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Brauchen wir die Gier ?

Zeilinger

Well-Known Member
Registriert
22. Mai 2004
Beiträge
16.499
Liebe Fomumsmitglieder !

In den 90-er Jahen sagte eine slowakische Zimmervermieterin zu mir, halb fragend: "Die Gier ist unser Schicksal, nicht wahr ?!"
Das Thema geht mir nicht aus dem Kopf; ich kann es weder mit einem klaren Ja noch mit einem klaren Nein beantworten.

Hatte sie recht ?
 
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Zeilinger schrieb:
Hatte sie recht ?
Nö. Was ist "Gier"? Ist es die Sucht nach Dingen? Die Sucht geht über das normale Bedürfnis hinaus. Hinter jeder Sucht steht die Suche nach anderen Dingen, die da in der Seele und im Kopf herumhängen, wie eine schwere, leere Blase ohne Wort. Der sollte man auf den Grund gehen, und sein Wort geben. Die Leere ist unser Schicksal, die Unterdrückung von Gefühlen, die Verdrängung. Is'nt it?

Gysi
 
>Gysi

Was ist "Gier"? Ist es die Sucht nach Dingen?
Gier und Sucht würde ich auch gleichsetzen. Ich würde aber eine Definition nicht auf das Materielle beschränken; es gibt keinen logischen Grund, warum es nicht auch eine Gier nach ideellen Dingen wie Freude, Liebe, Geborgenheit, Freiheit etc. geben sollte.

Die Leere ist unser Schicksal, die Unterdrückung von Gefühlen, die Verdrängung.
Eine klare Stellungnahme, die meine Frage eindeutig mit Nein beantwortet, weil in diesem Fall beides ja kaum möglich ist.

Ich bin aber noch nicht überzeugt; wenn wer etwas - ob Materiell oder Idell - wieder haben will, ist das nicht bereits der Beginn einer Gier ? Und könnte die Wirtschaft florieren, wenn wer etwas nicht noch einmal und noch einmal und noch einmal haben will ?
 
Zeilinger schrieb:
Gier und Sucht würde ich auch gleichsetzen. Ich würde aber eine Definition nicht auf das Materielle beschränken; es gibt keinen logischen Grund, warum es nicht auch eine Gier nach ideellen Dingen wie Freude, Liebe, Geborgenheit, Freiheit etc. geben sollte.
Ja, is klar. Ich hatte zwar etwas schludrig von "Dingen" geredet. Ich meinte aber nicht nur das Materielle. Ich dachte eigentlich, in eine andere Falle getreten zu sein: Die körperliche und die seelische Sucht. Heroin macht jeden süchtig, auch den seelisch Stabilen. Nur vielleicht nicht so ausweglos.

Eine klare Stellungnahme, die meine Frage eindeutig mit Nein beantwortet, weil in diesem Fall beides ja kaum möglich ist.
Ich glaube doch. Das "Nö." war auch eine etwas schludrige Antwort von mir. Denn hinter der Gier steht doch das, das ich als "Schicksal" bezeichne (auch nicht ganz richtig... ein Lottogewinn ist auch ein Akt des "Schicksals"...) Meine Antwort, ob die Tante da recht hatte, lautet also: Je nachdem, wie man's sieht...

Ich bin aber noch nicht überzeugt; wenn wer etwas - ob Materiell oder Idell - wieder haben will, ist das nicht bereits der Beginn einer Gier ?
Ist essen "Gier"? Ist Sex "Gier"? An sich wohl nicht. Beides könnte aber Gier sein. Wenn du morgens schon die ersten 4 Riesesenburger reinschaufelst und immer noch hungrig bist - is nich gesund. Die Frage ist dann, warum mampfst du so viel? In diesem "Warum?" liegt der Hund begraben. Nicht in der Gier. Die Gier ist nur ein Symptom für das, was wirklich kratzt.
Und könnte die Wirtschaft florieren, wenn wer etwas nicht noch einmal und noch einmal und noch einmal haben will ?
Ein etwas überdurchschittliches Konsumvolumen würde ich auch nicht als Gier bezeichen. Gier ist das Verlangen nach Dingen, die nicht sooo wichtig sind zum Lebenserhalt und zum Erreichen einer bestimmten Lebensqualität, dir aber regelrechte Qualen bereitet, wenn es nicht befriedigt werden kann. Dann sollte man sich fragen: Wat willste denn wirklich?
 
