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Kastensystem = kultureller Niedergang

Anmerkung:
Meine Ausführungen sind tatsächlich kein realisierbarer Imperativ, solange die Menschen nicht umdenken. Ich bezweifle leider, dass dies geschieht.
Nichtsdestoweniger möchte ich jeden darum bitten, an seinem eigenen Leben Änderungen vorzunehmen, wenn er denn etwas aus meinem Text oder auch aus empfohlener Literatur/Film gewonnen hat.
Für mich ist diese Einstellung unwiderruflich, deshalb werde ich ihre Richtigkeit nur dann belegen, wenn ich Hoffnung habe, jemanden zum Umdenken zu veranlassen.
Bis dann
 
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kaismoessner schrieb:
Für mich ist diese Einstellung unwiderruflich, deshalb werde ich ihre Richtigkeit nur dann belegen,
wenn ich Hoffnung habe, jemanden zum Umdenken zu veranlassen.

Bis dann
Jetzt hat sich schon wieder einer vertschüsst, der eigentlich viel zu gut für dieses Forum war.

Das ist aber echt schade, ehrlich !

Das musste auch einmal gesagt werden.

lg nase
 
Neugier schrieb:
Jetzt hat sich schon wieder einer vertschüsst, der eigentlich viel zu gut für dieses Forum war.

Das ist aber echt schade, ehrlich !

Das musste auch einmal gesagt werden.

lg nase
?!?! hat er das? war er das? Ich bin ja immer froh, neue Reize hier im Forum zu sehen, besonders weil es hier ja eher "bedächtig" zugeht, was die Anzahl der Diskussionen und Auseinandersetzungen angeht.

Aber mit Sätzen wie
Aufgabe der Kasten und der Hierarchie sollte sein, eine affektive Destruktivität zu vermeiden.
oder
[...]Utopie sein muss, ist nicht nur a priori sondern a posteriori festzuhalten.
kann ich nichts anfangen, da fühle ich mich ein wenig an der Nase herumgeführt.

Vll. bin ich da etwas überempfindlich aber ich habe bei solchen Reden schnell den Eindruck, dass hier sprachliches Wohlgefallen vor allem anderen steht. Ich schreibe auch gerade eine HA, aber ich versuche solche Passagen eher zu vermeiden, weil mir die Vorstellung höchst unangenehm wäre, jemand könnte sich an derartigen Ausdrucksweisen stoßen - zumal ich mich von meinem Prof ungern der Selbstdarstellung bezichtigen lassen würde.

Vielleicht bin ich grob unwissend, aber was bitte hat die Onomastik für eindeutige Forschungsergebnisse geliefert, dass eine derartige Aussage eindeutig wäre?
Doch hat sich die Arbeitszeit heute keineswegs verringert, wohl aber die In-dividualität des Menschen (man beachte die Onomastik).

Ganz davon abgesehen:
In der Arbeitermoral ist wohl die pervertierteste Form des Impetus nach "Wohlstand" zu sehen. Die äffische Triebbefriedung (welche, vergessen wir nicht Mittel und nicht Zweck selbst sind) schiebt sich vor die Eudämonie des Menschen als Individuum - verachtenswert.
Sicher kann man beklagen, dass es einen Fortschrittswahn gibt, der ursprüngliche Konzeptionen und Notwendigkeiten der Arbeit pervertiert. Aber wie kann diesen Fortschritt - der doch eindeutig Zeichen des menschlichen Willens und des menschlichen Forschungsdranges ist - als Grundperversion verdammen und auch noch so der Eudämonie gegenüberstellen, dass es sich förmlich ausschließt? Aristoteles hat einen solchen Ausschluss zumindest nicht getätigt, in der Metaphysik wird die erste Wissenschaft doch erst durch den Müßiggang hervorgebracht, der den Arbeitsalltag kontrastiert. Das schließt Eudämonie nicht aus.

Wahrlich krankhafte Sublimierungshandlungen und Ungenügsamkeit sind signifikante Wesenswerkmale des "fortschrittlichen Menschen".
Du hast doch von der "äffischen Triebbefriedigung" gesprochen. Auch wenn ich - wie gesagt - kein großer Fortschrittsfetischist bin, so glaube ich doch, dass der Fortschritt letztlich eine Beibehaltung bestehender Verhältnisse bedeutet - er ist ein marktwirtschaftliches Grundprinzip, welches sicher vielen eine falsche Hoffnung auf "Erlösung" macht, selbst aber ersteinmal wertfrei ist. "Ungenügsamkeit" ist eine krasse Wertung von dir, besonders weil du dabei sicher eudämonisch- moralische Maßstäbe anlegst. Aber wo ist bitte der Verfall der Werte, wenn sich diese Werte doch innergesellschaftlich immer wieder neu orientieren. Das bloße Bestehen von "Gesellschaft" ist doch das Eingeständnis einer Werteeinheit.

