Eulenspiegel
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Wenn das Volk auf der Straße Demokratie macht dann ist sie unerwünscht.
Siehe China:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tian’anmen-Massaker
Ukraine - Maidan:
http://www.freitag.de/autoren/berlino1010/russische-linke-wuenschen-sich-maidan-zurueck
http://www.jungewelt.de/2014/05-12/033.php
http://www.nzz.ch/aktuell/internati...aidan-und-sein-zerrbild-im-donbass-1.18289951
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2014/0410/maidan.php5
http://www.vatican.va/holy_father/b...ben-xvi_spe_20110922_reichstag-berlin_ge.html
APOSTOLISCHE REISE NACH DEUTSCHLAND <> 22.-25. SEPTEMBER 2011
(Papst Benedikt in Deutschland - Bundestag)
Auszugszitat:
Natürlich wird ein Politiker den Erfolg suchen, ohne den er überhaupt nicht die Möglichkeit politischer Gestaltung hätte. Aber der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet. Erfolg kann auch Verführung sein und kann so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit. „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“, hat der heilige Augustinus einmal gesagt[1]. Wir Deutsche wissen es aus eigener Erfahrung, daß diese Worte nicht ein leeres Schreckgespenst sind. Wir haben erlebt, daß Macht von Recht getrennt wurde, daß Macht gegen Recht stand, das Recht zertreten hat und daß der Staat zum Instrument der Rechtszerstörung wurde – zu einer sehr gut organisierten Räuberbande, die die ganze Welt bedrohen und an den Rand des Abgrunds treiben konnte. Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Politikers. In einer historischen Stunde, in der dem Menschen Macht zugefallen ist, die bisher nicht vorstellbar war, wird diese Aufgabe besonders dringlich. Der Mensch kann die Welt zerstören. Er kann sich selbst manipulieren. Er kann sozusagen Menschen machen und Menschen vom Menschsein ausschließen. Wie erkennen wir, was recht ist? Wie können wir zwischen Gut und Böse, zwischen wahrem Recht und Scheinrecht unterscheiden? Die salomonische Bitte bleibt die entscheidende Frage, vor der der Politiker und die Politik auch heute stehen.
Räuber in Augustinus Gottesstaat
1. Buch30. Die Ankläger der christlichen Zeiten möchten in schändlichem Überfluß schwelgen können.
Wenn Scipio Nasica, weiland euer Oberpriester, noch lebte, den einst der Senat einhellig
bestimmte, als es sich unter den Schrecken des punischen Krieges um die Überführung der
phrygischen Heiligtümer73 handelte und man den besten Mann ausfindig machen wollte, er, dem ihr vielleicht nicht ins Angesicht zu sehen wagtet, er würde euch von solcher Unverschämtheit zurückhalten. Denn ihr beklagt euch in dieser Heimsuchung doch nur deshalb über die christlichen Zeiten, weil ihr eure Schwelgerei gesichert wissen und ohne jede Belästigung durch Mühseligkeiten euren ganz verwerflichen Sitten fröhnen möchtet74. Nicht deshalb etwa wünscht ihr Friede und Überfluß aller Art, um solche Güter in Ehren zu gebrauchen, d. h. bescheiden, vernünftig, mäßig und fromm, sondern um in unsinniger Verschwendung immer neue Vergnügungen damit zu erjagen und so durch das Glück moralische Übel heraufzubeschwören, die schlimmer sind als feindliches Wüten. Euer Oberpriester Scipio aber, der trefflichste Mann nach dem Urteil des ganzen Senates, fürchtete solches Unheil für euch und wollte nicht zugeben, daß Karthago, damals die Nebenbuhlerin Roms, zerstört werde75; er widersprach Cato, der auf die Zerstörung drang, weil er befürchtete, die Sicherheit werde sich als Feindin der schwachen Gemüter erweisen, und sah ein, daß den gleichsam unmündigen Bürgern der Schrecken als der rechte Vormund nötig sei. Und er täuschte sich nicht; die Tatsachen haben erwiesen, wie sehr er recht hatte. Denn kaum war Karthago zerstört und so das große Schrecknis des römischen Staates verscheucht und beseitigt, als auch schon aus dem Wohlergehen Übel erwuchsen, so mächtig, daß die Eintracht dahinschwand und zunächst in heftigen und blutigen Aufständen und bald hernach durch das Zusammenwirken unseliger Ursachen selbst in Bürgerkriegen solche Metzeleien angerichtet wurden, soviel Blut floß und unmenschlicher Sinn in solcher Sucht nach Ächtungen und Räubereien entbrannte, daß die Römer, die in ihrer unbescholtneren Periode von ihren Feinden Schlimmes zu erfahren fürchteten, nun nach Verlust der Unbescholtenheit
Grausameres von ihren Mitbürgern zu erdulden hatten. Gerade die Herrschsucht, die sich unter den Gebrechen der Menschennatur beim gesamten römischen Volke besonders ausgeprägt vorfand, hat, in einigen wenigen Machthabern zum Durchbruch gelangt, die Übrigen in den Staub getreten, abgehetzt und unter das Joch der Knechtschaft gezwungen.
31. Die Stufenfolge der Laster, in der sich die Herrschsucht der Römer entwickelte.
Denn wann sollte die Herrschsucht in solch stolzen Gemütern zur Ruhe kommen, solang sie nicht durch stetige Verlängerung der Staatsämter zu königlicher Gewalt gelangte? Zur steten
Verlängerung der Staatsämter böte sich aber die Möglichkeit nicht, wenn nicht Gunstbuhlerei
übermächtig geworden wäre. Diese aber kann nur in einem durch Habsucht und Schwelgerei
verdorbenen Volke übermächtig werden. Und hab- und genußsüchtig wurde das Volk durch das Wohlergehen, das jener Nasica mit Scharfblick vermieden wissen wollte, da er für den
Fortbestand der größten, tapfersten und reichsten feindlichen Stadt eintrat, damit die Begier durchFurcht niedergehalten werde und, also niedergehalten, nicht in Schwelgerei ausarte und damit, wenn der Schwelgerei vorgebeugt wäre, auch die Habsucht nicht um sich greife und, wenn diesen Lastern ein Riegel vorgeschoben wäre, zum Wohle des Staates die Tugend blühe und wachse und eine Freiheit, wie sie solcher Tugend entspricht, Bestand habe. Aus der gleichen Erwägung und vorsorglichen Liebe zum Vaterland hat ferner eben dieser euer O berpriester, der von dem damaligen Senate [ich kann das nicht oft genug sagen] ohne jede Meinungsverschiedenheit als der beste Mann bezeichnet wurde, den Senat von dem Vorhaben und der Absicht, einen Zuschauerraum für ein Theater zu bauen, abgebracht und ihn in einer sehr
73nämlich des heiligen Steines im Kybeletempel zu Pessinus in Phrygien, von dessen Überführung nach Rom einem Ausspruch der sibyllinischen Bücher zufolge die Rettung Italiens abhängen sollte; Liv. 29, 10; Cicero, De aruspicum responsis.
