AW: Gewaltbereitschaft
Hallo Charis, ich wollte dich doch nur mal vorlocken, sorry.
Wirkte ich auf dich so introvertiert?

Ich diskutiere grundsätzlich, wenn mich etwas interessiert, da brauchts gar keine Polemik. ^^
Mir macht es halt irgendwie Sorgen, dass die jungen Menschen eigentlich völlig aufgerieben werden, zwischen den „eigenen“ Anforderungen an sich selbst und ihren Möglichkeiten, ihren Zorn aber gegen einander richten, anstatt gegen die, die den Druck wirklich erzeugen. Dass sie eigentlich als willige und leistungsbewusste Nutztiere herangezogen werden. immer das gescheiterte Bild der älteren Generation vor Augen, was immer dann, wenn es das Scheitern zugeben sollte, nur lauter brüllt und mehr Regeln und mehr Dogma und mehr „alte Werte“ reanimieren will. Die Jüngeren sollen die gleichen Ziele erreichen, sehn aber, dasss diese einerseits zu nichts geführt haben, andererseits sehen sie in ihrem Rücken einen unheimlichen Druck. Den Druck, Leistung zu bringen, Bedingungen zu erfüllen (schön sein, lieb sein, weltoffen sein...) um leben zu können und leider seh ich heute irgendwo auch noch den Druck ein glückliches und angesagtes Leben führen zu müssen.
Und HIER hast du eines der größten Gesellschaftsprobleme, meiner Meinung nach. Tradition, Norm wahren, schaffeschaffeHäuslebaue, es zu etwas bringen. Doch das ist nicht erst ein Problem der heutigen Jugend, ja, nichtmal eines der Generation meiner Eltern oder deren Eltern (ich bin übrigens 31). Der Mensch strebt. Ein Ur-Phänomen. Und irgendwann strebte er nicht mehr nur für Dinge, die seinem ÜBERleben nutzten, sondern die seinem LEBEN nutzten. Der Mensch steht in Konkurrenz. Immer und überall. Und das ist ein Grundproblem. Nur, wer im Wettbewerb steht, kann wirklich scheitern. These und Antithese. Nur wer das Bessere kennt, sieht auch das vielleicht Schlechtere in sich selbst. Daraus resultiert Unzufriedenheit, Neid...der ganze "Schmodder". Das wird sich auch in Jahrhunderten nicht ändern, auch wenn viele Philosophen laut andere Möglichkeiten fordern. Jugendliche werden als "willige und leistungsbewusste Nutztiere" herangezogen, sollen "lieb und schön" sein, weil jeder es so gewöhnt ist und es so weitergegeben wird, wie man es kennt.
Leistungsdruck wird es geben, solange dieses übermäßige Streben existiert. Solange wird die Mama zu ihrem Sohnemann sagen: Lern, dassde was wirst, Bub!!!
Dass die jungen Leute diese durch Druck aufgebaute Aggressivität nicht gegen die Menschen richten, die ihn ausüben, liegt klar auf der Hand. Allerdings ist ein Ventil vonnöten, ihn abzubauen. Und da gibt es nur zwei Wege. Gegen sich selbst und gegen andere. Und das Ventil kann positiv oder negativ sein. Positiv, wenn man PRODUKTIV versucht, den Druck zu minimieren, indem man sich selbst Tätigkeitsfelder sucht, in denen man dies kann (vom kreativen Malen bis zum Boxen), negativ, wenn man Gewalt gegen sich oder andere richtet, was leider auch öfter vorkommt, ja. Nicht umsonst ist Borderline momentan eine Modekrankheit bei Jugendlichen (selbstverletzendes Verhalten).
Insgesamt ist es aber nicht nur der Druck, der Jugendliche gewaltbereit macht, es ist auch das Umfeld. Die Perspektivlosigkeit, die oft mit Verzweiflung, mangelndem Selbstwert und gewalttätigen Folgen einhergeht.
Wargh...ich bin zu müde, das noch fortzuführen...
Kurz um. Wenn ich da versuchen würde mitzuhalten, ich würde es nicht schaffen. Aber fleißig verspricht die ältere Generation den jüngeren das rosarote Leben. Eigentlich ist es das bereits ne Frechheit.
Wie aber sonst willst du sie motivieren?
"Junge...lern was...du wirst zwar hinterher am Konkurrenzkampf fast zerbrechen, weil 30 Bewerber auf eine Lehrstelle kommen, aber watt solls...leg los."....was sollen Eltern denn deiner Meinung nach sonst machen? In einer Gesellschaft, wo Macht, Geld und daswasdubist zählen?
Ist doch so, man trifft jemanden...man kommt ins Gespräch...das Erste, was meist kommt: "...und? Was machst du so beruflich?" Der Mensch wird in der Gesellschaft als das definiert, was er gelernt hat und tut. Scheißegal, ob im Inneren Diamanten liegen, wenn der Körper dreckig ist, ist man abgestempelt.
Was sollen also die Eltern tun? "Junge, mach langsam...lern einen niederen Beruf...hauptsache, dein Herz ist aus Gold?"
Und ich vermisse die Jugendlichen und die Benachteiligten, konstruktiv zu leben...sich untereinander so zu verhalten, dass der ganze ständig in sinnloser Bewegung befindliche Wahnsinn irgendwie menschlicher und sanfter wird. Stattdessen machen sie sich wie vor 5000 Jahren gegenseitig kaputt und lösen alte Dogmen durch neue ab. Finde das halt doof. Und ich meine, dass dieses fiese Klima in den Büros und Werkstätten oder das hinterlistige Verhalten in Politik, Gesundheitswesen oder Religion nur auf dem Papier ein Fortschritt ist. Und ich sehe niemanden, der sich dagegen konstruktiv empört.
Sicher, es ist ein Missstand. Aber ein "Teufelskreis", aus dem nur ein Hinauskommen wäre, wenn man überall und sofort SCHLUSS sagt. Wobei man dann auch nicht wüsste, was mit der Welt passieren würde. Momentan sind die Sanften und die Menschlichen die, die untergehen. Weil die Ellenbogentypen sie niedermähen. SO ist unsere Gesellschaft. Leistung zählt.
Nur dafür auf die Barrikaden zu gehen, lohnt meiner Meinung nach nicht, weil niemand von uns eine anständige Alternative aufweisen kann.
Oder kannst du das?
(Ich bin SO müde...ich hoffe, es war verständlich...ohweh...)
Gruß,
Dana