Zeilinger schrieb:
Liebe Fomumsmitglieder !

In den 90-er Jahen sagte eine slowakische Zimmervermieterin zu mir, halb fragend: "Die Gier ist unser Schicksal, nicht wahr ?!"
Das Thema geht mir nicht aus dem Kopf; ich kann es weder mit einem klaren Ja noch mit einem klaren Nein beantworten.

Hatte sie recht ?


Mir geht es so wie Dir, Zeilinger. Schließlich ist die Mehrzahl der Menschen, die ich kenne, nicht " gierig" im Sinne von süchtig.
Ich selber bin sehr wissbegierig. Wenn ich irgendwo Fragen habe, geh ich diesen so lange nach, bis ich für mich eine Antwort gefunden habe.Die besteht allerdings auch oft im Eingeständnis, dass ich keine Antwort finde.
Das ist für mich kennzeichnend. - Wenn die slowakische Zimmervermittlerin so will: mein Schicksal.
Lebenshunger - Lebensgier...
Dieser ist biologisch genetisch in der Erhaltung unserer Art fundiert.Der eine erlebt dieses gefühl intensiver, der andere schwächer.
Ein neugieriger Mensch sieht viel mehr als ein Muffel.
Also: ich kann nicht nur Negatives in der menschlichen Gier sehen.

Gute Nacht, Ihr zwei beiden

Marianne
 
Die *Marianne* hat es uns genannt:
... ich kann nicht nur Negatives in der menschlichen Gier sehen.
Und uns allen ist es doch bekannt:
Kaum jemand kann ohne einer lebenswichtigen Neugier bestehen.

So sei die Lebensgier uns eine philosophisch´ Zier.
Das Tier in mir: die Gier nach Bier :)
 
Gier ist ein negativ besetzter Begriff, aber die Beiträge von Majanna und anderen zeigen, dass er wahrscheinlich in der Grundbedeutung neutraler war. So ist es auch mit anderen deutschen Begriffen, z.b. "geil" hatte nicht nur diese nur sexuelle Konnotation.
Wie schon hier und da erwähnt, benutzt Schopenhauer den Begriff des "Willens", der dann von Nietzsche zum "Willen zur Macht" umgedeutet wurde. Der Wille an sich ist wertneutral; Lebenswille, lebensgier, Lebensgeilheit - dieser Drang zur Existenz ist nun mal das konstituierende unseres Daseins. Wenn dieser dann in einer Welt der Entfremdung, wo es kaum Gefahren und Herausforderungen gibt, in eine vielleicht pervertierte Form abrutscht, dann kann der Wille nicht Schuld oder Schicksal sein. Sondern der Prozess im Ganzen muss betrachtet werden.
 
-Egal, ob von Osten bis hin zum Westen:
Die menschliche Gier ist dann am gresten,
wenn die Biersüchtigen, in ihrer Gier nach Bier gewillt
gelabt mit Bier -und wird dies Verlangen nicht gestillt,
so fallen all diese netten Leute
der "Anti-Alk-Lobby" zur Beute ...
 
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Unangemesssenheit

Da ich nun mal schon von der "spitzen Feder" aufgerufen wurde,
werde ich eben auch versuchen, meine Position darzustellen.

Wir haben auf der einen Seite den neutralen, oder sogar positiv besetzten Begriff
"Bedürfnisse", und auf der anderen Seite den negativ besetzten Begriff "Gier".

Gier bezeichnet meiner Meinung nach die
unangemessen starke,
extrem einseitige,
übertriebene,
Befriedigung eines Bedürfnisses oder Verfolgung eines Zieles.

Sparsam wirtschaften und vielleicht auch einen Notgroschen beiseite legen,
ist positiv besetzt, Geldgier jedoch nicht.

Meine Antwort auf die Eingangsfrage lautet deshalb:

wir brauchen Bedürfnisse und deren Befriedigung, aber keine Gier !

lg nase

PS: Jetzt werde ich nur noch mit Walter abklären müssen, wie ich
mein Pseudonym von Neugier auf Neubedürfnisbefriedigung abändern kann ;-).
 
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