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Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Und wenn man jetzt gegen Ideologien ist, ist man dann auch einer Ideologie verhaftet? Ich meine die Ideologie, Ideologien seien schädlich, nicht verhandelbar und stellen Denkverbote auf.

Hmm, Windreiter, irgendwie überrascht mich dieser Einwurf von dir jetzt nicht. :)
Wäre ja schon fast eine Enttäuschung gewesen, wenn der nicht gekommen wäre. ;)

Es ist mir klar, dass man die Ideologien des anderen immer besser sieht als die eigenen.
Dennoch empfinde ich es nicht als ideologisch, dass ich gegen Ideologien bin.
Ich sehe zur Zeit einfach mehr Gefahr darin als Nutzen.
Oder kannst du mir Ideologien nennen, die in irgendeiner Form bisher hilfreich gewesen sind? Die nicht die Realität grob vereinfacht haben?

Ich lasse mich gerne von dir oder von jemand anderem von der Nützlichkeit von Ideologien überzeugen. (Und damit meine ich jetzt ausdrücklich Ideologien, die den Anspruch erheben über ein rein persönliches Glaubensbekenntnis hinauszugehen, denn um solche gehts doch hier, oder nicht?)
 
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AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Miriam,

Die Menschen leben nicht in einer wissenschaftlichen Welt, sondern in einem gesellschaftlichen Konstrukt, das sie nicht selber beherrschen, sondern das sie beherrscht.
Wissenschaftliches ist zumeist nicht Teil des alltäglichen Lebens.

Ich frage mich ja, was dir daran gefährlich erscheint, wenn Menschen sich ihre eigenes Weltbild zulegen, und beispielsweise an Reinkarnation oder Gott glauben. Diese Gedankengebilde sind nicht unwissenschatflicher als die Gesellschaft selbst.

Was meinst du denn, was solche Denkweisen gefährden?

Grüße,
Joan
 
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

'philosophieren' ,so wie ich es verstehe, braucht einen klaren Blick, um 'genau hinsehen' zu können. Dazu gehört alles, was sensuierbar ist. Dazu gehören nicht Mythizismen wie Gott, Seele, Geist, Vernunft, Verstand ...

Auf Gott und eine religiös verstandene Seel als das Unsterbliche im Menschen sind freilich verzichtbar.

Philosophieren aber ohne Geist, Vernunft, Verstand?

Wie soll des gehen? Mit den Lungen? Oder den Därmen? Oder noch weiter unten?

Was für Definitionen oder welche Begriffe von Geist, Vernunft, Verstand hast du?

Für mich sind das die Werkzeuge des Philosophierens.

Fragenden Gruß
Fritz
 
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Die Ideologien die ich hier meine, werden gerne auch als Weltanschauungen bezeichnet, was mir aber in diesem Fall völlig widerstrebt – ich denke, dass manche beim Lesen meines Textes dies begreifen werden.

Deine Klage, liebe Miriam, ist so notwendig wie nutzlos, was du schon an manchen Antworten erkennen kannst.

Dennoch begrüße ich jede so auftretende Kritik an allgemeinen Überzeugungen, wenn diese präpotent daher kommen.

Wie sie auch in diesem Forum im Übermaß vorkommen.

Ideologien, Weltanschauungen, sogar Dogmen sind nicht an sich verwerflich; erst wann man meint, die eigene sei die einzig richtige und sie anderen aufzuzwingen versucht, werden sie verwerflich und müssen bekämpft werden.
Z. B. indem man ihnen deutlich widerspricht wie etwa manchen abstrusen Artikeln im Nachbarbrett.

Da dies nur mit Worten und der eigenen Erfahrung, Kenntnis und Weltsicht geht, gerät der Ideologiekritiker selber in Ideologieverdacht

Es ist z. B. ein solches weltanschauliches Vorurteil, dass man ohne solche nicht auskommen, ohne Krücken nicht gehen könne.

Der "aufrechte Gang" ist möglich; auch und gerade für Menschen.

Und es wird zum Glück immer welche geben, die uns daran erinnern.

Dank dir!
Fritz
 
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Fritz, leider kann ich deine Gedanken nicht weiter entwickeln - obwohl die Versuchung ja groß wäre! Aber ich hatte mir schon einen anderen Aspekt für die Diskussion ausgesucht.
(Anmerkung: ich habe mich hier in erster Linie auf dem Beitrag #23 von Fritz bezogen).