ernsten Rede dazu vermocht, nicht zu dulden, daß sich griechische Schwelgerei in die männlichen Sitten des Vaterlandes einschleiche, und nicht zuzustimmen ausländischer Schlechtigkeit zur Erschütterung und Entmannung römischer Tüchtigkeit; und soviel bewirkte sein Ansehen, daß der Senat auf seine Worte hin fürsorglich selbst die beweglichen Sitze in Zukunft bereit zu stellen verbot, die das Publikum für die Zeit des Schauspiels bereits in Benützung zu nehmen begonnen hatte. Mit welchem Eifer hätte er die Bühnenspiele selbst aus der Stadt Rom verbannt, wenn er dem Willen derer sich zu widersetzen gewagt hätte, die er für Götter hielt und nicht als feindselige Dämonen erkannte oder, wenn er sie richtig erkannte, doch auch seinerseits lieber günstig stimmen als verachten zu sollen glaubte. Denn noch war den Völkern nicht die Lehre von oben verkündet, die durch den Glauben das Herz reinigt und dem Streben des Menschen in demütiger Frömmigkeit die Richtung auf das Ergreifen der himmlischen oder überhimmlischen Güter gegeben und es von der Herrschaft hochfahrender Dämonen befreit hätte.
3. Buch
13. Die ersten Ehen des Römervolkes, auf ihre Rechts und Vertragsgrundlagen geprüft.
Wie ganz ohnmächtig erwies sich Juno, die mit ihrem Jupiter bereits
„Schirmte die Römer, die Herren der Welt, das Volk in Toga“149,
erwies sich selbst Venus ihren Äneiden gegenüber, daß sie auf schickliche und rechtmäßige Art zu Weibern kämen! Mußte dieser Mangel so drückend werden, daß sie sich mit List Weiber raubten und darob mit ihren Schwiegervätern zu kriegen genötigt wurden, so daß die armen Frauen, ihren Männern noch grollend ob der erlittenen Unbill, nun auch noch das Blut ihrer Väter zur Mitgift erhielten? Aber es besiegten doch die Römer bei diesem Zusammenstoß ihre Nachbarn! Freilich, doch über wieviele und schwere Wunden und Morde so naher Verwandter und Angrenzer führte der Weg zu diesem Siege! Lucanus150 klagt im Gefühle tiefen und gerechten Schmerzes mit Bezug auf einen einzigen Schwiegervater — Cäsar — und dessen einzigen Schwiegersohn — Pompejus — und zwar spricht er dabei von der Zeit, da Cäsars Tochter, die Gemahlin des Pompejus, schon gestorben war:
„Singen will ich vom Bürgerkrieg auf Emathiens Fluren
— Bürgerkrieg? O müßte ich ihn nicht härter bezeichnen! —
Und von gesetzlich geheiligtem Frevel“.
Also die Römer siegten, um mit den vom Blute der Schwiegerväter triefenden Händen von deren Töchtern jammervolle Umarmungen zu erzwingen, und ihre Weiber, die eben noch während des Kampfes nicht wußten, für wen sie ihre Gebete emporsenden sollten, hätten ihre erschlagenen Väter zu beweinen nicht wagen dürfen, um nicht ihre siegreichen Männer zu beleidigen. Solche Hochzeiten hat dem römischen Volk nicht Venus, sondern Bellona bereitet, oder vielleicht hatte Allecto, die höllische Furie, jetzt, da Juno ihnen gewogen war, mehr Gewalt gegen sie, als da sie durch Junos Bitten wider Äneas aufgereizt ward151. Besser noch war die kriegsgefangene Andromache152 daran als dieses bräutliche Rom. Waren es auch erzwungene Umarmungen, die sie dem Pyrrhos153 gewährte, so hat doch dieser nach der Vereinigung mit ihr keinen Trojaner mehr getötet; die Römer dagegen metzelten ihre Schwiegerväter, da sie deren Töchter bereits ehelich umarmten, in einer Reihe von Kämpfen nieder. Andromache, erst nach dem Siege übergeben, brauchte doch den Tod der Ihrigen nur mehr zu beklagen, nicht mehr zu fürchten; die Sabinerinen, vor dem Kampfe vermählt, hatten den Tod ihrer Angehörigen zu befürchten, wenn ihre Männer auszogen, zu beklagen, wenn sie heimkehrten, und durften weder Furcht noch Klage frei äußern. Denn regte sich in ihnen ein Gefühl der Pietät, so mußte der Untergang ihrer Mitbürger, ihrer Verwandten, ihrer Brüder und Väter sie tief betrüben; nur Gefühllose konnten sich über den Sieg ihrer Männer freuen. Und wechselvoll, wie die Schicksale des Kampfes sind, fielen den einen unter den Streichen der Ihrigen ihre Männer, den anderen ihre Männer und ihre Verwandten in dem gegenseitigen Gemetzel. War doch auch auf römischer Seite die Gefahr nicht gering; es kam selbst zur Belagerung der Stadt und man mußte hinter den verschlossenen Toren Schutz suchen; aber auch diese öffneten sich durch Verrat, die Feinde drangen ein, auf dem Forum sogar entspann sich ein unseliger und nur allzu grimmer Kampf zwischen Vätern und Schwiegersöhnen, die Mädchenräuber wurden geschlagen, in Scharen flüchteten sie sich in das Innere ihrer Häuser und häuften Schande auf ihre früheren Siege, die doch an sich schon schmachvoll und traurig genug waren. Da rief Romulus in der Verzweiflung über die Mutlosigkeit seiner Leute zu Jupiter, er möge sie zum Stehen bringen, ein Moment, das Anlaß gab, dem Gott den Namen „Stator“ beizulegen; aber noch wäre des Unheils kein Ende gewesen, wenn nicht die geraubten Töchter mit aufgelösten Haaren hervorgestürzt wären, ihren Vätern sich zu Füßen geworfen und so deren gerechten Zorn nicht durch sieghafte Waffen, sondern durch kindliches Flehen gebrochen hätten. Darauf sah sich Romulus, dem die Mitherrschaft seines Bruders unerträglich gewesen war, genötigt, den Sabinerkönig Titus Tatius als Mitregenten zu dulden; aber wie hätte er ihn lange ertragen können, da er nicht einmal seinen Zwillingsbruder geduldet hatte? Also ermordete er auch ihn, wurde dadurch ein umso erhabenerer Gott und übernahm allein die Herrschaft. Was sind doch das für eheliche Rechte, was für Kriegsursachen, was für Bande der Brüderlichkeit und Schwägerschaft, was für Grundlagen der Bundesgenossenschaft und des Anspruchs auf göttliche Verehrung! Endlich, welch ein Staatsleben unter dem Schutz so zahlreicher Gottheiten! Du begreifst, wieviel Arges sich da sagen ließe, wenn wir nicht unsere Aufmerksamkeit den folgenden Zeiten zuwenden und deshalb das Thema verlassen müßten.
