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Wie steht ihr zu Homöopathie und Placeboeffekt?

@MartinL:

Die Einen sterben am Virus, die Anderen nicht. Warum??
Auch Krebs wird durch einen Auslöser geschaffen? Wenn Du Deine Hände ständig in Benzpyrenlösung badest - aber wer tut das schon -
dann hättest Du Recht.
 
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@Aporie:

Wenn Du bewusst asozial bist, trägst Du eine Schuld gegenüber dem Sozialen, denn Du verhälst Dich gegen die Gemeinschaft.
Wenn Du unbewusst bist, wie Du Dich verhälst, kann man m.E. nicht von Schuld sprechen, denn Du kennst nichts Anderes.
Im Zusammenhang mit Krankheit (deren Entstehung ja unbewusst ist), sind die Symptome (zeigen, was zu stark gelebt wird und was
demnach fehlt) eine Möglichkeit, bewusst zu werden und die Krankheit überflüssig zu machen. Je nach dem Fortschritt der Krankheit ist
eine Bewusstseinsveränderung nötig oder ein materieller Eingriff (OP) oder oft Beides.

Wenn es dir recht ist, möchte ich von der Schuldfrage vorerst ein wenig Abstand nehmen. Mir ist klar, dass ich selbst es war, der das Wort zuerst hat fallen lassen. Aber nur eins Vorweg: Schuldhaftigkeit und Bewusstheit sind nicht synonym. Die Helden der Griechischen Tragödie haben nicht nur durch bewusste Untaten Schuld auf sich geladen - bspw. Ödipus, der nicht bewusst seinen Vater gemordet und seine Mutter geehelicht hat. Trotzdem hat er, zumindest nach griechischen Vorstellungen, Schuld auf sich geladen.

Was mir problematischer erscheint, ist der Zusammenhang zwischen Krankheit und moralisch-psychischer Verfassung, den du konstruierst. Mir ist schon klar, dass es dir nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Heilung geht. Aber wenn solche Zusammenhänge erst einmal konstruiert und akzeptiert sind, kann man die Argumentation ganz leicht umkehren und ins Negative wenden, so wie ich das oben gezeigt habe. Der gutgemeinte, aber hochproblematische therapeutische Ansatz lässt sich dann ganz leicht zu Zwecken der Diskriminierung umfunktionieren. Am Ende ist der Kranke dann eben immer schon der Böse. Eben selber schuld.
 
@MartinL:

Die Einen sterben am Virus, die Anderen nicht. Warum??
Auch Krebs wird durch einen Auslöser geschaffen? Wenn Du Deine Hände ständig in Benzpyrenlösung badest - aber wer tut das schon -
dann hättest Du Recht.
Eine Viruserkrankung wird durch einen Virus ausgelöst, der nicht im Kranken produziert wird, sondern der von außen kommt. Auch die Wunde einer Verletzung geschieht durch Gewalteinwirkung von außen. Auch Krebs wird durch einen Auslöser von außen geschaffen.
 
Was mir problematischer erscheint, ist der Zusammenhang zwischen Krankheit und moralisch-psychischer Verfassung, den du konstruierst.
Aporie, ich kontruiere nicht! Ich habe mich informiert und fühle mich dort "zu Hause" und lasse andere teilhaben an der Information.
Es geht mir auch nicht um Heilung, nur um Weitergabe der Information. Was man damit macht, kann ich nicht beeinflussen.

Auch Krebs wird durch einen Auslöser von außen geschaffen.
Wenn die anderen immer Schuld sind an der eigenen Misere, lebt man ständig im Kampf und wird krank.
Bitte lies das Buch: Gedanken als Medizin von Dr. Markus Täubel , dann können wir weiter diskutieren
 
Aporie, ich kontruiere nicht!

Meinetwegen. Aber wie soll ich es dann nennen?

Offensichtlich sind diese Zusammenhänge nicht. Also verfügst du entweder über ein Geheimwissen, das mir fehlt, oder du bastelst dir deine Zusammenhänge auf eigene Faust.

Mich stört die Ausschließlichkeit der Betrachtungsweise, der zufolge Charakterschwäche (asoziales Verhalten, psychische Leiden) körperliche Leiden verursachen.
Wenn sich Zellen rücksichtslos vermehren und andere Zellen behindern und eine sinnvolle Ordnung stören und
uneinfühlsam für die anderen Zellen sind, spiegelt das die unbewusste innere Einstellung des Erkrankten.

Nein, da spiegelt sich nichts. Selbstverständlich gibt es solche Zusammenhänge auch. Aber man muss schon auch noch andere mögliche Ursachen und Zusammenhänge in Betracht ziehen. Nicht dass man vor lauter Gesundbeterei übersieht, dass der Blinddarm durchgebrochen ist.

Übrigens ist die umgekehrte Richtung viel offensichtlicher. Ein verstimmter Magen hat nachvollziehbare negative Auswirkungen auf das Gemüt.
 
