Teil 2:
K. Also sollte man vegan leben, um das tierische Leid zu vermeiden
Das ist nicht mehr als eine romantische Vorstellung, aber ein veganes Leben ändert daran überhaupt nichts.
Real schon deshalb nicht, weil mit einem Anteil von Veganern mit etwa 1-2% der Gesamtbevölkerung das alles völlig unbedeutend ist. Und selbst wenn man, als reines Gedankenexperiment, mit völlig unrealistisch hohen Wachstumsraten von Veganern herumrechnet, so wird es Jahrhunderte dauern, bis durch den Veganismus, allein durch den Anteil an der Bevölkerung, daran etwas ändert.
Ernährungswissenschaftlich gesehen ist vegan sowieso völliger Murks, auch wenn es rein theoretisch möglich ist. In der Praxis scheitern die meisten aber daran, vor allem deshalb, weil das dazu notwendige diätetische Wissen und nicht zuletzt die Disziplin fehlt. Für Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Proteinbedarf ist sie sowieso völlig abzuraten: Kinder, Schwangere, Stillende, alte Menschen, ja im Grunde sogar junge Frauen.
Der Veganismus wird überhaupt nur möglich durch ein detailliertes ernährungswissenschaftliches Wissen und eine überregionale Logistik - und folgerichtig gibt es ihn überhaupt erst seit der 2. Hälfte des 20. Jh. Bezogen auf eine Weltbevölkerung ist ein veganes Leben ohnehin nur eine Kopfgeburt von Wohlstandsmaden. Eine anzustrebende, mehr regionale Versorgung der Menschen ist vegan sowieso nicht machbar. Denn viele für eine ausreichende, vegane Ernährung notwendige pflanzliche Nahrungsmittel kann man hier kann nicht anbauen (Soja, Hülsenfrüchte, Mandel, Nüsse u.a.).
In den Entwicklungsländern mögen zwar viele, wenn nicht die meisten Menschen "Zwangsvegetarier" sein - weil sie sich Fleisch nicht leisten können. Wenn es aber dann Fleisch gibt, dann essen sie es auch, und unser Trend zum Vegetarismus oder gar Veganismus erzeugt bei ihnen nur ein verständnisloses Kopfschütteln.
Der Veganismus wird an dem "Leid der Tiere", so es denn überhaupt in der genannten Form überhaupt existiert, nichts ändern.
Und zwar deshalb nicht, weil er von völlig falschen, ideologischen Voraussetzungen ausgeht, die die Realität nicht abbilden, erst Recht nicht global. Man kann zwar an vielem herumrechnen, es sind dann aber alles nur Milchmädchenrechnungen, denn sie berücksichtigen nicht die logistischen, ökonomischen und regionalen Faktoren einer Welternährung - und zwar einer für 8 Milliarden Menschen.
Leider leben wir aber auf einem Planeten mit 8 Milliarden Menschen, und im Grunde gibt es - außer einigen Reservaten - keine naturbelassenen Regionen mehr, weltweit nicht. Dies kann und muss man kritisieren und man sollte und muss dafür Lösungen finden, aber der persönliche Vegetarismus ist nur eine Scheinlösung, eine romantische Idee für ein Wolkenkuckucksheim.
Oder anders: Eine Lösung für einen, der sich selbst auf die Schulter klopft, was für ein toller Typ er doch ist - und was die anderen alle für Schufte.
Der Mensch betreibt seit rund 11.000 Jahren Ackerbau & Viehzucht - und die lassen sich nicht so ohne Weiteres voneinander trennen.
Erst Anfang diesen Jahres besuchte ich den besten Biobauernhof Deutschlands (Preis Bundeslandwirtschaftsministerium 2023), im Übrigen eine grün-sozialistische Kommune mit 60 Mitgliedern.
Ein Biolandbauernhof ist ohne Tiere völlig unmöglich, denn dann fehlt der notwendige Dung. Also haben sie Rinder und produzieren Milch.
Aus der Milch machen sie Käse, denn soviel Milch lässt sich frisch nicht verzehren. Aus der Käseproduktion verbleibt das Abfallprodukt Molke ... also braucht man Schweine, die die Molke fressen.
Das eine ist nicht möglich ohne das andere, eines greift in das andere.
Somit wird der Veganismus zu einer Art Ernährung von Astronauten in einer Großstadt, die Nahrungsergänzungen brauchen.
Zum Abschluss ein Beispiel aus meiner alltäglichen Praxis (bin Koch):
Vor einiger Zeit hatte ein Veranstalter in meiner Mittagsküche eine Gruppe reserviert, mit der Vorgabe "vorrangig vegetarisch oder vegan".
Tatsächlich stellte ich deshalb unser täglich wechselndes Mittagsangebot (das sowieso i.d.R. etwa zur Hälfte aus vegetarischen, aber nicht zwingend veganen Speisen besteht), etwas um.
Als die Gäste dann kamen und ich sie sah, da wusste ich sofort: Diese Gäste werden den Teufel tun, als die vegetarischen Speisen zu ordern.
Denn der Gastgeber war zwar ein Deutscher, aber sein unter dem Motto "Treffen von Kulturen" bestehendes Publikum bestand aus Asiaten und Afrikanern, Menschen aus Entwicklungsländern eben. Und diese Gäste essen alltäglich oft genug vegetarisch ... aber wenn es denn dann mal Fleisch gibt, und es angeboten wird, dann essen sie auch Fleisch.
Folgerichtig haben sie die Fleischspeisen bestellt, zumal sie eingeladen waren, und die vegetarischen und veganen Speisen links liegen gelassen. Zu Recht meiner Meinung nach, denn in ihren Augen wäre es auch eine dürftige Gastlichkeit gewesen (Cmon, ein Chili con Quinoa? Du lebst in einem so reichen Land, bist der Gastgeber, und willst mich mit einem Armeleute-Essen abspeisen? Nicht dein Ernst, oder?)