Unsoziale Sozialversicherung in Deutschland - Ählichkeiten mit anderen Staaten wären nicht nur zufällig.
Nichts kann einem Politiker oder einer Partei, das musste die CDU im letzten Wahlkampf noch einmal bitter erfahren, mehr schaden, als kritische Fragen an die fünf Säulenheiligen des deutschen Sozialversicherungssystems zu stellen. Doch wie sozial ist eigentlich die Renten-, Unfall-, Krankheits-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung? Aber weil es hier schlimmstenfalls rote Punkte hageln kann, sei’s gewagt.
Nun müsste man eigentlich jeden Zweig ausfächernd einzeln diskutieren, aber das würde schon rein quantitativ zu weit führen, deshalb fasse ich zusammen.
Beginnen wir mit dem Namen. Ist die Sozialversicherung eigentlich eine Versicherung? Salopp formuliert ist eine Versicherung eine Art Wette. Man zahlt einen Betrag gegen die Zusage, bei Eintritt eines bestimmten Schadenfalls entschädigt zu werden. Bei der Wetterversicherung wird das ganz deutlich. Verregnet der Urlaub, bekommt man eine finanzielle Entschädigung. Die (freiwilligen!) Versicherungen arbeiten nach dem Äquivalenzprinzip: Die Versicherungsleistung steht im direkten Verhältnis zu den gezahlten Prämien und diese richten sich nach dem Risiko (= Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadenshöhe).
Das ist bei den Sozialversicherungen anders. Sie sind Zwangsversicherungen. Ob es dem flott lebenden Single passt oder nicht, er muss für Alter, Krankheit usw. vorsorgen, auch wenn er die Beiträge lieber für die Kaufraten eines schmucken Cabriolets verwendet hätte. Der gütige „Vater Staat“ rechnet mit der menschlichen Schwäche, lieber jetzt zu verbrauchen statt Zukunftsvorsorge zu treiben. Doch halt, einigen rd. 10% traut er die selbständige, verantwortungsbewußte Haltung zu: Freiberufler und Beamte müssen nicht Mitglied werden.
Damit sind wir schon beim zweiten Punkt der Fragwürdigkeit unserer ach! so sozialen Sicherungssysteme. Aus ihnen werden auch sog. versicherungsfremde Leistungen bezahlt, die also nicht unmittelbar den Versicherungsnehmern zugute kommen, z.B. die mitversicherten Ehepartner (soweit sie nicht selbst versicherungspflichtig sind), Kinder, Kosten für Umschulungen, erhebliche Transferleistungen von West- nach Ostdeutschland im Zusammenhang mit der (natürlich erwünschten!) Wiedervereinigung – nur mit Versicherung hat das wenig oder nichts zu tun, das wäre die Opferlast aller Steuerbürger gewesen!
Doch sind denn wenigstens die Beiträge nach der Leistungsfähigkeit gestaffelt? Zweifach Fehlanzeige! Im Gegensatz zur Einkommensteuer mit ihrem progressiven Tarif, werden die Sozialversicherungsprämien auch bei unterschiedlichen Einkommen im selben Prozentsatz erhoben. - Doch es kommt noch dicker: Für alle Zweige gibt es eine Beitragsbemessungsgrenze, die im Jahre 2005 bei der Krankenversicherung z.B. bei einem Bruttoeinkommen von 3.525 € lag. Das heißt: Wer mehr verdiente, brauchte von diesem Mehrverdienst nichts abzuführen; Fachleute nennen das „indirekt regressiven Tarif“. Er wirkt so, als ob bei steigendem Einkommen die gesamte prozentuale Steuerbelastung sinken würde – was von jedermann als schreiendes Unrecht empfunden würde.
Zur Krankenversicherung. Politiker aller Couleur schwören, dass sie keine „Zwei-Klassen-Medizin“ wollten. Pure Heuchelei! Wir haben längst eine Mehrklassenmedizin. Denn selbstverständlich kann sich der Reiche – lassen wir mal offen, wer darunter fällt – privat eine bessere ärztliche Versorgung leisten als der AOK-Patient. Er kann jedes Jahr teure Kuren nehmen, sich einer Frischzellentherapie in Meran unterziehen, die teuersten (besten?) Medikamente kaufen – ob ihm das alles gut tut, ist wieder eine andere Frage. Ein Arzt informiert falsch, wenn er einem Kassenpatienten sagt: „Das für Sie besonders gute Medikament darf ich Ihnen leider nicht verschreiben.“ Natürlich darf er, er muss nur hinzufügen: „Sie müssen es aber aus eigener Tasche bezahlen“. – Und daraus folgt: Mit wachsendem Einkommen kann sich der Kranke eine bessere Therapie leisten. Und natürlich stimmt es, dass der Arme – im statistischen Durchschnitt – früher sterben muss als der Wohlhabende. Er lebt vielleicht in einer ungesünderen Umgebung und ißt aus der Dose, statt Frischkost zu kaufen. Der Besserverdienende lässt dagegen die Masseuse (Pardon: Masseurin) zu sich nach Hause zur Behandlung des Bandscheibenvorfalls kommen, statt sich zur Massagepraxis schleppen zu müssen.
