jetzt wird es aber sehr spannend. Und für mich auch schwer - aber suchen wir hier in den Diskussionen umbedingt immer das Leichte? Ich denke, dass oft der Sinn unseres Austausches auch das Erfahren der Begrenzungen in unserem jeweiligen Denken sein kann.

Der Satz der mich hier am meisten beschäftigt ist:

Louiz30 schrieb:
Gibt es auch noch andere „Reize“ und „Informationen“, die wir wahrnehmen und die nicht auf derartige Formen zu beschränken sind? Ich neige dazu, die Wissenschaft an dieser Stelle nur als ergänzende Erklärung bestimmter Vorgänge zu sehen und nicht als die Basis der Erklärung unserer Wahrnehmung.

Sogar wenn ich deine Behauptung etwa umkehren würde, denke ich, dass wir hier diesen Aspekt im Mittelpunkt stellen müssen. Das Umkehren würde bedeuten: die Basis der Erklärung liegt bei den Wissenschaften - aber ohne eine Ergänzung erlaubt uns diese Basis nicht das Zustandekommen von Eindrücken, von Informationen, zu verstehen.

Es ist eben dies die größte Schwierigkeit: zwar macht die Gehirnforschung große Fortschritte auf jenem Weg den sie beschreitet - aber das ist halt nur ein Weg. Für mich (ich bin als Biologin etwas vorbelastet) ist dies die Basis - aber es fehlt der ganze Überbau um ein Ganzes zu werden.

Louiz30 schrieb:
Ich bin davon überzeugt, dass wir maßgeblich, aber eben nicht ausschließlich von chemischen und elektromagnetischen Vorgängen gesteuert werden. Dann jedoch, will man meiner Idee folgen, dann jedoch wird das Feld der Überlegungen was ein Eindruck und eine Vorstellung ist, viel größer und erfordert ein breiteres Verständnis dessen, was Menschen so „wahrnehmen“.

Die Beweisbarkeit in den Naturwissenschaften ist manchmal auch ein Hemmschuh - und die Art wie wir mit unserer Aufmerksamkeit nur auf uns und unserem Wissen gerichtet sind, setzt uns erneut Schranken. Ich darf auch Albert Einstein hier zitieren:

Ein menschliches Wesen ist Teil des Ganzen, genannt „Universum“, begrenzt in Raum und Zeit. Es erfährt sich selbst, seine Gedanken und Gefühle als etwas, das von dem Rest getrennt ist, eine Art von optischer Täuschung seines Bewusstseins. Diese Täuschung ist eine Art von Gefängnis für uns...

Die chemischen Reaktionen die du hier nennst, sind nachvollziehbar - doch sie erklären tatsächlich nicht alles. Vielleicht ist eben der Trugschluß zu denken, dass man nur weiter gehen muss auf jenem Weg des Entzifferns dieser Vorgänge, die uns dann letztendlich alles erklären wird.

Ich wusste gar nicht, was für ein interessantes Thema ich hier zur Diskussion gestellt habe?
Ja, sie wurde interessant, weil die Möglichkeit ganz anderer Antworten auf meine Fragestellung aufgezeigt wurde.
 
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radikal konstruktivistischer Darwinist

Da steh ich nun, ich armer Tor und bin ich so klug als wie zuvor.

Wenn ich mich an meinen Psychologieunterricht zurück erinnere, galt nach dem Herrn Wundt „Empfindung“ als einfachste Sinneswahrnehmung durch unsere Sinnesorgane. Es wurde auch damals schon im allgemeinen Sprachgebrauch alles mögliche darunter verstanden und mag sein, dass heute dieser Inhalt anders bezeichnet wird. Ich fürchte, da werde ich noch manches missverstehen.

Weitgehend widerspruchsfrei werden wir allerdings nur argumentieren können, wenn wir klarstellen innerhalb welcher Axiome wir argumentieren.

