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Die Deutschen

AW: Die Deutschen

England, Frankreich und Spanien waren am Ende des Mittelalters zu Einheitsstaaten geworden, in der Volk und Land nahezu übereinstimmten. Es gab eine zentrale Hauptstadt, eine einheitliche Verwaltung und einheitliches Recht, ein einheitlichen Maß- und Münzsystem, all diese Aussagen cum grano salis!

Und da haben die Deutschen munter und krekel ihre Kleinkleckerlesländerwirtschaft weiter gepflegt, bis ihnen Napoleon eine purgierende Bereinigung verordnete, die aber durch den Wiener Kongress durch die Hintertür wieder reichlich untergraben wurde.

Man hat die Schweiz und die Niederlande vor lauter Länderegoismus des Territorialstaates der Habsburger aus dem Reich entlassen müssen.

Und 1866 hat man auch noch Österreich selbst rausgeekelt. Und noch 1871 hat sich Bayern Sonderrechte innerhalb des Zweiten Deutschen Reiches ergattert!

Nur Italien war auch so ein Rumpf- und Stumpfstaatwesen.

Hallo Fritz,

mit deinem Beitrag triffst du genau das, was ich im Auge hatte: der beschwerliche Weg der Deutschen zum Nationalstaat.

Die gestrige 8. Folge der ZDF-Reihe hat eine Chance aufgezeigt, die Deutschen auf liberalem Wege zusammenzuführen. Aber es dauerte 140 Jahre, bis sich diese Chance verwirklichte. 140 Jahre, in denen viel Krieg geführt, viele Menschen geopfert und viel Land verloren wurde.

Dass Deutschland unter preussisch-militaristischer Vorherrschaft zum Nationalstaat geeint wurde, ist m. E. für die spätere Entwicklung Deutschlands verhängnisvoll gewesen.

Gruss
Hartmut
 
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AW: Die Deutschen

Hallo Hartmut!
Was wäre, wenn wichtige Ereignisse in der Geschichte Österreichs anders ausgegangen wären? Wie hätte sich der Lauf der Geschichte dann weiterentwickelt?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch ein Buch, das ich hier schon mal vorgestellt habe:
Reinhard Pohanka, Kein Denkmal für Maria Theresia.

Das machte mir beim Lesen einmal mehr auch bewusst, wie unser Leben aus reinen Zufällen aufgebaut ist, individuell wie global.
Sogar unser Leben auf der Erde ist durch den Zufall bestimmt, dass es den Mond gibt, noch dazu in der richtigen Entfernung, wie du weißt. ;)

lg
Andreas
 
AW: Die Deutschen

Und aus dem warmen sicheren Stübchen des Jetzt rückblickend auf die Geschichte den Altvorderen irgendwelche verpassten Chancen vorzuwerfen, kann´s ja auch nicht sein.
Aber das wollte der Threadersteller ja gar nicht.

Du hast Recht, Raphael: Klugscheissen wollte ich wirklich nicht.

In der Geschichte scheint es ähnlich wie in der Quantenmechanik zuzugehen: Erst durch Entscheidungen (Messungen) wird aus den möglichen Varianten (Zuständen) eine ausgewählt, und der Zufall spielt hier wie dort eine Rolle. Trotzdem setzen sich sowohl in der Geschichte als auch in der Quantenmechanik bestimmte Dinge mit Notwendigkeit durch ...

Na ja, der Vergleich hinkt etwas wie fast alle Vergleiche. Physiker sind als Politiker sowieso ungeeignet, von wenigen Ausnahmen abgesehen (Merkel, Solana ...).

Zu Adolf Gröfaz:

Moderate Friedensverträge von Versailles, St. Germain, Trianon und Sevres
hätten diesen Popanz erst gar nicht groß werden lassen.

Ist Versaille der massgebende Faktor für Hitlers Aufstieg gewesen? Auch die Kommunisten waren gegen den Versailler Vertrag ...

Warten wir doch mal die beiden letzten Folgen der ZDF-Reihe ab!