Dies zu verhindern ist Sinn der Askese, der heroischen Handlung und wohl auch des Verteidigungskrieges. Derjenige, der sein Leben für diese Ziele opfert sieht darin jedoch nichts Schlimmes, er stellt sein Leben nicht über das höchste Ideal...Auch die "Rassenreinheit" erweist sich hier nicht als biologisch sondern als Gewährleistung der Tradition und der Eudämonie.
Unglaublich. Von "krankhaften Sublimierungshandlungen" und "Ungenügsamkeit" zu "heroischen" Handlungen, "Verteidigungskrieg" und "Rassenreinheit". Was bitte ist bei solchen Stichworten denn das "höchste Ideal"? Eudömonie? Ich sehe nicht, dass sich diese Behauptung irgendwie rechtfertigen ließe - wo doch selbst in "diesem" System eine große Freiheit hinsichtlich der Lebensführung möglich ist. Die Begrenzung der gedanklichen Welt, das "funktionieren" sind doch im hohen Maße menschlich- persönliche Faktoren und nicht prinzipiell auf ein konsumorientiertes System zurückzuführen. Und wie kommst du zu dem überaus puristischem Verständnis der "Eudämonie"? Ich für meinen Teil bin ja so naiv zu glauben, dass es keine wahrhaftige Lebensführung gibt, die Glückseligkeit verspricht.


Ich hoffe, du hast ein wenig Verständnis für meinen Beitrag, den du sicher als selektive, sophistische Zerpflückung deiner Ausführungen verstehst....


cf
 
Coeur Froid schrieb:
?!?! hat er das? war er das? Ich bin ja immer froh, neue Reize hier im Forum zu sehen, besonders weil es hier ja eher "bedächtig" zugeht, was die Anzahl der Diskussionen und Auseinandersetzungen angeht.
Hallo, nein, ich bin noch da.
Aber mit Sätzen wie oder kann ich nichts anfangen, da fühle ich mich ein wenig an der Nase herumgeführt.

Vll. bin ich da etwas überempfindlich aber ich habe bei solchen Reden schnell den Eindruck, dass hier sprachliches Wohlgefallen vor allem anderen steht. Ich schreibe auch gerade eine HA, aber ich versuche solche Passagen eher zu vermeiden, weil mir die Vorstellung höchst unangenehm wäre, jemand könnte sich an derartigen Ausdrucksweisen stoßen - zumal ich mich von meinem Prof ungern der Selbstdarstellung bezichtigen lassen würde.

Es geht hier weniger um Selbstdarstellung als vielmehr darum, die Form, der Thematik gemäß, zu gestalten. Darüber hinaus bedauere ich allgemein, dass unsere Sprache eine starke Rückentwicklung erlebt hat und immernoch erlebt.

Vielleicht bin ich grob unwissend, aber was bitte hat die Onomastik für eindeutige Forschungsergebnisse geliefert, dass eine derartige Aussage eindeutig wäre?
Das ist nur ein grobes Missverständnis. :) Intention meiner Anmerkung zur Onomastik war, das Wort In-dividual-ität, in seiner onomasiologischen Grundbedeutung, zu betonen. :rolleyes:

Ganz davon abgesehen: Sicher kann man beklagen, dass es einen Fortschrittswahn gibt, der ursprüngliche Konzeptionen und Notwendigkeiten der Arbeit pervertiert. Aber wie kann diesen Fortschritt - der doch eindeutig Zeichen des menschlichen Willens und des menschlichen Forschungsdranges ist - als Grundperversion verdammen und auch noch so der Eudämonie gegenüberstellen, dass es sich förmlich ausschließt? Aristoteles hat einen solchen Ausschluss zumindest nicht getätigt, in der Metaphysik wird die erste Wissenschaft doch erst durch den Müßiggang hervorgebracht, der den Arbeitsalltag kontrastiert. Das schließt Eudämonie nicht aus.

Zunächst einmal: Der Terminus "Eudämonie" mag wohl gewisse Konnotationen zu Aristoteles nahe legen und mich als einen Symphatisanten der Sokrates´schen Philosophie erscheinen lassen. Dies ist nicht der Fall; obgleich ich mich mehr oder weniger mit Aristoteles auseinander gesetzt habe, sind seine Synthesen für mich nur in wenigen Fällen nachvollziehbar.

