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Man kann nicht nicht kommunizieren

baerliner

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3. März 2003
Beiträge
3.637
Das im Titel genannte Axiom wurde von Paul Watzliwick aufgestellt, wie ich gestern beim Doppelkopfspiel erfahren habe - wozu doch Spiele nicht alles gut sind :)

Foren sollen ja der virtuellen Kommunikation dienen, aber manchmal wird ja auch behauptet, dass das Ignorieren bestimmter Beiträge bzw. Autoren besser wäre, als darauf einzugehen. Nach Watzliwick ist das ja nun auch eine Form der Kommunikation. Und durch die doppelte Negation sogar eine besonders gute Form.

Was meint Ihr dazu?
 
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der satz ist und bleibt einfach richtig.

alles ist kommunikation, in jedem sinne, schreiben, lesen, reden, hören, fühlen, riechen, schmecken, sehen, alles kommunikation.
egal wie stark jemand ignoriert wird, man kommuniziert mit ihm genau in diesem moment, es wird die botschaft übertragen: ich will nichts mit dir zu tun haben.
botschaft übertragen, kommunikation hat funktioniert.

ciao
 
Der Satz lässt sich auch wunderbar auf die Physik übertragen. Jeder Vorgang im Universum steht in Wechselwirkung mit anderen Vorgängen. Nichts kann nicht kommunizieren.
 
Aha, Kommunikation, da muss ich ja mitreden...;)


tosto schrieb:
der satz ist und bleibt einfach richtig.

alles ist kommunikation, in jedem sinne, schreiben, lesen, reden, hören, fühlen, riechen, schmecken, sehen, alles kommunikation.
egal wie stark jemand ignoriert wird, man kommuniziert mit ihm genau in diesem moment, es wird die botschaft übertragen: ich will nichts mit dir zu tun haben.
botschaft übertragen, kommunikation hat funktioniert.

ciao

Ich möchte Zweifel anmelden: Woher wird gewusst, ob derjenige den anderen ignoriert - oder in schlicht nicht bemerkt? Um das zu klären, ist dann mehr nötig, als "nicht" zu kommunizieren.
Und, zweitens: Wenn jemand sich einbildet, ignoriert zu werden, wurde aber nur übersehen (oder nicht verstanden usw.). Will man dann wirklich sagen: Kommunikation hat funktioniert?
Ich glaube ein Hauptproblem heutiger Kommunikation ist ein zuviel an eingebildeter "Botschaften" (ich streite nicht ab, dass es diese Botschaften gibt - aber man sollte auch die Kehrseite sehen)
Sehr ausführlich hierzu https://www.denkforum.at/threads/16&page=9&pp=15, Beitrag 130 bis Schluss...
 
Der Grundvorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation ist im Prinzip schnell beschrieben. Da ist ein Sender, der etwas mitteilen möchte. Er verschlüsselt sein Anliegen in erkennbare Zeichen - wir nennen das, was er von sich gibt, seine Nachricht. Dem Empfänger obliegt es, dieses wahrnehmbare Gebilde zu entschlüsseln. In der Regel stimmen gesendete und empfangene Nachricht leidlich überein, so daß eine Verständigung stattgefunden hat. Dennoch treten häufig Probleme auf.



Diese Kurzinformation zeigt schon deutlich, dass zu dem, was wir Kommunikation nennen immer - mindestens - zwei da sein müssen.


In der Realität hat Watzlawick - und damit Du, Baerliner - sicher Recht: es gibt nichts, was nicht Kommunikation ist ,wenn ja, wenn die face to face -Situation gegeben ist.
Da kann Schweigen ( Ignorieren der Nachricht ) eine unvergleichlich viel härtere Antwort sein als das argumentative, emotionale oder auch nur bestätigende "Ankunftszeichen".

Im Net kann es die Gründe haben, die Robin anführte. ich wiederhole mich nicht gern.
So gesehen, entwickeln sich hier völlig andere Kommunikationsformen, die zu ergründen ich seit einiger Zeit bemüht bin.

Und ich halte es nach wie vor für naiv zu glauben, man könne dieses " reale" Kommunikationsmodell ungebrochen in die virtuelle Welt hinüber " retten".