26. Krieg in allen Formen folgte auf die Errichtung des Concordiatempels.
Als eine mächtige Wehr wider Aufruhr glaubte man also den Tempel der Concordia, dieses Erinnerungszeichen an die Ermordung und Bestrafung der Gracchen, den Volksführern vor Augen stellen zu sollen. Was es half, zeigt sich darin, daß es noch schlimmer kam. Denn spätere Volksführer haben sich angelegen sein lassen, die Wege der Gracchen nicht etwa zu meiden, sondern ihr Beispiel noch zu übertrumpfen, so ein L. Saturninus, Volkstribun, und der Prätor G. Servilius und lange nachher M. Drusus, durch deren Aufstände zunächst jedesmal Mordszenen, und zwar nunmehr der schwersten Art veranlaßt wurden, nachmals aber die Bundesgenossenkriege entbrannten, die Italien hart bedrängten und in einen Zustand unglaublicher Verwüstung und -Verödung versetzten. Darauf folgte der Sklavenkrieg, den wieder Bürgerkriege ablösten. Welcher Kämpfe bedurfte es, welche Ströme von Blut flossen, bis fast alle italischen Völkerschaften, unter denen das römische Reich nur eben als das mächtigste hervorragte, wie wildes Barbarenvolk gebändigt waren! Wie sich sodann aus dem Vorstoß ganz weniger Gladiatoren — es waren ihrer keine siebzig — der Sklavenkrieg entwickelte, welch große Zahl entschlossener und erbitterter Teilnehmer er fand, welche Feldherren des römischen Volkes das Sklavenheer besiegte, was für Städte und Gegenden es verwüstete und wie es dabei herging, haben selbst die Geschichtsschreiber zu schildern kaum Worte genug gefunden. Und das war nicht der einzige Sklavenkrieg; Sklavenscharen haben auch die Provinz Macedonien182 und später Sicilien und die Meeresküste183 verheert. Wer könnte ferner nach Gebühr darstellen, in welchem Umfang und wie entsetzlich sie Räubereien verübten und dann heftige Seeräuberkriege hervorriefen?
27. Der Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla.
Als jedoch Marius, die Hände schon befleckt mit Bürgerblut — viele seiner Gegnerpartei hatte er bereits aus dem Wege geschafft — besiegt aus der Stadt floh und die Bürgerschaft eben ein wenig aufatmete, da „gewann“, um mich der Worte Ciceros184 zu bedienen, „nachmals Cinna neben Marius die Oberhand. Und nun wurden die bedeutendsten Männer ermordet und es erloschen mit ihnen die Leuchten des Staates. Für den grausamen Sieg nahm später Sulla Rache und es braucht nicht erst gesagt zu werden, mit welchem Verlust an Bürgern und mit welchem Unheil für den Staat.“ Über diese Rache, die schlimmeres Verbrechen anrichtete als wenn die Verbrechen, die bestraft wurden, ungestraft geblieben wären, äußert sich auch Lucanus185:
„Es überschritt die Heilung das Maß, zu stark griff die Hand ein,
Folgend des Übels Spur. Die Schuldigen gingen zugrunde,
Aber erst als es schien, sie sollten allein überdauern.“
In diesem Krieg zwischen Marius und Sulla füllten sich — abgesehen von denen, die außerhalb der Stadt in der Schlacht fielen — in der Stadt selbst die Straßen, die Gassen, die Plätze, die Theater, die Tempel derart mit Leichen, daß es schwer war zu entscheiden, wann die Sieger mehr Menschenleben opferten, ob vorher, um zu siegen, oder nachher, weil sie gesiegt; denn zuerst, beim Siege des Marius, als dieser eigenmächtig die Verbannung aufhob und zurückkehrte, wurde außer den da und dort angestellten Metzeleien, wie sie überall sich zutrugen, das Haupt des Konsuls Octavius auf der Rednerbühne aufgesteckt, die Cäsaren fielen unter der Mörderhand
182der Prätendentenkampf des Andriskos, 149/48 v. Chr.
183135-132 v. Chr.
184Cat. 3. 10.
185Phars. II 142 ff.
Fimbrias, zwei Crassus, Vater und Sohn, starben, einer vor den Augen des andern, eines gewaltsamen Todes, Bäbius und Numitorius wurden am Hacken geschleift und in Stücke zerrissen, Catulus entzog sich durch einen Gifttrank den Händen seiner Feinde, Merula, der dialische Flamen, öffnete sich die Adern und opferte dem Jupiter mit seinem eigenen Blut. Vor den Augen des Marius selbst aber wurden alle die sofort niedergehauen, deren Gruß er nicht durch Darreichung der Hand erwidern wollte.
4. Buch
4. Ohne Gerechtigkeit sind die Staaten nur große Räuberbanden.
Was sind überhaupt Reiche, wenn die Gerechtigkeit fehlt193, anderes als große Räuberbanden? Sind doch auch Räuberbanden nichts anderes als kleine Reiche. Sie sind eine Schar von Menschen, werden geleitet durch das Regiment eines Anführers, zusammengehalten durch Gesellschaftsvertrag und teilen ihre Beute nach Maßgabe ihrer Übereinkunft. Wenn eine solche schlimme Gesellschaft durch den Beitritt verworfener Menschen so ins große wächst, daß sie Gebiete besetzt, Niederlassungen gründet, Staaten erobert und Völker unterwirft, so kann sie mit Fug und Recht den Namen „Reich“ annehmen, den ihr nunmehr die Öffentlichkeit beilegt, nicht als wäre die Habgier erloschen, sondern weil Straflosigkeit dafür eingetreten ist. Hübsch und wahr ist der Ausspruch den ein ertappter Seeräuber Alexander dem Großen gegenüber getan hat194. Auf die Frage des Königs, was ihm denn einfalle, daß er das Meer unsicher mache, erwiderte er mit freimütigem Trotz: „Und was fällt dir ein, daß du den Erdkreis unsicher machst?
aber freilich, weil ich es mit einem armseligen Fahrzeug tue, nennt man mich einen Räuber, und dich nennt man Gebieter, weil du es mit einer großen Flotte tust.“
5. Die Macht der ausgebrochenen Gladiatoren war eine Art königlicher Gewalt.
Ich will nicht weiter untersuchen, was für Leute es waren, die Romulus um sich scharte; man mag es daraus abnehmen, daß für sie trefflich gesorgt war195, wenn sie nur ihren bisherigen Wandel aufgaben, eine staatliche Gemeinschaft errichteten, nicht mehr an die verdienten Strafen dachten, auf diese Weise die Furcht los wurden, die sie nur zu noch schlimmeren Untaten getrieben hätte, und sich fernerhin auf friedlicheren Fuß mit der Menschheit stellten. Aber ich weise darauf hin, daß das römische Reich selbst, als es bereits groß war nach Unterjochung vieler Völker und den übrigen furchtbar, es bitter empfand, in schwerer Sorge war und sich nicht wenig ängstigte angesichts der Aufgabe, ein namenloses Unheil abzuwenden, als etliche Gladiatoren in
1922 Petr. 2,19.
193Vgl. oben II 21.