Ich sehe die Welt radikal konstruktivistisch, und denke die Biosphäre betreffend durchgehend darwinistisch. Da aber kommt man nicht herum, immer die Phylogenese des Lebewesens und somit auch des betreffenden Organs mitzudenken, wenn auch nicht als ein zielgerichtetes Geschehen. Alles, was und wie es in dieser lebendigen Welt ist, ist, weil es sich „so ungefähr“ bewährt hat, nicht weil es „so“ sein soll.

Ich glaube auch nicht, dass konkrete Ergebnisse der Hirnforschung, so interessant und so wesentlich sie auch für einzelne medizinische „Ausfälle“ des Gehirns sie auch sein mögen, uns in Deiner Fragestellung, außer in einer gewissen Anschaulichkeit der zerebralen Vorgänge, weiter bringen würden.

So weit mein „naturwissenschaftlich ideologischer“ Standpunkt.

Sinnesorgane für physikalische Reize entwickeln sich auf Grund dessen, dass es sich bewährt, auf irgendeine Art diesen Reiz zu verarbeiten und auf ihn zu reagieren, entweder als (unbedingter) Reflex, oder über ein (Lust- oder Unlust-) Gefühl den Reiz zu vermehren oder zu verringern. Das entstehende Gefühl macht seine „Bedeutung“ aus, führt zur mehr oder minder adäquaten Antwort auf den Sinneseindruck.

Soweit einmal. Und noch liebe Grüße, diethelm
 
Vielleicht noch eine kleine Erweiterung oder auch Anmerkung. Wir beschäftigen uns wissenschaftlich sehr intensiv mit dem Gehirn als dem vermeintlich zentralen Organ, welches uns erlaubt etwas wahrzunehmen. Jedoch wissen wir, dass auch das vegetative Nervensystem wahrnehmen kann und wer darunter leidet, weiß, welch intensive Auswirkungen eine Störung des vegetativen Nervensystems auf den ganzen Körper und damit den Menschen haben kann. Man führt auch Krankheiten wie das IBS (irritable bowel syndrom) nicht auf das eigentliche Gehirn, sondern auf ein Magen-/Darmgehirn zurück. Darüber hinaus hat uns die chinesische Medizin mit Akkupunktur oder Akkupressur gezeigt, dass es da noch ganz andere Zusammenhänge gibt, die unseren Körper direkt oder indirekt beeinflussen können. Auch die medizinisch angewandte Hypnose erreicht den Menschen auf einer Ebene, die vorhanden und doch den meisten nicht zugänglich ist.

So mögen Eindrücke und Vorstellungen eben nicht allein durch das Gehirn verarbeitet werden, sondern vielleicht sogar vorgefiltert oder sogar komplett an anderer Stelle verarbeitet worden sein, bevor sie uns als Wahrnehmung bewusst werden. Nun ist es sicher auch wieder Geschmacksache, ob man der Theorie von C. G. Jung folgt und ein „kollektives Bewusstsein“ annehmen will, welches zu weiteren Möglichkeiten der Wahrnehmung führen kann.

Ist die Wahrnehmung dann vielleicht sogar eben die Summe aller Teile, die sich von dem Empfangen des Reizes bis hin zu dessen Bewertung spannt? Und dieses ist dann so subjektiv und vielfältig, wie das Individuum, welches diese Reize ursprünglich empfängt. Es spiegelt damit unsere Einmaligkeit und damit vielleicht auch in gewisser Weise unsere evolutionäre Entwicklung wieder, die nur uns als Individuum zueigen ist. Diese Eigenart, mit all den unbekannten Faktoren, könnte letztlich die Seele des Menschen sein und Informationen, sowie Kodierungs- und Dekodierungsmechanismen, aus der gesamten evolutionären Entwicklung beinhalten. Ob diese Informationen sogar in unserer DNA abgespeichert sind, mag dahin gestellt bleiben.

Somit wäre dann auch ein brauchbarer Zugang zum Bereich der Phänomene der Parapsychologie gegeben.
 
Ja, das hat man davon, wenn man sich mit so intelligenten und individuell denkenden Diskutanten austauscht! Es artet tatsächlich alles in Arbeit aus. So versuche ich nun in meinem eigenen Standpunkt in den zahlreichen angesprochenen Aspekten, etwas Ordnung zu machen.

