• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Solidarität und soziales Verhalten

flora

New Member
Registriert
20. März 2003
Beiträge
272
zum einstieg ein aktuelles beispiel:

erdbeben in algerien: wie kommt es, dass es für die meisten (entwickelten) länder eine selbstverständlichkeit ist, menschen und material in katastrophengebiete zu schicken, um opfern von naturkatastrophen zu helfen, während regionen, in denen menschen über längere zeit hinweg an unterernährung und einfachsten krankheiten sterben, (trotz medienberichten) einfach im stich gelassen werden oder in vergessenheit geraten?

ist es im fall der naturkatastrophen die aussicht auf raschen erfolg?
oder der heimliche gedanke: das könnte uns auch einmal passieren, gepaart mit dem wunsch der gegenleistung?

allgemeiner gefragt:

gibt es eine 'altruistische persönlichkeit'?

ist der mensch fähig zu uneigennützig (!) sozialem verhalten?

ich bin gespannt auf eure meinung!

grüsse, flora
 
Werbung:
Im Fall der Erdbebenhilfe glaube ich leider, dass hier nur eine emotionale Situation geschaffen wird, in der es sich leicht spenden läßt!
Altruismus würde eine wirklich uneigennützige und spürbare Hilfe erfordern - und die ist glaube ich selten!

Aber grundsätzlich gibt es altruistische Momente im Leben, in denen man hilft und handelt ohne auf seinen Vorteil zu achten, ja sogar zu seinem eigenen Nachteil (Fremden gegenüber, Bekannte und Familie würde ich unter "auch eigennützig einordnen, zumindest meistens)!
Doch ists selten und bestimmt nicht langanhaltend!

Mutter Theresa ist halt eine Ausnahme! Nicht mal der Pabst handelt altruistisch (finde ich, vielleicht irre ich ja)!
Schön wäre es, wenn der persönliche Egoismus abnehmen würde mit zunehmender kultureller Entwicklung des Menschen - in meinem Umfeld sieht es eher nach dem Gegenteil aus!

Mein Urteil: selten und wertvoll!
 
Die Fragen:


gibt es eine 'altruistische persönlichkeit'?

ist der mensch fähig zu uneigennützig (!) sozialem verhalten?



meine Antwort:


Nein; kein Mensch ist eine altruistische Persönlichkeit .

Ja, viele Menschen sind zu uneigennützigem Verhalten fähig.


ad) Nur wer sich selbst in geordneter Weise liebt, d.h. wer weiß, dass er ohne andere nicht sein kann, kann aus diesem Grunde auch fähig werden, sich selbst im anderen zu lieben. Und dieses Wissen ist prozesshaft.Manche Menschen lieben ja nicht einmal sich selbst.Sie haben sich diesem Annäherungsprozess der bedingten Selbstliebe nie ausgesetzt.


ad2)


in der Überichentwicklung wird in vielen Kulturen soziale Verantwortung als Richtmaßstab der Bewertung (gut-böse) dogmatisiert.
Und es ist so wie mit allen außerpersonellen Werten, dass die einen dem Wert der Uneigennützigkeit einen hohen Stellenrang in der persönlichen Lebensführung zumessen ( Mutter Teresa), andere jedoch sich ihrer Egozentrik nicht einmal bewusst werden.(Diktatoren).

Bei uns Normalmenschen wird es im Einzelfall darauf ankommen, wie sehr uns bei Unterlassung persönlicher Hilfe das Gewissen drückt. Denn auch uns ist die Doktrin bewusst, dass Hilfe per se gut ist, aber die meisten lieben sich jedoch etwas mehr als ihren
Nächsten.

Ich bin eine von den meisten:D :D
 
Mama Leone

Ich weiß nicht, ob Mutter Theresas Arbeit wirklich als "altruistisch" einzuordnen ist. Bei den religiös Orientierten habe ich oft den Eindruck: Die gehen einen Deal mit Gott ein: Ich verhalte mich ganz toll altruistisch hier auf Erden, und ich kriege dafür einen schönen Posten im Himmel, o.k.?

