AW: Was ist ein Tensor?
ich bin bei meiner gegenwärtigen lektüre der theorie des führungsfeldes in der allgemeinen relativitätstheorie auf den begriff des "tensors" gestoßen.
vielleicht könnte mir einer von euch diesen begriff für einen physik-grundkursler verständlich erklären?
Hallo psbvbn1,
muzmuz hat bereits auf den Informationsgehalt hingewiesen. Ich möchte zum Tensorbegriff, so weit populär fassbar, folgendes ergänzen:
Den Begriff des Tensors kann man an Hand eines einfachen Beispiels, eines Vektors im zweidimensionalen euklidischen Raum, erklären. Ein Vektor ist nämlich ein Tensor 1. Stufe.
Bekanntlich ist ein Vektor eine Grösse, die durch Länge und Richtung festgelegt ist (grafisch: Pfeil). Bei Drehungen des Koordinatensystems ändern sich zwar die Komponenten des Vektors, der Vektor selbst bleibt aber unverändert. Genau dies ist charakteristisch für einen Vektor:
Er ist unabhängig vom eingeführten Koordinatensystem. Deshalb kann ein Vektor eine physikalische Grösse symbolisieren, die objektiv gegeben ist.
In einem zweidimensionalen Raum haben Vektoren zwei Komponenten, im dreidimensionalen Raum drei Komponenten usw.
Ein allgemeiner Tensor unterscheidet sich vom Spezialfall des Vektors im Wesentlichen durch die Anzahl der Komponenten, die er in einem vorgegebenen Koordinatensystem besitzt. Ausserdem lässt sich ein Tensor (leider) meistens nicht grafisch darstellen.
Jeder Tensor behält seine Identität beim Wechsel des Koordinatensystems. Ebenso wie ein Vektor kann ein Tensor Grössen repräsentieren, die physikalisch gegeben sind. Beispielsweise wird das elektromagnetische Feld mit seinen elektrischen und magnetischen Feldkomponenten in der vierdimensionalen Raum-Zeit-Welt durch einen Tensor beschrieben. Aber auch in der Mechanik findet man Beispiele für Tensoren, z. B. den Trägheitstensor oder den Tensor der Elastizitätsmoduln.
Ein Tensor 2. Stufe ist z. B. die Gesamtheit von 9 (3x3) Grössen, die sich bei einer linearen Transformation der räumlichen Koordinaten wie das Produkt von Koordinaten transformiert. Diese 9 Grössen können in Form einer (3x3)-Matrix dargestellt werden.
Ein entscheidender Schritt von A. Einstein bei der Erarbeitung der ART bestand darin, dem allgemeinen Relativitätsprinzip folgend das Prinzip der
allgemeinen Kovarianz einzuführen. Dieses Prinzip verlangt, dass die Gesetze der Physik in einer Form geschrieben werden, die in allen Koordinatensystemen der vierdimensionalen Raum-Zeit-Welt gleich bleibt. Dies erwies sich für A. Einstein als ein enormes mathematisches Problem. Aber die Mathematiker (vor allem B. Riemann) hatten das grundlegende mathematische Problem bereits gelöst und so das nötige mathematische Instrumentarium, nämlich die Tensorrechnung, bereit gestellt.
Gruss
Hartmut