Um meinen Ethos zu verstehen, hilft eher ein Blick hin zu den japanischen Samurai. Der technische Fortschritt ist imo deshalb, in der kontemporären Version, zu verurteilen, weil er die Umwelt (wozu der Mensch selbst gehört, folglich sich selbst) in drastischem Ausmaß vernichtet. Darüber hinaus bleibt die Zwischenmenschlichkeit, die Harmonie in der Seele und die Mittelbarkeit der, auf den Menschen einwirkenden Personen/Handlungen, weitesgehend auf der Strecke. Die Konsum-u. Fortschritts-orientierte Moderne zeigt in aller Deutlichkeit, dass das Streben nach Zufriedenheit in der Seele und der Perfektion (physisch und psychisch, welche (und daran hege ich keinen Zweifel) dem Menschen ein weitaus höheres Maß an Zufriedenheit, bescheren, in ihr hinter den tatsächlich affengleichen Affektbefriedigungswillen um fast jeden Preis, tritt.
Aus dem maroden und rudimentären Feudalsystem im Europa des Mittelalters heraus, mag diese Entwicklung zu begrüßen sein, dem traditionellen System Japans (welches nunmal Musterbeispiel ist) gegenüber muss es jedoch als konsternierende Fehlentwicklung interpretiert werden.
Funktionierende, auf ein überschaubares Gebiet begrenzte, Tradition und Organisation der essentiellen Dinge (Nahrung, Baustoff, etcetera), mit dem Ziel eine Harmonie in der Seele, Zufriedenheit und Genügsamkeit im Handeln zu erreichen, ist meines Erachtens dem Menschlichen Individuum zuträglicher als ein Messen der Triebsublimierungskompetenz unter Rücksichtslosigkeit (wohl nicht allem und jedem, aber doch vielem gegenüber) und Dissbalancierung des Geistes.


Du hast doch von der "äffischen Triebbefriedigung" gesprochen. Auch wenn ich - wie gesagt - kein großer Fortschrittsfetischist bin, so glaube ich doch, dass der Fortschritt letztlich eine Beibehaltung bestehender Verhältnisse bedeutet - er ist ein marktwirtschaftliches Grundprinzip, welches sicher vielen eine falsche Hoffnung auf "Erlösung" macht, selbst aber ersteinmal wertfrei ist. "Ungenügsamkeit" ist eine krasse Wertung von dir, besonders weil du dabei sicher eudämonisch- moralische Maßstäbe anlegst. Aber wo ist bitte der Verfall der Werte, wenn sich diese Werte doch innergesellschaftlich immer wieder neu orientieren. Das bloße Bestehen von "Gesellschaft" ist doch das Eingeständnis einer Werteeinheit.

Ich sprach von einer Verfallserscheinung der alten Werte, wobei ich hier vielleicht falsch argumentiert habe, denn es ist fraglich, ob diese alten Werte, in der harmonisierenden Form, in den Kulturkreisen unserer geographischen Lage, überhaupt je existierten. Dass unsere Gesellschaft sich durch Werte verbunden fühlt, möchte und kann ich nicht negieren. Es frägt sich nur ob diese Werte, analog der menschlichen Gesamtdisposition, überhaupt zweckgemäß sind bzw. ob sie dem Menschen optimal zu Eudämonie verhelfen.

Unglaublich. Von "krankhaften Sublimierungshandlungen" und "Ungenügsamkeit" zu "heroischen" Handlungen, "Verteidigungskrieg" und "Rassenreinheit". Was bitte ist bei solchen Stichworten denn das "höchste Ideal"? Eudömonie? Ich sehe nicht, dass sich diese Behauptung irgendwie rechtfertigen ließe - wo doch selbst in "diesem" System eine große Freiheit hinsichtlich der Lebensführung möglich ist. Die Begrenzung der gedanklichen Welt, das "funktionieren" sind doch im hohen Maße menschlich- persönliche Faktoren und nicht prinzipiell auf ein konsumorientiertes System zurückzuführen. Und wie kommst du zu dem überaus puristischem Verständnis der "Eudämonie"? Ich für meinen Teil bin ja so naiv zu glauben, dass es keine wahrhaftige Lebensführung gibt, die Glückseligkeit verspricht.

Die Rede von der Rasseneinheit nimmt keineswegs(!) Bezug auf qualitative Diskrepanzen unter den menschlichen "Rassen". Vielmehr ist sie Voraussetzung, um eine Kultur vor der Dekadenz zu bewahren. Dies gilt auch für den "Verteidigungskrieg". Maxime dieser Handlungen ist tatsächlich Eudämonie. Für ein harmonierendes Volk und den eigenen Ethos den Tod in Kauf zu nehmen, sehe ich, insofern man den "Weg des Kriegers" verstanden hat, tatsächlich als ehrenwerte Handlung an. Man mag unserem System seine Toleranz zu gute heißen, deshalb fühle ich mich auch nicht zu einer aktiveren Handlung genötigt. Doch rechtfertigt dies eine Verschließung gegen legitime Kritik ?
Um mein puristisches Verständnis von Eudämonie aus der opaken Sicht der Worte heraus zu führen, empfehle ich Dir den Film "The Last Samurai".
Denn große Worte alleine vermöge nicht zu zeigen, worin der Mensch Glück finden kann.

