Aktivdenker
New Member
- Registriert
- 19. Oktober 2008
- Beiträge
- 2.673
Man hört es immer wieder:
"Sei vernünftig." oder
"Wo hast Du Deinen Verstand?"
Ja - wo haben wir den Verstand?
Was ist der Verstand?
Was ist die Vernunft?
Wie kann ich vernünftig sein, wenn man nicht weiß was der Verstand ist?
Die Fragen dazu könnte man beliebig ausweiten, doch Sinn und Zweck dieses Fadens ist die Klärung der Begriffe "Verstand" und "Vernunft", in der Hoffnung auf vernünftig-verständliche Erhellung.
Dazu (m)eine Definition (nicht die allgemein gültige!):
Verstand ist die Fähigkeit des menschlichen Geistes, analytisch, begrifflich, diskutiv zu denken OHNE Einbeziehung des eigenen Willens und der Gefühle.
Seit Kant zählt der Verstand als der Vernunft untergeordnetes Erkenntnisvermögen. Ganz grob kann man sagen, dass der Verstand das "Denk-Material" liefert, während die Vernunft die Inhalte des "Denk-Materials" analysiert, prüft, ordnet, bestimmt.... usw...
Der Verstand bleibt beschränkt, weil er sich auf die Grenzen der sinnlichen Wahrnehmung eingrenzt. Die Vernunft allerdings kann diese Grenzen überschreiten und Ideen, wie die Seele oder Gott, bilden und gewinnen.
Bereits in der Antike hat man zwischen "nous", was in etwa die Einsicht der Ideen bezeichnet und "diánoia", was in etwa so viel wie begriffliches diskutives Denken bedeutet, unterschieden.
Im Mittelalter hat man hat man die Begriffe "intellectus" und "ratio" verwendet.
In der Sozial-Philosophie der Frankfurter Schule (Adorno und Horkheimer) wurde der Begriff "Instrumentelle Vernunft" gebildet, was so viel bedeutet, wie ein Werkzeug zum Zwecke des Verfügens und Herrschens über die Natur und auch über die Menschen.
Der Begriff "Vernunft-Religion" bezeichnet eine religions-philosophische Strömung der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert, die sich zur "Ur-Religion" oder "Natur-Religion" unter Befreiung falscher Dogmen bekennen. Die Humanisierung der Religion fordert Vernunft und Tugend und wendet sich von der bis dato traditionellen religiösen Vorstellungswelt ab. Der Begriff Deismus wird in diesem Zusammenhang oft verwendet.
Spezialisierte Definitionen:
Vernunft bei Hegel ist das Weltprinzip. "Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig."
Psychologisch ist die Vernunft die obere Erkenntnisgrenze der Sinnlichkeit und von der Intuition bzw. vom Instinkt zu unterschieden. Instiktiv kann psychologisch gesehen NIE vernünftig sein.
Nach Wilhelm Wundt ist der Verstand die Fähigkeit, Gegenstände und ihre Beziehungen zueinander durch begriffliches Denken hervorzubringen. Verstand ist folglich mit dem Intellekt identisch.
Der "Gesunde Menschenverstand" ist der kleinstmögliche Nenner aller Wesen. Man nennt dies auch "naiven Realismus" oder "primitiver Rationalismus". Es ist der unhaltbare vorphilosophische Alltagsstandpunkt, dem zufolge es nur die existierende Außenwelt gibt, die man mit dem "gesunden Menschenverstand" wahrnehmen kann. Ferner geht man davon aus, dass die Eigenschaften der Gegenstände mit der Realität übereinstimmen, wie man diese wahrnimmt. Bsp. Der Himmel ist blau, das Gras ist grün und Honig ist süß. Dem ist natürlich nicht so.
Ken Wilber beschreibt das Auge der Kontemplation, als eine spirituelle, transzendente, transpersonelle Welt, die NUR über das verstandesgemäße Erfahren hinaus verwirklicht werden kann. Hier kann man nicht mehr lernen, weil es erlebt und erfahren werden muss. Über psychedelische, mystische oder meditative Wege, kann man dann das Recht der offenbarten Welt des G A N Z E N erleben und erfahren. Wenn sich das erste Mal das Auge der Kontemplation öffnet erschreckt sich der Verstand, weil man Angst vor dem Unbekannten hat
und diese Angst führt leider viel zu häufig dazu, dass die Menschen nicht mehr den Mut aufbringen die Welt als G A N Z E S zu sehen.
Neurobiologisch gesehen, kann man zwar die Gehirnregion für kontemplative Erlebnisse und Erfahrungen bestimmen - z.B. bei der Meditation, aber eine bestimmte Region, die für unseren Verstand und die Vernunft zuständig ist, konnte man bisher nicht orten. Der Verstand sitzt nicht, wie auch das Denken nicht sitzt. Der Verstand und die Vernunft sind ineinander übergreifende neuronale Aktivitäten die sich in einer Bewegung befinden, die man nicht näher definieren kann (noch nicht!). Ich behaupte daher mal, dass auch die nicht weiter definierbare "Seele" eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielt.