Enttäuschungen - Irrtümer ( auch solche, auf die Robin anspricht) sind so vorprogrammiert.

Wir müssen uns im virtuellen Gespräch viel mehr auf unseren rollengesteuerten, sachbezogenen Informationsaustausch beschränken.

Wir dürfen auch nicht glauben, dass, wenn im Diskurs eine Meinung angegriffen wird, auch gleich die Person, die hinter dieser steht gemeint ist.


Diese Tatsache wird von den wenigsten Netusern berücksichtigt ( Hier vor allem in Foren mit einem so breit angelegten Interessensangebot wie es das DF hat, was wiederum Menschen mit unterschiedlichstem Reflexionsfähigkeitsgrad zum " Reden" bringt.) - Es zeigt ja auch, dass die so genannten Höchstforenquoten immer erreicht werden, wenn das - für Zuschauer höchst amüsante - Schauspiel der ungebrochenen Identität von Meinung und " Meiner" - von - eingebildeter - Verständlichkeit abläuft.

Ich kann da nur mit Nestroy sagen:

Es ist alle Schimäre, oba mi, mi unterhalts .."


Und dieser Zweck wird immer erfüllt werden: Für jeden etwas, oder: mit Goethe" wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen" ( Faust 1, Vorspiel auf dem Theater).


Und mit diesem Bekenntnis möchte ich schließen.- sicher seiend, das auch diese meine Worte wieder nur so gelesen werden, wie sie der einzelne User/ die Userin lesen will. Internette Kommunikation ist - meistens - einsames Darstellen von Meinungen . Mitunter - ganz mitunter - gelingt es, einen Disput zu führen.


Und so bleibt - anders als im realen Leben- die internette Kommunikation immer im Keim eine unnette, da sie eben nicht die Verantwortung der Sprecher im lebendigen Diskurs trägt.

Marianne
 
Marianne schrieb:
Der Grundvorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation ist im Prinzip schnell beschrieben. Da ist ein Sender, der etwas mitteilen möchte. Er verschlüsselt sein Anliegen in erkennbare Zeichen - wir nennen das, was er von sich gibt, seine Nachricht. Dem Empfänger obliegt es, dieses wahrnehmbare Gebilde zu entschlüsseln. In der Regel stimmen gesendete und empfangene Nachricht leidlich überein, so daß eine Verständigung stattgefunden hat. Dennoch treten häufig Probleme auf.

Der Begriff "Verschlüsselung" ist mE irreführend, auch wenn manche Kummunikation "verschlüsselt" stattfindet, damit nur die Kommunikationspartner die Nachricht verstehen, die im Besitz des Schlüssels sind.

Kommunikation sollte technisch gesprochen nach einem festgelegten Protokoll erfolgen, auf das sich Sender und Empfänger festgelegt haben, damit es keine Verständigungsprobleme gibt. Aber so etwas funktioniert eben nur in technischen Systemen (zum Glück, sonst wäre menschliche Kommunikation langweilig). In geschlossenen Systemen (Kommunikationspartner haben dieselben "Interessen" und sind nicht auf "Auseinandersetzung" aus) werden Protokolle auch eher eingehalten als in offenen Systemen. Ob solche geschlossenen Systeme (z.B. Friede-Freude-Eierkuchen-Foren/Vereine usw.) erstrebenswert sind, darüber will ich nicht diskutieren.

Diese Kurzinformation zeigt schon deutlich, dass zu dem, was wir Kommunikation nennen immer - mindestens - zwei da sein müssen.


In der Realität hat Watzlawick - und damit Du, Baerliner - sicher Recht: es gibt nichts, was nicht Kommunikation ist ,wenn ja, wenn die face to face -Situation gegeben ist.
Da kann Schweigen ( Ignorieren der Nachricht ) eine unvergleichlich viel härtere Antwort sein als das argumentative, emotionale oder auch nur bestätigende "Ankunftszeichen".

Natürlich hat Watzlawick sein Axiom in den 70er Jahren aufgestellt, als noch niemand was von virtueller Kommunikation wußte, sieht man mal von Brieffreundschaften ab, wo sich die Partner auch noch nie gesehen haben.
Und im realen Leben wird das Schweigen von einer Vielzahl weiterer Botschaften begleitet, die schon Tosto aufgezählt hat. Da kann Schweigen nicht nur Ablehnung, sondern auch Zustimmung bedeuten.