Ich hoffe, du hast ein wenig Verständnis für meinen Beitrag, den du sicher als selektive, sophistische Zerpflückung deiner Ausführungen verstehst....


cf
Keineswegs, ich halte Dein Verhalten für nachvollziehbar und, von Deiner Perspektive aus, auch für korrekt. :)
 
Na dann, schön, dass du bei uns weilst - ich habe aus deinem letzten Beitrag auch nicht direkt erkennen können, dass du dich resigniert abwendest.

Was den Begriff der Eudämonie angeht, so ist mir bislang nur Aristoteles Ethik bekannt, die eben auch nach diesem Prinzip benannt ist. Darum die Rückschlüsse, wie du dir vorstellen können dürftest.


Was den "Niedergang" der Sprache angeht, muss ich dir eigentlich Widersprechen, immerhin wird durch das von dir genutzte Vokabular kein semantischer Zugewinn erzielt, man darf sich also durchaus fragen, welchen Zweck derartige Begrifflichkeiten unter diesen Umständen erfüllen. Offensichtlich führte ja gerade der Begriff der "Eudämonie" zu Irritationen, weil er aus seinem semantisch- logischen Zusammenhang gerissen wurde. Zudem wird seit - wahrscheinlich - 2000 Jahren vom Niedergang der Werte und Kultur gesprochen, der Bezug auf Sprache scheint mir zweifelhaft. Als ob der "Pöbel" (*hust*) in Athen 400 v. Christ oder in Heidelberg 1800 n. Christ eloquenter gewesen wäre als der heutige.

Die "Onomastik" betreffend habe ich den Eindruck, dass du die "Etymologie" des Wortes meinst; das Individuum kann zwar durchaus Objekt der Onomastik sein, nicht aber als Zeichen, sondern nur als konkret bezeichnetes.

Was dein weiteres Kulturkonzept angeht, so beginne ich die Verweise auf den japanischen Kulturkreis als "Fundament" deiner Ausführungen zu verstehen (ohne sie darauf reduzieren zu wollen). Besonders die Disharmonie Mensch - Umwelt kann man dir schwerlich abstreiten, auch wenn seitens der westlichen Gesellschaften offensichtlich die Neigung besteht, sich selbst als "Fehler der Evolution" zu begreifen und so auf eine recht plumpe Weise seine begrenzte Perspektive zu legitimieren. Hier teile ich deine Auffassung völlig, frage mich aber, ob "die Japaner" - die zweifelsohne einen sehr reflektierten Selbstbezug leben - ökologisch deinen Ansprüchen genügen. Immerhin ist Japan auch einer der stärksten Wirtschaftsräume dieser Welt und befindet sich damit auf dem besten Weg "in den Westen".

Wenn du bezweifelst, dass die gesellschaftlichen Werte in den westlichen Systemen überhaupt zweckmäßig sind, frage ich mich, was der Bezugsrahmen einer derartigen Perspektive sein muss - meiner Meinung nach die Paradigmen einer Gesellschaft selbst, jene Grundwerte, die den Kern der Gesellschaft ausmachen und Begriffe wie "politische Kultur" formen.



Um mich kurz zu fassen: Deine Perspektive kommt mir merkwürdig vertraut vor, vll. kennst du das Buch "Ismael" von Daniel Quinn? Hier geht es genau um kulturelle Entwicklung und um das korrumpierte Selbstverständnis des Mensche als Wesen, das angeblich außerhalb der Natur stehe und seine Fähigkeit zum bescheidenen Umgang mit der Umwelt verloren habe.
Hinzu gesellt sich bei dir anscheinend noch eine tiefe Beeindruckung fernöstlicher Kultur, vermischt mit einer Art Kulturfaschismus (gar nicht wertend, als autoritäre und zentrale sowie tendenziell aristokratische / hierarchische Kulturinstitution) im Sinne einer Wiederherstellung vermeintlich verlorener Werte und Fähigkeiten.

Und um jetzt zum Schluss zu kommen: Ich habe etwas den Eindruck, dass du dich außerhalb v. Gesellschaft positionierst und sie zu verbessern suchst. Aus gesellschaftlicher Sicht hochgefährlich. Aus persönlicher Sicht sicher verheißungsvoll ;)

cf

P.S.
Vll. hast du ja wirklich 'mal Lust, den Quinn zu studieren. Das Buch wird dir zwar rhetorisch nicht sehr gefallen, da es sehr einfach - fast schon infantil - gehalten ist, inhaltlich ist es aber durchaus inspirierend.
 