Mich stört die Ausschließlichkeit der Betrachtungsweise, der zufolge Charakterschwäche (asoziales Verhalten, psychische Leiden) körperliche Leiden verursachen.
Es ist nicht Ausschliesslichkeit, sondern meine Präferenz. Ich sehe sehr wohl andere Möglichkeiten und lasse sie auch für andere gelten.
Nein, da spiegelt sich nichts. Selbstverständlich gibt es solche Zusammenhänge auch. Aber man muss schon auch noch andere mögliche Ursachen und Zusammenhänge in Betracht ziehen. Nicht dass man vor lauter Gesundbeterei übersieht, dass der Blinddarm durchgebrochen ist.
Okey, bei Dir spiegelt sich nichts.
 
Wenn es dir recht ist, möchte ich von der Schuldfrage vorerst ein wenig Abstand nehmen. Mir ist klar, dass ich selbst es war, der das Wort zuerst hat fallen lassen. Aber nur eins Vorweg: Schuldhaftigkeit und Bewusstheit sind nicht synonym. Die Helden der Griechischen Tragödie haben nicht nur durch bewusste Untaten Schuld auf sich geladen - bspw. Ödipus, der nicht bewusst seinen Vater gemordet und seine Mutter geehelicht hat. Trotzdem hat er, zumindest nach griechischen Vorstellungen, Schuld auf sich geladen.
Es gibt ja den Versuch genau an der Stelle anzusetzen und die metaphysische Schuld des Menschen zu unterstreichen, bei der das Unheilsein eine nicht vermeidbare Situation ist und die griechische Trägödie thematisiert u.a. das. Dadurch umgeht sie/man den moralischen Schuldaspekt der sagt, du bist böse oder schlecht, weil du dies oder das getan hast, sondern Schuld wird hier als Unterlassung gesehen, im Sinne der Schulden und dann ist man aufgrund einer Unterlassung schuldig oder eben, weil man etwas (oft einen ausgleichenden oder bewusst machenden Schritt) noch nicht getan hat.
Was mir problematischer erscheint, ist der Zusammenhang zwischen Krankheit und moralisch-psychischer Verfassung, den du konstruierst. Mir ist schon klar, dass es dir nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Heilung geht. Aber wenn solche Zusammenhänge erst einmal konstruiert und akzeptiert sind, kann man die Argumentation ganz leicht umkehren und ins Negative wenden, so wie ich das oben gezeigt habe. Der gutgemeinte, aber hochproblematische therapeutische Ansatz lässt sich dann ganz leicht zu Zwecken der Diskriminierung umfunktionieren. Am Ende ist der Kranke dann eben immer schon der Böse. Eben selber schuld.
Das ist zum Teil richtig und wird daher auch immer wieder als Kritik vorgebracht, aber auch entsetzlich (und gerne ideologisch) überstrapaziert.
Selten bis nie fällt dabei jemandem auf, dass eine wesentliche, andere Option damit aber vom Tisch ist. Wenn der Kranke immer nur zufälliges Opfer blinder und von A bis Z unbewusster Zusammenhänge ist (die in der Konstruktion notwendig unbewusst sein und bleiben müssen), dann heißt die Dauerantwort, die wir tatsächlich haben, einfach nur: Pech gehabt. Das Leben ist dann einfach ein großes Lotteriespiel, ohne tieferen Sinn und Hintergrund, einen muss es eben treffen und das ist dann der Betroffene.
Es wird kritisiert, Kranken (oder Leidenden) würde zu ihrer Krankheit (oder ihrem Leid) dann noch Schuld aufgeladen, in fast schon etwas ausgelutschter Wortwahl heißt es dann routiniert theatralisch, hier würden das Opfer noch einmal zum Opfer gemacht, wenn da keine Moralkeule drin ist, dann weiß ich nicht wo sonst.
Aber hat man jemals gefragt, wie es Menschen geht, die die Varianten 'statistischer Ausrutscher', 'Pech gehabt' und dergleichen um die Ohren gehauen bekommen?
Die Dauerantwort des gesamten Naturalismus ist, dass Existenz und Leben ein sinnleeres Geschehen ist und man gilt als erwachsen, wenn man sich damit abfindet und als besonders erwachsen, wenn man damit gut klar kommt und sich in dem, was man sonst kognitive Dissonanz nennen müsste, halbwegs wohlig einrichtig. Den unterkühlten und manchmal hämischen Narzissmus dieser Interpreten muss man nicht mögen.
Da werden Zyniker zu Propheten, denn einerseits wissen wir, dass Menschen wenig so dringend brauchen, wie Geschichten, Sinnkonstellationen und so weiter, gleichzeitig sollen wir uns einreden, wir seien besonders fortschrittlich, wenn wir all dies nicht mehr bräuchten und unsere anthropologischen Eckpfeiler sozusagen allesamt einreißen.
Die Klügeren kriegen noch Depressionen, auf die Idee, dass es am Weltbild liegen könnte kommen inzwischen wieder mehr Menschen, aber noch deutlich zu wenige.*

Runtergebrochen auf die Frage nach der Heilung heißt das, dass der Betroffene immer Opfer und sozusagen passiver Zuschauer des eigenen Lebens ist und bleiben muss. Die Antwort lautet auf alle schicksalhaften Geschehnisse: Pech gehabt. Dumm gelaufen. Statistischer Ausrutscher. Selten, aber eben möglich, tja.
Was kann ich tun?
Nichts!
Das ist eine verheerende Botschaft.