Bei der Krankenversicherung ist der Zusammenhang zwischen Leistung und Prämie, das schon genannte Äquivalenzprinzip, besonders erkennbar durchbrochen. Egal, ob Kettenraucher oder aktiver Sportler, ob jung mit Wehrdiensttauglichkeitsstufe I oder mit 50 Jahren bereits von vielen Leiden geplagt, ob gesundheitsbewusst vorsichtig lebend oder fanatisch Risikosportarten pflegend, der Proportionaltarif der GKV hobelt im Namen der Solidarität alle gleich.
„Nobbys“ Liebling: Die Pflegeversicherung von 1995. Bis dahin musste der Pflegebedürftige die Kosten aus eigenem Vermögen bestreiten, war dies aufgebraucht, kam die Gesellschaft dafür auf. Heute tritt von Anfang an die gesetzliche Pflegeversicherung ein, und der Pflegekranke trägt nur die eventuell darüber hinausgehenden, von der Versicherung nicht gedeckten Kosten. Damit ist diese Versicherung im Grunde einer Versicherung zu Gunsten der Erben, deren zu erwartender Nachlass nicht oder nur wenig geschmälert wird. Und wer erbt? Natürlich die Kinder, Enkel Neffen usw. der Vermögenden und damit dies möglich wird, müssen auch gering Verdiener in die Pflegeversicherung einzahlen.
Schließlich abschließend noch der Hinweis auf die Signalwirkung und falsche Anreizfunktion: Wer zwangsweise Mitglied in einem Verein wird, und die
Sozialversicherung kann man durchaus als solchen sehen, wird alle Vorteile des Vereins inten- und extensiv zu nutzen trachten, einschließlich Missbrauch. Und er wird keinen sonderlichen Anreiz verspüren, für voraussehbare und nicht kalkulierbare Lebensphasen wie Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit usw. aus eigener Kraft vorzusorgen, denn er weiß ja, dafür ist im Namen des Sozialen die Gesellschaft zuständig. Und dafür schröpfen ihn die sog. sozialen Sicherungssysteme derartig, dass ihm zur Selbstvorsorge kaum etwas bleibt. Der Teufelskreis hat sich geschlossen.
Nichts kann einem Politiker oder einer Partei, das musste die CDU im letzten Wahlkampf noch einmal bitter erfahren, mehr schaden, als kritische Fragen an die fünf Säulenheiligen des deutschen Sozialversicherungssystems zu stellen. Doch wie sozial ist eigentlich die Renten-, Unfall-, Krankheits-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung? Aber weil es hier schlimmstenfalls rote Punkte hageln kann, sei’s gewagt.
Nun müsste man eigentlich jeden Zweig ausfächernd einzeln diskutieren, aber das würde schon rein quantitativ zu weit führen, deshalb fasse ich zusammen.
Beginnen wir mit dem Namen. Ist die Sozialversicherung eigentlich eine Versicherung? Salopp formuliert ist eine Versicherung eine Art Wette. Man zahlt einen Betrag gegen die Zusage, bei Eintritt eines bestimmten Schadenfalls entschädigt zu werden. Bei der Wetterversicherung wird das ganz deutlich. Verregnet der Urlaub, bekommt man eine finanzielle Entschädigung. Die (freiwilligen!) Versicherungen arbeiten nach dem Äquivalenzprinzip: Die Versicherungsleistung steht im direkten Verhältnis zu den gezahlten Prämien und diese richten sich nach dem Risiko (= Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadenshöhe).
Das ist bei den Sozialversicherungen anders. Sie sind Zwangsversicherungen. Ob es dem flott lebenden Single passt oder nicht, er muss für Alter, Krankheit usw. vorsorgen, auch wenn er die Beiträge lieber für die Kaufraten eines schmucken Cabriolets verwendet hätte. Der gütige „Vater Staat“ rechnet mit der menschlichen Schwäche, lieber jetzt zu verbrauchen statt Zukunftsvorsorge zu treiben. Doch halt, einigen rd. 10% traut er die selbständige, verantwortungsbewußte Haltung zu: Freiberufler und Beamte müssen nicht Mitglied werden.
Damit sind wir schon beim zweiten Punkt der Fragwürdigkeit unserer ach! so sozialen Sicherungssysteme. Aus ihnen werden auch sog. versicherungsfremde Leistungen bezahlt, die also nicht unmittelbar den Versicherungsnehmern zugute kommen, z.B. die mitversicherten Ehepartner (soweit sie nicht selbst versicherungspflichtig sind), Kinder, Kosten für Umschulungen, erhebliche Transferleistungen von West- nach Ostdeutschland im Zusammenhang mit der (natürlich erwünschten!) Wiedervereinigung – nur mit Versicherung hat das wenig oder nichts zu tun, das wäre die Opferlast aller Steuerbürger gewesen!
