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Ort der Erinnerungen

Gisbert Zalich schrieb:
Die Charakterprägung sei nicht nachbildbar, sagst du. Wo ist sie denn aber, dass sie in der Lage ist, das Verhalten entsprechend seiner Art zu bestimmen? Wieso soll so Vieles in unser Hirn eingeprägt sein, der Charakter aber nicht?

Gysi

Ich sage ja nicht, der Charakter sei außerhalb des Gehirns. Sowieso ist Charakter nur eine kommunikative Hilfskontruktion, die auf starken Vereinfachungen beruht. Der Charakter ist ein Abstraktum, das die Wesensart unseres Denken und Handelns umfasst. Der Charakter ist niemals determiniert und beruht trotzdem auf der Strukur unseres Bewusstseins.
Entscheidend ist, dass wir für uns selbst nicht durchschaubar sind - und daher auch niemals von jemandem, der uns auf Festplatte spielen will. Auch ist der Körper so stark mit dem Bewusstsein verwoben, dass sich dieses durch Trennung vom Körper völlig verändern würde - ich behaupte sogar: es wäre keins mehr.

Mit den hier gegensätzlich gebrauchten Begriffen von Freiheit und Determination kann ich nicht übereinstimmen. Ich glaube weder an die Determiniertheit noch an die totale Freiheit. Ich meine, das kann man nur als Paradox formulieren: Wir sind frei in Unfreiheit. Ich verstehe auch nicht die Fasziniation, die von solch absoluten Begriffen ausgeht: Die völlige Determinertheit - was soll sie für eine Rolle in meinem Leben spielen? Genauso zweifelhaft ist der Reiz der totalen Freiheit. Denn wer total frei ist, verliert etwas - und das bedeutet wieder Unfreiheit. (Freiheit ist der Verlust an Bindung)

Ich will auch noch auf Sibels Weltengedächntis eingehen. Das ist ein archaischer Mythos - nun, warum nicht? Ich glaube aber, dass es eher umgekehrt ist: Es gibt nicht ein Weltengedächntis, sondern eine allgemeine Struktur alles Lebendigen oder Denkenden. Die ist aber nicht vorgegeben oder determiniert noch materialisiert sie sich in einem konkreten Ort außerhalb denkenden Bewusstseins. DIese Struktur, die auf Differenz beruht, die alles zwingt, sich zwischen zwei Polen zu entscheiden und doch immer erkennen muss, dass die Pole zusammengehören, diese Struktur bildet zu allen Zeiten eine Grundessenz an SINN heraus. Sinn, sofern er in unserem Wahrnehmungshorizont auftaucht, besitzt immer eine ähnliche Essenz, muss eine ähnliche Essenz besitzen, denn sonst könnten wir sie nicht wahrnehmen.
Ob dies nun ein tieferer Sinn ist oder nicht, das entscheidet dann das Individuum. Aber dieser Sinn ermöglicht es uns, uns wiederzuerkennen in allen Zeugnissen, die Bewusstsein je hervorgbracht haben.

Marianne: ja habe ich gemerkt :)
 
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sibel:

das gehirn reagiert auf umwelteinflüsse
du hast dein letztes post verfasst
du magst nun behaupten, dass du es aus freien stücken geschrieben hast
nunja, das stimmt ja nur teilweise
du hast dein post als antwort auf ein voriges post verfasst, also hast du auf dieses reagiert
in gewissem sinne so wie ein computer auf die eingabe eines operators reagiert

aber auch andere situationen funktionieren nach dem schema
du gehst, vor dir ist eine stufe
dein gehirn verarbeitet die information, die der sehsinn an das gehirn sendet und entscheidet "mache einen schritt hinauf"
auch in diesem falle hat das gehirn auf die umstände reagiert und nicht ohne anlass entschieden "schritt hinauf"

also auch wenn es nicht unbedingt einen operator benötigt, ist das gehirn ein organ, um auf die umwelt reagieren zu können

da wäre doch die frage, was würde das gehirn tun, wenn es nie reizen ausgesetzt werden würde
das ist eine hypothetische frage, da es kein gehirn gibt, das nie reizen ausgesetzt wurde
aber falls es eines gäbe: welche informationen würde es verarbeiten ?
würde es vielleicht genauso inaktiv sein, wie ein computer, auf dem es kein betriebssystem, keine programme, keinen operator gibt ?

lg,
Muzmuz
 
Muzmuz schrieb:
sibel:

das gehirn reagiert auf umwelteinflüsse
du hast dein letztes post verfasst
du magst nun behaupten, dass du es aus freien stücken geschrieben hast
nunja, das stimmt ja nur teilweise
du hast dein post als antwort auf ein voriges post verfasst, also hast du auf dieses reagiert
in gewissem sinne so wie ein computer auf die eingabe eines operators reagiert
Wenn mein Operator der "freie Wille" ist,könnte ich Deiner Argumentation folgen,denn mein Wille entscheidet ja,ob ich antworten will oder nicht....
da wäre doch die frage, was würde das gehirn tun, wenn es nie reizen ausgesetzt werden würde
das ist eine hypothetische frage, da es kein gehirn gibt, das nie reizen ausgesetzt wurde
aber falls es eines gäbe: welche informationen würde es verarbeiten ?
würde es vielleicht genauso inaktiv sein, wie ein computer, auf dem es kein betriebssystem, keine programme, keinen operator gibt ?

l
Meinst Du,daß nur Reize von Außen das Gehirn aktivieren?Es wird ja nur im Tod ohne Reize sein,ansonsten hat ja auch die Seele einen großen Anteil daran,daß das Hirn aktivi wird.
 