Aber als erstes dieser Gedanke: es spiegelt sich hier im Grunde genommen nicht ein Dilemma wieder welches zwischen den Diskutanten besteht, sondern eigentlich zwischen Neurowissenschaften und Psychologie – Dilemma welches in den letzten Jahren entstanden ist.

Denn die Aufgabe der Psychologie war es und müsste es auch weiterhin sein, zu erklären was sich im menschlichen Geist und in dessen Bewusstsein abspielt. Dabei steht hier aus meiner Sicht CG Jung ein Ehrenplatz zu, du sprichst Jung an Louiz, ich komme noch einmal darauf zurück. Doch immer mehr werden diese Aufgaben von der Gehirnforschung, also von der Neurobiologie, übernommen. Es werden tatsächlich Funktionen darstellbar gemacht, verbildlicht, und der Mensch und sein Denken dabei auf neuronale, nachweisbare Funktionen reduziert.
Doch nicht nur das Denken, sondern auch die Gefühle werden so „beweisbar“ gemacht – und im Grunde genommen führt das in eine Sackgasse. Was auf dieser Weise sich nicht beweisen lässt, wird verworfen – Louiz hat dazu einige Beispiele genannt. Was die Eindrücke und ihr entstehen betrifft, finden wir da auch das gleiche Dillema wieder.

Dass dieser Standpunkt um sich greift, beweist auch mein Beitrag Nr 9. - da unterliege ich auch der Faszination des Beweisbaren, des Sichtbar Machens. Eure Beiträge, Louiz und Diethelm, haben mir das gezeigt.

Der größte Fehler aber besteht darin, dass sowohl die Gehirnforschung als auch die Psychologie Leitwissenschaften sein wollen - zu begrüßen wäre es, wenn sie sich als sich ergänzend verstehen würden.

Diethelm schrieb:
Ich sehe die Welt radikal konstruktivistisch, und denke die Biosphäre betreffend durchgehend darwinistisch. Da aber kommt man nicht herum, immer die Phylogenese des Lebewesens und somit auch des betreffenden Organs mitzudenken, wenn auch nicht als ein zielgerichtetes Geschehen. Alles, was und wie es in dieser lebendigen Welt ist, ist, weil es sich „so ungefähr“ bewährt hat, nicht weil es „so“ sein soll.

Mit Darwin, den du hier nennst, wird der Mensch tatsächlich Teil der Evolutionsgeschichte – und zur gleichen Zeit auch auf die Grenzen der menschlichen Freiheit verwiesen. Zuvor aber musste der Mensch als Ich überhaupt wahrgenommen werden – und dies tat eigentlich Descartes dessen Philosophie, sehr verkürzt, sich in seinem berühmten Satz „Cogito ergo sum“ zusammenfassen lässt.

Und was kommt nach Darwin in Bezug auf das menschliche Bewusstsein? Wenn man die großen Linien verfolgt, dann Freud, der den Menschen noch einmal eine Abhängigkeit aufdrückt, die der Triebe.

Nach diesem Schlenker kann ich endlich den Satz Louiz aufnehmen:

Louiz schrieb:
So mögen Eindrücke und Vorstellungen eben nicht allein durch das Gehirn verarbeitet werden, sondern vielleicht sogar vorgefiltert oder sogar komplett an anderer Stelle verarbeitet worden sein, bevor sie uns als Wahrnehmung bewusst werden. Nun ist es sicher auch wieder Geschmacksache, ob man der Theorie von C. G. Jung folgt und ein „kollektives Bewusstsein“ annehmen will, welches zu weiteren Möglichkeiten der Wahrnehmung führen kann.

Du meinst wohl das kollektive Unbewusste. Und im Laufe dieser Diskussion, in der ich persönlich oft an Grenzen stieß, nicht zuletzt an die eigenen, tauchte auch bei mir immer wieder der Gedanke an CG Jung auf. Dem Archetypen, also den gemeinsamen Merkmalen oder Komplexen aller Menschen, ist auch ein kollektives Unbewusstes gemeinsam. Und dieses wird ganz sicher nicht beweisbar sein durch die Gehirnforschung.