Coeur Froid schrieb:
Na dann, schön, dass du bei uns weilst - ich habe aus deinem letzten Beitrag auch nicht direkt erkennen können, dass du dich resigniert abwendest.

Was den Begriff der Eudämonie angeht, so ist mir bislang nur Aristoteles Ethik bekannt, die eben auch nach diesem Prinzip benannt ist. Darum die Rückschlüsse, wie du dir vorstellen können dürftest.

Es sei mir verziehen - ich verwandt den Begriff lediglich als Kürzel für vollkommene Glückseeligkeit in der naturbedingten Wesensart

Was den "Niedergang" der Sprache angeht, muss ich dir eigentlich Widersprechen, immerhin wird durch das von dir genutzte Vokabular kein semantischer Zugewinn erzielt, man darf sich also durchaus fragen, welchen Zweck derartige Begrifflichkeiten unter diesen Umständen erfüllen. Offensichtlich führte ja gerade der Begriff der "Eudämonie" zu Irritationen, weil er aus seinem semantisch- logischen Zusammenhang gerissen wurde. Zudem wird seit - wahrscheinlich - 2000 Jahren vom Niedergang der Werte und Kultur gesprochen, der Bezug auf Sprache scheint mir zweifelhaft. Als ob der "Pöbel" (*hust*) in Athen 400 v. Christ oder in Heidelberg 1800 n. Christ eloquenter gewesen wäre als der heutige.

Nun gut, die Nivellierung der Sprache als dekadent zu bezeichnen ist nur bedingt korrekt. Dies liegt daran, dass ich mich im Allgemeinen, argumentativ zu sehr auf vermeintliche geschichtliche Faktizitäten, gestützt habe, anstatt gemäß Nietzsche (eine der wenigen Synthesen, die bei mir Affirmation finden) retroperspektivische Orientierung zu meiden.
So muss man die sprachliche Entwicklung weniger als Verfallsprozess, sondern vielmehr als allgemeine, zeitungebundene Erscheinung des affektiven Hedonismus betrachten, welcher primär in Gesellschaften unter plebejischer Führung oder in einer Krise Zustimmung findet. Die Rhetorik des Plebejers wird sich in fast jedem System auf geringem Niveau bewegen, Divergenzen bestehen lediglich darin, inwieweit dieses geringe Niveau gesellschaftliche Begutheißung findet und damit im Demokratisierungsgrad.



Die "Onomastik" betreffend habe ich den Eindruck, dass du die "Etymologie" des Wortes meinst; das Individuum kann zwar durchaus Objekt der Onomastik sein, nicht aber als Zeichen, sondern nur als konkret bezeichnetes.

Hehe, wir reden aneinander vorbei..Ich meinte damit, dass man den Begriff Individuum genauer in Augenschein nehmen sollte ( Individuum als "ungeteiltes/unteilbares" Wesen in ausgeglichenem Zustand,), anstatt, der Begriffsverfälschung oder der Abstraktion gemäß, im Individuum lediglich jemanden zu sehen, der "sein Ding macht".

Was dein weiteres Kulturkonzept angeht, so beginne ich die Verweise auf den japanischen Kulturkreis als "Fundament" deiner Ausführungen zu verstehen (ohne sie darauf reduzieren zu wollen). Besonders die Disharmonie Mensch - Umwelt kann man dir schwerlich abstreiten, auch wenn seitens der westlichen Gesellschaften offensichtlich die Neigung besteht, sich selbst als "Fehler der Evolution" zu begreifen und so auf eine recht plumpe Weise seine begrenzte Perspektive zu legitimieren. Hier teile ich deine Auffassung völlig, frage mich aber, ob "die Japaner" - die zweifelsohne einen sehr reflektierten Selbstbezug leben - ökologisch deinen Ansprüchen genügen. Immerhin ist Japan auch einer der stärksten Wirtschaftsräume dieser Welt und befindet sich damit auf dem besten Weg "in den Westen".

Meine Ausführungen nahmen Bezug auf die japanische Kultur und den japanischen Ethos vor der Industrialisierung des Landes. Gerade der Kampf gegen diese Industrialisierung war für die Samurai eine heroische Tat, aus Treue und Liebe zu ihrem Volk/ihrer Kultur.

Wenn du bezweifelst, dass die gesellschaftlichen Werte in den westlichen Systemen überhaupt zweckmäßig sind, frage ich mich, was der Bezugsrahmen einer derartigen Perspektive sein muss - meiner Meinung nach die Paradigmen einer Gesellschaft selbst, jene Grundwerte, die den Kern der Gesellschaft ausmachen und Begriffe wie "politische Kultur" formen.