Gruss
Hartmut
 
AW: Die Deutschen

Hallo Hartmut!

Meiner Meinung nach war der preußische Staat wohl so ein schlechter nicht, was den Alltag und die Gesetze betrifft.

Falsch war es jedoch nach dem Sieg von Sedan den alten Willi im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser auszurufen, denn das bedeutete eine Demütigung Frankreichs ohnegleichen, was nicht folgenlos bleiben sollte.
Ich meine damit den Ort des Geschehens, nicht die Tat selber.

Mit freundlichen Grüßen
Raphael
 
AW: Die Deutschen

mit deinem Beitrag triffst du genau das, was ich im Auge hatte: der beschwerliche Weg der Deutschen zum Nationalstaat.


Kunststück, sehe ich seit Jahren so. Nicht zuletzt durch die Lektüre von Arno Schmidt.

Schau dir mal eine besonders grob verpasste Chance an:

http://www.amazon.de/exec/obidos/ISBN=3596134951

Da wurde nicht nur eine Chance für Deutschland vergeben. Der aufkeimende deutsche Nationalismus verhinderte die Einigung Europas durch Napoleon.
Und das ist die Grundlage für den "Einigungsversuch Europas" durch Hitler.

Zitat: Christian von Massenbach (1758-1827), Mitschüler Schillers auf der Karlsschule und während der Napoleonischen Kriege Feldherr im preußischen Generalstab, ist der traurige Held des Lesedramas, das Schmidt 1948 noch unter den Eindrücken des Zweiten Weltkriegs schrieb. Denn Massenbach, der die Einsamkeit seiner Bibliotheksklause jedem Kampfgetümmel vorzog, war nicht nur ein vergrübelter Utopist, sondern auch ein umstrittener und damit gefährdeter Mann: Sein Plan, Preußen solle sich mit Napoleon aussöhnen, um ein aufgeklärtes westliches Bollwerk gegen Rußland zu bilden und die Unabhängigkeit von Englands imperialer Macht zu befestigen, brachte ihn in Konflikt mit Friedrich Wilhelm II. Von 1819 bis 1826 saß er in Festungshaft, 1827 starb er in Bialokosch, seinem Landsitz bei Posen. Das Schicksal dieses unabhängigen Denkers in Stulpenstiefeln, in dem Arno Schmidt einen Geistesverwandten sah, steht für die verpaßte historische Chance, Europa zu einigen: vor 200 Jahren, im Frieden mit Napoleon, im Geist der Französischen Revolution.

Auch die Habsburger, besonders durch Karl V., waren auf dem besten Weg, ein einiges Europa zu schaffen. Der Franzosenkönig, der Papst und Luther, und die kleinkarierten Reichsfürsten haben dies kühne Projekt verhindert.

Gruß Fritz
 
AW: Die Deutschen

Nun ist die letzte Folge der Serie über "Die Deutschen" gesendet worden. Leider muss ich sagen: Es war die schwächste Folge der ganzen Reihe.

Nicht nur, dass man das Jahrhundert der beiden Weltkriege so im Vorübergehen abhandelte, auch die dargebotenen Interpretationen der geschichtlichen Ereignisse entbehrten einer fundierten Darstellung.

Am Ende fragt man sich, was wohl der Sinn dieser Serie gewesen
sein mag. Den Stolz auf die Heimat oder das Deutschtum zu wecken? Das ist wohl eher ein zwiespältiges Unterfangen.

meint
Hartmut
 
AW: Die Deutschen

Hallo Hartmut!

Meiner Meinung nach war der preußische Staat wohl so ein schlechter nicht, was den Alltag und die Gesetze betrifft.

Da stimme ich dir zu, Raphael. Immerhin hat Bismarck die erste Sozialversicherung eingeführt.

Trotzdem ist die Politik Bismarcks mit Vorsicht zu geniessen. Das haben die damaligen Sozialdemokraten am eigenen Leibe erfahren müssen (siehe die Sozialistengesetze von 1878 - 1890).