Ist tatsächlich das kollektives Unbewusste darauf zurück zu führen, dass die Menschen sich im Laufe der ganzen menschlichen Geschichte immer mit den selben Problemen konfrontiert sahen, sich immer die selben großen Fragen stellten, immer bemüht waren zum Beispiel auf die Frage nach Gut und Böse eine Antwort zu finden? Also anders ausgedrückt: waren es die archetypischen Fragen und der Versuch darauf zu antworten die zur Bildung und Weitergabe eines kollektiven Unbewussten führten – oder ist dieser Gedanke auch einer der das Ganze zu sehr reduziert? Es finden sich zu völlig unterschiedlichen Zeiten, in Gegenden die sicher nicht einen direkten Kontakt zueinander hatten, diese Archetypen wieder - und so ist die Frage nach der Art wie dieses kollektive Unbewusste, m.E. von großer Bedeutung. Wieso gibt es auch diese sich widerholenden Muster in unseren Träumen?

Und was habe ich mit diesem Thema hier angerichtet?
 
Ja, das hat man dann davon, wenn man Fragen stellt, man bekommt nur noch mehr Fragen!

Ich glaube nicht, dass die Menschen zu allen Zeiten ihrer Entwicklung an die gleichen Dinge gedacht oder sich damit geistig auseinander gesetzt haben. Es wäre schon verwunderlich, wenn der Urmensch die gleichen Ideen gehabt hätte.

Ich sehe auch im Gedankengut eine Evolution, die sich jedoch ebenso einem gewissen Muster unterzieht. Man hat in Afrika Spuren von drei Männern entdeckt, die sich im Stein gehalten haben und Millionen von Jahre alt sind. Diese Männer waren auf dem Marsch und vielleicht hat sich der eine oder andere auch gefragt, wohin gehen wir, was erwartet uns und wozu plagen wir uns eigentlich in dieser Hitze ab. Er hat seine Kollegen gekannt und sie sicherlich als freundlich oder unfreundlich empfunden und wenn die drei Männer dann am Abend Rast machten, dann haben sie vielleicht auch mal zum Himmel gesehen, den Mond und die Sterne betrachtet und sich irgendwie gefragt, wie sie denn nun in all dies hineinpassen ....

Diese Grundfragen haben sich weiter verfeinert und sind doch die gleichen geblieben. So sind auch die fehlenden Antworten die gleichen geblieben, denn alles was wir haben, sind Erklärungsversuche, Thesen und Religionen, die uns diese essenziellen Fragen zu beantworten versuchen.

Hinzu gekommen sind natürlich wesentlich komplexere Themen, die uns alle beschäftigen. Doch stellt sich für die Archetypen die Frage, ob es nicht doch letztlich die Grundfragen sind, die uns alle verbinden und nicht die Details aus Wissenschaft und Technik. Die sich im Laufe der Evolution mehr und mehr verfeinerte Frage der Menschheit hatte aber bestimmt ihren Ursprung irgendwo am Anfang, als sich der erste Mensch fragte: warum bin ich eigentlich hier.

Später sind sicherlich andere Fragen wie Liebe, Treue, Hass, Güte, Gott, Teufel, Sehnsucht, Hoffnung oder auch Verzweiflung hinzu gekommen.

Miriam, sicher hast du Recht mit dem „kollektiven Unterbewusstsein“ und doch sollte man sich natürlich bei deinem Thema auch die Frage stellen, ob es Menschen gibt, die es schaffen, zumindest einen Teil ihres Unterbewusstseins bewusst zu machen und damit am „kollektiven Unterbewusstsein“ Anteil haben können, sofern man die Existenz dieses kollektiven Unterbewusstseins bejaht.

Bejaht man es, dann sollte es auch möglich sein, dass tragende Erfahrungen unserer individuellen Evolutionslinie und letztlich der ganzen Menschheit in unserem Erbgut kodiert wurden und von uns abgerufen werden können. Dass wir es abrufen wird wohl kaum so recht ausgeschlossen, aber in den meisten Fällen geschieht dieser Informationsabruf wiederum unbewusst, auch wenn uns dann bestimmte Ergebnisse wiederum bewusst vorliegen.