194Cic. rep. 3, 14.
195Anspielung darauf, dass Rom durch Eröffnung eines Asyls für Flüchtlinge und Heimatlose bevölkert wurde.
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Campanien aus der Schule entsprangen, ein großes Heer um sich scharten, drei Anführer aufstellten und Italien weithin entsetzlich verwüsteten. Welcher Gott also stand ihnen zur Seite, daß sie sich aus einer kleinen verächtlichen Räuberschar zu einer Macht und Herrschaft aufschwangen, die selbst den schon so gewaltig angewachsenen römischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln furchtbar wurde? Oder will man die Hilfe der Götter in Abrede stellen, weil die Herrschaft der Gladiatoren nur von kurzer Dauer war? Aber ist denn etwa das Leben eines Menschen von langer Dauer? Auf diese Weise würden die Götter niemand zur Herrschaft verhelfen, weil jeder bald stirbt, und es wäre auch das, was für jeden einzelnen Menschen und demnach für alle Menschen insgesamt, nur eben für einen um den andern wie Rauch vergeht, nicht als eine Wohltat zu erachten. Denn was haben die, die zur Zeit des Romulus die Götter verehrten und längst schon gestorben sind, davon, daß nach ihrem Tode das römische Reich so mächtig anwuchs, während sich ihre Angelegenheiten in der Unterwelt abspielen? ob gut oder schlimm, das gehört nicht hieher. Und dasselbe gilt von allen, die durch dieses Reich [mag es sich auch unter dem beständigen Abgang und Hinzutritt von Lebenden über einen langen Zeitraum erstrecken] in ihren kurzen Lebenstagen rasch hindurcheilten, mit der Last ihrer Geschäfte beladen. Hat man jedoch auch die auf so kurze Zeit nur verliehenen Wohltaten der Hilfe der Götter zuzuschreiben, so haben sich die Gladiatoren nicht in geringem Maße ihrer Hilfe zu erfreuen gehabt: sie warfen die Fesseln des Sklavenstandes von sich, sie flohen, entkamen, sammelten ein großes und sehr tapferes Heer, wurden dank ihrem Gehorsam gegen die Ratschläge und Befehle ihrer Anführer der Macht Roms gewaltig furchtbar und für mehrere römische Feldherren unüberwindlich, machten schöne Beute, errangen Siege in stattlicher Zahl, überließen sich jeder Art von Lust, wonach ihnen die Begierde stand, und lebten bis zu ihrer Niederlage, die Arbeit genug kostete, herrlich und wie Könige. Doch steigen wir zu Höherem auf!
6. König Ninus war der erste, der aus Herrschsucht die Nachbarn mit Krieg überzog.
Justinus, der im Anschluß an Trogus Pompejus nicht nur, wie dieser auch, in lateinischer Sprache, sondern zugleich in kurzer Zusammenfassung eine Geschichte der Griechen oder vielmehr der außerrömischen Völker schrieb196, beginnt sein Werk mit den Worten: „Zu Beginn der Geschichte der Völker und Nationen stand die Herrschaft Königen zu, die zu solch erhabener Würde nicht durch Gunstbuhlerei beim Volke gelangten, sondern sich dazu bei den Guten durch weise Mäßigung empfohlen hatten. Keine Gesetze hielten die Völker in Schranken, das Belieben der Fürsten galt als Gesetz; man verlegte sich mehr darauf, die Reichsgrenzen zu Schutzen als sie zu erweitern; die Grenzen des Reiches fielen jeweils mit den Stammesgrenzen zusammen. Ninus, der Assyrerkönig, war der erste, der aus einer bis dahin unbekannten Gier nach Herrschaft mit diesem uralt überlieferten Herkommen brach. Er zuerst hat Nachbarvölker bekriegt und die im Widerstand noch ungeübten Stämme bis zu den Grenzen Libyens hin unterworfen.“ Und weiter unten sagt er: „Ninus begründete den gewaltigen Umfang der ersehnten Herrschaft in fortwährender Besitzergreifung. Dadurch also, daß er sich nach Überwältigung der zunächst angrenzenden Völker mit verstärkter Macht auf andere stürzte, so daß jeder neue Sieg die Grundlage für weitere bot, machte er sich sämtliche Völker des Orients Untertan.“ Mag es nun um die Glaubwürdigkeit des Justinus und des Trogus stehen wie es will [daß sie in manchen Punkten unrichtige Angaben machen, geht ja aus anderen, zuverlässigeren Schriften klar hervor],
196Justinus brachte im 2. Jahrh. nach Christus die von Trogus Pompejus aus griechischen Quellen geschöpfte Weltgeschichte [verfasst um die Zeit der Geburt Christi] in einen noch heute geschätzten Auszug.
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so stimmen doch auch andere Geschichtsschreiber darin überein, daß das Reich der Assyrer von König Ninus mächtig erweitert worden sei. Und es war von so langer Dauer, daß das römische Reich kein solches Alter aufzuweisen hat. Denn es währte nach den Ausführungen der Autoren, die die Zeitfolge der Geschichte behandelt haben, 1240 Jahre, die sich berechnen vom ersten Regierungsjahr des Ninus bis zum Übergang der Herrschaft an die Meder. Wie anders nun denn als Räuberei in großem Stil soll man ein Vorgehen bezeichnen, das darin besteht, Nachbarn zu bekriegen und immer weiter vorschreitend lediglich aus Herrschgier Völker, die einem nichts zu Leide getan haben, zu vernichten und zu unterwerfen?
