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wo geht's hier zur Demokratie?

Zu mavaho noch zwei Punkte:

Zum Einen setzt du eine Perspektive auf Gesetz vorraus, die durchaus nicht allgemeinverbindlich und momentan (leider) wohl eher die einer Minderheit ist: Heute scheint sich mehr und mehr eine rechtspositivistische Position zu verfestigen, die Gesetze und Verordnungen per se legitimiert ohne einen besonderen Rückbezug auf den verfassungsrechtlichen Souverän zu nehmen.

Zum Anderen - wahrscheinlich wiederhole ich mich hier - gibt es eben auch Staatszielbestimmungen, die ebenfalls besonderen Schutz genießen. Die Art der Einbeziehung des Volkes kann man ohne weiteres ändern (also z.B. Plebiszit od. rep. Demokratie), den Sozialstaat oder die internationale Offenheit (die - wie gesagt - gerade in Bezug auf EU mehrfach verankert ist) kannst du nicht einfach abschaffen, weil es dem - böses Wort ;) - "Zeitgeist" nicht mehr entspricht. Ich halte das auch für wenig wünschenswert.

cf
 
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Zeitgeist ist ein Pendel, das mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlägt. Bleibt man selbst dabei in der Mitte stehen, ohne der Pendelrichtung hinterherzulaufen, nimmt man einen Standpunkt ein, der auf Dauer meist richtig ist.
Jedes Menschenwerk ist änderbar, nichts davon ist auf ewig festgezurrt. Das sagt mir meine Lebenserfahrung. Sollte unsere Gesellschaft akut gefährdet sein, ist alles denkbar.
Der Sozialstaat wird bereits abgeschafft und durch einen Überlebensstaat ersetzt. Niemand verhungert, aber die Zahl der Menschen, die am allgemeinen sozialen Leben nicht mehr teilnehmen können, wird immer grösser.
Was ist Internationalität ? Unser Land als Selbstbedienungsladen ? Auch hier muss auf das Kosten-/nutzenverhältnisses geachtet werden.
 
Ich denke, ich habe ziemlich deutlich gemacht, was ich vom Begriff Zeitgeist halte, ich setze ihn ja auch ein um deutlich zu machen, was ich von einer RELATIVEN Gesetzesvorstellung halte. Irgendwie spielst du mir doch in die Hand, wenn du sagst, dass es eben *nicht* um relative Empfindungen und geänderte Auffasungen gehen kann.

"Sozialstaat ist abgeschafft" ist wieder eine Parole und reiht sich perfekt zu deiner non- positivistischen Rechtsperspektive. Deine Vorstellungen mögen ja ganz nett und tendenziell zeitlos sein (wobei ich diese ganze Pendellgeschichte mehr als fragwürdig finde), das alles hat aber gar nix mit der Verfassungswirklichkeit zu tun.

Momentan finde ich das Gesagte noch wenig kohärent, du bejahst für dich eine Position "jenseits des Pendels", negierst aber gleichzeitig eine dauerhafte und verbindliche Verfassung.
Sicher können wir darin übereinkommen, dass es in jeder Gesellschaft zu mehr oder minder deutlichen Paradigmenwechsel kommt. Gerade dem will eine Verfassung aber gerecht werden, ansonsten könnte man sich ja damit begnügen, einen Souverän und einen Regenten zu konstituieren.

cf
 
Wir sind doch alle Freunde des Pragmatismus'?!
"Alle Macht geht vom Volke aus", das will mir nicht so recht zu einem Pragmatiker wie dir, mavaho passen, weist du uns doch Tag für Tag nach, wie unvollkommen unser Wissen im Allgemeinen ist.
Also mir graut es vor Volksabstimmungen in einer Republik, die sich schon durch ihre Föderalität genug ausbremst. Volksabstimmungen bedeuten noch mehr Populismus, da zieht man sich noch eine schlimmere Politikerkaste heran, als du schon kritisierst.
Ausgungspunkt des Threads war doch die Ansicht von sucher, dass es zur Demokratie gehört überall und immer Kunst machen zu dürfen. Ich bin nicht dieser Meinung, obwohl auch irgendwie Künstler. Straßenmusiker gehen mir auf den Keks, gerade WEIL ich selbst Musik mache. ABer vielleicht kommt ja jemand auf die Idee, man müsse auf kommunaler Ebene abstimmen, wer in der Fußgängerzone malen und wer fiedeln darf.
Was einerseits dein Beharren auf Kosten-Nutzen betrifft, andererseits dein Faible für Volksabstimmungen, finde ich Cfs Ausdruck der Inkohärenz passend.
 