Kann uns dann zum Beispiel die Hypnose in diese Bereiche versetzen und ist es nicht dann ein Indiz dafür, dass wir unsere wesentlich größeren Informationsspeicher gerade dann abrufen können, wenn wir eben nicht durch das Korsett des „Normalen“ Denkens eingeschränkt sind und unsere Sinne „frei“ suchen und finden können? Sehen wir deshalb in unseren Träumen Dinge, erhalten Antworten, die wir in unserem „normalen“ Leben nie sehen würden?

Viel Spaß beim Grübeln.

PS: Du hast sicher schon bemerkt, wohin meine Auffassung geht und wovon ich überzeugt bin bei dieser Frage.
 
Zuletzt bearbeitet:
louiz30 schrieb:
Ja, das hat man dann davon, wenn man Fragen stellt, man bekommt nur noch mehr Fragen!
Wie wahr - doch was soll man machen: heutzutage davon auszugehen, dass man ausgelernt hat oder ist, ist ja fast sträflicher Leichtsinn.

>Miriam, louiz30 und hartmut: ich kann zwar mit Eurer Bildung und akademischen Ausdrucksweise kaum mithalten, ein paar Worte möchte ich zum Thema "Eindrücke und Vorstellungen" semantisch und gefühlsmäßig auch beitragen:

Wie der Name schon sagt, kommen Eindrücke von außen. Die können positiv oder negativ sein; letzteres haben sie auch mit den Vorstellungen gemeinsam, nur dass Vorstellungen auch aus dem Inneren des Menschen entstehen können, das heißt nicht unbedingt die Folge eines - unmittelbar erlebten - äußeren Eindruckes sein müssen.

Ohne sich für Eindrücke und Vorstellungen zu öffnen, kann der Mensch wohl kaum etwas Kreatives schaffen,

meint mit nach Toleranz heischenden, bildungsmäßig mittelreifen Grüßen

Zeili
 
Zeilinger schrieb:
Wie der Name schon sagt, kommen Eindrücke von außen. Die können positiv oder negativ sein; letzteres haben sie auch mit den Vorstellungen gemeinsam, nur dass Vorstellungen auch aus dem Inneren des Menschen entstehen können, das heißt nicht unbedingt die Folge eines - unmittelbar erlebten - äußeren Eindruckes sein müssen.

Lieber Zeili,

da sieht man wie wichtig es doch ist, dass bei einem laufenden Thema einer einsteigt und ein wenig die Sachen auf dem Punkt bringt, so zu sagen zum Ursprungsgedanken zurückführt. Persönlich habe ich das Gefühl zu wenig diesen roten Faden im Auge behalten zu haben.

Nur eines finde ich nicht so gut: die Art wie du dich fast schon entschuldigst, dass du hier einsteigst obwohl... na ja, diese Argumente lasse ich so sehr nicht gelten, dass ich sie nicht wiederhole.

Liebe Grüße

Miriam

Zeili, du meintest wohl Diethelm - denn Hartmut hat in diesem Thread noch nicht geschrieben - vielleicht tut er es aber noch?
 
Soweit sind wir eigentlich vom Thema nicht abgekommen.

Etwas kommt mir in den Sinn, ich habe ein Bild vor Augen, ich stelle mir etwas vor, ich werde kreativ, ich handle, ich denke weiter ...

Der Übergang von Eindruck und Vorstellung scheint mir sehr fließend zu sein und Zeilinger hat natürlich recht, wenn er hier unterscheidet. So kann ein Eindruck auch schnell zur Vorstellung werden. Ich höre einem Menschen zu und mein Eindruck konzentriert sich mehr auf das, was nicht gesagt wurde, als auf die Worte, die ich höre. „Die Worte hör’ ich wohl, allein der Glaube ...“

Man kann etwas sehen und davon einen Eindruck gewinnen. Was wir jedoch danach für eine Vorstellung von eben diesem Subjekt, Objekt oder Vorgang haben ist etwas gänzlich anderes. Wir verbinden ständig unsere Reize mit einem Erklärungsmuster, das uns individuell eigen ist. So wirkt dann auch ein Kandinski eben nicht auf jeden gleich und ruft ganz unterschiedliche Vorstellungen hervor.