Siehe China:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tian’anmen-Massaker
http://www.n-tv.de/politik/Angreifer-kommen-mit-Aexten-und-Sensen-article11742386.htmlTrotz der Namensgebung kam es auf dem Platz selbst zu keinen Todesfällen.[1][2] Bei der Niederschlagung des Aufstands kamen in anderen Teilen der Stadt jedoch nach Angaben von Amnesty International zwischen mehreren hundert und mehreren tausend Menschen ums Leben.[3] Presseberichte, die sich auf Quellen im chinesischen Roten Kreuz berufen, kamen auf die Angabe von 2600 Toten auf Seiten der Aufständischen und des Militärs und rund 7000 Verletzten im Laufe der Woche und in ganz Peking.[4]
Das muslimische Turk-Volk der Uiguren zählt rund zehn Millionen Menschen. Bis zu acht Millionen von ihnen leben in Xinjiang. Peking verleibte sich 1955 das ehemalige Ost-Turkestan als "Autonome Region" ein und siedelte dort Han-Chinesen an. Seitdem sehen sich Uiguren politisch, kulturell und wirtschaftlich unterdrückt.
Ukraine - Maidan:
http://www.freitag.de/autoren/berlino1010/russische-linke-wuenschen-sich-maidan-zurueck
http://www.jungewelt.de/2014/05-12/033.php
http://www.nzz.ch/aktuell/internati...aidan-und-sein-zerrbild-im-donbass-1.18289951
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2014/0410/maidan.php5
http://www.vatican.va/holy_father/b...ben-xvi_spe_20110922_reichstag-berlin_ge.html
APOSTOLISCHE REISE NACH DEUTSCHLAND <> 22.-25. SEPTEMBER 2011
(Papst Benedikt in Deutschland - Bundestag)
Auszugszitat:
Natürlich wird ein Politiker den Erfolg suchen, ohne den er überhaupt nicht die Möglichkeit politischer Gestaltung hätte. Aber der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet. Erfolg kann auch Verführung sein und kann so den Weg auftun für die Verfälschung des Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit. „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“, hat der heilige Augustinus einmal gesagt[1]. Wir Deutsche wissen es aus eigener Erfahrung, daß diese Worte nicht ein leeres Schreckgespenst sind. Wir haben erlebt, daß Macht von Recht getrennt wurde, daß Macht gegen Recht stand, das Recht zertreten hat und daß der Staat zum Instrument der Rechtszerstörung wurde – zu einer sehr gut organisierten Räuberbande, die die ganze Welt bedrohen und an den Rand des Abgrunds treiben konnte. Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Unrechts zu wehren ist und bleibt die grundlegende Aufgabe des Politikers. In einer historischen Stunde, in der dem Menschen Macht zugefallen ist, die bisher nicht vorstellbar war, wird diese Aufgabe besonders dringlich. Der Mensch kann die Welt zerstören. Er kann sich selbst manipulieren. Er kann sozusagen Menschen machen und Menschen vom Menschsein ausschließen. Wie erkennen wir, was recht ist? Wie können wir zwischen Gut und Böse, zwischen wahrem Recht und Scheinrecht unterscheiden? Die salomonische Bitte bleibt die entscheidende Frage, vor der der Politiker und die Politik auch heute stehen.
Räuber in Augustinus Gottesstaat
1. Buch30. Die Ankläger der christlichen Zeiten möchten in schändlichem Überfluß schwelgen können.
Wenn Scipio Nasica, weiland euer Oberpriester, noch lebte, den einst der Senat einhellig
bestimmte, als es sich unter den Schrecken des punischen Krieges um die Überführung der
phrygischen Heiligtümer73 handelte und man den besten Mann ausfindig machen wollte, er, dem ihr vielleicht nicht ins Angesicht zu sehen wagtet, er würde euch von solcher Unverschämtheit zurückhalten. Denn ihr beklagt euch in dieser Heimsuchung doch nur deshalb über die christlichen Zeiten, weil ihr eure Schwelgerei gesichert wissen und ohne jede Belästigung durch Mühseligkeiten euren ganz verwerflichen Sitten fröhnen möchtet74. Nicht deshalb etwa wünscht ihr Friede und Überfluß aller Art, um solche Güter in Ehren zu gebrauchen, d. h. bescheiden, vernünftig, mäßig und fromm, sondern um in unsinniger Verschwendung immer neue Vergnügungen damit zu erjagen und so durch das Glück moralische Übel heraufzubeschwören, die schlimmer sind als feindliches Wüten. Euer Oberpriester Scipio aber, der trefflichste Mann nach dem Urteil des ganzen Senates, fürchtete solches Unheil für euch und wollte nicht zugeben, daß Karthago, damals die Nebenbuhlerin Roms, zerstört werde75; er widersprach Cato, der auf die Zerstörung drang, weil er befürchtete, die Sicherheit werde sich als Feindin der schwachen Gemüter erweisen, und sah ein, daß den gleichsam unmündigen Bürgern der Schrecken als der rechte Vormund nötig sei. Und er täuschte sich nicht; die Tatsachen haben erwiesen, wie sehr er recht hatte. Denn kaum war Karthago zerstört und so das große Schrecknis des römischen Staates verscheucht und beseitigt, als auch schon aus dem Wohlergehen Übel erwuchsen, so mächtig, daß die Eintracht dahinschwand und zunächst in heftigen und blutigen Aufständen und bald hernach durch das Zusammenwirken unseliger Ursachen selbst in Bürgerkriegen solche Metzeleien angerichtet wurden, soviel Blut floß und unmenschlicher Sinn in solcher Sucht nach Ächtungen und Räubereien entbrannte, daß die Römer, die in ihrer unbescholtneren Periode von ihren Feinden Schlimmes zu erfahren fürchteten, nun nach Verlust der Unbescholtenheit
Grausameres von ihren Mitbürgern zu erdulden hatten. Gerade die Herrschsucht, die sich unter den Gebrechen der Menschennatur beim gesamten römischen Volke besonders ausgeprägt vorfand, hat, in einigen wenigen Machthabern zum Durchbruch gelangt, die Übrigen in den Staub getreten, abgehetzt und unter das Joch der Knechtschaft gezwungen.
31. Die Stufenfolge der Laster, in der sich die Herrschsucht der Römer entwickelte.
Denn wann sollte die Herrschsucht in solch stolzen Gemütern zur Ruhe kommen, solang sie nicht durch stetige Verlängerung der Staatsämter zu königlicher Gewalt gelangte? Zur steten
Verlängerung der Staatsämter böte sich aber die Möglichkeit nicht, wenn nicht Gunstbuhlerei
übermächtig geworden wäre. Diese aber kann nur in einem durch Habsucht und Schwelgerei
verdorbenen Volke übermächtig werden. Und hab- und genußsüchtig wurde das Volk durch das Wohlergehen, das jener Nasica mit Scharfblick vermieden wissen wollte, da er für den
Fortbestand der größten, tapfersten und reichsten feindlichen Stadt eintrat, damit die Begier durchFurcht niedergehalten werde und, also niedergehalten, nicht in Schwelgerei ausarte und damit, wenn der Schwelgerei vorgebeugt wäre, auch die Habsucht nicht um sich greife und, wenn diesen Lastern ein Riegel vorgeschoben wäre, zum Wohle des Staates die Tugend blühe und wachse und eine Freiheit, wie sie solcher Tugend entspricht, Bestand habe. Aus der gleichen Erwägung und vorsorglichen Liebe zum Vaterland hat ferner eben dieser euer O berpriester, der von dem damaligen Senate [ich kann das nicht oft genug sagen] ohne jede Meinungsverschiedenheit als der beste Mann bezeichnet wurde, den Senat von dem Vorhaben und der Absicht, einen Zuschauerraum für ein Theater zu bauen, abgebracht und ihn in einer sehr
73nämlich des heiligen Steines im Kybeletempel zu Pessinus in Phrygien, von dessen Überführung nach Rom einem Ausspruch der sibyllinischen Bücher zufolge die Rettung Italiens abhängen sollte; Liv. 29, 10; Cicero, De aruspicum responsis.