Gruss
Hartmut
 
AW: Die Deutschen

Die Geschichte der Deutschen ist die Geschichte verpasster Chancen.

Was meint ihr dazu?

fragt
Hartmut

Hallo Hartmut,

der Satz klingt ein weinig Mitleid erregend, so wie: Wir armen Deutschen haben es viel schwerer gehabt als alle Anderen.
Habe die Serie nicht gesehen, kenne die deutsche Geschichte nur von Schule, Allgemeinwissen und selbst gelesenem.
Was heißt verpasste Chancen? Wo hätten die Deutschen mehr Erfolg haben müssen? Bei den Kolonien, den geführten Kriegen oder in der Diplomatie?
Chancen haben ist doch schon viel, besser wie nichts, es macht Hoffnung.
Wenn man Hunger hat und einen gedeckten Tisch sieht hat man noch nichts gegessen, der Hunger ist der Selbe aber es macht Hoffnung, dass es was zu Essen gibt und das erleichtert das Aushalten enorm. So gesehen ist eine Chance eine Hoffnung und sie ist der Motor allen Seins. Es sollte nur nicht zu oft enttäuscht werden denn dann tritt Resignation ein und das führt zu depressiven Stimmungen. So gesehen stimmt es, die Deutschen haben oft letztendlich den kürzeren gezogen aber warum? Weil sie fanatisch überzeugt wahren, dass ihnen immer das längste Stück zusteht, das sie immer Platz eins belegen müssen und nie mit einem der weiteren Plätze zufrieden wahren. Das hat fast nie geklappt, also ab nach hinten, noch einmal anstellen.
Bei uns Deutschen klafft oft eine Lücke zwischen meinen was geht und den wirklichen Fähigkeiten, zumindest im politischen Bereich. Bei Kunst, Kultur und Philosophie gibt es ja herausragende deutsche Leistungen in der Geschichte.

Meine Familie ist auf beiden Seiten seit vielen Generationen preußischen Ursprungs, das gibt mir zwar klare Wurzeln aber meine Position zum Preußentum ist ambivalent. Zackig und gehorsam sind nicht die Tugenden die ich am meisten schätze. So gehe ich mit der deutschen Geschichte und dem Preußentum im Zusammenhang mit meiner eigenen Geschichte sehr skeptisch um und suche den Kontakt zu anderen Nationalitäten, besonders den südländischen und lebe heute in Bayern, direkt an der Grenze zu Tirol.

gruß fluuu
 
AW: Die Deutschen

Und 1866 hat man auch noch Österreich selbst rausgeekelt. Und noch 1871 hat sich Bayern Sonderrechte innerhalb des Zweiten Deutschen Reiches ergattert!

Nur Italien war auch so ein Rumpf- und Stumpfstaatwesen.

Gruß Fritz

moment mal....ich lege wert darauf, dass die bayern das versaut haben.

(Die letzte Schlacht im deutschen Bruderkrieg fand schließlich im Mainfeldzug am 26. Juli 1866 bei Üttingen statt, in der Preußen über die Bayerische Armee siegte; mit dem Gefecht bei Blumenau am letzten Tag des Krieges wendeten die Österreicher jedoch noch die Besetzung Pressburgs (Bratislava) durch preußische Truppen ab.)

und die sache zuvor in königgrätz, das war pech, wir wollten an diesem tag gar nicht kämpfen, sondern fußball schauen.

ausserdem waren wir ein bissl geschwächt, weil wir den schon damals prolligen italienern eine lektion erteilen mussten.
 
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AW: Die Deutschen

England, Frankreich und Spanien waren am Ende des Mittelalters zu Einheitsstaaten geworden, in der Volk und Land nahezu übereinstimmten. Es gab eine zentrale Hauptstadt, eine einheitliche Verwaltung und einheitliches Recht, ein einheitlichen Maß- und Münzsystem, all diese Aussagen cum grano salis!


Eben! Und während es mit all diesen Ländern dann bergauf ging, ging es mit Deutschland bergab.

Und der Dreißigjährige Krieg war eine absolute Katastrophe.
 
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