Ist es gerade aufgrund dieses Vorgangs dann nicht entscheidend zu fragen, wie wir den Stuhl, den Kandinski oder das gesprochene Wort für uns erfahren und warum gerade in dieser Form? Spielt es für diese Fragestellung denn zum Beispiel überhaupt eine Rolle, welche Gehirnströme da ablaufen, oder ist eher die Frage entscheidend: warum laufen gerade diese Gehirnströme bei diesem Menschen beim Anblick dieses Bildes ab?

Ich meine, dass gerade die von Zeilinger zurecht angesprochenen „inneren Vorgänge“ das Essenzielle sind. So müsste man herausarbeiten, ob es nur gespeicherte Erinnerungen zum Beispiel aus der Kindheit, dem Arbeitsleben oder der ersten Liebesbeziehung sind, die uns hier beeinflussen oder ob unser Fundus, auf den wir regelmäßig bewusst und unbewusst zugreifen, noch weitere Kategorien bereit hält und wer, wann und wie auf diesen erweiterten Fundus Zugriff hat.

Zeilinger, nur weiter so, wir brauchen hier Ideen!
 
Miriam schrieb:
Nur eines finde ich nicht so gut: die Art wie du dich fast schon entschuldigst, dass du hier einsteigst obwohl... na ja, diese Argumente lasse ich so sehr nicht gelten, dass ich sie nicht wiederhole.
Liebe Miriam, danke für die Ermunterung. Wenn Du alle meine Beiträge liest, wirst Du feststellen, dass ich sehr wohl hochmütige Phasen auch hatte.

Zeili, du meintest wohl Diethelm - denn Hartmut hat in diesem Thread noch nicht geschrieben - vielleicht tut er es aber noch?
Du hast recht, ich meinte Diethelm. Ich nehme das Kompliment mit der guten Ausdrucksweise von Hartmut aber nicht zurück, wiewohl wir inhaltlich nicht immer ganz harmonieren - aber dann müssten wir ja auch nicht diskutieren (Mensch, heute werfe ich wieder einmal mit den Fremdwörtern herum; diese beiden sind aber für mich schon Lehnwörter geworden - trotz meines "winzigen" latinums). Ein Zeichen, dass sich Menschen verstehen, ist auch, dass sie miteinander schweigen können !, habe ich einmal irgendwo - sinngemäß - gelesen (Autor leider unbekannt). Hinzufügen möchte ich, dass dieses Miteinander-Schweigen-Können schon meist über das Miteinander-Kommunizieren-Können führt.

Liebe Grüße

Zeili
 
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Ihr schreibt schneller, als ich mitlesen kann! Bleib ich halt ein wenig hinten.

Dilemma als Unentscheidbarkeit zwischen zwei Möglichkeiten? Wer ist der Erste unter ihnen? Da gibt es eine klassische Antwort, die gar zu gerne vergessen wird, nicht wer den meisten Lärm macht, sondern: „Wer der Diener aller ist“. Diesbezüglich hat hin und wieder mal eine andere Wissenschaft die Nase vorn.

Was experimentelle Wissenschaft primär macht, ist Vorgänge aufzufinden. Damit ist im Moment die Neurobiologie hauptsächlich beschäftigt. Das Faszinierende dabei ist, dass Vorgänge entdeckt wurden und werden, die nie, oder SO nie für möglich gehalten wurden. Aber, das ist noch lange nicht so was wie ein Beweis (wofür auch), es sei denn jener, dass alte Vorstellungen vom Funktionieren unseres Gehirns unzulänglich sind. Genau genommen wissen wir noch gar nicht, was wir eigentlich entdeckt haben.

Die Ansprüche an die Naturwissenschaften sind wohl etwas zu hoch. Sie kann sich nur mit Dingen beschäftigen, die nur irgendwie messbar sind. Alles andere muss wohl (einstweilen) beiseite gelassen werden.

