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Verzeihung

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Ich möchte dir dazu eine kleine Begebenheit erzählen. Meine kleine Schwester hat mir einmal vor vielen Jahren etwas „sehr böses“ angetan. Sie und unsere Gesellschaft waren der Meinung es sei etwas Böses. Ich habe es nicht ignoriert sondern eine Antwort für mich gefunden. Es war für mich so. Ich habe sie dafür nicht „bestraft“ das konnte ich nicht, weil ich nichts Böses in ihrer Handlung sah. Ich mochte und mag sie immer noch wie sie ist. Es löste in ihr unheimlich starkes Schuldgefühl aus, welches in Wahrheit aber mit mir nichts zu tun hatte. Es war ihr Gewissen Ihre Einstellung zu Gut Böse Strafe Busse.
15 Jahre später bat sie mich um Verzeihung. (Im Zuge einer Therapie) Ich konnte ihr nicht verzeihen, da es nichts zu verzeihen gab. Sie konnte sich nur selbst verzeihen. An dem Tag wurde mir klar, dass keine Strafe, sich nirgendwo entschuldigen können, ein Verzeihen nicht einfordern können, eine sehr große Strafe ist. Verzeihen kann jeder nur sich selbst. Solange sie dass nicht kann, kann sie auch anderen nicht vergeben, auch wenn es nichts zu vergeben gibt. Das ist ihr Dilemma.
 
Das gefällt mir, Akelei :)

(nein, natürlich nicht die Situation Deiner Schwester, sondern was Du zur Verzeihung schreibst).

Ich hatte noch nie das Bedürfnis, zu verzeihen und ich verzeihe auch nie. Mich wundert aber immer wieder, daß "Verzeihen" ein Thema zu sein scheint.

Bin gespannt, wie die anderen das sehen.

LG, wirrlicht
 
von wirrlicht
Ich hatte noch nie das Bedürfnis, zu verzeihen und ich verzeihe auch nie.
Ich würde "verzeihen" auch nicht zu den Bedürfnissen des Menschen zählen, sondern eher zu den "höflichen" Umgangsformen.

Gruß
Georg
 
@Georg: "Höflichkeit" - und das in Zusammenhang mit Verzeihung? Erkläre das bitte näher.

Wenn um eine höfliche Geste so viel Tamtam gemacht würde, fände ich's schon gruselig. Welche Bedeutung hat Verzeihung für DICH?

Was das "Bedürfnis" angeht: mir scheint, daß bei vielen tatsächlich ein solches Bedürfnis vorhanden ist. Genau genommen ist es vor allem das, was mich daran so irritiert.

LG, wirrlicht
 
@wirrlicht

Wenn ich z.B. in der U-Bahn jemanden im Gedränge versehentlich anstoße (autsch), würde ich "Verzeihung" sagen. Aber nicht weil es mein Bedürfnis ist, sondern aus Höflichkeit. Das ist auch die Bedeutung, die ich persönlich darin sehe. Nicht mehr und nicht weniger.

Welche Bedeutung hat denn Verzeihung für DICH ?


Gruß
Georg
 
Ach so - klar, tappse ich jemandem versehentlich auf die Füße, sage ich ganz automatisch "Entschuldigung" (blöderweise meistens auch dann, wenn MIR jemand auf die Füße tappst - echte Frauenmacke :rolleyes: )


Nein, ich meinte Verzeihung zum Beispiel (ich glaube, Daggi hat's kürzlich irgendwo erwähnt) daß man verzeihen lernen müsse, um selbst frei sein zu können - beispielsweise den Peinigern aus der Kindheit, einem ehemaligen Partner, der einen betrogen hat, einem Menschen, der einen tief verletzt hat und nun um Verzeihung bittet - sowas in diese Richtung.

Ich kann damit nur nicht viel anfangen. Entweder ich verstehe und akzeptiere (beispielsweise wenn jemand sagt: "Ich hatte 'nen schlechten Tag, wollte aber eigentlich nicht DICH verletzen!") dann erübrigt sich das Verzeihen - die Sache ist für mich dann erledigt. Oder ich finde bestimmte Verhaltensweisen dermaßen daneben, daß ich nicht bereit bin, sie zu akzeptieren: dann erübrigt sich das "Verzeihen" insofern, daß ich mich von einer Person, die diese Verhaltensweisen hat, fernhalte.

Manche sagen, man könne "verzeihen, aber nicht vergessen". Ich kapiere den Unterschied nicht. Ist Verzeihen letztlich nicht nur ein Gradmesser dafür, wie verletzt oder wütend jemand nach einiger Zeit über bestimmte Dinge ist?

