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erZIEHung

Mara

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Registriert
18. April 2003
Beiträge
2.608
Ist euch das auch schon mal aufgefallen. Bei kindern ist das so ... (jedenfalls solange sie noch nicht verbogen oder gebrochen sind ...)

Mit drohungen, tücke, erpressung usw. erreicht man nur trotzreaktionen. Sie bocken ...

Lasse ich sie ihren eigenen weg gehen, vertraue, liebe ... dann geht alles hand in hand. Sie entwickeln sich, sie bemühen sich ... sie „spielen“ mit ...

Bei meinem sohn ist mir schon oft aufgefallen, dass er z.b. am computer, bei spielen grundsätzlich das gegenteil von dem tut, was man ihm sagt ...
Ich habe darüber nachgedacht (wobei es mich erst einmal wütend gemacht hat und ich versucht habe, das abzustellen ...). mir ist klargeworden, dass er so rausfindet: Was passiert eigentlich, wenn ich nicht funktioniere. Er findet es heraus, macht erfahrungen und entwickelt so erst gar keine angst ...
Genial – habe ich gedacht, bis mir dann auffiel, dass ich genauso bin ...

Ich hasse es, wenn man mir vorschriften macht. Es behindert mich auf meinem weg, weil es mir suggeriert, dass ich nicht vertrauenswürdig bin. Unmündig meinen eigenen weg zu gehen. Und selbst, wenn ich weiß, dass derjenige recht hat: es wirft mich zurück, denn es verhindert meine eigenständigkeit auch dem anderen gegenüber ...

Wenn ich meinem sohn sage: mach das so, das ist richtig für dich, dann mag er es zwar tun, aber ich werde ihm nie vertrauen können. Bin ich still, auch wenn ich weiß, da ist der weg, dann kann er selbst rausfinden, wo es langgeht und hat er seinen weg gefunden, kann er stolz auf sich sein. Und kommt er dann zu mir und erzählt mir von seinen erfolgen, dann fühle ich mich wieder ein stück freier, denn ich weiß, er kann selbst gehen, er ist nicht abhängig von mir ...
Ja – es macht abhängig – diese erzieherei – diese „fürsorge“ –

ich kann loslassen ... muss mich nicht so sehr auf einen anderen menschen konzentrieren. Ich warte immer sehr lange, bevor ich eingreife und in der regel kommt er von sich aus und fragt nach meiner hilfe ... er kennt seine grenzen oder besser gesagt, er lernt sie so kennen, jetzt schon ...

ob man so wohl urvertrauen entwickelt, weil man sich selbst vertraut und weiß, im notfall ist jemand da und hilft, wenn ich nicht mehr weiter weiß ... ?
und wenn man immer schon hilfe bekommt, sofort und ohne überhaupt danach gefragt zu haben ? dann wird man abhängig, unselbständig, traut sich selbst nichts mehr zu ... man wird unsicher und stellt sich ständig in frage ...

gerade bei menschen, die man liebt ist es sicher schwierig. Man möchte da sein für den anderen. Möchte gebraucht werden usw.

trotzdem ist liebe für mich genau das gegenteil. Nämlich den anderen selbst gehen lassen, sich zurücknehmen und einfach da sein, wenn man gebraucht wird. Eine schwere aufgabe sicher ...

es ist mein traum, dass die menschen lernen, so miteinander umzugehen. Aufmerksam und mit respekt vor der andersartigkeit aller menschen ...
 
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Mara, du beschreibst da eines der vielen Erziehungsdilemmas. Ich kann mir gut vorstellen, dass jeder Vater, jede Mutter die Schwierigkeiten der Gratwanderung kennt: zwischen Fürsorge, die darauf abzielt, das Kind zu jemandem zu erziehen, der eigenverantwortlich für sich selbst sorgen kann, und zwischen Überhütung, die abhängig und unselbständig macht.