Prägnant und korrekt.

Um mich kurz zu fassen: Deine Perspektive kommt mir merkwürdig vertraut vor, vll. kennst du das Buch "Ismael" von Daniel Quinn? Hier geht es genau um kulturelle Entwicklung und um das korrumpierte Selbstverständnis des Mensche als Wesen, das angeblich außerhalb der Natur stehe und seine Fähigkeit zum bescheidenen Umgang mit der Umwelt verloren habe.
Hinzu gesellt sich bei dir anscheinend noch eine tiefe Beeindruckung fernöstlicher Kultur, vermischt mit einer Art Kulturfaschismus (gar nicht wertend, als autoritäre und zentrale sowie tendenziell aristokratische / hierarchische Kulturinstitution) im Sinne einer Wiederherstellung vermeintlich verlorener Werte und Fähigkeiten.

Die argumentative Minderwertigkeit einer zu sehr retroperspektivisch orientierten Argumentation habe ich bereits eingestanden.
Wenn überhaupt, so wäre eine epigonale kulturelle Wiederbesinnung einzig mit der Orientierung an den japanischen Werten sinngemäß.
Der Kontent dieser Kultur wurde von mir ja schon angeschnitten.


Und um jetzt zum Schluss zu kommen: Ich habe etwas den Eindruck, dass du dich außerhalb v. Gesellschaft positionierst und sie zu verbessern suchst. Aus gesellschaftlicher Sicht hochgefährlich. Aus persönlicher Sicht sicher verheißungsvoll ;)

Eine gesellschaftliche Verbesserung ist mittels aktiven Agierens kaum noch möglich. Lediglich die Hypothese, dass auch die jetztige Kultur fällt und dass die fortschreitende Zeit eine arbiträre Festlegung ist also dass die Zeit, um es zu simplifzieren, genauso gut als Kreislauf gesehen werden kann, gibt mir die Hoffnung, eines "Systemzusammenbruches" und einer völligen Neuordnung.
Diese Hoffnung hege ich als soziales Wesen. Im Übrigen sehe ich meine immanente Harmonie bei Nichterfüllung dieser Hoffnung nicht stringent als unmöglich, im Gegenteil.

cf

P.S.
Vll. hast du ja wirklich 'mal Lust, den Quinn zu studieren. Das Buch wird dir zwar rhetorisch nicht sehr gefallen, da es sehr einfach - fast schon infantil - gehalten ist, inhaltlich ist es aber durchaus inspirierend.
Mal sehen, momentan habe ich noch einiges an Lektüre auf meiner Liste, ich werde es mir trotzdem vermerken - Vielen Dank für den Tipp!
 
Da ich die gravierendsten Missverständnisse ausgeräumt sehe, eine kurze Feststellung zum Niedergang der Kultur aus besagtem Buch: Eine Kultur, die sich fehlerhafter Prämissen wegen von Anfang an im freien Fall befindet, wird dieses womöglich erst realisieren, wenn sie auf dem Boden zerschellt.

Was den "Verfall der Sprache" angeht, so bin ich eigentlich guter Dinge, dass es immer eine breite Plattform für "Schöngeistigkeit" (auf diesen Zusammenhang reduziert) geben wird, welche Sprache zu schaffen in der Lage ist.
Ansonsten halte ich es historisch eher mit den Vorstellungen von Kontinuität und Wiederholbarkeit, habe das bislang aber noch nicht mit einer zirkulären Vorstellung in Einklang bringen können.

Es wäre hilfreich, wenn du eine ungefähre Vorstellung deines eudämonieverheißenden gesellschaftlichen Konstruktes vorstellen würdest. Schlösse das einen demokratisch legitimierten Souverän aus? Welchen Stellenwert hätte internationales Engagement? Würde es starke Kontrollinstanzen geben?
Auch wenn der Begriff des "Pluralismus" in einigen Kreisen sicher eher negativ konnotiert ist, halte ich ihn doch für einen wesentlichen Bestandteil der modernen Weltanschauung: Das Wissen um die Vielfältigkeit möglicher Lebensformen und -entscheidungen. Stünde das nicht ebenfalls deiner Konzeption entgegen?

CoeurFroid

P.S.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht aneinander vorbei reden, aber ist Onomastik nicht die Namenskunde wohingegen Etymologie die Lehre von der Herkunft der Worte ist?
 