Nun, Darwin ist wohl aller die schwerste narzisstische Kränkungen, die Naturwissenschaft dem menschlichen Selbstverständnis je zufügen konnte. Die göttliche Abstammung, die er sich über die Jahrhunderttausende hinweg einreden konnte, war mit einem Mal wieder vernichtet. Freud ist nur eine logische Folge dieser Einsicht.

Descartes „vordarwinistischer“ Ansatz klingt zwar berauschend, aber er setzt voraus, dass er von seinem Denken weiß. Das Ichbewusstsein aber wäre ein nicht weiter sinnvoll hinterfragbares Axiom, also eine Gewissheit. Mit welcher Begründung aber könnten wir sagen, dass Tiere nichts von ihrem Denken wissen, somit kein Ichbewusstsein hätten? Nicht nur die Primatenforschung legt anderes nahe.

Auch Jung holt uns aus dieser Situation nicht wieder heraus. – Archetypen werden derart keine Phänomene der Genetik, der Mensch hat nicht mehr Gene als der Affe und die braucht er voll für seine biochemischen Vorgänge, auch jene des Gehirns. Das kollektive Unbewusste ist vielmehr das kulturelle Gedächtnis
(http://www.uni-ulm.de/uni/intgruppen/memosys/desn.htm DESIGN UND ZEIT: KULTUR IM SPANNUNGSFELD VON ENTROPIE, TRANSMISSION, UND GESTALTUNG eine zwar schon etwas ältere aber sehr interessante anthropologische Abhandlung, überaus umfangreich!) aber nicht in der Form eines „gemeinsamen mystischen Leibes“. Und, - auch Kulturen entwickeln sich in einer evolutiven (darwinistischen) Form. Wie immens groß und weitläufig der kulturelle Austausch schon in sehr frühen Zeiten gewesen ist, ist kaum ermessbar

Aber genug der Einleitungen.

Wir kommen um die Tatsache nicht herum, dass das Gehirn das Organ unserer Bewusstwerdung ist. Jede Änderung in diesem Organ hat Auswirkung, von Wahnsinn bis Genie. Wir wissen erst dann ETWAS , wenn es in der entsprechenden Form im entsprechenden Areal unseres Gehirns gegenwärtig ist. Das gilt auch für alle jene Wahrnehmungen, für die unsere „Physik“ keine Erklärung hat, oder welche diese in den Bereich der Einbildung verweist. Auch von jenen autonomen Vorgängen in unserem Körper die Louis30 anspricht, „wissen“ wir erst, wenn sie sich auf irgendeine Art und Weise Bahn dorthin gebrochen haben.

Das Gehirn aber hat sich aber auf demselben Weg wie jedes andere Organ ja jedes Lebewesen entwickelt nach dem Grundprinzip der Evolution: „Als fehlerhafte Kopie, der sich zufällig besser bewährt“. Dieses Gehirn bildet eine Abbildung dieser Welt, gewissermaßen als ein Modell dieser Welt und versucht, aus dem Verhalten seines „Modells“ das Verhalten der Welt vorweg zu nehmen und sein Verhalten darauf abzustellen. Je nach „Güte“ des Modells liefern die Sinnesorgane mehr oder weniger Widersprüche.

Gewiss erhalten, wie Zeilinger meint, „Eindrücke“ einen großen Teil ihres Ursprungs über die Sinnesorgane, ihre wesentliche Gestalt erhalten sie aber erst im Gehirn selbst, wie oft haben wir nicht schon einen falschen Eindruck gewonnen, aber nicht wegen einer Täuschung unserer Sinnesorgane.

Auf diesem Weg der Evolution hat sich ergeben, dass sich das individuelle Gehirn nicht das Gesamtmodell seiner Welt selbst erarbeiten muss, sondern dass es auf bereits existierende Modelle „lernend“ zugreifen kann. Das ist auch der Grund, warum verschiedene Kulturen so verschiedene „Welten“ zustande bringen.

Liebe Grüße, diethelm
 
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