Muzmuz schrieb:
sibel:

du hast dein post als antwort auf ein voriges post verfasst, also hast du auf dieses reagiert
in gewissem sinne so wie ein computer auf die eingabe eines operators reagiert

Nun ja, interpretiert man dies genau, hat muzmuz die UMWELT mit dem Operateur gleichgesetzt, von dem wir als Bewusstsein sozusagen aufgerufen werden.
Also der Umwelt kann man ja auf keinen Fall freien Willen zusprechen (höchstens Kontingenz, als der Tatsache, dass immer alles passieren kann aber auch anders...). Aber auch unserer Reaktion auf das Aufgerufen sein ist nicht zwangsläufig also total unfrei - aber eben auch nicht total frei, denn wir müssen den Reiz der Umwelt verarbeiten, ob wir wollen oder nicht...;)
 
Muzmuz schrieb:
da wäre doch die frage, was würde das gehirn tun, wenn es nie reizen ausgesetzt werden würde
das ist eine hypothetische frage, da es kein gehirn gibt, das nie reizen ausgesetzt wurde
aber falls es eines gäbe: welche informationen würde es verarbeiten ?
würde es vielleicht genauso inaktiv sein, wie ein computer, auf dem es kein betriebssystem, keine programme, keinen operator gibt ?

lg,
Muzmuz

Hier verwiese ich immer auf das Beispiel Kaspar Hausers. Das Ergebnis ist ein verkümmertes Bewusstsein, dessen Defizite auch nicht mehr aufholbar sind. Denn das Gehrirn benutzt ja auch Umwelteinflüsse, um seine Programme selbst zu erschaffen.
 
Robin schrieb:
Der Charakter ist niemals determiniert und beruht trotzdem auf der Strukur unseres Bewusstseins.
Der Charakter ist doch bestimmt durch Erziehung und Gene, richtig? Dann sind Erziehung und Gene doch die Determinanten dieses Charakters.

Freiheit und Determination schließen sich einander aus. Nichts anderes habe auch ich behauptet. Ich redete nur vom Gefühl von Freiheit - und was sie zu bedeuten hat ("kosmischer" Gleichklang).

Der Körper hat das Gehirn sein Leben lang mit Erfahrungen gespeist und das Gehirn hat seinen Körper sein Leben lang entsprechend dieser Erfahrungen gesteuert und erinnert auch all diese Erfahrungen. Sie sind eine symbiotische Einheit, die nur einander leben kann. Das sehe ich ebenso.

Gysi
 
Gisbert Zalich schrieb:
Dann sind Erziehung und Gene doch die Determinanten dieses Charakters.

Gysi

Vielleicht liegt das Missverständnis in der Bedeutung von Determinante. IN der Mathematik, falls ich es richtig verstanden habe, ist die Determinante das Element, das das Ergebnis einer Gleichung eindeutig vorhersehbar macht.
Aufgrund von Genen und Erziehung sind aber nur Vorhersagen mit (oft zwiefelhafter) Wahrscheinlichkeit möglich. Daher spreche ich lieber von Einflüssen, so einfach ist das.

Eine Determination allen Lebens etwa durch den Urknall ergibt für mich keinen Sinn, da es in einem explodierenden Plasma keine Sinnverweise darauf gibt, wie Leben aussehen könnte und es gibt niemanden, der sie interpretieren könnte, wenn sie da wären.
Außer Gott natürlich.
 
sibel:

so frei war dein wille nicht, denn die frage, ob du nun antwortest oder nicht stellte sich erst ab dem zeitpunkt, wenn es etwas gibt, worauf du antworten könntest
in diesem falle ist es dieses post, das dich zu der entscheidung nötigt "antworte ich drauf oder nicht ?"
würdest du dich, vorausgesetzt du wärst in der exakt selben situation, jemals anders entscheiden ?

ob die "seele" von vornherein vorhanden ist oder sich erst durch reize bildet, ist ja die kernfrage

robin:

das beispiel kaspar hausers greife ich hier gerne auf:

ich weiss nicht, ob er ein verkümmertes bewusstsein hatte
verkümmert war aber beispielsweise sein sprachzentrum
das gehirn hat viele seiner für die meisten menschen "normale" fähigkeiten nicht ausgebildet, weil die reize fehlten
sein sprachzentrum bildete sich nicht aus, weil sprachreize fehlten
die meisten reize aber hat sein gehirn erhalten
er konnte gehen, sehen, fühlen, hören, schmecken
was aber, wenn es gar keine reize gegeben hätte ?
was sollte ein gehirn verarbeiten ?

im tod sieht es anders aus
ist das hirn tot, aber nervenleitungen noch intakt, gehen reize ans gehirn, nur es verarbeitet diese nicht mehr
das ist eigentlich der umgekehrte fall zu dem, wo das gehirn zwar aktiv sein könnte, aber keine reize zu ihm gelangen

lg,
Muzmuz
 
Robin schrieb:
Ich will auch noch auf Sibels Weltengedächntis eingehen. Das ist ein archaischer Mythos - nun, warum nicht?
Ein "Mythos" ,der schon für Platon,Paracelsus,Eliphas Levi denkbar war.Was für die Griechen "Chaos",das war für die asiatischen Kulturen eben" Akasha".C.G.Jung würde das das "kollektive Unterbewußtsein" nennen....
 
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Robin schrieb:
IN der Mathematik, falls ich es richtig verstanden habe, ist die Determinante das Element, das das Ergebnis einer Gleichung eindeutig vorhersehbar macht.
Aufgrund von Genen und Erziehung sind aber nur Vorhersagen mit (oft zwiefelhafter) Wahrscheinlichkeit möglich.
Das wirkt auf uns so, weil wir den ganzen Teppich der Kausalbeziehungen nur zu weniger als 0,000000000000000...1 % einsehen können. Was wir einsehen können ist, dass es diesen "Teppich" gibt.

Gysi
 
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