Und wenn man tägl. 10 l Milch und 20 Eier am Tag isst, hat das ganze gute Protein keinen Wert, wenn man nicht genügend Muskeltraining macht. Wer hingegen ausreichend trainiert, kann als Veganer sogar der stärkste Mann der Welt werden, oder Formel 1 Weltmeister, oder Surfweltmeisterin, oder Nr. 1 im Tennis, oder, oder, oder...
Nur eben nicht ohne Soja.
Proteine werden nicht nur für Muskeln benötigt.
Eben.
Erfährt der Körper auf Dauer einen Mangel an Proteinen, dann verteilt es diesen Mangel nicht gleichmäßig mit der Gießkanne. Vielmehr sieht er es aus biologisch-evolutionärer Sicht als eine Art Durststrecke, die es zu überwinden gilt, bis wieder gehaltvollere Nahrung kommt. Vorrangig geht es nun um das Überleben des Individuums.
Als erstes sind Haare & Haut betroffen, die am ehesten verzichtbaren Teile des Körpers. Es folgen Immunsystem und Reproduktionsorgane, Eisprung und somit die Menstruation kommen zum Erliegen, bei Männern leidet die Potenz. Bei einer so schlechten Nahrungsgrundlage wären Schwangerschaft und Aufzucht der Nachkommen sowieso unmöglich. Dann leidet die Muskulatur, schließlich innere Organe, das Nervensystem und zuletzt das Gehirn. Ist das Nervensystem betroffen, sind die Schäden meist irreversibel.
Man kann sich mal den Spaß geben, auf einem Vegetarier- oder Veganerforum nur mal die Stichworte "Haare", "Haut" in die Suchzeile einzugeben: Man wird auf Anhieb gleich einige Dutzend Threads finden, in den Vegetarier/Veganer über Probleme mit den Haaren (Ausfall) oder mit der Haut berichten. Der Grund dafür ist schlicht Proteinmangel.
Es wird nicht dadurch besser, dass die Betroffenen sich ihre Mangelernährung durch Prozesse schönreden, die es in der Biologie/Medizin nicht gibt, wie etwa "Verschlimmbesserungen", "Übersäuerung" oder "Verzögerungen in der Stoffwechselanpassung".
Bezüglich der Wertigkeit muss man auch bedenken, dass diese ihre volle Relevanz nur dann hat, wenn jene Proteinquelle die einzige genutzte wäre. Da wir aber mehrere Quellen nutzen, kann im Extremfall die Kombination zweier halbwertiger Proteinquellen eine vollwertige ergeben.
Je ähnlicher die Proteinquellen aber sind desto geringer dieser Effekt.
Unbestritten, aber diese mehreren Quellen muss es dann auch geben.
Bei einer gewöhnlichen Mischkost braucht man darüber gar nicht nachdenken, bei einer ovo-lacto-vegetarischen auch nicht. Bei einer veganen Ernährung sieht das aber anders aus, denn proteinhaltige, rein pflanzliche Nahrungsmittel gibt es nur wenige, und deren Wertigkeit ist nicht hoch. Deren Aminosäuren-Zusammensetzungen weisen dann auch meist dieselben Lücken auf und nicht etwa andere, sodaß die Kombination dieser Nahrungsmittel nichts bringt (i.d.R. die Aminosäure Lysin).
Eine andere Schwachstelle einer veganen Ernährung ist das Mengenelement Eisen, welches der Körper für Blutbildung braucht.
Es gibt für das Element Eisen in der Ernährung drei relevante Formen, die anorganischen Verbindungen zweiwertiges Eisen (Fe2+) und dreiwertiges Eisen (Fe3+) und das organische Hämeisen.
Hämeisen, enthalten in der Komplexverbindung Hämoglobin, ist nur in roten Blutkörperchen enthalten und somit rein tierisch. Für Hämeisen verfügt der menschliche Körper über einen eigenen Transporter und nimmt darüber 80% sofort auf.
Fe3+ kann der Körper nicht aufnehmen, er scheidet es wieder aus.
Fe2+ kann der Körper aufnehmen, aber es wird durch in der Nahrung enthaltene Hemmstoffe (Koffein, Gerbstoffe, Polyphenole, Phytinsäure, Oxalsäure u.a.) leicht blockiert. Sie bilden dann mit dem Eisen Komplexverbindungen, die der Körper nicht mehr aufspalten kann und werden ausgeschieden. Also sprich: Kaffee, Tee, Kräutertees, Spinat, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Rotwein u.a.
Aber auch Sojaprotein blockiert Eisen in einem noch unbekannten Mechanismus.
Die Eisengehalte von pflanzlichen Nahrungsmitteln in irgendwelchen Tabellen sind somit praktisch irrelevant. Denn sie sagen nichts über die Eisenaufnahme aus. Fatal wird das Ganze dann auch vor allem dadurch, dass ausgerechnet auch solche Nahrungsmittel, die man als Veganer unbedingt essen sollte (Hülsenfrüchte, Soja) dann auch das Eisen blockieren.
Im Grunde müsste man dann seine Eisenzufuhr von der anderen Nahrung abgrenzen, 3 Stunden vorher - 3 Stunden nachher ... und es damit dann nicht nur wichtig wird, was man isst, sondern auch in welcher Kombination und wann.
Es gibt da diese Aussage, eine
gut geplante vegane Ernährung versorge den Menschen ausreichend mit allen Nährstoffen, aber genau das muss man dann eben auch tun: Gut planen.
Mit "ich bin jetzt mal Veganer" und/oder "es ist so einfach" ist es nicht getan.
Eine ausreichende vegane Ernährung ist nicht einfach. Sie erfordert es, einen persönlichen Diätplan aufzustellen. Dazu braucht es das ernährungswissenschaftliche Know-How, den entsprechenden Lebenswandel, die Fähigkeiten und den Willen, für sich selbst zu kochen und die Disziplin, dies auch umzusetzen.
Für bestimmte Personengruppen gilt eine vegane Ernährung sowieso als ungeeigenet. Das sind Menschen mit erhöhtem Proteinbedarf: Kinder, Heranwachsende, Schwangere & Stillende, Rekonvaleszenten, alte Leute. Im Übrigen sind es genau jene Personengruppen, über die man aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sowieso wenig bis nichts weiß: Denn an ihnen hat man aus ethischen Gründen nie Menschenversuche unternommen.
Nur haben wir alle auch ein alltägliches Programm aus Arbeit, Lehre, Studium usw. usf. zu absolvieren und können meist nicht nur unsere Zeit damit verbringen, unsere Ernährung zu gestalten. Mischkost, ovo-lacto vegetarisch ... alles kein Thema. Es funktioniert von selbst, man muss es nicht reflektieren und planen. Man kann einfach essen, worauf man Bock hat, man geht einfach mal auswärts essen usw. usf.
M.E. ist für die meisten von uns eine ausreichende vegane Ernährung nur mit bestimmten Lebensstilen möglich.
Also eine Art Kloster, Ashram, Diätklinik ... in der bestellte Köche und Ernährungsexperten solche Diätprogramme ausarbeiten und professionell umsetzen.
Aber dann lebt man ja auch in einer Art Sekte, oder? Will man das?