Für mich ist es eine Tatsache, dass Erziehung notwendig und nicht mit Verbiegen und Brechen gleichzusetzen ist. Sie ist notwendig, um das Kind vor unliebsamen Folgen seiner Taten zu schützen, weil es ja erst im Heranwachsen lernt, Folgen von Handlungen abzuschätzen. Es ist aber auch notwendig, weil der Mensch ein soziales Wesen ist und in Gemeinschaften verschiedene Regeln fürs Miteinander gelten. Z.B. ist es sinnvoll, wenn ein Kind lernt, dass es Sachen von anderen Kindern nicht einfach wegnehmen darf. Und nicht zuletzt ist es notwendig, damit das Kind Grenzen kennenlernt und Frustrationstoleranz entwickelt. Ebenso gehört es zur Erziehung, dass das Kind lernt, sich und seine Bedürfnisse auszudrücken, Stellung zu beziehen und für seine Sache einzutreten. – Was es allerdings nicht lernt, wenn es eh alles darf.

Ich kenne nicht nur eine Familie, in der vor lauter Angst vorm Erziehen die paradoxe Situation entstanden ist, dass die Kinder alles dürfen und die Eltern nichts mehr (außer die unmittelbare Bedürfnislage der Kinder zu stillen). Die Kinder zeigen Null Respekt vor den Eltern, die ihrerseits beständig darüber nachgrübeln, ob und wo sie die (mittlerweile halbwüchsigen) Kinder wohl verletzt haben könnten. Dass auch andere Menschen Bedürfnisse haben, auf die sie Rücksicht nehmen könnten/sollten, ist ihnen schwer zu verdeutlichen, weil sie das von den Eltern nicht kennen. Und in der Schule gibt es große Problem, weil es dort eben nicht so abläuft, dass sie tun und lassen können, was ihnen in den Sinn kommt.

Zu enge Grenzen und gar keine Grenzen zu setzen, das ist wohl beides falsch.

Mit Grüßen
Katahrina
 
ja kati ...

da hast du wohl recht ... es ist ein dilemma ...


bei uns gibt es nur eine grenze und das ist meine ...
und die verteidige ich vehement ...

ansonsten hat mein sohn die freiheit einfach er selbst zu sein ...

ist doch ganz einfach, oder ??

:D mara
 
Der Mittelweg ist wie so oft zwar nicht ganz einfach, führt aber oft ans Ziel.
Ich schaffe diesen Mittelweg zwar nicht immer, aber ich bin halt auch nicht perfekt :)
 
Original geschrieben von walter
Der Mittelweg ist wie so oft zwar nicht ganz einfach, führt aber oft ans Ziel.
Ich schaffe diesen Mittelweg zwar nicht immer, aber ich bin halt auch nicht perfekt :)

hallo walter ...

aber ich halte das, was du da schreibst, nämlich eben nicht perfekt sein und das auch zeigen, für genau den weg ...
ich sage immer: ich möchte gerne erreichbar bleiben und nicht als "vorbild" irgendwo unter der decke schweben und so meinem sohn das gefühl geben, nie zu genügen ...

er freut sich immer, wenn er sieht, dass ich fehler mache und das auch zugebe. und auch wenn es ihm schwierigkeiten macht, so steht er dann zu mir, genau wie ich zu ihm, wenn er mir das leben mal schwer macht ... *g*

lg mara
 
hi mara,

das was du oben schreibst, entspricht zu 100% meinem denken. das was katharina schreibt ebenso. daraus resultiert ganz klar, das jede situation anders ist und man nichts pauschalisieren kann. in vielen dingen hilft hier die innere intuition.

so kann ich als vergleich krasse beispiele nennen, wo man nicht im dilemma ist und beispiele nennen, in denen man sich doch selbst unsicher ist.

das zweijährige kind rennt auf die straße, da es auf der anderen seite etwas interessantes entdeckt hat--->mutter rennt hinterher und zerrt es, trotz daß es schreit und strampelt gegen seinen eigenen willen wieder auf den gehweg.

hier entscheidet die mutter und überläßt dem kind weder den gewollten weg, noch den eigenen willen, da die mutter intuitiv entschieden hat, sein körperliches wohl zu schützen.