In tiefenpsychologischen Zusammenhängen kennt man immerhin noch den Wiederholungszwang, der gerade jene Menschen betrifft, die es eigentlich besser wissen müssten, die schon gebrannte Kinder sind und die die Statistik komplett verzerren. Da wird dann manchmal eine Affinität von eigenen Mustern und scheinbar zufälligen äußeren Zusammenhängen erkannt und wenn man diese bewusst macht, kann man tatsächlich etwas ändern.

Größer denkt man das nicht, weil es ebenso zur szientistischen Ideologie gehört, dass das Ich irgendwas im Gehirn ist und am Inneren der Schädeldecke endet. Da darf dann auch jeder seine Sinnspielchen konstruieren, diese aber bitte nicht ernst nehmen und schon gar keinen allgemeinen Anspruch daraus ableiten.
Ich bin auch so groß geworden, aber je öfter man die Bruchstellen beleuchtet, umso verkorkster erscheint das ganze Konstrukt und ich glaube am Naturalismus ist nichts mehr zu retten.**

--

* Die Ironie will es, dass es daegegen dann Tabletten gibt, die bis heute nicht den eigenen Ansprüchen genügen, wenn man sie denn wirklich ernst nehmen würde, man kreiert also eigene Mythen und Geschichten.

** Dass man nun so lange gewartet hat, dass die Kritik an 'der Wissenschaft' inzwischen in der Prollvariante den größten "Wumms" hat, ist gleichermaßen bezeichnend, wie erschreckend.


 
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Die Dauerantwort des gesamten Naturalismus ist, dass Existenz und Leben ein sinnleeres Geschehen ist und man gilt als erwachsen, wenn man sich damit abfindet und als besonders erwachsen, wenn man damit gut klar kommt und sich in dem, was man sonst kognitive Dissonanz nennen müsste, halbwegs wohlig einrichtig. Den unterkühlten und manchmal hämischen Narzissmus dieser Interpreten muss man nicht mögen.
Da werden Zyniker zu Propheten, denn einerseits wissen wir, dass Menschen wenig so dringend brauchen, wie Geschichten, Sinnkonstellationen und so weiter, gleichzeitig sollen wir uns einreden, wir seien besonders fortschrittlich, wenn wir all dies nicht mehr bräuchten und unsere anthropologischen Eckpfeiler sozusagen allesamt einreißen.
Die Klügeren kriegen noch Depressionen, auf die Idee, dass es am Weltbild liegen könnte kommen inzwischen wieder mehr Menschen, aber noch deutlich zu wenige.*

Mit kaum jemandem sonst kann man so gewinnbringend unterschiedliche Auffassungen diskutieren - wobei die Unterschiede am Ende oft geringer sind, als die anfänglichen Formulierungen vermuten lassen. Du spannst hier wieder den großen Bogen und beleuchtest viele Aspekte. Ich will nicht auf alle eingehen, das würde den Rahmen sprengen. Aber zwei Bemerkungen zu zwei Sätzen.

"Die Dauerantwort des gesamten [sic] Naturalismus ist, dass Existenz und Leben ein sinnleeres Geschehen ist ...". Da triffst du einmal mehr den Nagel beinahe auf den Kopf. Dass man das so vom gesamten Naturalismus sagen kann, stelle ich aber infrage. Der Marxismus, der sich selbst als naturalistische 'Weltanschauung' definiert, sieht das sicher ein wenig anders. Aber ich vermute, du hast hier mehr die modernen zynisch-wertfreien Wissenschaftsapostel im Auge. Diese attackierst du auch ganz gelungen im nächsten Absatz:
Da werden Zyniker zu Propheten, denn einerseits wissen wir, dass Menschen wenig so dringend brauchen, wie Geschichten, Sinnkonstellationen und so weiter, gleichzeitig sollen wir uns einreden, wir seien besonders fortschrittlich, wenn wir all dies nicht mehr bräuchten und unsere anthropologischen Eckpfeiler sozusagen allesamt einreißen.

Du konstruierst einen Gegensatz zwischen sinnorientierter Lebensweise und zynisch-wertfreiem Naturalismus. Der Gegensatz, den ich betone, ist der zwischen realistischer Sachlichkeit und freischwebendem Wunschdenken. Die beiden Konstrukte haben dasselbe Problem im Fokus.

Es sind im Grunde zwei Problemkreise:
  • Was soll man überhaupt unter 'Sinn' verstehen?
  • Worin kann Sinnhaftigkeit begründet sein?
Wenn du hervorhebst, dass wir nichts dringender brauchen als Geschichten und Sinnkonstellationen, bin ich sofort bei dir. Wenn du unterstellst, dass der Naturalismus mit seiner Kritik an 'esoterischen' Begründungen von Sinnhaftigkeit zwangsläufig jede Art von Sinn dekonstruiert, widerspreche ich. Mein Problem ist nur: ich weiß, welche Begründung ich ablehne. Habe aber vorerst keine bessere Alternative, die ich anbieten könnte.
 
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