Hat Mother Resi etwas für die Geburtenkontrolle getan? Nein! Unisono mit Pappi John Paul hatte sie sich GEGEN Geburtenkontrolle ausgesprochen. Erst Kinder in Krankheit und Elend gebären lassen und dann die große Samariterin spielen - ob das als besonders menschlich einzuordnen ist? :confused:

Gysi
 
Hallo Flora,

eine interessante Überlegung.

Weshalb helfen Menschen einander, auch wenn diese, wie du vorausgesetzt hast, keinen persönlichen oder direkten emotionalen Bezug zueinander haben?

Wie Majanna bereits andeutete, Menschen sind aufeinander angewiesen und gerade in unserer immer größer und komplexer werdenden Gesellschaft, in welcher die Menschen sich kulturell zusehens annähern und die Barrieren zwischen Ethnien und Kulturen langsam aber stetig verflachen, greift jenes menschliche Grundbedürfnis, nämlich anderen Menschen in ihrem Dasein zu helfen, eben soweit wir blicken und wirken können, nämlich weltweit.

Zum einen wäre hier also das Grundbedürfnis der Nächstenhilfe, was meineserachtens vor allem dadurch bedingt ist, dass wir eine offensichtliche Not- und Leidenssituation anderer Menschen auf uns selbst unbewusst/bewusst rückprojizieren und somit das Fremdleiden als vorstellbares eigenes Leiden greifbar wird, was uns dann dazu veranlasst, so zu wirken, dass wir das erfahrene und nachvollzogene Leiden am fremden/anderen Menschen zu mildern suchen, es aber letztlich unsere Vorstellung und Selbstprojektion des Leides ist, der wir entgegenwirken. Voraussetzung hierfür wäre also, dass uns Leiden erfahrbar wird (z.B. durch Medien) und wir dieses auf uns selbst zu spiegeln vermögen und wir darüberhinaus die Möglichkeit haben, direkt zu wirken.

Dies könnte eine Ursache von vielen sein, weshalb wir das Leid, die lebensbedrohenden Notsituationen, anderer Menschen als Grund erachten, zu helfen, obwohl unser eigenes Sein nicht direkt betroffen ist.

Desweiteren sehe ich unsere gesamtgesellschaftliche Werteprägung, wie sie derzeit dominant ist, als wichtigen Faktor. So sehen wir das Leben und die Lebensqualität jedes Einzelnen als wichtige Werte an. Wenn wir aus jenem vorgestellten Ideal dann mit gegensätzlichen Situationen (wie z.B. Hungertod, Armut, Gewalt, Katastrophen) konfrontiert werden, dann geraten wir - bedingt durch den nun aufgeworfenen Gegensatz - in einen Wertekonflikt. Unsere eigene Wertevorstellungen werden durch jene Gegensätze in Frage gestellt, was uns dazu veranlasst, so zu handeln, dass jene eigenen Werte, auf Grund ihres idealisierten Anspruches, weiterhin Gültigkeit und das Recht auf ein Idealbild genießen dürfen. Wir suchen also die eigene Werteordnung, welche mittlerweile zum prägenden Ideal aller modernen Industrieländer geworden, nun aber im Katastrophengebiet nicht mehr gewährleistet sind, wieder herzustellen.

Vermutlich können wir nur dann gegen erfahrenes Leid anderer Menschen vorgehen, wenn wir jenes Leid auch tatsächlich als Leid begreifen und wahrnehmen und darüberhinaus die Sensibilität vorhanden ist, jenes Leid auf die eigene Person zu übertragen, was widerum grundlegende Bedingung für Ersteres - das Leid als solches begreifen - wäre. Wie Majanna bereits erwähnte, hat dies sicherlich viel mit der Fähigkeit zur Eigenliebe zu tun, denn wir können nur dann Leid als negativ und lebensfeindlich erleben, wenn wir uns selbst lebensbejahend und positiv gegenüber eingestellt sind.