Im Net kann es die Gründe haben, die Robin anführte. ich wiederhole mich nicht gern.
So gesehen, entwickeln sich hier völlig andere Kommunikationsformen, die zu ergründen ich seit einiger Zeit bemüht bin.

Und ich halte es nach wie vor für naiv zu glauben, man könne dieses " reale" Kommunikationsmodell ungebrochen in die virtuelle Welt hinüber " retten".


Enttäuschungen - Irrtümer ( auch solche, auf die Robin anspricht) sind so vorprogrammiert.

Da gebe ich Dir recht. Man irrt sich im Netz viel eher als im realen Leben, wo der Satz "Der erste Eindruck ist immer richtig" meist seine Bestätigung findet.

Es fehlen eben die sinnlichen Wahrnehmungen, die uns im realen Leben zur Verfügung stehen.

Wir müssen uns im virtuellen Gespräch viel mehr auf unseren rollengesteuerten, sachbezogenen Informationsaustausch beschränken.

Im Grunde eine sinnvolle Forderung - nur wer kann das durchhalten? Dem einen gelingt es, dieses Protokoll einzuhalten, dem andern nicht.

Wir dürfen auch nicht glauben, dass, wenn im Diskurs eine Meinung angegriffen wird, auch gleich die Person, die hinter dieser steht gemeint ist.

Mit einigen Ausnahmen schon, wobei ich aber das Thema nicht wieder aufrollen möchte. Gewisse "Gebote" sind für mich einzuhalten. Geschieht dies nicht, dann greife ich nicht nur eine Meinung, sondern auch die Person an.

Diese Tatsache wird von den wenigsten Netusern berücksichtigt ( Hier vor allem in Foren mit einem so breit angelegten Interessensangebot wie es das DF hat, was wiederum Menschen mit unterschiedlichstem Reflexionsfähigkeitsgrad zum " Reden" bringt.) - Es zeigt ja auch, dass die so genannten Höchstforenquoten immer erreicht werden, wenn das - für Zuschauer höchst amüsante - Schauspiel der ungebrochenen Identität von Meinung und " Meiner" - von - eingebildeter - Verständlichkeit abläuft.


Ich kann da nur mit Nestroy sagen:

Es ist alle Schimäre, oba mi, mi unterhalts .."


Und dieser Zweck wird immer erfüllt werden: Für jeden etwas, oder: mit Goethe" wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen" ( Faust 1, Vorspiel auf dem Theater).


Und mit diesem Bekenntnis möchte ich schließen.- sicher seiend, das auch diese meine Worte wieder nur so gelesen werden, wie sie der einzelne User/ die Userin lesen will. Internette Kommunikation ist - meistens - einsames Darstellen von Meinungen . Mitunter - ganz mitunter - gelingt es, einen Disput zu führen.


Und so bleibt - anders als im realen Leben- die internette Kommunikation immer im Keim eine unnette, da sie eben nicht die Verantwortung der Sprecher im lebendigen Diskurs trägt.

Marianne

Vielleicht ist es ja auch ein Zeichen dieser von Dir angesprochenen Resignation, dass die Weblogs in ungeahnter Zahl aus dem Boden sprießen, weil man dort eher einen lebendigen, verantwortlichen Diskurs führen kann als in den Foren, sofern das Weblog jemandem auffällt. Gefällt einem ein unnetter Kommentar nicht, dann kann man ihn löschen. Beschimpfungen werden also im Keim erstickt. Eine sehr wirksame Form der Kommunikation zum Ausdruck, dass man mit dem Kommentierenden nicht weiter kommunizieren möchte, ohne in eine Schlammschlacht zu verfallen.
 
baerliner schrieb:
Der Begriff "Verschlüsselung" ist mE irreführend, auch wenn manche Kummunikation "verschlüsselt" stattfindet, damit nur die Kommunikationspartner die Nachricht verstehen, die im Besitz des Schlüssels sind.

.