Missverständlich scheint es mir schon bei diesem Thema, dass meine Kritik der Umkehrung von Weltanschauungen in wahre Ideologien, mit der großen Bedeutung der Ideale erwidert wird.
Wer hat denn hier diese überhaupt in Frage gestellt oder daran Zweifel geäußert?

Auch an anderen Stellen ist es mir aufgefallen, dass diese Diskussion eben darunter leidet, dass Ideal und Ideologie verwechselt werden, fast schon als Synonyme verwendet werden – also wie schon gesagt: dies ist ein völliges Missverständnis.

Ideologien bedienen sich der Ideale – und oft decken diese die wahren Ziele einer Ideologie absichtlich zu.
Klassisches Beispiel ist der Nationalsozialismus (bekanntlich eine Ideologie!), der sich reichlich und bewusst der Romantik (ein Ideal) bedient hat.

Was wird damit bezweckt? Es werden auf einer sehr geschickten Weise dadurch die wesentlichen Inhalte etwas in den Hintergrund geschoben, natürlich nur für den Beobachter aber nicht für denjenigen der mit der Umsetzung der eigentlichen ideologischen Inhalte befasst ist. Und diese wesentlichen Inhalte sind der Rassismus und der Sozialdarwinismus.

Auch Albert Speer versteht es den Nürnberger Reichsparteitagen (also der in die Öffentlichkeit dringenden Veranstaltungen der Nazi-Ideologie), eine romantische Note zu verleihen – nur so kann man den eigentlichen ideologischen Inhalt überzeugend präsentieren. Es gelingt dadurch sogar dem Ausland für kurze Zeit etwas vorzutäuschen.

Zur Ideologie gehört aber noch etwas Wesentliches: die Präsentation des Ideal-Menschen, derjenige also der dieser Neuen Weltordnung entspricht. Meister im Entwerfen dieses Übermenschen als ideale Verkörperung der Ideologie, ist Arno Breker der mit seinen Skulpturen das Sinnbild der nationalsozialistischen Ideologie realisiert hat.

Mit diesen wenigen Beispielen habe ich versucht zu erklären warum Ideologie und Ideal ganz unterschiedliche Begriffe bzw. Inhalte sind.

lG

Miriam

Natürlich werden heute, wenn man eine Anschauung oder einen Gedanken zur Ideologie erheben möchte, nicht mehr Monumente erbaut.
Doch Präsentationen für das Publikum welches man überzeugen möchte, finden in anderer Form weiterhin statt.
Für Foren ist dies natürlich die schriftliche Form.

 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Hi Forianer,

natürlcih sind Ideal und Ideologie unterschiedliche Begriffe.

Allerdings: ohne zuerst ein Ideal zu stilisieren, entsteht keine Ideologie.

Entweder wird eine Gesellschaft hochstilisiert, oder der Mensch als solcher.
Daraus entstehen dann die jeweiligen "Konstrukte".

Mit dem (vor allem in der kath. Kirche) Missionieren eines jeweiligen "Konstrukts" beginnt der eher zumeist degenerierende und einschnürende Kreislauf des Dogmas.

Ideale gab es wahrscheinlich zu allen Zeiten.

Und heute? nun, heute werden sogar "Ideale" konsumiert, ohne zu denken.

Aber betrachte ich z.B. die heutige Konsumgesellschaft, dann gibt es viele Ideale - und sie alle werden "hochstilisiert".

Auch das finde ich eine gefährliche Entwicklung - denn es wird auch Information konsumiert und nicht immer selbst danach gesucht herauszufinden, ob das, was man liest, auch näher an dem Tatsächlichen liegt oder nicht.
Und so entstehen auch "indirekte Ideale", die man ungern hinterfragt, weil zu umständlich und man will ja bitteschön "kein Außenseiter" sein.

Ein heutiges "Ideal" ist z.B. das Bild der "Schönheit" - sie ist bereits zu einem ungeschriebenen "Dogma" hochstilisiert worden.
Mit anderen Worten: das "äußere Bild" ist entscheidend und nicht der "Inhalt".
Ich empfinde das bereits als Dogma, dem vor allem die Jugend in oft fataler Weise Rechnung zu tragen sucht und permanent ausgesetzt wird.
Und insoweit würde ich es in die Form der Ideologien einreihen, da tatsächlich "angebetet".


sartchi
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Liebe Sartchi, vorläufig einen herzlichen Dank für deine beiden Beiträge in diesem Thread - werde vielleicht morgen noch darauf eingehen, heute hatte ich einen etwas anstrengenden Tag und schalte nun um auf ... Konsum!

