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Von der Zerstörungskraft des 4. Gebotes

johko

Member
Registriert
17. August 2003
Beiträge
248
Meine Bekannten kann ich mir aussuchen - meine Eltern (und ursprüngliche Verwandten) nicht. Warum soll ich sie also ehren, wenn sie mich gequält haben? Übertragen auf die Kirche selbst: Warum soll ich dem Papst gehorchen? Warum soll ich jemandem Macht über mich gottergeben überlassen, wenn ich merke, dass ich daran zugrunde gehe? Meiner Ansicht nach kommen dafür nur materielle Abhängigkeiten in Frage, die auch in Erbschleicherei ausarten können.

johko:confused:
 
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Original geschrieben von johko
Meine Bekannten kann ich mir aussuchen - meine Eltern (und ursprüngliche Verwandten) nicht. Warum soll ich sie also ehren, wenn sie mich gequält haben? Übertragen auf die Kirche selbst: Warum soll ich dem Papst gehorchen? Warum soll ich jemandem Macht über mich gottergeben überlassen, wenn ich merke, dass ich daran zugrunde gehe? Meiner Ansicht nach kommen dafür nur materielle Abhängigkeiten in Frage, die auch in Erbschleicherei ausarten können.
Ein weiteres schlimmes Erbe des Christentums: So werden die Kinder rechtlos gemacht, und den Eltern wird eine gottgegebene Allgewalt über ihre Kinder zugesprochen. Dieses Bewusstsein ist trotz der weltlichen Gesetze noch sehr in unserer Moral verankert: Das Kind gehört zur Mutter, und ihre instinktgegebene Liebe wird schon alles richten... "Kind, deine Mutter LIEBT dich doch!" Die Gefühle des Kindes haben keine religiöse Fürsprache.
"Alle Kinder sind Kinder Gottes, und wir haben die Aufgabe, in seinem Namen sie zu glücklichen Menschen zu machen. Ihr Glück soll unser Glück, und ihr Unglück soll unsere Strafe sein!" SO müsste das Gebot lauten, wenn es denn die Handschrift der Nächstenliebe trüge...

Gysi
 
Ergänzung:
Die Hoffnung auf das glückliche Leben nach dem Tode und andere Bauernfängereien hab ich vergessen. Das gilt auch für Islamisten mit ihren 100 Jungfrauen.

Dabei kann es soo befreiend sein, seine Eltern aus seinem Leben zu löschen, wenn man darunter leidet. Danach hat man dann allerdings womöglich vor KEINEM mehr Angst. Mir ging es jedenfalls so.
:)

Johko
 
Original geschrieben von johko
Dabei kann es soo befreiend sein, seine Eltern aus seinem Leben zu löschen, wenn man darunter leidet. Danach hat man dann allerdings womöglich vor KEINEM mehr Angst. Mir ging es jedenfalls so.
Hmmm. Die Eltern aus dem Leben löschen... Ich kann das nicht. Kann das überhaupt wer, sofern man viele Jahre mit denen verbracht (und erlitten) hat? Man kann einen Cut machen, seine Gefühle frei machen, d.h. artikulieren - und nach ihnen LEBEN. Aber in meiner Erinnerung sind sie immer, täglich, da.

Wichtig ist, festzustellen, dass das 4. Gebot antitherapeutisch ist: Wer unter seinen Eltern gelitten hat, muss das wenigstens als Erwachsener tun, wozu er als Kind nicht fähig war - nämlich sich gegen sie ERHEBEN! Das Ergebnis kann der Bruch oder eine neue Eltern-Kind-Beziehung sein.

Gysi
 
@johko

Eigentlich enthält jede Form von Angst auch die Todesangst in sich. Diese zu überwinden befreit Dich erst wirklich von allen Ängsten. Ich sehe darin, den väterlichen Christen-Gott und christliche Vorstellung vom Himmelreich aufgegeben zu haben, eine Befreiung und Erleichterung für mich. Aber nur, weil ich mich sicher UND inzwischen versöhnt mir der Vergangenheit fühle. Dazu gehört auch, die Eltern zu akzeptieren, wie sie sind oder waren. Sie konnten es damals nicht besser, aber ich kann es besser! (Bei Deiner Mutter ist das schwer, ich weiß, aber nur so kannst Du sie "abtreiben") Darum:

@gisbert

... sich ÜBER sie erheben, nicht GEGEN sie!
 