Du hast in allem, was Du sagst, meine Zustimmung.
Nur: gestatte mir einen " sachdienlichen" :) Hinweis.

Die Kommunikationswissenschaft macht watt total Enfachet kamplessiert.
Die Verschlüsselungscodes sind - vor allem - die Sprache mit ihren Zeichensystem. Also: das Alphabet - und seine lautliche Entsprechung
Die Wort ( Semantik)- und Satz ( Syntax)lehre der Hoch - und Mundartsprache ...


Ja - Du spielst darauf an, dass ich eifrige Bloggerin geworden bin.
Du bist ja so liebenswürdig, mir von Zeit zu Zeit einen Kommentar zu schicken.

Ich habe meinen Blog zwei anderen Userinnen dieses Forums - weil ich sie sympathisch finde, geschickt. Da kam aber nichts zurück, was eben auch eine Art Kommunikation ist , wobei wir wieder bei Deinem Thema sind.

Schönen Sonntag noch ! Mir steht ein DKT ( Monopoly) nachmittag ins Haus: eh scho wissen, Madamchen!)

Grüßchen

Marianne
 
Robin schrieb:
Ich möchte Zweifel anmelden: Woher wird gewusst, ob derjenige den anderen ignoriert - oder in schlicht nicht bemerkt? Um das zu klären, ist dann mehr nötig, als "nicht" zu kommunizieren.
Und, zweitens: Wenn jemand sich einbildet, ignoriert zu werden, wurde aber nur übersehen (oder nicht verstanden usw.). Will man dann wirklich sagen: Kommunikation hat funktioniert?
Ich glaube ein Hauptproblem heutiger Kommunikation ist ein zuviel an eingebildeter "Botschaften" (ich streite nicht ab, dass es diese Botschaften gibt - aber man sollte auch die Kehrseite sehen)
Sehr ausführlich hierzu https://www.denkforum.at/threads/16&page=9&pp=15, Beitrag 130 bis Schluss...

Hallo Robin,
ich glaube, du sprichst eher das Problem an, ob man Kommunikation aus der Sicht eines "Senders" oder "Empfängers" als erfolgreich bezeichnen kann. Wann Kommunikation erfolgreich ist, ist fragwürdig, aber das Kommunikation stattfindet halte ich nicht für fragwürdig. Wann immer auf einen Beitrag keine Antwort erfolgt, sagt auch das etwas aus. Sei es nun: "Der Beitrag wurde ignoriert" oder "Der Beitrag wurde nicht gelesen" oder andere Aussagen. Insofern findet Kommunikation auf jeden Fall statt, ob sie erfolgreich war, also der "Empfänger" dieselbe Nachricht wie der "Sender" erhaltet, ist freilich nicht so klar.

mfg
Ben
 
Marianne schrieb:
Du hast in allem, was Du sagst, meine Zustimmung.
Nur: gestatte mir einen " sachdienlichen" :) Hinweis.

Die Kommunikationswissenschaft macht watt total Enfachet kamplessiert.
Die Verschlüsselungscodes sind - vor allem - die Sprache mit ihren Zeichensystem. Also: das Alphabet - und seine lautliche Entsprechung
Die Wort ( Semantik)- und Satz ( Syntax)lehre der Hoch - und Mundartsprache ...


Nee, Marianne,

die technischen "Wissenschaften" gehen nur nicht so lax mit bestimmten Begriffen um wie es die Geisteswissenschaftler tun :zunge 5:

So kommt es dann eben dazu, dass wir in Übersetzungsschwierigkeiten kommen und die Sprache des andern nicht verstehen. Übrigens auch eine Feststellung, die man in jedem Forum treffen kann.
Ja - Du spielst darauf an, dass ich eifrige Bloggerin geworden bin.
Du bist ja so liebenswürdig, mir von Zeit zu Zeit einen Kommentar zu schicken.

Ich habe meinen Blog zwei anderen Userinnen dieses Forums - weil ich sie sympathisch finde, geschickt. Da kam aber nichts zurück, was eben auch eine Art Kommunikation ist , wobei wir wieder bei Deinem Thema sind.

Schönen Sonntag noch ! Mir steht ein DKT ( Monopoly) nachmittag ins Haus: eh scho wissen, Madamchen!)

