• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Unvoreingenommenheit tut not!

Rhona schrieb:
Kathi, diese "Selbstschau", die du beschreibst, beinhaltet doch, dass du automatisch Rückschlüsse auf dich und dein Verhalten ziehst, wenn dich an Andere etwas stört? Du suchst also bei dir die Schuld, wenn's zwischen dir und anderen nicht klappt??
Wieso?? Ich verstehe das nicht!
Wenn ich, nach reiflicher Überlegung und mit einem gesunden Maß an Selbstkritik oder Selbstzweifel feststelle, dass ich mit dem Anderen nicht kann, dann muss ich das für mich akzeptieren, ohne deshalb weiter nach meinen Fehlern zu suchen. Dann nehme ich einfach zur Kenntnis, dass es zwischen mir und dem Anderen einfach nicht "passt".
Und warum musst du dein Verhalten überdenken?? "Nicht Jeder kann mit Jedem", das ist nun mal so, und das muss man eben akzeptieren.
Wenn du wirklich "Fehler" in deinem Verhalten Anderen gegenüber "feststellst , und du würdest versuchen sie abzustellen, was würde dann sein? Entweder kommst du mit dem Anderen prima zurecht, oder aber, wenn es selbst eingestandene Fehler sind, die nur du an dir siehst, würdest du dann nicht einen Teil, der gerade dich gerade ausmacht, verraten?
Wo willst du die Grenze ziehen zwischen Toleranz, Selbstaufgabe und Opportunismus?
Toleranz und Anpassungsfähigkeit in allen Ehren, aber irgendwo muss auch Schluss sein!! Das Erkennen, dass ich nicht Jedermanns Freund sein kann, und dass mich auch nicht Jeder mögen muss, ist für mich der erste Schritt zur Selbstakzeptanz, ohne deswegen mit Blindheit geschlagen zu sein, was Andere betrifft.

Rhona
Hallo Rhona!

Das was ich meinte, war nicht: bei jeder schwierigen Sitation einen "Fehler" bei mir zu suchen.

Ich meinte, dass ich 100-%ig jede Eigenschaft, die mich an wem "anderen" stört, auch in mir finden werde.
Es gilt hier zu erkennen, dass ich selbst alles, was ich im außen sehe, auch in mir habe.
Und dass oft gerade das, was ich an mir am meisten (unbewußt) hasse, am heftigsten im "außen" bekämpft wird.
Hier geht´s aber keinesfalls um "Fehlersuche" oder Fehler abstellen.
Wie ich oben schrieb, gibt´s aus meiner Sicht keine "Schuld" und keinen "Schuldigen". (das meine ich wirklich so!)

Es gibt nur Dinge, die passieren.
All meine Handlungen haben Auswirkungen.
Aber welche, kann ich niemals absehen (so geht´s dem dänischen Cartoonisten mit Sicherheit).

Was auch immer passiert - es gibt keine Schuld und es hat keine/r Schuld daran (aus einer übergeordneten Sicht - um die es hier geht).

Alles, was mir passiert, habe ich letztlich anzunehmen (je unvoreingenommener umso besser) und in der Folge werde ich wieder Handlungen setzen müssen.
Diese mache ich aus mir heraus - je nach Wissens-, Erkenntnis- und Gewissensstand. Wie oben erwähnt: je unvoreingenommener umso besser.

Hier geht´s auch nicht um Toleranz und Anpassungsfähigkeit. Das meinte ich nicht!
Es geht lediglich um Selbsterkenntnis.
Nämlich die Erkenntnis, dass ich um keinen Deut besser als "die anderen" bin, wie ich schon schrieb.


Gerade dann, wenn ich alle Eigenschaften auch in mir entdecke, kann ich mich besser ausdrücken und ggf. auch die längst fälligen Grenzen ziehen.
Ich brauche ja nicht mehr aufpassen, dass ich es jedem/r Recht mache. (Da das ja ohnehin unmöglich ist - s.o.)
Ich kann mich viel stärker in meiner Art bewegen und ausdrücken.
Ich erlaube mir, alle Facetten, die ich bereits kenne, zu leben.


Dennoch bleibt in meinem Inneren eine Arte "Verständnis" dem anderen gegenüber bestehen, das es im vorherigen (unbewußten) Zustand noch nicht gab.
Und dieses Verständnis beeinflußt auch wieder meine Handlungen.
(Das jedoch hat nichts mit falscher "Friedliebe" oder "Harmoniesucht" zu tun.)

Ich hoffe, ich konnte mich ein wenig verständlicher machen.
lg Kathi
 
Werbung:
mwirthgen schrieb:
Wir sollten im Interesse eines die eigenen Standpunkte überwindenden Miteinanders aus diesem Subjektivismus ausbrechen in die Offenheit und Fragehaltung, die Unvoreingenommenheit heißt.

Ist dies hier in diesem Forum möglich?
Ich denke nein.
Ich denke eine gewisse Voreingenommenheit gut und es ist kein gutes Ziel Unvoreingenommen zu sein.
Wie in vielen anderen Dingen gilt es hier ein je nach Situation gesundes Mittelmass zufinden, was abhängig von der Abweichung zu meiner Weltanschauung ist.

Ich möchte gerne mal erleben, wie ihr unvoreingenommen mit mir diskutiert, wenn ich euch......hmmm... erzähle, dass ich gerade mal wieder meine Tochter missbraucht habe und dass ich es eigentlich ganz ok finde, denn ich habe sie gezeugt also gehört sie mir und ich kann mit ihr tun was ich will.

Meine eigentliche Aussage:
Voreingenommenheit ist natürlich und sollte nicht unterdrückt werden.
Ohne Subjektivismus keine Diskussion.
 
