AW: Religionsunterricht - Ethikunterricht
Hallo Fritz,
Finde ich nicht. Auch Kant war der Überzeugung, dass ein Moralsystem allein auf Vernunft gebaut werden könne.
Nur für die "Schwachen im Geiste", meinte er, sei der Glauben hilfreich, wenn nicht sogar nötig. Weil Lampe ohne Gott unglücklich wäre, so soll er halt seinen Gott haben, wie Heine das referiert.
Heine hat wohl die "schlimm-besten" Kant-Schähkritiken hervorgebracht, die ich gelesen habe. Jedoch zeigt sich auch hier, an Kant brechen sich viele die Zähne aus, unzählige Philosophiestudenten beenden wegen Kant das Studium oder wechseln zu "handfesteren" Studienfächern...
Was die Kritik der reinen Vernunft (KrV) nicht zu leisten im Stande war, bringt jedoch die Kritik der praktischen Vernunft (KpV) zu Tage.
Das Dasein Gottes ist in der KpV ein Postulat. Das Sittengesetz ist nach Kant die Erfüllung aller Menschenpflicht als göttliche Gebote.
Er greift die Tendenzen der englichen Aufklärung auf und bedient sich frei bei David Humes Religionskritik.
Die Vernunftreligion verbindet den Humanismus mit der ursprünglichen Ur- oder Naturreligion und grenzt sich so von der theologischen Offenbarungsreligion deutlich ab. Damals glaubte man noch, dass die Gebote selbst von Gott stammen. Dem Widerspricht Kant mit Verachtung.
Kant redet sich wirklich um den Verstand - nicht zuletzt auch deshalb, weil er einerseits den Aberglauben als Fehlform der Religion ablehnt und anderseits will er die Sphäre des Glauben - ganz im Sinne der Aufklärung und der Naturreligion/Vernunftreligion - offen halten. Die philosophische Beschränkung der Religion Kants mündet deshalb in den Grenzen der bloßen Vernunft.
Moral ist Religion - allein entscheidend ist die sittlich-praktische Wirkung.
Kant stellt dann - meines Erachtens - die alles entscheidende Frage,
ob die Moral nach der Bibel oder die Bibel nach der Moral ausgelegt werden müsse.
Aus der Erbsünde formt Kant das "radikal Böse", welches in der menschlichen Natur selbst ist.
Der "Sieg des guten Prinzips" bedarf die Idee Gottes, welche konkret als Kirche sich dem Menschen auftut.
Wenn wir uns mal das tatsächliche Leben des Kant betrachten, muss dieser ein tief gläubiger Deisist gewesen sein, denn anders kann ich mir seinen persönlichen Lebenswandel bei besten Willen nicht vorstellen. Ferner können wir an vielen unterschiedlichen Stellen eine philosophisch begründete Metaphysik entnehmen.
Hier nur die wichtigsten Stellen:
Die wahre Dimension der Wirklichkeit kann man erst im Glauben erreichen. (KrV)
Erst der Zugang zur Metaphysik gestattet es, das sittliche Handeln hervorzubringen. (KpV)
Die oberste Ursache der Natur ist ein Wesen, das durch Verstand und Willen die Ursache der Natur ist. Daraus leitet er die höchste ursprüngliche Wirklichkeit ab und bildet seine Postulate der Existenz Gottes, der Glückseligkeit. (KpV)
Ferner lassen seine gesamten A-Priori-Attitüden nicht nur einen formalen Raum für seine transzendentale Apperzeption (Begriff von Leibniz als Gegenstandbewusstsein), sondern in seinen gesamten philosophischen Schriften kann man die vielfältigen Bemühungen entnehmen, die Einheit von Raum, Zeit und Verstand zusammen zu bringen = Kontemplation!
Weil er keinen Beweis für diese transzendentale und metaphysische Erfahrung hat, bedient er sich des Begriffes "Deduktion". Mit den Wort Deduktion beweist er eben keine Tatsache sondern ein Recht.