Grüßchen

Marianne

Nun, dass Dir die angeschriebenen User keinen Kommentar in Dein Blog geschrieben haben, kann daran liegen, dass Du die Kommentarrechte (unbewußt) beschnitten hast. Standardmäßig können in Blogs Deines und meines Anbieters nur registrierte Blogger und SORUA-Gäste (weltweites zentrales Blog-Usernamen-Verzeichnis) einen Kommentar hinterlassen. Ich kann jedenfalls in Deinem Blog nur nach einem LOGIN (also als registrierter Blogger des Systems) Deine Beiträge kommentieren.

Und wenn die von Dir angeschriebenen Userinnen keine Lust haben, sich für ein Blog zu registrieren, dann können sie Deine Beiträge auch nicht kommentieren.

Natürlich hätten Sie Dir dieses Problem mitteilen können. Trotzdem solltest Du in dieses "Schweigen" jetzt nicht etwas hineininterpretieren, was nicht gewollt war. Robin hat auf diese eingebildeten "Botschaften" hingewiesen.

Ich schicke Dir mal den Link, über den Du für jedermann die Kommentarberechtigung setzen kannst. Vielleicht kommt ja dann von den Userinnen ein Kommentar. Gelesen haben sie ja vielleicht Dein Blog.
 
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Benjamin schrieb:
Hallo Robin,
ich glaube, du sprichst eher das Problem an, ob man Kommunikation aus der Sicht eines "Senders" oder "Empfängers" als erfolgreich bezeichnen kann. Wann Kommunikation erfolgreich ist, ist fragwürdig, aber das Kommunikation stattfindet halte ich nicht für fragwürdig. Wann immer auf einen Beitrag keine Antwort erfolgt, sagt auch das etwas aus. Sei es nun: "Der Beitrag wurde ignoriert" oder "Der Beitrag wurde nicht gelesen" oder andere Aussagen. Insofern findet Kommunikation auf jeden Fall statt, ob sie erfolgreich war, also der "Empfänger" dieselbe Nachricht wie der "Sender" erhaltet, ist freilich nicht so klar.

mfg
Ben

Ich wollte vor allem auf das Problem aufmerksam machen, dass es inzwischen so in Mode gekommen ist, den "Subtext" einer Kommunikation herauszulesen, dass der eigentliche Inhalt der Kommunikation vergessen wird. Millionen Menschen sind mit den psychologischen Erkenntnissen diverser Theoretiker aufgewachsen und meinen nun zu erkennen, was "hinter" dieser Geste, hinter jenem Weglassen oder jener Wortwahl sich versteckt. Doch statt Erkenntnisgewinn erntet man oft nur Missverständnisse oder steigert sich in so genannte Kommunikationsspiralen hinein, wo jeweils dem anderen vorgeworfern wird, was er angeblich in Wirklichkeit gemeint hat oder auch nicht.
Oder man kommt in jene Situationen, in denen jede Antwort falsch ist; auch nicht zu antworten ist dann falsch. Ich glaube tatsächlich, dass dieses Training hin auf irgendwelche untergründigen Bedeutungen, eine Menge Leute vesaut haut. Denn wie jedes komplexe Instrument ist diese psycholgische Deutung auch gefährlich, wenn es in die "falschen" Hände gerät...
Auch in der Öffentlichkeit beobachtet man dieses Phänomen: Leute mit Deutungshoheit entschlüsseln Heuschreckenvergleiche schnell als antisemitisch - Antimuslime, Frauenfeinde, Sexisten usw. werden schnell entlarvt - der "Subtext" macht's.
Und ein sich Verteidigen gegen die schnellen Urteile ist fast unmöglich. Denn so beweist man nur seine Uneinsichtigkeit, seine Unsensibilität und seine mangelendes historisches Bewusstsein.
Ich will das aber auch nicht verharmlosen; ein Problem ist sicher auch, dass die Leute erkannt haben, was sie mit Subtexten anrichten können - und benutzen sie auch bewusst - um sich dann wieder herausreden zu können, es sei harmlos gewesen. Auch das gibt es. Es hat also alles doppelseitig zwei Seiten.
Und das nennt man - Kontingenz ;)
 
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