AW: Theorie des Mißverstehens
Der Interpretant ist zunächst Bestandteil des Zeichens, nicht austauschbar gegen das Zeichen selbst. Der Interpretant ist dasjenige, was an Bedeutung bei dir ankommt - und bildet bei dir, dem Empfänger, sogleich ein neues Zeichen. Sprichst du dann mit einem Dritten darüber, bildest du wieder ein neues Zeichen, das von deinem gedachten Verstehen meines gesendeten Zeichen verschieden ist. Und so weiter ad infinitum. Darin ist sowohl die Zeitlichkeit des semiotischen (immer kommunikativen) Vorgangs beschrieben als auch die Unsicherheit des semiotischen Objektbezugs. Das muß man gegen Peirce mit seinen eigenen Mitteln doch sagen: es gibt keinerlei Gewißheit, daß das Zeichen, das du als Empfänger bildest, auch nur annähernd einen ähnlichen Objektbezug hat wie das Zeichen, das ich sende. Es sei denn, man geht weitgehende gesetzeskräftige Vereinbarungen ein (beraubt Sprache ihres Lebens, könnte ich im anderen Extrem formulieren.)
Nun geschehen trotzdem alle Erfordernisse der Kommunikation ausschließlich im Medium von Zeichenprozessen - *loool* wo kommen wir denn da hin? In die Sphäre von Identitätsphilosophie oder phänomenologischer Wesensschau bestimmt nicht
So ist das ja auch nicht zu verstehen (und Peirce hat auch ein bißchen mehr an Schriften hinterlassen, als diesen einen Satz...)Robin schrieb:Diese Triade als symmetrisch zu sehen, dass also Zeichen und Interpretant gleichwertig und austauschbar seien, scheint mir willkürlich.
Der Interpretant ist zunächst Bestandteil des Zeichens, nicht austauschbar gegen das Zeichen selbst. Der Interpretant ist dasjenige, was an Bedeutung bei dir ankommt - und bildet bei dir, dem Empfänger, sogleich ein neues Zeichen. Sprichst du dann mit einem Dritten darüber, bildest du wieder ein neues Zeichen, das von deinem gedachten Verstehen meines gesendeten Zeichen verschieden ist. Und so weiter ad infinitum. Darin ist sowohl die Zeitlichkeit des semiotischen (immer kommunikativen) Vorgangs beschrieben als auch die Unsicherheit des semiotischen Objektbezugs. Das muß man gegen Peirce mit seinen eigenen Mitteln doch sagen: es gibt keinerlei Gewißheit, daß das Zeichen, das du als Empfänger bildest, auch nur annähernd einen ähnlichen Objektbezug hat wie das Zeichen, das ich sende. Es sei denn, man geht weitgehende gesetzeskräftige Vereinbarungen ein (beraubt Sprache ihres Lebens, könnte ich im anderen Extrem formulieren.)
Eben, er ist die Stelle, wo Zeichen im Kommunikationsprozeß an ihrer außeren Oberfläche aneinander andocken können. Das Objekt - die eigentliche Bedeutung - bleibt verborgen; das Repraesentamen ist die konkrete Erscheinungsform des Zeichens.Robin schrieb:Ganz offensichtlich hat doch der Interpretant eine ganz andere Funktion;
Selbstverständlich. Eine Zeichendefinition wie die von Peirce will ja auch nicht mehr, als die kleinste feststellbare Einheit im System von Kommunikation theoretisch benennen.Robin schrieb:zweitens bestimmt das Zeichen überhaupt nichts, es ist ja inaktiv, im Grunde Teil eines Mediums.
Meines Erachtens ist durch den Begriff des Interpretanten das Mißverstehen bereits in der Struktur des Zeichens selbst angelegt. Einen "anderwertigen" (meintest Du "anderweitigen"?) Prozeß bräuchte es, den Objektbezug der Zeichen so festzulegen, daß Zeichen von Gruppen übereinstimmend gelesen werden können. Dazu taugen konventionelle Vereinbarungen, Regelwerke eben. Das weiß der Pragmatist Peirce schon auch; die dunkle Stelle in seinem Zeichenbegriff ist jedoch, daß das Zeichen die Übereinstimmung seiner Deutung selbst leisten können soll, und hier schränkt er seinen Begriff des Zeichens ohne Not ein.Robin schrieb:Ein Missverstehen kann ja erst entstehen, wenn sich über und mittels Zeichen ausgetauscht wird. Ein Zeichen kann man insofern nicht missverstehen, als das es einen anderwertigen Prozess brächte, um das Missverständnis aufzuklären. Das Missverständnis bleibt also, wie Schrödingers Katze, so lange im Dunklen, bis ein Kommunikationsprozess darüber eintritt.
Die "Erfordernisse der Kommunikation, Bedeutungen durch Bedeutungen einzuschränken" sind es ja gerade, die Peirce zu seiner Einschränkung - dem notwendig identisch sich erhaltenden Objektbezug im Zeichenprozeß - führen. Anderes war ihm vielleicht zu offensichtlich, um es noch weiter zu problematisieren, so der Zeitbezug - klar, daß der Empfänger sein Zeichen immer erst nach der Lesung des gesendeten Zeichens bildet.Es folgt dann aber keine Beliebigkeit, sondern es gibt die Erfordernisse der Kommunikation, Bedeutungen durch Bedeutungen einzuschränken, um Anschlussfähigkeit zu gewährleisten.
Nun geschehen trotzdem alle Erfordernisse der Kommunikation ausschließlich im Medium von Zeichenprozessen - *loool* wo kommen wir denn da hin? In die Sphäre von Identitätsphilosophie oder phänomenologischer Wesensschau bestimmt nicht