• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Fusionstechnologie

bergloewe schrieb:
Wie sieht es mit dem Gefahrenpotenzial aus?

Hallo bergloewe,

zunächst einmal muss man festhalten, dass auch die Kernfusion keine "saubere" Energiequelle ist.

Im Normalbetrieb einer Fusionsanlage hat man es mit dem radioaktiven Tritium (Halbwertszeit 12,3 Jahre) und den bei der Fusion entstehenden Neutronen zu tun, welche alle Materialien, die sie durchdringen, aktivieren, also radioaktiv machen. Verglichen mit der Kernspaltung sind aber die Halbwertszeiten der aktivierten Materialien (vor allem Stahl) deutlich geringer (max. ca 100 Jahre statt Tausende von Jahren).

Zum Gefährdungspotenzial lässt sich folgendes festhalten.

- Eine Leistungsexkursion oder gar ein "Durchgehen" der Fusionsreaktion ist ausgeschlossen.

- Ein Fusionsreaktor enthält nur wenig Brennstoff im Reaktorgefäss: 1000 m^3 Plasmavolumen enthalten nur ca. 1 gramm Deuterium und Tritium.

- Trotz Temperaturen von etwa 100 Mio. °C ist die Leistungsdichte des Plasmas gering und vergleichbar mit derjenigen einer normalen Glühlampe! Daher führt ein Verlust der Kühlung nicht zum Schmelzen der Strukturmaterialien.

Die Untersuchungen zur Sicherheit von Fusionsreaktoren beinhalten auch solche Störfälle wie das plötzliche Zusammenbrechen des sehr starken Magnetfeldes, wodurch die darin gespeicherten grossen Energiemengen freiwerden.

Gruss
Hartmut
 
Werbung:
Hallo, Ihr energiehungrigen Zeitgenossen, (unsere Nachwelt wird noch viel energiehungriger sein, besonders die in den Entwicklungsländern möchten eine Scheibe vom energieabhängigen Wohlstand davon ab haben)

Ich habe mal auf die Schnelle einige Absätze aus anderen Diskussionsbeiträgen (in einem anderen Forum) zusammengestellt, insbesondere um auf die frage vom Berglöwen zu den risiken einzugehen:

Die Innenwände eines Fusionsreaktors, in denen auch der Brennstoff Tritium erbrütet wird, werden durch den Neutronenbeschuss aktiviert.
Die Neutronen schlagen die Atome des Kristallgitters aus ihren angestammten Plätzen, was zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften (Versprödung) führt
Es entstehen radioaktive Elemente mit Halbwertzeiten zwischen 12 und 50 Jahre.
Der versprödetete Stahl muß häufiger ausgewechselt werden als bei einem Kernspaltungsreaktor. Dann muss der Abfall endgelagert werden. Bestimmend für die Halbwertszeiten und die Dauer der Lagerung sind hier langlebige Verunreinigungen wie Niob und Molybden.

Für spätere Kraftwerke wird man speziell für Fusionsbedingungen entwickeltes Material nutzen. Zum
Beispiel wird im Europäischen Fusionsprogramm zur Zeit ein niedrig-aktivierbarer Stahl, EUROFER, entwickelt. Die Aktivierung dieser optimierten Materialien klingt relativ schnell ab - in hundert Jahren auf
rund ein Zehntausendstel des Anfangswerts. Wie Studien zeigen, sollte hundert Jahre nach Betriebsende knapp die Hälfte des gesamten Abfalls nicht mehr radioaktiv sein und kann für beliebige Nutzung freigegeben werden. Die
andere Hälfte könnte - entsprechende Techniken vorausgesetzt - rezykliert und in neuen Kraftwerken wieder verwendet werden. Eine Endlagerung wäre nicht nötig. Und der Platz für ein paar alte Reaktorbehälter sollte sich finden lassen. Vor Unbefugten kann man den Lagerplatz genauso einfach sichern wie ein Trafohäuschen.

Aber wenn es erst soweit ist und die billige Energie der Zukunft aus den Fusionskraftwerken reichlich fließt,
ist selbst die Nutzung der minderwertigsten Lagerstätten mit billiger Energie dann noch rentabel,
aus der Elektrolyse des Meerwassers lassen sich fast alle Elemente gewinnen und mit Hilfe der Chemie die benötigten Verbindungen herstellen, es wird keine Furcht mehr geben vor der Erschöpfung der Ressourcen.
So, wie die Ölscheichs heute schon kleine Wüstenabschnitte bewässern, werden wir das in großem Maßstab tun können:
könnt Ihr euch auch vorstellen, daß die Sahara ein blühender Garten wird?

Ich kann es,
bis bald mal wieder
Grüße von Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Sicherheit

Hartmut schrieb:
zunächst einmal muss man festhalten, dass auch die Kernfusion keine "saubere" Energiequelle ist.

Hallo Hartmut

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann sind "nur" die baulichen Materialien nach der Fusion verstrahlt. Das radioaktive Tritium aber wird zusammen mit Deuterium zu stabilen Helium und den Neutronen, die das Material verstrahlen, fusioniert. Durch die kurze Wartezeit (im Vergleich zur Kernspaltung) bräuchte man dann sicherlich auch keine langfristigen Endlager (ungelöstes Problem bei der Kernspaltung).

Aber ist diese Technologie auch für das Militär interessant?
Kann sich die Menschheit ein solches Wissen leisten?

Vor technischen Gefahren kann man sich nach Ermessen schützen, nicht aber vor menschlichen Mißbrauch. Auch wenn das Wissen abgeschottet wird, so würde sich dieses doch in der Allgemeinheit verbreiten, (wie es sich z.B. in der Kernspaltung zeigt.....ich finde, die viel größere Gefahr geht von der Menschheit aus.....)