Kurzum:
Aufgrund des gigantischen Blutspagates zwischen Rationalismus (Descates und Leibniz) und Empirismus (Hume) kann seine transzendentale Metaphysik mit der verstandesgemäßen Reduktion, dem Leugnen bzw. Verdrängen seiner Gefühle nur eine Pflichtethik hervorbringen, die gänzlich hypothetisch ist. Es ändert auch nichts an der Tatsache, dass er krampfhaft versucht den hypothetischen Imperativ aus seiner unverbindlichen Lage zu befreien und den kategorischen Imperativ hervorzauberte. Der kategorische Imperativ besinnt sich nicht mehr auf Handlung und Wirkung, sondern auf die Form und das Prinzip. (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten)
Die biographischen Daten und Aussagen des ev. Erzbischof Borowski über seinen frühen Schüler Kant beklagen das Kant die
christliche Religion als ein bloßes Staatsbedürfnis ansah, welches um die Schwachen willen sei, dürfen wir hier
NICHT fehldeuten und missinterpretieren. Es geht um die christliche Religion (um den christlichen Irr- und Aberglauben)
nicht um den Glauben an einer Naturreligion/Urreligion im Sinne der Deismus.
Zitat Aktivdenker:
Die moderne Ethik ohne Legitimationsglauben ist in der Praxis unerheblich, weil unpraktisch - teils sogar unnützlich.
Zitat FritzR:
Wie kommst du nur auf sowas? Und auch noch fett? Ich denke, du bist Akktivdenken und kein Aktivglauber???!!!
Ich kenne keine begründete Ethik ohne Legitimationsglauben. Bisher habe ich zumindestens noch keine solche gelesen und mir ist auch keine bekannt. Wenn dies bei Dir anders sein sollte, lass es mich bitte wissen.
Denken - Wissen - Glauben - vertragen sich besser, als die Neo-Atheisten vermuten.
Der urspünglich atheistische Glauben hat sich in der modernen Welt radikalisiert. Die agnostische Mitte, dass man "Gott" - wie Kant - nicht wissen und beweisen kann - bringt jene Wahrnehmungs- und Erkenntnislücke hervor, die durch den Neo-Atheismus verleugnet werden.
Wer den Gotteswahn Dawkins gelesen hat, muss doch zugeben, dass diese Volksverdummung weder atheistisch im ursprünglichen Sinn und schon mal überhaupt gar nicht agnostisch ist. Das nenne ich
naiver Realismus, der gesunden Menschenverstandes, der auch noch glaubt, dass der Himmel blau ist und der Honig süß schmeckt.
Der Glaube beginnt dort, wo mein Wissen endet. Nicht früher, aber auch nicht später.
Das tatsächlich wirksame
Bezugssystem. >> Menschen - Umwelt (Erde) - Kosmos << kann man auch nicht im gedachten Vakuum verschwinden lassen.
Der kosmische Rhythmus bestimmt das Geschehen auf der Erde und bringt Tag und Nacht, die Jahreszeiten, Dürreperioden usw. hervor. Und der Mensch kann nicht allein im Nichts und Nirgendwo seine Existenz leben, sondern nur in und mit einer Umwelt - hier die Erde - können wir leben. Es geht mir auch nicht um Auslegungen und Methaphern, sondern um Inhalte, um "Energieformen", die unsere Lebendigkeit, Glück, Freude und Liebe hervorbringen.
Wie Einstein schon sagte, kann keine Wissenschaft ohne Religion und keine Religion ohne Wissenschaft auskommen.
Danke Moebius für diesen Link = tolles Interview, wenn auch der Bereich Neurobiologie überholt ist, kann man doch Inhalte dessen was man unter kosmische Religiosität versteht, erfahren.
http://www.kosmische-religiositaet.de/
Verstand und Vernunft:
https://www.denkforum.at/threads/8214
Brauche ich einen Gott?
https://www.denkforum.at/forum/blog.php?b=336
Habermas zwischen Naturalismus und Religion:
https://www.denkforum.at/forum/blog.php?b=337
Zum Religions- und Ethikunterricht würde ich es sehr begrüßen, wenn man die NICHT-dogmatische Karmalehrer als Legitimationsglauben unterrichtet.
Lieben Gruß
Axl