Also ich tue mir da schwer mit diesem Thema. Sollen wir "unvoreingenommen" sein oder neutral, tolerant und offen? Steht "unvoreingenommen" für einen Zustand wie "ohne eigene Meinung" oder gar "ohne Überzeugung"? Oder ist damit der Zustand der fehlenden Information gemeint?

Der denkende Mensch hat immer eine Meinung, einen Standpunkt und wird diesen auch vertreten. Dabei kann er offen und tolerant sein, denn er wird seinen Standpunkt prüfen, in Frage stellen und je nachdem wo die besseren Argumente zu finden sind, die andere Seite annehmen oder bei seinem Standpunkt bleiben. Diese Auseinandersetzung kann sehr heftig sein und doch bleibt sie angenehm, solange sie sich auf die Sache konzentriert und nicht die Person.

Starrköpfig, intolerant und arrogant sind die Attribute, die Probleme schaffen, nicht jedoch der eigene Standpunkt. Es wäre sogar schön, wenn mehr Menschen einen eigenen Standpunkt hätten, eine eigene Meinung und für diese auch gelegentlich einstehen würden.
 
@kathi
hmm, wieso?
Das was louiz30 geschrieben hat unterscheidet sich schon sehr von dem was du vorher geschrieben hast, oder?
Jetzt bin ich verwirrt. :verwirrt1
 
Ich weiß nicht, ob manni die ursprüngliche Thematik so gesehen hat, wie sie sich hier diskussionsmäßig entwickelt. Als persönliche Suche nach unvoreingenommenem Urteil. Hier teile ich - by the way, uneingeschränkt die Meinung Fusselhirns.
Manni, Geht es Dir nicht darum, dass Du annimmst, hinter unserer innerweltlichen Subjektivität ist etwas, was Du Unvoreingenommenes nennst?

Etwas, was uns zwar nicht sichtbar wird/ ist, nach dem wir aber suchen müssen. Und - wie Du, - leider nicht ich glaube - glaubst, es auch zu finden wissen.



frdlg

Marianne
 
@marianne
ja, ich glaube du hast recht.

So wie ich Manni verstehe, lehnen seine Vorschläge sehr an den Objektivismus an. Dem kann ich nur bedingt zustimmen.

Dies ist aber keine irgendwie vermutete und geglaubte Weltanschauung, sondern dies ergibt sich als Wissen auf dem Weg gründlicher Selbsterkenntnis
Wissen ist subjektiv und demzufolge auch die Selbsterkenntnis. Unvoreingenommenheit ist eine Illusion. Jede Wahrnehmung, egal ob äußerlich oder innerlich, wird unbewusst gefiltert und ist subjektiv.
 
kathi schrieb:
@ louiz und fusselhirn:

War das, was ich schrieb wirklich so unverständlich? :confused:
Hallo an alle!

Ich glaube, dass Ihr eigentlich so ziemlich einer Meinung seid und dass die "Verwirrung" nur durch die unterschiedliche Interpretation des Wortes "unvoreingenommen" entsteht.
Für mich heißt "unvoreingenommen" nicht "ohne eigene Meinung" oder gar "ohne Überzeugung", sondern vielleicht "ohne Vorurteil". Könnt Ihr dem zustimmen?

@ kathi
Es ist tatsächlich so, dass man Fehler, die man an den anderen am meisten kritisiert, meist selber hat, bzw. dass das eine - positiv betrachtet - Eigenschaft ist, die man sich selbst nicht zugesteht, nicht erlaubt. Nennt man das nicht "Resonanz"?

kathi schrieb:
Hier geht´s auch nicht um Toleranz und Anpassungsfähigkeit. Das meinte ich nicht!
Es geht lediglich um Selbsterkenntnis.
Nämlich die Erkenntnis, dass ich um keinen Deut besser als "die anderen" bin, wie ich schon schrieb.
Ist es aber nicht mitunter gerade diese Selbsterkenntnis, die uns echte Toleranz lehrt?

LG
Jane
 
Werbung:
Liebe kathi,

schön, dass wir in vielem so einmütig zusammen sind.

Doch auf eines will ich noch aufmerksam machen. Du schreibst:
Hier findet dann Unvoreingenommenheit in der Handlung statt, die mMn aus dem Menschen selbst ("gottähnlicher, heller Ort der Seele") kommt.

Nachdem du schon eingestanden hast, dass der Mensch fehlerhaft ist und immer wieder Fehler macht, wird es zumindest unbefriedigende, wenn nicht gar gefährliche Folgen haben, wenn unsere Unvoreingenommenheit aus dem Menschen selbst kommen soll. Wäre es da nicht sinnvoller Weise angebracht, sich an etwas zu orientieren, dass seiner Natur nach nicht die menschliche Unzulänglichkeit aufweist?

Platon hat dieses Problem auch beschäftigt und von seinem Lehrer Sokrates gelernt, dass dieser sich denkend und handelnd an dem „göttlichen hellen Ort“ in seiner Seele orientiert. Damit ist nicht der Mensch gemeint, sondern ein Phänomen, das auf ein Sein hinweist, das über dem Mensch steht. Platon hat es mit Agathon, dem Guten schlechthin bezeichnet. Wenn es tatsächlich möglich sein sollte – und Platon scheint davon auszugehen – dass in der menschlichen Seele etwas aufscheint, das über den Menschen hinausweist und ihm so die Chance gibt, seine Unzulänglichkeit zu überschreiten, wäre das denn nicht auch für uns Heutige der bessere Ausweg aus unserer Voreingenommenheit?

Gruß
manni
 
Zurück
Oben