AW: Was sagt Ihr dazu?
Ich betrachtete Deine o.g. Fragen, was so provokativ an dem Video sei, allerdings als rethorische Fragen. Natürlich ist jedem klar, daß es sich nicht um einen normalen Vorgang handelt, dieser erst im Kontext mit eben Jesus zu sehen ist und - deshalb weiche ich auch etwas von Deiner Meinung ab - man sich schon klar machen sollte, daß viele Christen sich verletzt fühlen. Das muß man einfach berücksichtigen. Ich sehe schon ein großes Problem darin, im Interesse des möglichst grenzenlosen Spasses sorglos solche Gefühle zu mißachten. Ich würde es auch nicht schön finden, wenn z.B. christliche Medien ähnliche Gags mit Darwin oder Kant ausführten, mit dem Ziel, diese großen Denker verächtlich zu machen. Soweit dies geschieht, wehre ich mich ja auch dagegen.
hallo,
keineswegs rhetorisch
auch mir ist klar, dass sich gläubige christen verletzt fühlen, aber die behandlung der frage, was genau denn nun verletzend sei, führt zu einem hinterfragen und ggf. überdenken der eigenen einstellung
eine antwort a'la "ich kann zwar nicht sagen warum, aber es ist so" empfinde ich als höchst unbefriedigend
die produzenten des videos waren sich der möglichen reaktionen sicherlich bewusst, und ich sehe die in unterhaltung gemischte provokation als durchaus beabsichtigt
zumindest bezüglich darwin sind mir diverse karikaturen bekannt (z.b. darwin als affe)....ob schön oder nicht, karikatur, spott und häme sind ein natürlicher umgang mit einschneidenden dingen (man denke nur an witze über katastrophen, die nach dem ersten schock (meist etwa 2 tage nach eintritt) in umlauf sind
bei den darwinkarikaturen ging es um die verunglimpfung seiner theorien, welche die menschheit in ihrem selbstbild ja bis ins mark erschütterte
solche karikaturen waren ein teil der aufarbeitung
Es ist eben alles eine Frage der Perspektive, sie bestimmt, was zulässig ist und was nicht. Wer in Jesus einen Gott sieht, hat fast zwangsläufig Probleme mit der menschlichen Darstellung. Ich erinnere mich noch an Scorseses "Letzte Versuchung Christi" der zu ganz massiven Protesten bis hin zu Anschlägen auf Kinos geführt hat. Aus meiner Perspektive - ich habe mir den Film Jahre später angeschaut - völlig unverständlich, fand ich doch gerade die Sicht auf den zweifelnden meschlichen Jesus weitaus sympathischer (übrigens auch glaubwürdiger und zugleich spiritueller) als die pathetische Darstellung der göttlichen Lichtgestalt in den vorangegangenen Hollywood - Schmonzetten, ganz zu schweigen von Mel Gibsons späterem Zombie-Film "the passion...".
richtig, und es ist die hauptaufgabe der kunst emotionen zu wecken; seien es nun positive oder negative
kunst kann schön sein, kitschig, hässlich, polarisierend und sonst vieles mehr
der kardinalfehler in sachen kunst wäre, langweilig zu sein
ob man kunst wie dieses video nun gut, schlecht, witzig, abscheulich oder sonstwie findet, darf und muss jeder für sich selbst entscheiden
problematisch wird es dann, wenn man anderen vorschreibt, wie man etwas finden muss, denn dann wären wir auf direktem weg zu einem tabu, das man anderen auferlegt (meinungszensur)
wo nun die grenzen zu ziehen sind, ist ertens fließend, und zweitens auch in der zeit veränderlich
Die Mystifizierung Hitlers ist ebenfalls hoch problematisch, sie verführt schnell zur Verleugnung eigener Schuld, da sehe ich den eigentlichen Hintergrund. Je mehr Hitler dämonisiert wird, desto weniger haben die einzelnen Beteiligten mit den von ihnen begangenen Verbrechen zu tun. Hitler war ein besonders schlimmer Mensch, aber eben doch nur ein Mensch.
ja, das ist die persönliche motivation der dämonisierung
bei hitler kommt aber die gesellschaftliche dämonisierung noch dazu
in diese presche schlagen dann auch gerne manche ewiggestrigen, die historische fakten in der meinung, dass man aufgrund der tabuisierung eh nichts so genau wisse, anzweifeln
man mag das recht zum zweifeln haben, aber je offener der umgang, je weniger tabus, desto leichter kann man die wahrheit finden und den zweifel entweder als berechtigt oder unberechtigt sehen
die tabuisierung führt zu keiner verbesserung im umgang
die verbotsgesetze führen zwar zu einigen strafen, aber "bekehrt" haben sie noch niemanden
ebenso glaube ich nicht, dass ein verbot jenes videos die menschen gläubiger machen könnte bzw jemand dieses video von seinem glauben abbringen könnte
Was natürlich zur Frage führt: War Jesus das auch "nur", ein Mensch, ein begnadeter Philosoph oder ein Gottessohn bzw. Gott selbst?
tja, das ist nicht nur eine glaubensfrage, sondern auch ansichtssache
die ansicht, jesus sei gottes sohn, wurde im nachhinein (ich glaube, beim konzil von nicäa anno 325) als eine art tatsachenentscheidung getroffen, ähnlich wie es die aufgabe eines schiedsrichters im fußball ist
ob der ball nun über der linie war oder nicht (bsp wembley-tor), ist letztendlich egal
der schiedsrichter hat das tor gegeben, also war es eines; auch wenn der ball 500 meter vom tor entfernt gewesen wäre
auf die frage also, ob das wembley-tor wirklich ein tor gewesen sei, erlaubt letztendlich 3 antworten:
1. nein, denn der ball war nicht hinter der torlinie
2. ja, denn der ball war hinter der torlinie
(bis heute weiß aber niemand, ob 1. oder 2. den tatsachen entspricht)
3. ja, denn der schiedsrichter hat das tor gegeben
und diese antwort ist die, die im fußball letztendlich zählt
ebenso beim heiland: die gläubigen sagen heutzutage, jesus sei gottes sohn, aber nicht weil es wirklich so wäre, sondern weil ihnen der damalige beschluss so eingetrichtert wurde, dass sie daran nicht zweifeln und für sie zur tatsache wurde
es geht also nicht nur darum, was man glaubt (denn was faktisch zutrifft, kann niemand auch nur im geringsten sagen, und es gibt auch keinen zwingenden grund, gott näher zu sein oder mehr an ihn zu glauben, indem man ihm die vaterschaft jesu anhängt), sondern was den ausschlag für die tatsache gibt
die physische oder die reguläre tatsache, also ob die göttliche vaterschaft jesu de facto oder de juris gemeint sei
das de-juris-faktum gilt für alles innere...darum war das wembley-tor für alle fußballverbände regulär, darum ist jesus im christentum gottes sohn
außerhalb, wo das zu grunde liegende regelwerk keine gültigkeit hat, verliert dieser standpunkt seine gültigkeit und auch relevanz
für mich ist für die beantwortung dieser frage nicht ausschlaggebend, was in jenem konzil beschlossen wurde, sondern was de facto zutrifft
lg,
Muzmuz