Nochwas zum Abschluss. Meinst du nicht, Flora, dass du etwas vorschnelle Schlüsse ziehst wenn du sagst, dass wir, die reichen Industrienationen, nur dann helfen, wenn es durch Medien populär gemacht werde? Schließlich laufen enorm viele Entwicklungshilfeprojekte auch zu Zeiten, in denen das Elend nicht in den Medien thematisiert wird. Es existieren zahlreiche Hilfsorganisationen die nicht über Medien gesteuert werden und unabhängig handeln. Ich glaube, dass du dich selbst zum Medienopfer machst, indem du behauptest, dass nur dort geholfen werde, wo dies in den Medien gerade thematisiert ist. Mein Bild zeigt mir Entwicklungshilfe als omnipräsentes Phänomen, die Medien jedoch als sehr beliebiges und oftmals auch einseitiges Informationsmittel. ;)

Viele Grüße,

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Mama Leone

Original geschrieben von Gisbert Zalich
Hat Mother Resi etwas für die Geburtenkontrolle getan? Nein! Unisono mit Pappi John Paul hatte sie sich GEGEN Geburtenkontrolle ausgesprochen. Erst Kinder in Krankheit und Elend gebären lassen und dann die große Samariterin spielen - ob das als besonders menschlich einzuordnen ist? :confused:

Ist doch ein schlauer Trick, Gisy.

Zuerst durch Verbot von Verhütungsmitteln Hunger und Überbevölkerung heraufbeschwören, um dann wie Mutter Maria von den heiligen Wassern ein Tröpfchen "Gnade" im Namen derjenigen zu verbreiten, die diese üblen Zustände erst geschaffen haben.
 
Re: Re: Mama Leone

Original geschrieben von Alzii
Ist doch ein schlauer Trick, Gisy.

Zuerst durch Verbot von Verhütungsmitteln Hunger und Überbevölkerung heraufbeschwören, um dann wie Mutter Maria von den heiligen Wassern ein Tröpfchen "Gnade" im Namen derjenigen zu verbreiten, die diese üblen Zustände erst geschaffen haben.
Hob i des net o gsogt? :confused:
 
Original geschrieben von PhilippP
Zum einen wäre hier also das Grundbedürfnis der Nächstenhilfe... Desweiteren sehe ich unsere gesamtgesellschaftliche Werteprägung, wie sie derzeit dominant ist, als wichtigen Faktor. So sehen wir das Leben und die Lebensqualität jedes Einzelnen als wichtige Werte an... Mein Bild zeigt mir Entwicklungshilfe als omnipräsentes Phänomen...


hallo philipp!

nachfolgend sende ich dir einen text, welchen mir kürzlich eine freundin, welche in der unido arbeitet, anlässlich der national friendship week gemailt hat:

>>> if you would shrink the earth's population to a village of precisely 100 people, with all the existing human ratios remaining the same, it would look something like the following:

there would be

* 57 asians, 21 europeans, 14 from the western hemishere, both north and south, 8 africans
* 52 would be female, 48 would be male
* 70 would be non-white

* 89 would be heterosexual, 11 would be homosexual

* 6 people would possess 59 % of the entire world's wealth

* 80 would live in substandard housing

* 70 would be unable to read

* 50 would suffer from malnutrition

* 1 would have a college education.

<<<

kannst du verstehen, dass ich in anbetracht dieser zahlen deine optimistische sicht von einer 'omnipräsenten entwicklungshilfe' nicht teilen kann ?

grüsse, f.
 
Original geschrieben von Gisbert Zalich
Hat Mother Resi etwas für die Geburtenkontrolle getan? Nein!


und mutter theresa hat natürlich auch nicht die indische regierung gestürzt und das kastenwesen abgeschafft; denn sie war auch nur ein mensch...........

trotzdem ist damit ein wichtiger punkt angesprochen:

ist eine hilfeleistung, soziale handlung etc. weniger wert, wenn der/die betreffende eine belohnung (im himmel oder auf erden) bekommt/erwartet?

grüsse, f.
 
Werbung:
Original geschrieben von flora
ist eine hilfeleistung, soziale handlung etc. weniger wert, wenn der/die betreffende eine belohnung (im himmel oder auf erden) bekommt/erwartet?
Eine solche Handlung ist nicht altruistisch. Sondern egoistisch. Wer unter dem religiösen Aspekt sozial handelt, meint nicht die Menschen. Die Menschen sind ihm wurscht. Er HEUCHELT den Altruismus. Er will nur Gott dienen.

Gysi
 
Zurück
Oben