Da hat mich cf doch gründlich missverstanden. Unsere Verfassung ist nicht Zeigeist, sondern drückt die Grundbedürfnisse der Menschen aus, unabhängig von Zeitläufen. Aber alles, was darum an Gesetzen gebaut wurde, ist vom Zeigeist stark beeinflusst. Dies wird deutlich, wenn man die Gesetzesänderungen der vergangenen 40 Jahre betrachtet, da liegen schon fast Welten dazwischen. Bei der Ablehnung von Volksabstimmung über gravierende Änderungen (und nur darum geht es) scheint mir bei manchen ein Stück intellektueller Überheblichkeit durchzuschimmern, das Volk sei dumm, man wisse es besser als die Mehrheit. Gesetze schaffen die Wirkllichkeit, in der wir alle leben. Nur wenn sie vom Bürger mehrheitlich akzeptiert werden, werden sie auch befolgt. Abtreibung ist dafür ein Beispiel. Am Ende hatten sich Frauen öffentlich der Abtreibung bezichtigt, obwohl es noch strafbar war.
Das Kosten-/nutzenverhältnis ist wesentlich, weil am Ende alles bezahlt werden muss, es schützt vor allzu ideologischen Lösungen. Gerade die grünen Sandalenträger denken daran oft zu wenig. Sagte doch schon Kaiser Wilhelm II: "Deutsch sein heisst eine Sache um ihrer selbst willen tun." Dies scheint mir ein zu kostenintensiver Grundsatz.
 
Gut, wenn du es so betonst, kann man damit leben. Deine Pendel- Zeitgeistäußerungen kann ich aber immernoch nicht wirklich nachvollziehen, ich zitiere:

Jedes Menschenwerk ist änderbar, nichts davon ist auf ewig festgezurrt. Das sagt mir meine Lebenserfahrung. Sollte unsere Gesellschaft akut gefährdet sein, ist alles denkbar.
Der Sozialstaat wird bereits abgeschafft und durch einen Überlebensstaat ersetzt.

Darum meinte ich halt betonen zu müssen, dass es eben doch etwas gibt, das diesem entgegenstehen will, darum meine Äußerungen.
Was du sonst zum Thema Volksabstimmung und Realitäts- / Faktenschaffung durch Gesetze sagst, ist sicher prinzipiell richtig, dennoch ist es ein Unterschied, ob man eine Gesellschaft um 1930 betrachtet und eine Volksabstimmung diskutiert, oder dies heute macht, wo es offensichtlich soetwas wie einen Liberalisierungsselbstläufer gibt. Weiterhin verweise ich nocheinmal auf die rechtspositivistischen Tendenzen, die ich - wie gesagt - nicht schönmalen will, die aber in der Verfassungswirklichkeit eben dazu zu führen scheinen, dass Gesetze eben doch um ihrer selbst Willen gültig sind und NUR SO legitimiert werden können. Die meisten Staatstheorien basieren eben darauf und ich halte es für fragwürdig, einzelne historische Ereignisse zum Gesellschafts- und Staatsprinzip zu erheben. Das hat nichts damit zu tun, dass ein Gesetz natürlich nur dann Sinn macht, wenn es befolgt wird, sondern mit der grundsätzlichen Legitimation von Gesetzen, die eher etwas vom Volk entrücken würde. Ich denke, hier liegt "unser" eigentliches Problem, oder?

cf
 
mavaho schrieb:
Der Sozialstaat wird bereits abgeschafft und durch einen Überlebensstaat ersetzt.
Der Sozialstaat in einer Demokratie wird dann abgeschafft, wenn es die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung will - und keine Sekunde früher.
Wenn die Sozialdemokraten in BRD mehrheitlich Heuchler sind, müssen sie eben immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden - mit allen legitimen Mitteln.
 
Es ist genau die grösste Schwäche unserer repräsentativen Demokratie, dass die Regierung eben doch gegen den Willen der Mehrheit entscheiden kann, vier Jahre lang, und wir nur erstaunt zusehen können. Den Mist baden dann meist andere aus, wenn die Verursacher schon längst nicht mehr an der Regierung sind. Erfreulich, dass die "Ossis" die Basisdemokratie nicht vergessen haben, wie an den Montagsdemos zu sehen. Die alten Römer sagten:" Vox populi, vox jovi." Was soviel heisst wie: "Die Stimme des Volkes ist wie das Blöken der Rindviecher." Unsere Politiker scheinen mir oft ähnlich motiviert.
 
mavaho schrieb:
"Die Stimme des Volkes ist wie das Blöken der Rindviecher."

ich hab das große latinum :weihnacht

quod licet iovi, non licet bovi
was dem jupiter erlaubt ist, ist einem ochsen noch lange nicht erlaubt

iovi = jupiter
bovi = ochse

ergo:
aut
vox populi, vox bovi
die stimme des volkes ist die stimme eines ochsen
aut
vox populi, vox iovi
die stimme des volkes ist die stimme gottes (jupiters)
 
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Auch ich habe das grosse Latinum, es ist allerdings 40 Jahre her, dazu vertippe ich mich auch mal zwischendurch, da kommt es schon mal zu einer gewissen Unschärfe, Frau Lehrerin. ( Scio nescio - oder auch - errare humanum est ).
Mein Lateinlehrer hat uns beigebracht, Übersetzungen Lateinischer Sprüche nicht wörtlich, sondern ihrem Sinn nach auszuführen. Da diese ohnehin meist aus dem Griechischen übernommen wurden (wie der wesentliche Teil der Römischen Kultur ), haben wir vor Übersetzung den Griechischen Urtext beigezogen. Ich hoffe, dies findet Deine Zustimmung.
 
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