Es gibt vieles, das ich nie verzeihen würde - auch wenn mir die Personen, die das betrifft, schon lange gleichgültig geworden sind. Und es gibt Dinge, die ich für schlicht unverzeihlich halte (im Hinblick auf Therapien - da wurde mir oft als "Therapieziel" das Verzeihen anempfohlen). Wie auch immer. Ich kapiere das Prinzip nicht so ganz.

LG, wirrlicht
 
Schwupp - hier bin ich schon :D ...

Vielleicht ist "nachtragend" das bessere Wort ...

Meine Eltern sind beide von diesem Verhalten geprägt und ich habe erfahren, wohin es führt, wenn man nicht "verzeihen/loslassen" kann.

Es hat alle beide in die Isolation geführt und zu dem Denken "alle Menschen sind schlecht ..." "Ich bin ja so enttäuscht von allen und der ganzen Welt" Die Idee bei sich selbst mal anzufangen kommt gar nicht vor ...

Unter normalen Umständen könnte man jetzt natürlich sagen: Das ist ja deren Problem, aber so einfach ist das nicht...

In jeder Beziehung - egal ob elterliche - partnerschaftliche - gibt es Verletzungen. Es liegt einfach in der Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten - wer sich ein wenig mit Astrologie beschäftigt, der weiß das sowieso ... Ist jemand nachtragend - kann nicht verzeihen ... dann macht er irgendwann dicht.

D.h. man selbst hat die Situation durchdacht. Hat seine Fehler erkannt, ist bereit sich das nächste Mal anders zu verhalten - aber der andere läßt einen nicht ... er verharrt in seiner Verhaltensweise und verhindert so jede Annäherung ...

Warum ist nun ein anderes Thema ... es hat auch etwas mit Macht zu tun, die man damit über Menschen ausübt, die einem nahestehen. Gerade zwischen Kindern und Eltern ist das ein ganz fieses Kapitel.
Es erzeugt immer Schuldgefühle ... ein Eingeengtsein ... nicht Richtigsein-Gefühl ... nicht einfach sein dürfen ... und es macht einen natürlich lenkbar ... Denn als Kind bin ich ja von der Liebe meiner Eltern abhängig ...
Es gibt auch so Kamikaze-Flieger wie mich, die dann erst recht bockig werden ... sich in sich selbst zurückziehen und somit dem anderen die Macht wieder entziehen, aber der Preis ist hoch ... denn dann ist man selbst in der Isolation, und der andere ist erlöst ... eine gemeine Sache - finde ich ...

Wenn meine Mutter sagte, sie könne verzeihen aber nicht vergessen, hieß das immer ... ich rede zwar mit Dir, ich habe Kontakt zu Dir ... aber da ist etwas, dass für Dich für alle Zeit nicht mehr erreichbar ist ... Meine Liebe, mein Vertrauen, mein Wohlwollen, usw. ... Das hat sie nicht nur mit mir so gemacht, sondern mit meinem Vater und dessen Mutter genauso ...
Eigentlich mit allem Menschen, die sich je um sie bemüht haben ...

Ich setze "verzeihen" mit immer wieder aufeinander zugehen gleich, mit Verständnis ... mit Offenheit und der Einsicht, dass man selbst ja auch nicht fehlerfrei ist und vom anderen auch so genommen werden möchte, wie man nunmal ist ...

Ich habe aus der Situation herausgefunden, indem ich mich emotional von ihr gelöst habe. Ich habe aufgehört, mich für ihre Gefühle zuständig zu fühlen und ich habe erkannt, dass sie mich an sich gekettet hatte durch Liebesentzug ...

Wenn man z.b. von Kleinkind an immer mit Schuldgefühlen beladen wurde und die Verantwortung übernommen hat, nicht nur für sich, sondern auch noch für die Handlungen der Erwachsenen, dann ist es irgendwann mal Zeit das zu erkennen und sich zu sagen: Ich war ja nur ein Kind ... ich konnte nicht richtig handeln ... es war gar nicht meine Aufgabe ... richtig zu handeln ... " Wenn man das verinnerlicht hat dann hat man sich "verziehen" und gibt die "Verantwortung" rückwirkend wieder an die Personen ab, die sie ursprünglich innehatten ...

d.
 
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Hallo Gysi ...


es tut mir leid, wenn ich Dich verletzt habe ...

Ich habe es nicht in dem Bewußtsein getan, Dich zu verletzen ... ich habe einfach eine ziemlich grobe Art ... vor allen Dingen, wenn ich jemand mag ...

Und ich mag Dich sehr ... :D

lg daggi
 
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