ernsten Rede dazu vermocht, nicht zu dulden, daß sich griechische Schwelgerei in die männlichen Sitten des Vaterlandes einschleiche, und nicht zuzustimmen ausländischer Schlechtigkeit zur Erschütterung und Entmannung römischer Tüchtigkeit; und soviel bewirkte sein Ansehen, daß der Senat auf seine Worte hin fürsorglich selbst die beweglichen Sitze in Zukunft bereit zu stellen verbot, die das Publikum für die Zeit des Schauspiels bereits in Benützung zu nehmen begonnen hatte. Mit welchem Eifer hätte er die Bühnenspiele selbst aus der Stadt Rom verbannt, wenn er dem Willen derer sich zu widersetzen gewagt hätte, die er für Götter hielt und nicht als feindselige Dämonen erkannte oder, wenn er sie richtig erkannte, doch auch seinerseits lieber günstig stimmen als verachten zu sollen glaubte. Denn noch war den Völkern nicht die Lehre von oben verkündet, die durch den Glauben das Herz reinigt und dem Streben des Menschen in demütiger Frömmigkeit die Richtung auf das Ergreifen der himmlischen oder überhimmlischen Güter gegeben und es von der Herrschaft hochfahrender Dämonen befreit hätte.
3. Buch
13. Die ersten Ehen des Römervolkes, auf ihre Rechts und Vertragsgrundlagen geprüft.
Wie ganz ohnmächtig erwies sich Juno, die mit ihrem Jupiter bereits
„Schirmte die Römer, die Herren der Welt, das Volk in Toga“149,
erwies sich selbst Venus ihren Äneiden gegenüber, daß sie auf schickliche und rechtmäßige Art zu Weibern kämen! Mußte dieser Mangel so drückend werden, daß sie sich mit List Weiber raubten und darob mit ihren Schwiegervätern zu kriegen genötigt wurden, so daß die armen Frauen, ihren Männern noch grollend ob der erlittenen Unbill, nun auch noch das Blut ihrer Väter zur Mitgift erhielten? Aber es besiegten doch die Römer bei diesem Zusammenstoß ihre Nachbarn! Freilich, doch über wieviele und schwere Wunden und Morde so naher Verwandter und Angrenzer führte der Weg zu diesem Siege! Lucanus150 klagt im Gefühle tiefen und gerechten Schmerzes mit Bezug auf einen einzigen Schwiegervater — Cäsar — und dessen einzigen Schwiegersohn — Pompejus — und zwar spricht er dabei von der Zeit, da Cäsars Tochter, die Gemahlin des Pompejus, schon gestorben war:
„Singen will ich vom Bürgerkrieg auf Emathiens Fluren
— Bürgerkrieg? O müßte ich ihn nicht härter bezeichnen! —
Und von gesetzlich geheiligtem Frevel“.
Also die Römer siegten, um mit den vom Blute der Schwiegerväter triefenden Händen von deren Töchtern jammervolle Umarmungen zu erzwingen, und ihre Weiber, die eben noch während des Kampfes nicht wußten, für wen sie ihre Gebete emporsenden sollten, hätten ihre erschlagenen Väter zu beweinen nicht wagen dürfen, um nicht ihre siegreichen Männer zu beleidigen. Solche Hochzeiten hat dem römischen Volk nicht Venus, sondern Bellona bereitet, oder vielleicht hatte Allecto, die höllische Furie, jetzt, da Juno ihnen gewogen war, mehr Gewalt gegen sie, als da sie durch Junos Bitten wider Äneas aufgereizt ward151. Besser noch war die kriegsgefangene Andromache152 daran als dieses bräutliche Rom. Waren es auch erzwungene Umarmungen, die sie dem Pyrrhos153 gewährte, so hat doch dieser nach der Vereinigung mit ihr keinen Trojaner mehr getötet; die Römer dagegen metzelten ihre Schwiegerväter, da sie deren Töchter bereits ehelich umarmten, in einer Reihe von Kämpfen nieder. Andromache, erst nach dem Siege übergeben, brauchte doch den Tod der Ihrigen nur mehr zu beklagen, nicht mehr zu fürchten; die Sabinerinen, vor dem Kampfe vermählt, hatten den Tod ihrer Angehörigen zu befürchten, wenn ihre Männer auszogen, zu beklagen, wenn sie heimkehrten, und durften weder Furcht noch Klage frei äußern. Denn regte sich in ihnen ein Gefühl der Pietät, so mußte der Untergang ihrer Mitbürger, ihrer Verwandten, ihrer Brüder und Väter sie tief betrüben; nur Gefühllose konnten sich über den Sieg ihrer Männer freuen. Und wechselvoll, wie die Schicksale des Kampfes sind, fielen den einen unter den Streichen der Ihrigen ihre Männer, den anderen ihre Männer und ihre Verwandten in dem gegenseitigen Gemetzel. War doch auch auf römischer Seite die Gefahr nicht gering; es kam selbst zur Belagerung der Stadt und man mußte hinter den verschlossenen Toren Schutz suchen; aber auch diese öffneten sich durch Verrat, die Feinde drangen ein, auf dem Forum sogar entspann sich ein unseliger und nur allzu grimmer Kampf zwischen Vätern und Schwiegersöhnen, die Mädchenräuber wurden geschlagen, in Scharen flüchteten sie sich in das Innere ihrer Häuser und häuften Schande auf ihre früheren Siege, die doch an sich schon schmachvoll und traurig genug waren. Da rief Romulus in der Verzweiflung über die Mutlosigkeit seiner Leute zu Jupiter, er möge sie zum Stehen bringen, ein Moment, das Anlaß gab, dem Gott den Namen „Stator“ beizulegen; aber noch wäre des Unheils kein Ende gewesen, wenn nicht die geraubten Töchter mit aufgelösten Haaren hervorgestürzt wären, ihren Vätern sich zu Füßen geworfen und so deren gerechten Zorn nicht durch sieghafte Waffen, sondern durch kindliches Flehen gebrochen hätten. Darauf sah sich Romulus, dem die Mitherrschaft seines Bruders unerträglich gewesen war, genötigt, den Sabinerkönig Titus Tatius als Mitregenten zu dulden; aber wie hätte er ihn lange ertragen können, da er nicht einmal seinen Zwillingsbruder geduldet hatte? Also ermordete er auch ihn, wurde dadurch ein umso erhabenerer Gott und übernahm allein die Herrschaft. Was sind doch das für eheliche Rechte, was für Kriegsursachen, was für Bande der Brüderlichkeit und Schwägerschaft, was für Grundlagen der Bundesgenossenschaft und des Anspruchs auf göttliche Verehrung! Endlich, welch ein Staatsleben unter dem Schutz so zahlreicher Gottheiten! Du begreifst, wieviel Arges sich da sagen ließe, wenn wir nicht unsere Aufmerksamkeit den folgenden Zeiten zuwenden und deshalb das Thema verlassen müßten.