Coeur Froid schrieb:
Da ich die gravierendsten Missverständnisse ausgeräumt sehe, eine kurze Feststellung zum Niedergang der Kultur aus besagtem Buch: Eine Kultur, die sich fehlerhafter Prämissen wegen von Anfang an im freien Fall befindet, wird dieses womöglich erst realisieren, wenn sie auf dem Boden zerschellt.
Klingt interessant, ich denke aber nicht, dass es mir etwas Neues zu bieten hat. Insofern es zeitlich machbar ist, werde ich es evtl. anlesen.

Was den "Verfall der Sprache" angeht, so bin ich eigentlich guter Dinge, dass es immer eine breite Plattform für "Schöngeistigkeit" (auf diesen Zusammenhang reduziert) geben wird, welche Sprache zu schaffen in der Lage ist.

Das Menetekel der Rechtschreibreform und die vermehrte Häufigkeit von Anglizismengebrauch trüben diese Hoffnung ein wenig, aber wir werden sehn.

Ansonsten halte ich es historisch eher mit den Vorstellungen von Kontinuität und Wiederholbarkeit, habe das bislang aber noch nicht mit einer zirkulären Vorstellung in Einklang bringen können.

Um eine zirkuläre Disposition des Weltgeschehens zu beweisen, wurde beispielsweise die Indestruktivität der Energie betont. Aufgrund der Synthese, dass unser Universum endlos existiert, kommt zB Nietzsche dazu, dass jede Konstellation sich in irgendeiner Weise wiederholen kann/muss da die Variationsbreite der Körper nicht grenzenlos ist.
Jedenfalls muss die Doktrin einer chronologischen Progression angezweifelt werden. Ein anderer interessanter, jedoch sehr abstrakter, Ansatz ist, dass Materie vom Zeitpunkt ihres Entstehens an, einem Verfall anstatt einem Fortschritt unterliegt.
Allerdings muss ich diese physikalischen Abstraktheiten, was die Eudämonie betrifft, als irrelevante Gedankenspiele bezeichnen.
Somit stütze ich mich lieber auf das greifbare Faktum der Irrationalität des modernen Systems.


Es wäre hilfreich, wenn du eine ungefähre Vorstellung deines eudämonieverheißenden gesellschaftlichen Konstruktes vorstellen würdest. Schlösse das einen demokratisch legitimierten Souverän aus? Welchen Stellenwert hätte internationales Engagement? Würde es starke Kontrollinstanzen geben?

Hier brauche ich, dank des japanischen Beispiels, nichtmal allzu sehr auf meine imagintiven Fähigkeiten zurückgreifen. Zunächst einmal ist der Grundgedanke des Globalen oder gar des Länderübergreifenden der Systeme ein, wenngleich in Betracht geschichtlicher Ereignisse nachvollziehbar, fehlerhafter Gedanke. Dies liegt daran, dass die Mittelbarkeit, der Menschen und der Ereignisse, die Einfluss auf die persönlichen Umstände nehmen, verlorengeht. Als Folge dessen ist wachsender Egoismus zu beobachten. Der Globalismus birgt überdies die Gefahr der verkümmerten Wahrnehmung lokaler Geschehnisse aber auch der Natur direkt um uns herum. Die Möglichkeit seine Umwelt intensiv zu erfahren geht verloren, stattdessen wird auf ein abstraktes Ganzes geblickt, das so nicht existiert. Bestenfalls existiert es im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf mit seinen dubiosen Intentionen und in den Menschenrechten. (Buchtipp: Rüdiger Safranski - Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch ?)
Die Demokratie sehe ich aus dem simplen Grund der unterschiedlichen intelligiblen Anlagen, welche von Nöten sind um ein für mich wünschenswertes System zu errichten/zu erhalten, als impotente Gesellschaftsform.
Einzig ein hierarchisches Prinzip scheint den Anforderungen gerecht zu werden, welche ich darin sehe, das System aufrecht zu erhalten.
Je nach Rezeptionsvermögen der (in vorherigen Beiträgen habe ich sie erläutert) fundamentalen Ethik der Gemeinschaft, ist ein Aufstieg möglich.

Die Praktikabilität eines Leviathan´schen Staatskonstrukts ist imo gering.
Vielmehr sollten Siedlungen die Organisation ihrer Werkstoffe, Produkte und Agrarerzeugnisse in Eigenregie vornehmen. Die Abgrenzung gegen neue Technologien ist ab dem Maß, das ausreichende Nahrungsversorgung, Wärme-u.Kälteschutz sowie ein annehmbares Kulturleben gewährleistet, essentiell für den Fortbestand einer Kultur. Die Nutzung der Reziprozität gewisser Handelsbeziehungen, die jedoch keine schädlichen Einflüsse bringen sollten, ist natürlich kein Sakrileg. Maxime dieser Gesellschaft ist, dass der Mensch unter ausreichender Versorgung, unter höchster gegenseitiger Achtung und im Einklang mit seiner Natur und seinem Körper leben kann.
Damit dies möglich ist, ist ein Staatskonstrukt oder gar eine Art Globalismus unbedingt zu meiden.
Erziehung zur Höflichkeit und gegenseitigen Achtung sowie zur Genügsamkeit sind möglich und können den Weg zu einem glücklicheren Leben ebnen als es die Moderne jeweils vermochte. Die Schulung kämpferischer Fähigkeiten hat die positive Folge der nötigen Defensive bei Angriffen auf die geschaffene Gesellschaft aber auch der physischen Gesundheit und der friedlichen Auslebung des thymotischen Triebes (dem Drang sich zu Messen)