Liebe Grüße

Miriam

 
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Meine Ideologie ist heute scheinbar:

So viel wie möglich neue Erfahrungen einladen und auch denen, die ohne Einladung kommen, so viel wie möglich Aufmerksamkeit schenken. Und das möglichst ohne es zu wollen. *schmunzel* Das ist alles, ohne esoterisches Gerede. Allerdings bin ich meiner Ideologie kein besonders guter Schüler.

Eine fremde Ideologie/Lehre scheint mir anfangs manchmal sinnvoll, später jedoch ein Hindernis. Bevor sie ein Hindernis wird, scheint man sie in eine selbsterstellte Ideologie umzuwandeln, indem man sie mit persönlichen Erfahrungen abgleicht, in Form von „verstehen“. Eine selbsterstellte Ideologie scheint mir ein Erklärungsmodell. Aber wie Miriam andeutet, scheint man sich selbst zu begrenzen, wenn man es nie verlässt.

Die große Frage ist für mich, „was ist Wachstum“. Was ist die Bewegungsrichtung, die der Verstand selbst beim Loslassen der Ideologie erfragt. Liebe scheint ein Ausdehnungsphänomen, ist Wachstum dann „aufnehmen“? Das was ich bislang zum Wachstum höre, kann ich nicht annehmen, irgendetwas ist da faul...irgendwas ist da geschummelt. Auch bei Menschen, die sich viele Gedanken über das Denken und Nichtdenken machen. Es ist einfach deren unsympathisches und unechtes Wesen, was mir da aufstößt. Aber ich quassel schon wieder so viel, sollte längst nen Liter Äbbelwoi intus haben. *loslaufe*

vom fusselchen:
Ich habe noch keinen Menschen ohne Krücke getroffen. Einige Existenzielle Fragen wie der Sinn des Lebens, Wertvorstellungen, Umgang mit dem Tod, Selbsterlkenntnis lassen sich nur mit Krücken beantworten oder man bewegt sich nicht.

Da stimme ich dir zu. Allerdings kann man eins machen, man kann alle diese Themen als Frage dastehen lassen und dem Leben, der Zeit, der Restlebenszeit die Antwort überlassen. Vielleicht kommt die gefühlte Lebensunsicherheit damit etwas näher an die Freiheit. Na...ich glaub, ich hab doch mehr Ideologien drauf als ich dachte.

Viele Grüße
Bernd
 
AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Auch Albert Speer versteht es den Nürnberger Reichsparteitagen (also der in die Öffentlichkeit dringenden Veranstaltungen der Nazi-Ideologie), eine romantische Note zu verleihen – nur so kann man den eigentlichen ideologischen Inhalt überzeugend präsentieren. Es gelingt dadurch sogar dem Ausland für kurze Zeit etwas vorzutäuschen.

Hallo, Miriam und Mitdenker!

Um nur diesen Aspekt aufzugreifen.

Schaut doch mal die Gebäude an, die Ceaucescu, Mussolini, Stalin, Mao, Honecker und natürlich auch Speers Umsetzungen der Pläne Hitler und die ganze Bande der Diktatoren allerwelt errichten ließen.

Und wenn ihr dann noch die Pläne für "Germania" die künftige Hauptstadt des Nazireichens seht, dann wird EIN Kriterium für die Herrschft einer "schlechten" Ideologie greifbar, an dem man sie erkennen und durch das man sie entlarven kann.

Wenn ich mit diesem Blick auf demokratische Regierungsgebäude blicke, kommen mir auch Bedenken.

Gruß Fritz
 
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AW: Ideologien – wie sie sich einengend auswirken

Da stimme ich dir zu. Allerdings kann man eins machen, man kann alle diese Themen als Frage dastehen lassen und dem Leben, der Zeit, der Restlebenszeit die Antwort überlassen. Vielleicht kommt die gefühlte Lebensunsicherheit damit etwas näher an die Freiheit.

Darauf läufts hinaus. Oder wie es ein alter Ideologiekritiker sagte:

15 Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.
16 An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Liest man etwa von Dornen eine Traube, oder von Disteln Feigen?
17 Also bringt jeder gute Baum gute Früchte, aber der faule Baum bringt schlechte Früchte.
18 Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, noch ein fauler Baum gute Früchte bringen.
19 Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
20 Deshalb, an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.


Seine Kritik an den bestehenden Verhältnissen bekam ihm schlecht.

Und - Ironie der Geschichte oder gar Spott derselben - er entging nicht dem Schicksal, selber zum Ideal einer widerwärtigen Ideologie gemacht zu werden.

Deschner mal wieder lesen!

Gruß Fritz
 
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