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Verzeihung

Zitat Wirrlicht:
„Und diese Frau war ruhig! Sie wirkte weder verzweifelt noch haßerfüllt, sondern einfach ruhig. Sie hatte u.a. erzählt, daß sie froh war, sich mit dem Menschen, der sie seinerzeit denunziert hatte, ausgesöhnt zu haben. Und am Ende der Sendung meinte sie, es sei wichtig, mit sich selbst einig zu sein (oder so).

Das beschäftigt mich, ich kann's nicht nachvollziehen. Ich weiß, man kann sehr vieles "verwinden", aber diese einfache Frau ist irgendwie noch weiter gekommen, sie hat Ruhe und Frieden ausgestrahlt. Das hat so gar nicht aufgesetzt gewirkt.

Ich frage mich, wie weit Verzeihung gehen kann.

Momentan beschäftigt mich das Thema wieder sehr “
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Guten Abend Wirrlicht.

Genau das ist es, was ich mit meinem Beitrag, (siehe unter 05.09.2003 um 21:24) zum Ausdruck bringen wollte. Diese von Dir beschriebene einfache Frau hat den (wahren) Sinn der christlichen Lehre verinnerlicht.

MfG
Jan Amos
 
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Hallo Jan -

ja, das hatte ich damals schon verstanden. Glaubst Du, daß diese Vergebung ausgesprochen christlich ist? Oder ganz allgemein mit irgendeiner Religion zusammenhängen muß? Oder kann man diese Haltung ganz unabhängig von jeglichem Glauben irgendwann erreichen?

LG,wirrlicht
 
Glaube und Vergebung

Guten Tag Wirrlicht,
hier nun meine Antworten zu:

1.) „Glaubst Du, daß diese Vergebung ausgesprochen christlich ist?“

Nein, ich habe das Beispiel nur deshalb genommen, weil ich selbst in das Christentum hineingeboren wurde und im „Vater unser“ speziell auf die Vergebung hingewiesen wird.


2.) „Oder ganz allgemein mit irgendeiner Religion zusammenhängen muß?“

Ich denke schon, wobei ich nicht nur die gängigen Religionen meine, sondern auch die sogenannten Naturreligionen bei den durch die Zivilisation noch nicht verdorbenen Naturvölkern.
Wenn z.B. ein afrikanischer Buschneger sich bei dem Geist der getöteten Antilope dafür entschuldigt, dass er Nahrung für sich und seinen Stamm benötigt, dann hat er für mein Empfinden mehr Zivilisation und Achtung vor der Schöpfung Gottes, als wir zivilisierten Völker die bedenkenlos Tiere unter den erbärmlichsten Bedingungen halten, nur damit ein übergroßes Angebot an Fleisch zur Verfügung steht.


3.) „Oder kann man diese Haltung ganz unabhängig von jeglichem Glauben irgendwann erreichen?“

Ohne Glauben sicher nicht, wohl ohne einer bestimmten Religion anzugehören. M.E. ist die Bitte um Vergebung eine Grundhaltung, die jedem Menschen im tiefsten Innern zu Eigen sein dürfte. Wenn viele Menschen nicht bereit sind zu vergeben, liegt das sicherlich daran, dass diese Menschen immer nur das sehen was ihnen angetan wurde und nicht was sie anderen antun.
Wenn nun ein Atheist sagt: ich glaube aber nicht an Gott, vergebe aber genau so, wie ein religiös geprägter Mensch, dann ist es eben diese Haltung die ihm, wie schon gesagt, zu Eigen ist und nicht durch Religion im Sinne von Kirche und Priesterschaft vermittelt wurde.

MfG
Jan Amos
 
Danke für Deine Antwort, Jan :)


Ich glaube, Du hast recht. Es ist nur so schwer, sich einerseits von belastenden religiösen Zwängen freizumachen, andererseits dennoch bestimmte Prinzipien für richtig zu akzeptieren.

Darf ich Auszüge aus Deinem Beitrag an anderer Stelle zitieren?

LG, wirrlicht
 
Glaube und Vergebung

Original geschrieben von Jan Amos
Wenn nun ein Atheist sagt: ich glaube aber nicht an Gott, vergebe aber genau so, wie ein religiös geprägter Mensch, dann ist es eben diese Haltung die ihm, wie schon gesagt, zu Eigen ist und nicht durch Religion im Sinne von Kirche und Priesterschaft vermittelt wurde.
Klingt so, das ob der religiös gepräge Mensch generell - oder zumindest viel eher als der nicht religiöse - eine Vergebungshaltung in sich hat... Es hat Zeiten gegeben, da haben die Kirchen nich die Vergebung, wohl aber die Rache gepredigt und gelebt. Es war letztlich die atheistische Aufklärung gewesen, die die Kirchen gezwungen hat, sich anderer biblischer Inhalte zu besinnen...
Ich drifte ab. Ich wollte was fragen: Hast du nicht oft den Verdacht, dass ein religiös geprägter Mensch "verzeiht", weil Verzeihen eine Jesus-Direktive ist und ihm die Ewigkeit sichert? Dass er Verzeihung als einen Deal sieht, mit dem er das ewige Leben einkauft? Es gibt eine Art von "Verzeihen", das Verletzung und daraus entstandene Aggression unterdrückt. Verzeihen sollte meiner Auffassung nach ein Akt des Aufräumens sein. Dreck unter den Teppich zu fegen gehört nicht dazu.