Auch wenn der Begriff des "Pluralismus" in einigen Kreisen sicher eher negativ konnotiert ist, halte ich ihn doch für einen wesentlichen Bestandteil der modernen Weltanschauung: Das Wissen um die Vielfältigkeit möglicher Lebensformen und -entscheidungen. Stünde das nicht ebenfalls deiner Konzeption entgegen?
Antwort darauf ergibt sich aus obigem Text. :)

CoeurFroid

P.S.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht aneinander vorbei reden, aber ist Onomastik nicht die Namenskunde wohingegen Etymologie die Lehre von der Herkunft der Worte ist?
Richtig, ich habe die Individuualität aufgrund ihrer terminologischen Hervorhebung als eine Art Namen/Eigennamen interpretiert. Falls Du dies für unzulässig hälst, entschuldige ich mich...

Für Erste, habe ich hoffe ich genug Inhalt vermittelt.
 
Guten Morgen

Nun gut, die Nivellierung der Sprache als dekadent zu bezeichnen ist nur bedingt korrekt. Dies liegt daran, dass ich mich im Allgemeinen, argumentativ zu sehr auf vermeintliche geschichtliche Faktizitäten, gestützt habe, anstatt gemäß Nietzsche (eine der wenigen Synthesen, die bei mir Affirmation finden) retroperspektivische Orientierung zu meiden.
So muss man die sprachliche Entwicklung weniger als Verfallsprozess, sondern vielmehr als allgemeine, zeitungebundene Erscheinung des affektiven Hedonismus betrachten, welcher primär in Gesellschaften unter plebejischer Führung oder in einer Krise Zustimmung findet. Die Rhetorik des Plebejers wird sich in fast jedem System auf geringem Niveau bewegen, Divergenzen bestehen lediglich darin, inwieweit dieses geringe Niveau gesellschaftliche Begutheißung findet und damit im Demokratisierungsgrad.

Es ist mir ein Rätsel, wenn man sich selbst einer dermaßen mit überflüssigen Fremdworten durchseuchten, schwerfällig substantivierten, arrogant verschwurbelten Rhetorik bedient, wie man dann vom Niedergang oder der Nivillierung der Sprache schwadronieren kann. Mit deiner Sitilistik, deinem Sprachverständnis klammerst du einen Großteil wenn nicht praktisch alle Schönheit der deutschen Sprache aus. Ganz abgesehen davon, wieviel Schönheit und Originalität durch die Einbindung von Dialekten und Alltagssprache entstehen kann. Darüber hinaus ist mir ein hübscher Anglizismus lieber als ein unnütztes Stück toter Sprache.
Dem Argument, dies alles diene der Präzision, möchte ich vorgreifend entgegnen: Erscheint mir beim bisherigen "Kontent" dieses Threads nicht stichhaltig.
Als Beispiel könnte der Ausdruck des "affektiven Hedonismus" dienen. Völlig überflüssige Fremdwortdopplung. Ich empfehle sprachliche Askese!
 
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Nunja, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Affektiver Hedonismus erscheint mir sehr wohl prägnanter als "triebgeleitete Philosophie die Richtigkeit an der Genüsslichkeit misst", oder ähnliche, unnötige Umschreibungen. Das ist bei Weitem nicht das einzige Beispiel, Du wirst mit Sicherheit einige Stellen erkennen, in denen dies deutlich wird.
In der Philosophie gibt es nunmal gebräuchliche Termina, die vor allem bei einem Gespräch mit mehr oder weniger philosophisch gebildeten Personen, die diese kennen (klingt das etwa schön?), praktisch sind. (Zumal die Zahl der Diskutierenden in diesem Thema sich auf Couer Froid und mich zu beschränkt haben schien) Es erscheint mir unsinnig, mir bewusst lange Umschreibungen zu überlegen, das täte ich wenn ich Deutsch 1-2 Jahre an der Sprachschule gelernt hätte. Ein weiterer Vorteil ist die Vermeidung unschöner Wortwiederholungen.
 
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