26. Krieg in allen Formen folgte auf die Errichtung des Concordiatempels.
Als eine mächtige Wehr wider Aufruhr glaubte man also den Tempel der Concordia, dieses Erinnerungszeichen an die Ermordung und Bestrafung der Gracchen, den Volksführern vor Augen stellen zu sollen. Was es half, zeigt sich darin, daß es noch schlimmer kam. Denn spätere Volksführer haben sich angelegen sein lassen, die Wege der Gracchen nicht etwa zu meiden, sondern ihr Beispiel noch zu übertrumpfen, so ein L. Saturninus, Volkstribun, und der Prätor G. Servilius und lange nachher M. Drusus, durch deren Aufstände zunächst jedesmal Mordszenen, und zwar nunmehr der schwersten Art veranlaßt wurden, nachmals aber die Bundesgenossenkriege entbrannten, die Italien hart bedrängten und in einen Zustand unglaublicher Verwüstung und -Verödung versetzten. Darauf folgte der Sklavenkrieg, den wieder Bürgerkriege ablösten. Welcher Kämpfe bedurfte es, welche Ströme von Blut flossen, bis fast alle italischen Völkerschaften, unter denen das römische Reich nur eben als das mächtigste hervorragte, wie wildes Barbarenvolk gebändigt waren! Wie sich sodann aus dem Vorstoß ganz weniger Gladiatoren — es waren ihrer keine siebzig — der Sklavenkrieg entwickelte, welch große Zahl entschlossener und erbitterter Teilnehmer er fand, welche Feldherren des römischen Volkes das Sklavenheer besiegte, was für Städte und Gegenden es verwüstete und wie es dabei herging, haben selbst die Geschichtsschreiber zu schildern kaum Worte genug gefunden. Und das war nicht der einzige Sklavenkrieg; Sklavenscharen haben auch die Provinz Macedonien182 und später Sicilien und die Meeresküste183 verheert. Wer könnte ferner nach Gebühr darstellen, in welchem Umfang und wie entsetzlich sie Räubereien verübten und dann heftige Seeräuberkriege hervorriefen?
27. Der Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla.
Als jedoch Marius, die Hände schon befleckt mit Bürgerblut — viele seiner Gegnerpartei hatte er bereits aus dem Wege geschafft — besiegt aus der Stadt floh und die Bürgerschaft eben ein wenig aufatmete, da „gewann“, um mich der Worte Ciceros184 zu bedienen, „nachmals Cinna neben Marius die Oberhand. Und nun wurden die bedeutendsten Männer ermordet und es erloschen mit ihnen die Leuchten des Staates. Für den grausamen Sieg nahm später Sulla Rache und es braucht nicht erst gesagt zu werden, mit welchem Verlust an Bürgern und mit welchem Unheil für den Staat.“ Über diese Rache, die schlimmeres Verbrechen anrichtete als wenn die Verbrechen, die bestraft wurden, ungestraft geblieben wären, äußert sich auch Lucanus185:
„Es überschritt die Heilung das Maß, zu stark griff die Hand ein,
Folgend des Übels Spur. Die Schuldigen gingen zugrunde,
Aber erst als es schien, sie sollten allein überdauern.“
In diesem Krieg zwischen Marius und Sulla füllten sich — abgesehen von denen, die außerhalb der Stadt in der Schlacht fielen — in der Stadt selbst die Straßen, die Gassen, die Plätze, die Theater, die Tempel derart mit Leichen, daß es schwer war zu entscheiden, wann die Sieger mehr Menschenleben opferten, ob vorher, um zu siegen, oder nachher, weil sie gesiegt; denn zuerst, beim Siege des Marius, als dieser eigenmächtig die Verbannung aufhob und zurückkehrte, wurde außer den da und dort angestellten Metzeleien, wie sie überall sich zutrugen, das Haupt des Konsuls Octavius auf der Rednerbühne aufgesteckt, die Cäsaren fielen unter der Mörderhand
182der Prätendentenkampf des Andriskos, 149/48 v. Chr.
183135-132 v. Chr.
184Cat. 3. 10.
185Phars. II 142 ff.
Fimbrias, zwei Crassus, Vater und Sohn, starben, einer vor den Augen des andern, eines gewaltsamen Todes, Bäbius und Numitorius wurden am Hacken geschleift und in Stücke zerrissen, Catulus entzog sich durch einen Gifttrank den Händen seiner Feinde, Merula, der dialische Flamen, öffnete sich die Adern und opferte dem Jupiter mit seinem eigenen Blut. Vor den Augen des Marius selbst aber wurden alle die sofort niedergehauen, deren Gruß er nicht durch Darreichung der Hand erwidern wollte.
4. Buch
4. Ohne Gerechtigkeit sind die Staaten nur große Räuberbanden.
Was sind überhaupt Reiche, wenn die Gerechtigkeit fehlt193, anderes als große Räuberbanden? Sind doch auch Räuberbanden nichts anderes als kleine Reiche. Sie sind eine Schar von Menschen, werden geleitet durch das Regiment eines Anführers, zusammengehalten durch Gesellschaftsvertrag und teilen ihre Beute nach Maßgabe ihrer Übereinkunft. Wenn eine solche schlimme Gesellschaft durch den Beitritt verworfener Menschen so ins große wächst, daß sie Gebiete besetzt, Niederlassungen gründet, Staaten erobert und Völker unterwirft, so kann sie mit Fug und Recht den Namen „Reich“ annehmen, den ihr nunmehr die Öffentlichkeit beilegt, nicht als wäre die Habgier erloschen, sondern weil Straflosigkeit dafür eingetreten ist. Hübsch und wahr ist der Ausspruch den ein ertappter Seeräuber Alexander dem Großen gegenüber getan hat194. Auf die Frage des Königs, was ihm denn einfalle, daß er das Meer unsicher mache, erwiderte er mit freimütigem Trotz: „Und was fällt dir ein, daß du den Erdkreis unsicher machst?
aber freilich, weil ich es mit einem armseligen Fahrzeug tue, nennt man mich einen Räuber, und dich nennt man Gebieter, weil du es mit einer großen Flotte tust.“
5. Die Macht der ausgebrochenen Gladiatoren war eine Art königlicher Gewalt.
Ich will nicht weiter untersuchen, was für Leute es waren, die Romulus um sich scharte; man mag es daraus abnehmen, daß für sie trefflich gesorgt war195, wenn sie nur ihren bisherigen Wandel aufgaben, eine staatliche Gemeinschaft errichteten, nicht mehr an die verdienten Strafen dachten, auf diese Weise die Furcht los wurden, die sie nur zu noch schlimmeren Untaten getrieben hätte, und sich fernerhin auf friedlicheren Fuß mit der Menschheit stellten. Aber ich weise darauf hin, daß das römische Reich selbst, als es bereits groß war nach Unterjochung vieler Völker und den übrigen furchtbar, es bitter empfand, in schwerer Sorge war und sich nicht wenig ängstigte angesichts der Aufgabe, ein namenloses Unheil abzuwenden, als etliche Gladiatoren in
1922 Petr. 2,19.
193Vgl. oben II 21.
194Cic. rep. 3, 14.
195Anspielung darauf, dass Rom durch Eröffnung eines Asyls für Flüchtlinge und Heimatlose bevölkert wurde.
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Campanien aus der Schule entsprangen, ein großes Heer um sich scharten, drei Anführer aufstellten und Italien weithin entsetzlich verwüsteten. Welcher Gott also stand ihnen zur Seite, daß sie sich aus einer kleinen verächtlichen Räuberschar zu einer Macht und Herrschaft aufschwangen, die selbst den schon so gewaltig angewachsenen römischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln furchtbar wurde? Oder will man die Hilfe der Götter in Abrede stellen, weil die Herrschaft der Gladiatoren nur von kurzer Dauer war? Aber ist denn etwa das Leben eines Menschen von langer Dauer? Auf diese Weise würden die Götter niemand zur Herrschaft verhelfen, weil jeder bald stirbt, und es wäre auch das, was für jeden einzelnen Menschen und demnach für alle Menschen insgesamt, nur eben für einen um den andern wie Rauch vergeht, nicht als eine Wohltat zu erachten. Denn was haben die, die zur Zeit des Romulus die Götter verehrten und längst schon gestorben sind, davon, daß nach ihrem Tode das römische Reich so mächtig anwuchs, während sich ihre Angelegenheiten in der Unterwelt abspielen? ob gut oder schlimm, das gehört nicht hieher. Und dasselbe gilt von allen, die durch dieses Reich [mag es sich auch unter dem beständigen Abgang und Hinzutritt von Lebenden über einen langen Zeitraum erstrecken] in ihren kurzen Lebenstagen rasch hindurcheilten, mit der Last ihrer Geschäfte beladen. Hat man jedoch auch die auf so kurze Zeit nur verliehenen Wohltaten der Hilfe der Götter zuzuschreiben, so haben sich die Gladiatoren nicht in geringem Maße ihrer Hilfe zu erfreuen gehabt: sie warfen die Fesseln des Sklavenstandes von sich, sie flohen, entkamen, sammelten ein großes und sehr tapferes Heer, wurden dank ihrem Gehorsam gegen die Ratschläge und Befehle ihrer Anführer der Macht Roms gewaltig furchtbar und für mehrere römische Feldherren unüberwindlich, machten schöne Beute, errangen Siege in stattlicher Zahl, überließen sich jeder Art von Lust, wonach ihnen die Begierde stand, und lebten bis zu ihrer Niederlage, die Arbeit genug kostete, herrlich und wie Könige. Doch steigen wir zu Höherem auf!
6. König Ninus war der erste, der aus Herrschsucht die Nachbarn mit Krieg überzog.
Justinus, der im Anschluß an Trogus Pompejus nicht nur, wie dieser auch, in lateinischer Sprache, sondern zugleich in kurzer Zusammenfassung eine Geschichte der Griechen oder vielmehr der außerrömischen Völker schrieb196, beginnt sein Werk mit den Worten: „Zu Beginn der Geschichte der Völker und Nationen stand die Herrschaft Königen zu, die zu solch erhabener Würde nicht durch Gunstbuhlerei beim Volke gelangten, sondern sich dazu bei den Guten durch weise Mäßigung empfohlen hatten. Keine Gesetze hielten die Völker in Schranken, das Belieben der Fürsten galt als Gesetz; man verlegte sich mehr darauf, die Reichsgrenzen zu Schutzen als sie zu erweitern; die Grenzen des Reiches fielen jeweils mit den Stammesgrenzen zusammen. Ninus, der Assyrerkönig, war der erste, der aus einer bis dahin unbekannten Gier nach Herrschaft mit diesem uralt überlieferten Herkommen brach. Er zuerst hat Nachbarvölker bekriegt und die im Widerstand noch ungeübten Stämme bis zu den Grenzen Libyens hin unterworfen.“ Und weiter unten sagt er: „Ninus begründete den gewaltigen Umfang der ersehnten Herrschaft in fortwährender Besitzergreifung. Dadurch also, daß er sich nach Überwältigung der zunächst angrenzenden Völker mit verstärkter Macht auf andere stürzte, so daß jeder neue Sieg die Grundlage für weitere bot, machte er sich sämtliche Völker des Orients Untertan.“ Mag es nun um die Glaubwürdigkeit des Justinus und des Trogus stehen wie es will [daß sie in manchen Punkten unrichtige Angaben machen, geht ja aus anderen, zuverlässigeren Schriften klar hervor],
196Justinus brachte im 2. Jahrh. nach Christus die von Trogus Pompejus aus griechischen Quellen geschöpfte Weltgeschichte [verfasst um die Zeit der Geburt Christi] in einen noch heute geschätzten Auszug.
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so stimmen doch auch andere Geschichtsschreiber darin überein, daß das Reich der Assyrer von König Ninus mächtig erweitert worden sei. Und es war von so langer Dauer, daß das römische Reich kein solches Alter aufzuweisen hat. Denn es währte nach den Ausführungen der Autoren, die die Zeitfolge der Geschichte behandelt haben, 1240 Jahre, die sich berechnen vom ersten Regierungsjahr des Ninus bis zum Übergang der Herrschaft an die Meder. Wie anders nun denn als Räuberei in großem Stil soll man ein Vorgehen bezeichnen, das darin besteht, Nachbarn zu bekriegen und immer weiter vorschreitend lediglich aus Herrschgier Völker, die einem nichts zu Leide getan haben, zu vernichten und zu unterwerfen?
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