Was mir hier bei der Diskussion fehlt ist der Versuch zu verstehen und zu verzeihen ... aussöhnen - nicht mit den Eltern, sondern mit dem Gewesenen ... und dem Erlittenen ...

Meistens findet man die Ursachen in der eigenen Kindheit der Eltern wieder und dann ist es die Unfähigkeit aus diesen Erfahrungen was zu lernen. Sie werden einfach so an die nächste Generation weitergegeben ...

Doch hat man eine Wahl! Man kann sich die Sache ansehen und es anders machen ... nicht perfekt, aber anders ...


manchmal ... :(

Ansonsten denke ich da wie Gysi ... wer glaubt, die Vergangenheit verschwinden lassen zu können, verdrängt nur ... der Schmerz begleitet einen immer ... aber er muss nicht mehr lähmend sein und nicht mehr mit Angst besetzt ... Es fühlt sich eher an wie Wehmut, etwas unwiderbringliches (nie gehabtes) verloren zu haben ...

Aber wenn ich heute meinen Sohn in den Armen halte, dann hole ich mir ein Stück Kindheit zurück ...
 
Original geschrieben von Daggi
Meistens findet man die Ursachen in der eigenen Kindheit der Eltern wieder und dann ist es die Unfähigkeit aus diesen Erfahrungen was zu lernen. Sie werden einfach so an die nächste Generation weitergegeben ...

Nee nee, es gibt keinen Automatismus, der mißhandelte Eltern zwingt, selbst wieder zu mißhandeln, ganz im Gegenteil!

Wer selbst als Kind mißhandelt wurde, weiß, wie übel das ist und welche Schäden man davonträgt.
Es ist schlicht und ergreifend Mißachtung und der mangelnde Respekt vor Kindern. (siehe "Blödmann", das soll er einmal einem Erwachsenen ins Gesicht sagen ... aber bei Kindern ist es vollkommen ohne Risiko).
Wenn das nicht freiwillig funktioniert, dann muß man eben die Verjährungsfrist erst mit 21 Jahren beginnen lassen und die Kinderquäler saftig abstrafen.
Die Arbeitgeber haben es ja dank der entsprechenden Gesetze auch geschnallt, daß man seine Untergebenen nicht schlägt!

Das Schlagen von Kindern ist Körperverletzung!!!
Das Schlagen von Kindern ist Folter!!!

Wer mit seinen Kindern überfordert ist, soll sie abgeben - es gibt genug (kinderlose) Menschen, die diesen Kindern sehr gerne ein liebevolles und gewaltloses Zuhause bieten würden.

Für Kindesmißhandlung kann es keine Entschuldigung und kein Alibi geben.
Der Kinderschläger verhält sich im Betrieb ja auch ganz brav und fängt nicht bei jeder Kleinigkeit das Prügeln an - es geht also, wenn man will!

Warum soll das bei Kindern nicht genau so funktionieren?
Die Schäden für die Volkswirtschaft, die durch die psychischen Krankheiten mißhandelter Kinder entstehen, gehen in die Millionen.

Aber bei Kindern will man nicht, wen könnte man denn sonst noch ungestraft treten?
Beim Hund ist ruckzuck der Tierschutzverein da und die nehmen den Hund mit, wenn Mißhandlungen nachgewiesen werden können. Also bleiben doch nur noch die Kinder und manchmal die Ehefrau.


Warum schafft es eine Gesellschaft, die angeblich zum Mond fliegt, immer noch nicht, ihre Kinder vor den brutalen Übergriffen mancher Eltern wirksam zu beschützen?
 