Lieben Gruß

Axl
"Sei vernünftig." oder
"Wo hast Du Deinen Verstand?"
Ja - wo haben wir den Verstand?
Was ist der Verstand?
Was ist die Vernunft?
Wie kann ich vernünftig sein, wenn man nicht weiß was der Verstand ist?
Die Fragen dazu könnte man beliebig ausweiten, doch Sinn und Zweck dieses Fadens ist die Klärung der Begriffe "Verstand" und "Vernunft", in der Hoffnung auf vernünftig-verständliche Erhellung.
Dazu (m)eine Definition (nicht die allgemein gültige!):
Verstand ist die Fähigkeit des menschlichen Geistes, analytisch, begrifflich, diskutiv zu denken OHNE Einbeziehung des eigenen Willens und der Gefühle.
Seit Kant zählt der Verstand als der Vernunft untergeordnetes Erkenntnisvermögen. Ganz grob kann man sagen, dass der Verstand das "Denk-Material" liefert, während die Vernunft die Inhalte des "Denk-Materials" analysiert, prüft, ordnet, bestimmt.... usw...
Der Verstand bleibt beschränkt, weil er sich auf die Grenzen der sinnlichen Wahrnehmung eingrenzt. Die Vernunft allerdings kann diese Grenzen überschreiten und Ideen, wie die Seele oder Gott, bilden und gewinnen.
Bereits in der Antike hat man zwischen "nous", was in etwa die Einsicht der Ideen bezeichnet und "diánoia", was in etwa so viel wie begriffliches diskutives Denken bedeutet, unterschieden.
Im Mittelalter hat man hat man die Begriffe "intellectus" und "ratio" verwendet.
In der Sozial-Philosophie der Frankfurter Schule (Adorno und Horkheimer) wurde der Begriff "Instrumentelle Vernunft" gebildet, was so viel bedeutet, wie ein Werkzeug zum Zwecke des Verfügens und Herrschens über die Natur und auch über die Menschen.
Der Begriff "Vernunft-Religion" bezeichnet eine religions-philosophische Strömung der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert, die sich zur "Ur-Religion" oder "Natur-Religion" unter Befreiung falscher Dogmen bekennen. Die Humanisierung der Religion fordert Vernunft und Tugend und wendet sich von der bis dato traditionellen religiösen Vorstellungswelt ab. Der Begriff Deismus wird in diesem Zusammenhang oft verwendet.
Spezialisierte Definitionen:
Vernunft bei Hegel ist das Weltprinzip. "Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig."
Psychologisch ist die Vernunft die obere Erkenntnisgrenze der Sinnlichkeit und von der Intuition bzw. vom Instinkt zu unterschieden. Instiktiv kann psychologisch gesehen NIE vernünftig sein.
Nach Wilhelm Wundt ist der Verstand die Fähigkeit, Gegenstände und ihre Beziehungen zueinander durch begriffliches Denken hervorzubringen. Verstand ist folglich mit dem Intellekt identisch.
Der "Gesunde Menschenverstand" ist der kleinstmögliche Nenner aller Wesen. Man nennt dies auch "naiven Realismus" oder "primitiver Rationalismus". Es ist der unhaltbare vorphilosophische Alltagsstandpunkt, dem zufolge es nur die existierende Außenwelt gibt, die man mit dem "gesunden Menschenverstand" wahrnehmen kann. Ferner geht man davon aus, dass die Eigenschaften der Gegenstände mit der Realität übereinstimmen, wie man diese wahrnimmt. Bsp. Der Himmel ist blau, das Gras ist grün und Honig ist süß. Dem ist natürlich nicht so.
Ken Wilber beschreibt das Auge der Kontemplation, als eine spirituelle, transzendente, transpersonelle Welt, die NUR über das verstandesgemäße Erfahren hinaus verwirklicht werden kann. Hier kann man nicht mehr lernen, weil es erlebt und erfahren werden muss. Über psychedelische, mystische oder meditative Wege, kann man dann das Recht der offenbarten Welt des G A N Z E N erleben und erfahren. Wenn sich das erste Mal das Auge der Kontemplation öffnet erschreckt sich der Verstand, weil man Angst vor dem Unbekannten hat
und diese Angst führt leider viel zu häufig dazu, dass die Menschen nicht mehr den Mut aufbringen die Welt als G A N Z E S zu sehen.
Neurobiologisch gesehen, kann man zwar die Gehirnregion für kontemplative Erlebnisse und Erfahrungen bestimmen - z.B. bei der Meditation, aber eine bestimmte Region, die für unseren Verstand und die Vernunft zuständig ist, konnte man bisher nicht orten. Der Verstand sitzt nicht, wie auch das Denken nicht sitzt. Der Verstand und die Vernunft sind ineinander übergreifende neuronale Aktivitäten die sich in einer Bewegung befinden, die man nicht näher definieren kann (noch nicht!). Ich behaupte daher mal, dass auch die nicht weiter definierbare "Seele" eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielt.
Lieben Gruß

Axl
Zuletzt bearbeitet: