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Darf man Falsches lehren?

Einsteins wissenschaftliche Methode

Hartmut schrieb:
Auch Einstein hat über die Grenzen des Definierten und Anerkannten hinaus gedacht (Einstein sei Dank!), bediente sich aber der wissenschaftlichen Methode ........

Viele Grüsse
Hartmut

Ein besonders schönes Beispiel dafür, wie Einstein sich der "wissenschaftlichen Methode" freizügig bediente:

Entsprechend den Kepler´schen Gesetzen umkreisen die Planeten bekanntlich die Sonne entlang elliptischer Bahnen. Bei einer elliptischen Umlaufbahn wird jeweils der Punkt größter Annäherung an das Zentralgestirn als „Perihel“ bezeichnet. Dieser Punkt ändert bei jedem Umlauf des Planeten geringfügig seine Position, so dass er im Laufe der Zeit eine Kreisbewegung ausführt. Die Kreisbewegung des Punktes größter Annäherung an das Zentralgestirn bezeichnet man als „Periheldrehung“.
Wegen der großen Sonnennähe und seiner relativ großen Bahnexzentrizität ist die Periheldrehung des Planeten Merkur besonders stark ausgeprägt, sie beträgt etwa 5600“ pro Jahrhundert.

Einstein schrieb:
Falls überhaupt Hoffnung dafür besteht, eine Abweichung von Newtons Gesetz zu finden, so besteht die größte Aussicht dafür in der Beobachtung der Bewegung des Merkurs. Aus der klassischen Theorie folgt, dass die vom Merkur beschriebene Bahn von derselben Art ist, wie die irgend eines anderen Planeten. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie sollte die Bewegung etwas anders sein. Merkur sollte sich nicht nur um die Sonne bewegen, sondern die Ellipse, die er beschreibt, sollte sehr langsam relativ zu dem mit der Sonne fest verbundenen KS rotieren. Diese Drehung der Ellipse drückt den neuen Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie aus. Die neue Theorie sagt die Größe des Effekts voraus, Merkurs Ellipse würde einen Umlauf in 3 Millionen Jahren ausführen ! Wir sehen, wie klein der Effekt ist, und wie hoffnungslos es sein würde, ihn im Fall weiter von der Sonne entfernter Planeten zu suchen.
Die Abweichung der Bewegung des Planeten Merkur von der Ellipse war bekannt, bevor die allgemeine Relativitätstheorie formuliert wurde, und es konnte keine Erklärung dafür gegeben werden. Andererseits entwickelte sich die Relativitätstheorie, ohne diesem speziellen Problem irgendwelche Beachtung zu schenken. Erst später wurde die Folgerung über die Drehung der Ellipse bei der Bewegung eines Planeten um die Sonne aus den neuen Gravitationsgesetzen gezogen. Im Fall des Merkur erklärt die Theorie erfolgreich die Abweichung der Bewegung von derjenigen, die nach dem Newtonschen Gesetz zu folgern wäre.
"Physik als Abenteuer der Erkenntnis"
von Albert Einstein und Leopold Infeld,
Leiden 1949, S.161

Im Jahr 1898 erschien in der „Zeitschrift für Mathematik und Physik“ ein Artikel von PAUL GERBER aus Stargard in Pommern.
In diesem weitgehend unbeachteten Artikel verwendet Gerber den an sich bekannten, bisher nicht erklärbaren Restbetrag des Merkurperiphels von 43“ pro Jahrhundert, um damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Gravitationseffekten zu berechnen.

Paul Gerber schrieb:
„Besteht die Gravitation zwischen zwei Massen in einer Wirkung, die sich mit Zeitverlust von der ersten auf die zweite und umgekehrt überträgt, dann findet man, dass dadurch ein Fortschreiten des Perihels eines Planeten hervorgebracht werden muß.“

Da der von Gerber ermittelte Gravitationsausbreitungswert von 305500 km/sek in etwa dem damals ermittelte Wert der Lichtgeschwindigkeit entsprach, schrieb Ernst Mach 1901 in seinem Werk „Die Mechanik in ihrer Entwicklung“:

Ernst Mach schrieb:
„Drude (in seinem Referat über die Fernwirkung für die Naturforscher-versammlung, 1897) zählt viele Versuche auf, eine Fortpflanzungs-geschwindigkeit der Gravitation nachzuweisen, welche bis auf Laplace zurückgehen. Das Resultat kann als negatives betrachtet werden, denn die möglichen Fortpflanzungsgeschwindigkeiten stimmen nicht untereinander, sind aber alle sehr große Vielfache der Lichtgeschwindigkeit. Nur Paul Gerber (Über die räumliche und zeitliche Ausbreitung der Gravitation, Zeitschr. f. Math. u. Phys. 1898, II) findet aus der Perihelbewegung des Merkurs, 41 Sekunden in dem Jahrhundert, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation gleich der Lichtgeschwindigkeit.“

In seinem ersten Brief an Ernst Mach vom 9. August 1909 schrieb Einstein, dass er natürlich seine Hauptwerke sehr gut kenne, von denen er dasjenige über die Mechanik aber am meisten bewundere.

Der eigentliche Skandal ist nicht, daß Einstein abgeschrieben hat, sondern daß noch heute überall behauptet wird, die Periheldrehung sei ein Beweis für die "Richtigkeit und Wahrheit" der ART. Die klass. Mechanik sei falsch, weil sie entweder die Periheldrehung überhaupt nicht oder nur zum Teil erklären könne.

Wegen der Schwere des Plagiatsvorwurfs gegen Einstein wurde in der Folge der 1902 erschienene Artikel von Paul Gerber im Bd. 52, S.415-441 der Annalen der Physik 1917 nachgedruckt.

http://bourabai.narod.ru/articles/gerber/gerber.htm
 
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kleine Wolke schrieb:
Soll das heissen das es keine Wahrheit gibt? Und wahr oder falsch einerlei ist?
genau das.
bis auf das einerlei.
das eine erfordert das andere, sie sind aber beide nicht egal und somit auch nicht einfach für den jeweiligen standpunkt vertauschbar.

Robin schrieb:
Hier wiederholt sich ein leider völlig unergiebiges rhetorisches Mittel, oft gesehen in Foren. Man erklärt Dinge für nicht diskutabel und verabschiedet sich, nicht ohne dem anderen eins reingedrückt zu haben. Sinn dahinter ist, die eigene Unantastbarkeit und Überlegenheit auszudrücken.
so ist der mensch nur all zu oft...
ist es falsch die eigene unantastbarkeit und überlegenheit zu schützen?
ist es falsch überhaupt zu denken man sei überlegen und unantastbar?
ist es falsch überhaupt zu denken der andere denkt er sei überlegen und unantastbar?

können wir somit wieder falsches lehren?

sicher ist es falsch zu behaupten es gäbe keine gewichtskräfte und gravitationskräfte, jeder kann dies selbst wiederlegen, insofern dies alles nicht eine illusion ist, ein traum, diese dinge sind nun aber schon von anderen falschen oder richtigen dingen abhängig.

was wäre denn eine falsche lehre?
nach welchen kriterien ist sie falsch?
wer bestimmt was falsch und richtig ist?
ist es richtig einem menschen diverse informationen vorzuentahlten, die bildung einer meinung somit zu verhindern?

ciao
 
tosto schrieb:
ist es falsch die eigene unantastbarkeit und überlegenheit zu schützen?
ist es falsch überhaupt zu denken man sei überlegen und unantastbar?
ist es falsch überhaupt zu denken der andere denkt er sei überlegen und unantastbar?

Hi tosto,

jeder fühlt sich einzig und hat aus seiner Sicht oft Recht. Arroganz als Gefühl ist völlig normal und ich wäre der Letzte, der sich nicht selbst auch Überlegenheitsphantasien zugesteht...
Das steht aber im Interessenkonflikt mit Kommunikation und dem Wunsch, mit anderen gut auszukommen. Normalerweise schützt in der direkten Kommunikation die Anwesenheit des Kommunikationspartners davor, Grenzen der Beleidigung und Herabsetzung zu überschreiten. Dieser Mechanismus ist im Netz außer Kraft gesetzt und man neigt dazu, das hinzuschreiben, was einem gerade durch den Kopf geht...

Was das Thema betrifft, hat es glaube ich Hartmut schon gesagt: Jede Theorie hat ihren Geltungsbereich und definiert sich selbst Methodik und Grenzen. Die Wissenschaft hat sich strenge Regeln auferlegt und versagt sich Spekulation (es sei denn als zu verifizierenden Ausgangspunkt). Durch diese Restriktion gewinnt sie aber auch einiges hinzu, z.B. eine hohe und spezialisierte "Anschlussfähigkeit" wie es in der Soziologie heißt, die eine präzise Rekursion auf schon Geforschtes/Bewiesenes/Geprüftes zulässt. Andere Bereiche müssen schon Gesagtes immer unter dem Vorbehalt zitieren, dass es auch anders gemeint sein könnte, falsch verstanden wurde oder schlicht faktisch falsch ist. So muss Esoterik auf Hörensagen und Mythen zurückgreifen. Daher bleibt sie für Wissenschaft inkompatibel, für die m.E. kein Bedarf besteht, ihre Kriterien aufzugeben.
Lilith, für den Enzelnen mag es sinnvoll, seine Erkenntniskriterien zu überprüfen, gar über den Haufen zu werfen; in der Wissenschaft wird es immer nur leichte Modifiaktionen geben. Es gibt ja genug Wissenschaftler, die z.B. gläubig sind, Hawkings etwa. Das mag man dann verstehen oder nicht, auf die wissenschaftliche Kommunikation hat das so gut wie keinen Einfluss.
 
P.S: Natürlich ist auch das "Rekursionssystem" der Wissenschaft fehlerbehaftet, wie aus unzähligen Skandalen und Fehlern zu sehen ist. Das ist ein Indiz für die Fehleranfälligkeit jeden Systems (was die Religion ja lange bestritten hatte ...;) )
 
Übrigens, was wäre denn Deiner Meinung nach eine gemeinsame Ausgangsbasis für solcherart Diskussionen?

Viele Grüsse
Hartmut

Eine grundsätzliche Bereitschaft, sich auf eine Betrachtungsweise einzulassen, die sich total von der gewohnten wissenschaftlichen unterscheidet.

Um beim Beispiel Astrologie zu bleiben: Hier wird eine vergleichende Methode angewendet: wenn - dann:
Z.B. Wenn die Sterne in einer bestimmten Konstellation am Himmel erscheinen, dann haben Menschen, die jetzt geboren werden, gewisse Eigenschaften. Diese Beobachtungen gehen bereits über mehrere Jahrtausende, in denen sich dieses Muster immer wieder bestätigt hat.

Die Annahme, die Sterne haben einen Einfluss auf das Verhalten des Menschen, resultiert aus der heute üblichen Betrachtunsweise im Hinblick auf Ursache und Wirkung. Astrologen glauben nicht, dass Sterne bzw. Planeten eine direkte Wirkung auf Menschen haben.

Der Fokus ist mMn noch viel klarer auf die reine Beobachtung der Fakten gerichtet, als bei der Aufstellung von Theorien und Erklärungsmodellen, die im Nachhinein auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.

Der Vollständigkeit halber plädiere ich für beide Ansätze.

herzlich
lilith

P.S.: Ich bin kein missionarischer Streiter für die Einführung der Esoterik in die offiziellen Bildungseinrichtungen. Es stört mich aber sehr, wenn mit verächtlicher Arroganz etwas abqualifiziert wird, obwohl man nichts darüber weiß. Das was J.L. beim Thema RT vorgeworfen wurde, ist hier mit der Astrologie praktiziert worden. Netterweise hat Claus das selbst hier herein gebracht. :zauberer2

Deshalb: danke Hartmut für deine sachliche Einladung zur Diskussion.
Ich möchte sie allerdings nicht weiterführen, weil das ein so umfangreiches Thema ist, dem ich derzeit nicht genügend Zeit widmen kann.
Falls es dich interessiert, es gibt genügend Quellen, wo du dich weiter informieren kannst.
 
Hallo du weise Marianne!

leider etwas verspätet meine Antwort.
Marianne schrieb:
Ei, ei - Du Kluge!
Soweit es mir bekannt ist, ist das Lehren von "Falschem" nur noch in der jeweiligen Wissenschaftsgeschichte Usus. Und zwar, um Entwicklungslinien aufzuzeigen. Das ist legitim.
aber: das war wohl ja nicht Dein message.
Nein, das war nicht meine Botschaft:

1. erfolgte die Antwort unter formal (juristischen) Aspekt
2. kenne ich aus Erfahrung das auch wissentlich falsches gelehrt wird, aber mit dem Hinweis " man habe zur Zeit nichts besseres". Wobei dann aber beachtet werden sollte was den "falsch" überhaupt sei. Wenn unter Falsch verstanden wird, das es den eigenen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügt: dann habe ich falsches gelehrt bekommen.


Wenn Du so eine I-Tüpfelchenreiterin bist - in Bezug auf die Fragestellungen - empfehlt es sich Dir doch, Du schriebst einfach nur:
JA man darf
Danke für den Hinweis! Aber das ist mir dann doch zu kurz geantwortet.:rolleyes:

Dein kleiner Hieb, dass moralische Erwägungen bei der Beantwortung keine Rolle spielten, erübrigte sich dann auch.
Eben darum! DAs sollte aber nicht erübrigt werden.

Eine Frage an Dich:
Hast noch nie etwas von argumentativem Diskurs gehört? vom Abwägen?
Doch ich habe davon schön gehört!
Was soll abgewägt werden? Das bewusst falsches gelehrt wird oder/und das etwas gelehrt wird von dem das wahr oder falsch noch nicht herausgeklaupt wurde?

lG v kW
 
tosto schrieb:
((Zitat von kleine Wolke
Soll das heissen das es keine Wahrheit gibt? Und wahr oder falsch einerlei ist?))
genau das.
bis auf das einerlei.
das eine erfordert das andere, sie sind aber beide nicht egal und somit auch nicht einfach für den jeweiligen standpunkt vertauschbar.
Bemerkenswert - also für dich gibt es keine Wahrheit. Was verstehst Du unter Wahrheit?
Und wenn es keine geben soll: gibt es dann wenigstens wahre/falsche Aussagen?

sicher ist es falsch zu behaupten es gäbe keine gewichtskräfte und gravitationskräfte, jeder kann dies selbst wiederlegen, insofern dies alles nicht eine illusion ist, ein traum, diese dinge sind nun aber schon von anderen falschen oder richtigen dingen abhängig.
Ich möchte hier nicht das leidige Thema RT aufwärmen, aber soweit mir bekannt gibt es in der ART keine Gravitationskraft mehr!:rolleyes:


lg vkW
 
lilith51 schrieb:
Um beim Beispiel Astrologie zu bleiben: Hier wird eine vergleichende Methode angewendet: wenn - dann:
Z.B. Wenn die Sterne in einer bestimmten Konstellation am Himmel erscheinen, dann haben Menschen, die jetzt geboren werden, gewisse Eigenschaften. Diese Beobachtungen gehen bereits über mehrere Jahrtausende, in denen sich dieses Muster immer wieder bestätigt hat.

Die Annahme, die Sterne haben einen Einfluss auf das Verhalten des Menschen, resultiert aus der heute üblichen Betrachtunsweise im Hinblick auf Ursache und Wirkung. Astrologen glauben nicht, dass Sterne bzw. Planeten eine direkte Wirkung auf Menschen haben.

Beobachtung und Vergleich waren lange die einzigen Methoden der Biologie, die in ihren Ursprüngen rein deskriptiv war. Deshalb hatte sie lange um ihren Stand als (Natur)Wissenschaft zu kämpfen.

Was die Astrologie betrifft: die ist tatsächlich wissenschaftlich untersucht worden, man ist hingegangen und hat geschaut, ob es irgendwelche überprüfbaren Korrelationen gibt. Man hat nichts dergleichen gefunden und die Astrologie at acta gelegt. Daher auch das entsprechende Verhalten seitens der Wissenschaft.

Was mir nicht ganz klar ist: wo ist der Unterschied zwischen wenn-dann und Ursache-Wirkung?
 
kleine Wolke schrieb:
Hallo du weise Marianne!

lG v kW



Danke Danke!


Ich antworte mit Epikur - nur ganz kleine wenig spöttisch - klitzekleines Grinsen -


"Wird der Weise etwas tun, was die Gesetze verbieten, wenn er weiß, dass es verborgen bleiben wird? Eine einfache Antwort hierauf zu geben ist nicht leicht."


Epikur
 
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Marianne schrieb:
Danke, Danke!

Nichts zu Danken, ehre wem Ehre gebürt.


"
Wird der Weise etwas tun, was die Gesetze verbieten, wenn er weiß, dass es verborgen bleiben wird? Eine einfache Antwort hierauf zu geben ist nicht leicht." epikur

Ich möchte Epikur seine Antwortfindung erleichtern, indem ich antworte:

Es kommt ganz auf die Weisheit der Gesetze an!
( resp. ob der Weise die Weisheit der Gesetze in seiner Weiseheit weiß)

liebe grüße v kW
 
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