@Rudhi & Gisbert:
weder Über noch gegen - meine Devise lautete OHNE sie.
Über ihren Tod vor 7 Jahren hinaus.
Ich habe meine Mutter 13 Jahre vorher nicht gesehen - von dem Zeitpunkt an, als sie meine Frau aus dem Haus warf, und ich mich damals spontan für meine Frau und Tochter entschieden habe. Weil sie dann doch irgendwie meine Klinikeinweisung mitbekamen, hat mein Vater 9 Jahre vorher noch mal kurz reingeschaut, ohnedass es was gebracht hätte. Ein Nachbar hat sie einäschern und in die Familiengruft nach Österreich bringen lassen. Ich werde den ort bestimmt nicht aufsuchen.
Zitat ALZII:
"Es ist schlicht und ergreifend Mißachtung und der mangelnde Respekt vor Kindern. (siehe "Blödmann", das soll er einmal einem Erwachsenen ins Gesicht sagen ... aber bei Kindern ist es vollkommen ohne Risiko)."

Ich habe das schon oft genug in meinem zweiten angstfreien Leben zu Erwachsenen gesagt - stets mit überraschend positivem Erfolg.
Bei Kindern werde ich mich - Zeit zum Nachdenken vorausgesetzt - wohlweislich schwer hüten, weil ich da wg. Mundfertigkeit schnell sehr alt aussehen kann.
"Vollkommen" gewaltfreie Automatismen im Umgang mit Kindern, die nun mal in Mode sind, haben sich in meinen Augen immer noch als Bumerang erwiesen. Dagegen kenne ich hier im Umfeld mindestens 5 rotzfreche Schulkinder, denen total egal ist, was ihre Eltern sagen. Nachdem ich ihnen allerdings einmal bei unausweichlicher Gelegenheit den Pony hochgeblasen habe, suchen sie sogar meine Nähe. Das war früher im Internat nicht anders und hat auch schon mal einem Problemfall in Mathe von einer "ungenügend" innerhalb von eineinhalb Jahren zu einem Dauer- "Sehr gut" und zu allgemeiner Anerkennung verholfen. Das war zwar mein HIGHLIGHT, aber es gab auch genügend andere nicht sospektakuläre Wandlungen, durch die ich meine Handlungsweise bestätigt fühle. Ich reiß mich nicht drum, aber ich muß doch insgeheim grinsen. Das gibt zwar immer latenten Ärger mit den sichbloßgestellt fühlenden Eltern, aber das ist deren Problem.
Schlagen lehne ich auch ab, weil ich selbst oft genug "windelweich" geprügelt wurde und mitbekommen habe, wie meine Mutter von meiner Oma selbst Ohrfeigen kassiert hat.
Aber selbst ein BLÖDMANN "zwischendurch" mit voller Absicht schadet weniger als gar keine oder eine Wischiwaschi- Rückmeldung.
Eine positive Folgerung habe ich gezogen - unsereTochter haben wir (meine Frau hat ähnliche Frühschädigungen) ohne Schläge, aber nicht ohne Verbote und deutliche Unmutsäußerungen "erzogen" und somit ein Verhältnis, mit dem ich damals zufrieden gewesen wäre.

Johko
 
Original geschrieben von Alzii
Nee nee, es gibt keinen Automatismus, der mißhandelte Eltern zwingt, selbst wieder zu mißhandeln, ganz im Gegenteil!

Wer selbst als Kind mißhandelt wurde, weiß, wie übel das ist und welche Schäden man davonträgt.

Für mich sind Mißhandlungen nie gleich Schläge ... Ich hätte mir oft gewünscht in meiner Kindheit, ich hätte mal einen auf den Hintern bekommen (böse Zungen behaupten heute noch, dass mir das gefehlt hat :D ) ... Diese Gleichgültigkeit war für mich immer die größte Qual ... keine Liebe geben können ... Ablehnung ... sich über mich und meine Bedürfnisse lustig machen ... Nur Hass um mich rum ...