Gruß
bergloewe

Hier noch eine Internetseite die ich heute morgen gefunden habe und vielleicht manche Schreibtätigkeit erspart.

http://www.zitadelle.juel.nw.schule.de/fusion/hauptseite.htm
 
bergloewe schrieb:
Aber ist diese Technologie auch für das Militär interessant?
Kann sich die Menschheit ein solches Wissen leisten?
QUOTE]
hä, hä,
fürs Militär ist alles interessant.

Aber die wasserstoffbombe haben sie schon seit 50 Jahren:wut1:
 
Zitat von Claus
hä, hä,
fürs Militär ist alles interessant.

Aber die wasserstoffbombe haben sie schon seit 50 Jahren:wut1:
-------------------------------------------------------------------
-------------------------------------------------------------------

Ja, aber nur im ungezähmten Zustand und mit einem atomaren Zünder.

Ich meinte natürlich das Wissen um die Fusionsreaktortechnologie und ob bei der friedlichen Nutzung etwas fürs Militär nutzbar gemacht werden kann.

Ich hoffe nicht, daß bei dieser Frage nur noch mit Galgenhumor geantwortet werden kann!!!

Gruß
bergloewe
 
bergloewe schrieb:
Welche Schwierigkeiten gibt es noch und gibt es Ansätze diese zu lösen?

Hallo bergloewe,

Die Schwierigkeiten sind hauptsächlich materialtechnischer Art.

Wie Claus schon schrieb, ist die das Plasma umgebende Wand eines Fusionsreaktors (erste Reaktorwand) dem Bombardement von sehr energiereichen Neutronen (14 MeV) ausgesetzt (Zum Vergleich: Die bei der Kernspaltung entstehenden Neutronen haben eine mittlere Energie von etwa 2 MeV). Die Neutronen schlagen die Atome des Kristallgitters aus ihren angestammten Plätzen, was zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften (Versprödung) führt und zur Notwendigkeit, die erste Wand mehr oder weniger häufig auszuwechseln. Diese Strahlenschädigung des Materials wird in „dpa“ (displacements per atom) ausgedrückt.

Beim Betrieb eines typischen kommerziellen Fusionsreaktors über 30 Jahre kommt es zu ca. 750 dpa. Um die erste Reaktorwand nicht zu oft auswechseln zu müssen, soll deren Material 150 dpa aushalten können, d.h. zwischenzeitlich müsste die Wand viermal ausgewechselt werden.

Der Versuchsreaktor ITER selbst ist für die Erprobung von Material wenig geeignet. Der Stahl verträgt nur 10 dpa (Dies entspräche ca. 1,7 Jahren kontinuierlichen ITER-Betriebs; allerdings wird ITER nur im Impulsbetrieb betrieben).

Die Suche nach Materialien, welche eine hohe Strahlenbelastung aushalten, ist – wie Claus erwähnte (EUROFER-Stahl) – bereits im Gang. Momentan fehlt es noch an einer leistungsfähigen Neutronenquelle, mit der man Materialien fusionstypisch bestrahlen kann. Benötigt wird eine Neutronenquelle, die Neutronen mit einer Energie von 14 MeV und einem Fluss von 4*10^17 Neutronen/cm^2/s liefert. Aussichtsreich ist das Konzept der „International Fusion Materials Irradiation Facility (IFMIF)“, mit der man Deuteriumkerne beschleunigt und auf ein Target aus Lithium schiesst.

Gruss
Hartmut
 
Hallo Berglöwe,

aber das muß ich noch kritisieren:

>>>
langfristigen Endlager (ungelöstes Problem bei der Kernspaltung)
Endlagerung ist durchaus kein ungelöstes Problem, das wird nur gebetsmühlenartig von gewissen Leuten immer wiederholt.
Hatten wir das thema nicht schon einmal?
Ansonsten bin ich gern bereit dazu etwas zu sagen
(aber Hartmut ist da der aktive Fachmann, der könnte es viel besser als ich)

gruß von Claus
 
Plasmaerhalt, Zukunftsvision

Danke für die vielen Erklärungen!

Was ich noch wissen wollte ist, wird der ITER das Plasma schon dauerhaft aufrecht erhalten können, b.z.w. was heißt Impulsbetrieb.

Bricht dabei das Plasma nach jedem Impuls zusammen, oder ist damit die Energiegewinnung gemeint?
Kann daraus schon mehr Energie gewonnen werden als hinein gesteckt wird?

Claus schrieb:
Hallo, Ihr energiehungrigen Zeitgenossen

Aber wenn es erst soweit ist und die billige Energie der Zukunft aus den Fusionskraftwerken reichlich fließt,
ist selbst die Nutzung der minderwertigsten Lagerstätten mit billiger Energie dann noch rentabel,
aus der Elektrolyse des Meerwassers lassen sich fast alle Elemente gewinnen und mit Hilfe der Chemie die benötigten Verbindungen herstellen, es wird keine Furcht mehr geben vor der Erschöpfung der Ressourcen.
So, wie die Ölscheichs heute schon kleine Wüstenabschnitte bewässern, werden wir das in großem Maßstab tun können:
könnt Ihr euch auch vorstellen, daß die Sahara ein blühender Garten wird?

Solche Visionen sind schön, wenn nicht immer wieder der Mensch dazwischen funken würde! Es stellt sich aber auch die Frage wie die Übergangszeit (vielleicht >150 Jahre?) aussehen soll und ob dazu die Wirtschaftkraft dann noch ausreichen wird. Ohne Energie und Kapital läuft halt nichts, das uns durchaus auch wieder ins Mittelalter befördern könnte.

Gruß
bergloewe
 
Werbung:
Zurück
Oben