Doch sind denn wenigstens die Beiträge nach der Leistungsfähigkeit gestaffelt? Zweifach Fehlanzeige! Im Gegensatz zur Einkommensteuer mit ihrem progressiven Tarif, werden die Sozialversicherungsprämien auch bei unterschiedlichen Einkommen im selben Prozentsatz erhoben. - Doch es kommt noch dicker: Für alle Zweige gibt es eine Beitragsbemessungsgrenze, die im Jahre 2005 bei der Krankenversicherung z.B. bei einem Bruttoeinkommen von 3.525 € lag. Das heißt: Wer mehr verdiente, brauchte von diesem Mehrverdienst nichts abzuführen; Fachleute nennen das „indirekt regressiven Tarif“. Er wirkt so, als ob bei steigendem Einkommen die gesamte prozentuale Steuerbelastung sinken würde – was von jedermann als schreiendes Unrecht empfunden würde.
Zur Krankenversicherung. Politiker aller Couleur schwören, dass sie keine „Zwei-Klassen-Medizin“ wollten. Pure Heuchelei! Wir haben längst eine Mehrklassenmedizin. Denn selbstverständlich kann sich der Reiche – lassen wir mal offen, wer darunter fällt – privat eine bessere ärztliche Versorgung leisten als der AOK-Patient. Er kann jedes Jahr teure Kuren nehmen, sich einer Frischzellentherapie in Meran unterziehen, die teuersten (besten?) Medikamente kaufen – ob ihm das alles gut tut, ist wieder eine andere Frage. Ein Arzt informiert falsch, wenn er einem Kassenpatienten sagt: „Das für Sie besonders gute Medikament darf ich Ihnen leider nicht verschreiben.“ Natürlich darf er, er muss nur hinzufügen: „Sie müssen es aber aus eigener Tasche bezahlen“. – Und daraus folgt: Mit wachsendem Einkommen kann sich der Kranke eine bessere Therapie leisten. Und natürlich stimmt es, dass der Arme – im statistischen Durchschnitt – früher sterben muss als der Wohlhabende. Er lebt vielleicht in einer ungesünderen Umgebung und ißt aus der Dose, statt Frischkost zu kaufen. Der Besserverdienende lässt dagegen die Masseuse (Pardon: Masseurin) zu sich nach Hause zur Behandlung des Bandscheibenvorfalls kommen, statt sich zur Massagepraxis schleppen zu müssen.
Bei der Krankenversicherung ist der Zusammenhang zwischen Leistung und Prämie, das schon genannte Äquivalenzprinzip, besonders erkennbar durchbrochen. Egal, ob Kettenraucher oder aktiver Sportler, ob jung mit Wehrdiensttauglichkeitsstufe I oder mit 50 Jahren bereits von vielen Leiden geplagt, ob gesundheitsbewusst vorsichtig lebend oder fanatisch Risikosportarten pflegend, der Proportionaltarif der GKV hobelt im Namen der Solidarität alle gleich.
„Nobbys“ Liebling: Die Pflegeversicherung von 1995. Bis dahin musste der Pflegebedürftige die Kosten aus eigenem Vermögen bestreiten, war dies aufgebraucht, kam die Gesellschaft dafür auf. Heute tritt von Anfang an die gesetzliche Pflegeversicherung ein, und der Pflegekranke trägt nur die eventuell darüber hinausgehenden, von der Versicherung nicht gedeckten Kosten. Damit ist diese Versicherung im Grunde einer Versicherung zu Gunsten der Erben, deren zu erwartender Nachlass nicht oder nur wenig geschmälert wird. Und wer erbt? Natürlich die Kinder, Enkel Neffen usw. der Vermögenden und damit dies möglich wird, müssen auch gering Verdiener in die Pflegeversicherung einzahlen.
Schließlich abschließend noch der Hinweis auf die Signalwirkung und falsche Anreizfunktion: Wer zwangsweise Mitglied in einem Verein wird, und die
Sozialversicherung kann man durchaus als solchen sehen, wird alle Vorteile des Vereins inten- und extensiv zu nutzen trachten, einschließlich Missbrauch. Und er wird keinen sonderlichen Anreiz verspüren, für voraussehbare und nicht kalkulierbare Lebensphasen wie Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit usw. aus eigener Kraft vorzusorgen, denn er weiß ja, dafür ist im Namen des Sozialen die Gesellschaft zuständig. Und dafür schröpfen ihn die sog. sozialen Sicherungssysteme derartig, dass ihm zur Selbstvorsorge kaum etwas bleibt. Der Teufelskreis hat sich geschlossen.