das kind kommt mit einem anderen kind, das kleiner und schwächer ist, in streit; schlägt und tritt das kleinere kind dafür und läßt seine wut an ihm aus--->mutter hält ihr kind davon ab, und erklärt ihrem kind, warum dies keine lösung des problems ist und läßt ihrem kind wiederum weder wunsch noch wille.

hier kommt doch klar hervor, daß wir bestimmte gesetzesmäßigkeiten festgelegt haben und diese wiederum den kindern unbedingt, und auch gegen ihren willen, klar machen wollen, damit sie ihr wissen und ihr handlungen entsprechend aufstocken/ändern. Die Erfahrung lernen sie hierbei jedoch nur durch das Gesprochene/Einsuggerierte.

Auch dieses Beispiel find ich sehr gut: "Kind, lang nicht auf die Herdplatte, das tut weh, du wirst dich verbrennen". Kind langt trotzdem Tage später auf die Herdplatte und verbrennt sich entsprechend. Es hat eventuell auf das Gesprochene der Eltern nicht vertraut und wollte die eigene Erfahrung machen und wird nun nie wieder auf die heiße Herdplatte langen.

Es kommt viel auf das Vertrauen des Kindes an. Vertraut es, wird es in vieler Hinsicht auf die gesprochenen "Weisheiten" der Eltern vertrauen. Wird das Vertrauen durch - so schön Mara sagte - Erpressung, Tücke, Drohungen und Egoismus der Eltern getrübt, versuchen sie ihre eigenen Wege und Erfahrungen zu machen und handeln dann entsprechend entgegen dem elterlichen Willen.

Wie bei allem sind wir alle keine perfekten Menschen, können aber viele Dinge durch Verinnerlichung, Intuition, Ablegen des eigenen Egos in eine gute Richtung lenken oder ???

lieben gruss
lacu
 
hallo lacu ...

du hättest diplomat werden sollen ... :)

ich halte meinen sohn bewußt dazu an, eigene wege zu gehen, weil ich mir nicht zutraue seinen weg zu kennen.

beispiele wie eine heiße herdplatte oder eine strasse seien da bitte außen vor. sowas ist für mich selbstverständlich.

trotzdem möchte ich dir dazu was erzählen:

ich habe meinen sohn von klein an (auf einem stuhl) mit an den herd gestellt und ihn mitkochen lassen.
meine mutter hätte am liebsten das kochen ganz eingestellt, solange der enkel da war ... und ich möchte nicht wissen, wie oft sie gesagt hat: "das ist HEISS ..." ich wills wirklich nicht wissen *lol*

dreimal darfst du raten, wo er sich die finger verbrannt hat ? und zwar nicht nur ein bischen ...

jetzt frage ich dich:

hat er mir nicht vertraut ???


alles liebe

mara

ps.: außerdem bleibt das gar nicht aus ... ich vertraue nicht mal albert einstein ... :D :D :D
 
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hi mara:winken1:

habe halt bewußt krasse beispiele genannt. weil es eben in der erziehung nicht nur auf gesellschaftliche gesetzesmäßigkeiten ankommt, sondern auf die innere Stimme. Heute kannst Du so über diese Situtation urteilen, morgen wieder ganz anders. So ist es doch auch mit der Erziehung. Morgen kann man manches gelassener sehen wie heute. Dieses auf und ab macht ja auch das Kind mit und ist nach meiner Meinung auch unverzichtlich für seine eigene Erfahrung--->zu Wissen, daß Eltern auch nur Menschen sind und keine fehlerlosen Maschinen, die nur für das Kind und nicht für sich selbst da sind.

dreimal darfst du raten, wo er sich die finger verbrannt hat ? und zwar nicht nur ein bischen ...

...bei Oma?:D ja klar, Oma hat eventuell nicht vertraut und dann ist es ihm passiert. vielleicht hast auch du deiner mutter nicht vertraut? vielleicht ein anderer gesichtspunkt, aber das ging jetzt zu weit....:cool:

aber wie soll dein sohn dir und anderen vertrauen, wenn du dir und anderen auch nicht vertrauen kannst? dann muss er es selbst rausfinden:)

knuffel
lacu
 
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