Gysi
 
Hallo Wirrlicht,
natürlich habe ich nichts dagegen, wenn Du aus meinen Beiträgen zitierst, auch ohne Quellenangabe. Ich erhebe keine Besitzansprüche auf etwas was jedem zugänglich ist und auch viele meiner Weisheiten habe ich wo anders geschöpft, und wenn Gedanken in mir hochkommen, können diese wo anders ausgesendet worden sein, von jemand der sich wie ich gerade mit dem gleichen Gedanken befasst.


Hallo Gysi,

Zitat: „Klingt so, das ob der religiös gepräge Mensch generell - oder zumindest viel eher als der nicht religiöse - eine Vergebungshaltung in sich hat...“

Wenn es so klingt, war es aber nicht so gemeint ich wollte eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass Verzeihungshaltung, in der letzten Konsequenz, nicht ausschließlich mit Religion zu tun hat, wenn es auch im Christentum religiös begründet wird.


Zitat: „Ich wollte was fragen: Hast du nicht oft den Verdacht, dass ein religiös geprägter Mensch "verzeiht", weil Verzeihen eine Jesus-Direktive ist und ihm die Ewigkeit sichert? Dass er Verzeihung als einen Deal sieht, mit dem er das ewige Leben einkauft?“

Bedauerlicher Weise ist es offensichtlich vielfach so. So hat Hugo von Hoffmannsthal in seinem Schauspiel: „Jedermann“ genau dieses Geschäft mit Gott – oder sollte man besser sagen mit der Kirche – zur Darstellung gebracht. Wer weiß wieviele Erben bei der Testamentseröffnung aus allen Wolken gefallen sind, als sie erfuhren, dass die Kirche schon vorher da war um Haus, Hof und Vermögen aus der „noch“ warmen Hand zu empfangen.


Zitat: „Verzeihen sollte meiner Auffassung nach ein Akt des Aufräumens sein. Dreck unter den Teppich zu fegen gehört nicht dazu.“

Der Dreck unter dem Teppich kommt auch wieder zum Vorschein und ist keine Lösung.
Heißt es doch in einem Sponti-Spruch so schön: Ist über eine dumme Sache endlich Gras gewachsen, kommt mit Sicherheit wieder ein Kamel um es weg zu fressen!

MfG

Jan Amos
 
Wenn man alte, schlimme Verletzungen verzeihen konnte, aber mit einer noch relativ "frischen", vergleichsweise harmlosen, nicht fertig wird - dann stellt sich mir die Frage, wie weit es wohl mit dem "inneren Frieden" her sein kann.


Heute habe ich eine ideale Gelegenheit für Rache entdeckt. Es juckt mich - ich will am liebsten zurückschlagen, noch viel schlimmer, als das was ich abbekommen habe. Jetzt hätte ich Gelegenheit dazu.


Verdammt, das paßt nur nicht mehr in mein Selbstbild rein. Beim Gedanken, meinen Haß aufgeben zu müssen, wird mir fast schlecht!

Sorry, heute bin ich nicht gerade in Hochform. Wenn ich meinem Bedürfnis nach Rache nachgebe, hätte ich ja nichts gewonnen, ich weiß ja.

Mir sollte egal sein, was dieser *** treibt. :(

wirrlicht
 
Komische Frage

Hi all,

Man zeigt jemandem, den man um Verzeihung bittet, daß man dasselbe Ziel verfolgt, mit Ihm und der Welt eins ist. Man hat etwas getan, das dieses Gemeinschaftsgefühl stört. Um Verzeihung bitten beteutet, diesen Zwist wieder aufzulösen- das ist alles.

Gruß
Guardian:cool:
 
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Komische Frage?

Original geschrieben von Guardian
Man zeigt jemandem, den man um Verzeihung bittet, daß man dasselbe Ziel verfolgt, mit Ihm und der Welt eins ist. Man hat etwas getan, das dieses Gemeinschaftsgefühl stört. Um Verzeihung bitten beteutet, diesen Zwist wieder aufzulösen- das ist alles.
Vor dem Verzeihen muss die aufrichtig erfühlte Reue stehen! Sonst ist dieses "um Verzeihung bitten" - und das "Verzeihen" - nur hohles Gewäsch, dass den Rachereflex unterdrückt!

Gysi
 
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