Wenn die Weltbevölkerung weiter zunimmt, wird die zur Verfügung stehende Ackerfläche für die derzeitige "Tierhaltung=Fleischproduktion" nicht ausreichen.
Was meinen Sie?
Diese Meinung bezweifle ich nicht, ich halte sie für realistisch. Was ich bezweifle, ist, dass radikale Lösungsansätze Auswege aus dieser Entwicklung sind. Es handelt sich um komplexe Probleme; für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen.
Es wird geschätzt, dass weltweit etwa die Hälfte aller Lebensmittel weggeworfen werden. In Entwicklungsländern, weil die Logistik fehlt und in den Industrieländern, weil sie nicht verkauft wurden. Mit letzterer Überproduktion bin ich in der Praxis tagtäglich konfrontiert und obwohl wir im Bereich Foodsharing ein vergleichsweise eher kleines Licht sind, erschüttern mich noch nach fast 1 1/2 Jahren oft genug die Dimensionen, in den das passiert.
Und was die Argumente betrifft:
Nicht wenn die Weltbevölkerung zunimmt, sondern wenn die Bevölkerung nicht aufhört tierische Produkte zu essen. Es kommen 200qm Ackerfläche auf einen Veganer und 1500qm auf einen Fleischesser, jetzt kannst du dir ja ausrechnen, wieviel Ackerfläche für die Nutztierindustrie, weltweit, benötigt wird

Wir könnten ein Drittel mehr Menschen ernähren, mit den bereits vorhandenen Ackerflächen.
Unter der Annahme, das die Zahlen stimmen (was ich bezweifle, ohne darauf jetzt näher eingehen zu wollen): Das sind Zahlenspiele, die einer vielschichtigen Realität (und nicht nur einer agrarischen) nicht gerecht werden. So betrachtet sind das formelhafte Milchmädchenrechnungen.
Sie berücksichtigen nicht, dass:
- rund 60% aller agrarisch vom Menschen genutzten Flächen für den Ackerbau ungeeignet sind und nur als Weideland geeignet sind
- eine Reihe von
auch als Tierfutter angebauten Nahrungspflanzen Mehrfachnutzen haben (z.B. Soja: Sojaöl, Sojaprotein, Sojalezithin
und auch Sojaschrot)
- nicht einmal in vielen Industrienationen dann auch die Waren angebaut werden könnten, die für eine vegane Ernährung notwendig sind. Die Sojabohne z.B. kann in Deutschland praktisch überhaupt nicht angebaut werden, für die meisten Hülsenfrüchte ist der Ertrag zu gering und der technische Aufwand zu hoch.
- für eine ausreichende und vor allem abwechslungsreiche vegane Ernährung eine weltweite Logistik erforderlich ist: Mandeln aus Kalifornien, Amaranth aus Südamerika, Soja aus den USA, Kokosmilch aus Asien usw. usf. Man mag hier einwenden, das auch Mischköstler Exoten essen.
Notwendig ist das aber nicht der Fall.
- eine ganze Reihe der von Veganern geschätzten Lebensmittel in ihren Erzeugerländern, Entwicklungsländern, für die Einheimischen dort unbezahlbarer Luxus sind (z.B. Cashewnuss).
- Tiere bei uns keineswegs nur mit für sie angebautem Futter versorgt werden, sondern zumindest auch mit für den Menschen ungenießbaren Abfällen der Landwirtschaft (z.B. Maissilage in der Rindermast).
- eine konsequent vegane Ernährung in ihrer Kompliziertheit selbst in den Industrieländern am Bildungsniveau und -stand der Mehrheit der Bevölkerung scheitert
Ich bezweifle nicht, dass in den Industrieländern defintiv zuviel Fleisch gegessen wird, viel zuviel. Nur stellt der Veganismus weder eine Lösung dafür dar, noch wird er ein Umdenken bewirken. Radikale Ansätze haben noch nie etwas bewirkt (und oft nur das Gegenteil).
Nach meinen umfangreichen Studien der ernährungswissenschaftlichen Literatur zeichnet sich für mich in etwa das ab, was unsere Omas schon wussten: Einmal die Woche Fleisch, einmal Fisch und die restliche Zeit mehr oder weniger vegetarisch.
Würden sich die Menschen in den Indutsrieländern auf Dauer so ernähren, bekäme man Überproduktion und Verderb in den Griff, alles verbunden mit der sozialen Gewährleistung, das es
allen zu Verfügung steht: Dann wäre bereits sehr viel gewonnen, für die Tiere, für die Umwelt, für die Welternährung.
Aber allein das ist bereits ein ehrgeiziges Programm. Man könnte sicher lange so weiter machen, es ändert aber nichts daran, dass die eigentlichen Ursachen hinter den Problemen gelöst werden müssen, worüber früher viel mehr geredet wurde als heute: Die Zunahme der Weltbevölkerung und die Überbevölkerung nämlich.
Und daran werden auch vegane Programme nichts, aber auch gar nichts ändern.