Ich weiß ganz sicher, dass es aus der Kindheit meiner Eltern gekommen ist ... und ich weiß sogar, dass meine Oma ihre Schwierigkeiten im Umgang mit meinem Vater wiederum aus ihrer Kindheit mitgebracht hat. Nicht jeder hat den Grips, die Abläufe zu durchschauen ... so ist das nunmal ...

Mein Vater hat es bis heute nicht geschafft und hält sich immer noch für das alleinige Opfer, dass das Recht hat, seine Qualen auf mich abzuwälzen.
Ich habe es gehalten wie Johko ... wir haben seit ewigen Zeiten schon keinen Kontakt mehr ! Ich habe es satt der Prellbock meiner Eltern zu sein.

Aber sehr wahrscheinlich sollte ich mich aus der Diskussion raushalten. Ich habe nie Schläge bekommen ... bin nie sichtbar mißhandelt worden ... Es ist mir schon oft so gegangen, dass gesagt worden ist, sei doch still ... Dir ist es doch gut gegangen.

Ich habe mir insgeheim immer gesagt, dass meine Gefühle schon so okay sind ...

Es gibt viele Arten von Folter und Psychoterror ... man kann Menschen auf vielerlei Weise verletzen ...

Diese subtile Art ist auch nicht zu verachten ... Ich fühle mich heute noch manchmal wie eingesponnen. Ich hänge im Spinnennetz und weiß nie, von wo die Spinne kommt, um mich auszusaugen ...

Es gab Zeiten, da war ich so voller Hass, dass ich nachts geträumt habe, wie ich meine Mutter mit bloßen Händen in Stücke reiße ... ich habe mich förmlich in ihrem Blut gesuhlt und es hat mir sehr viel Erleichterung gebracht ...

Ich habe sie denunziert, klein gemacht ... mich vom Opfer zum Täter gemausert und so immer mehr ein Stück meine Freiheit gewonnen ....

Jetzt ist sie mir nur noch gleichgültig und kann mich nur noch berühren, wenn ich ganz unten bin, aber ich habe gelernt, mich dann so weit es geht von ihr fernzuhalten ...

Keine Macht mehr über mich ...

lg daggi
 
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Original geschrieben von johko
Schlagen lehne ich auch ab, weil ich selbst oft genug "windelweich" geprügelt wurde und mitbekommen habe, wie meine Mutter von meiner Oma selbst Ohrfeigen kassiert hat.
Ich lehne Schlagen ab, weil es den Kindern weh tut und weil es Körperverletzung und Folter ist.
Erwachsene schlägt man ja auch nicht - was hätte das für einen Sinn? Wenn man etwas erreichen will, dann geht das mit geduldigem Erklären wesentlich besser.


Aber selbst ein BLÖDMANN "zwischendurch" mit voller Absicht schadet weniger als gar keine oder eine Wischiwaschi- Rückmeldung.
Wie gesagt ist "Blödmann" vom pädagogischen Standpunkt wertlos, wie man leicht sehen konnte: der Junge hat sein Spiel sofort wieder aufgenommen. Er hat ja auch nichts erklärt bekommen, das ihn zum Ändern seines Verhaltens hätte anregen können. Wer wirksam sein will, muß erklären.

Mir ist etwas ähnliches passiert, allerdings sehe ich den Umgang mit Spielzeugwaffen wohl etwas lockerer, kann es aber auch nicht leiden, wenn jemand auf mich anlegt. Es waren vier Jungen (6-8 Jahre?), die im Spiel auf mich zielten. Ich habe sie gefragt, ob das echte Waffen wären. In dem sich entwickelnden Gespräch konnte ich ihnen die Gründe zeigen, warum man nach meiner Meinung nicht auf Menschen anlegen sollte. Mit hängenden Köpfen sind sie davongetrollt und haben nicht mehr auf Menschen gezielt - naja - bis zur nächsten Ecke ;) :D


Natürlich sollte man Kindern ihre Grenzen zeigen, das brauchen sie sogar für eine normale Sozialisation, aber geduldig und liebevoll und nicht durch Gewalt.
 
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