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Traumthema

fusselhirn

Well-Known Member
Registriert
16. Februar 2005
Beiträge
1.702
Fast alle Menschen träumen und doch wissen wir noch sehr wenig über den Traum.

Die Frage, die in einem anderen Thread aufgekommen ist lautet:
Spielt der Verstand eine Rolle beim träumen bzw. wieviel Verstand beinhaltet das Träumen?

zum Nachlesen

@Minni
Du bist mir noch 2 Antworten schuldig.:)

fussel
 
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AW: Traumthema

Hallo fussel,

Minni: Wenn du deine Träume während des Träumens beeinflussen konntest und dir bewußt war, daß du gerade träumst, waren sie luzide.

fusselhirn: Da hast du wahrscheinlich recht, aber wer oder was hat den Anstoss dafür gegeben? Und wieviel Verstand ist dafür nötig? (Ich will auf das Verhältnis hinaus).

Minni: Meinst du jetzt speziell für einen luziden Traum? Und welcher Anteil dem Verstand zugute kommt, damit ein Traum entsteht?

fusselhirn: Eigentlich meinte ich speziell den luziden Traum, aber die zweite Frage ist auch nicht schlecht.

Der Anstoß für einen luziden Traum ist Bereitschaft, Interesse, Neugier und Übung. So wie du durch Suggestion die Erinnerung an Träume beim Aufwachen festigst, kannst du dir auch z. B. sagen, du möchtest im Traum dir dessen bewußt sein, daß du träumst. Es gibt da auch spezielle Übungen, z. B. fragst du dich im Wachsein öfter, ob du nicht gerade träumst (etwa bei ungewöhnlichen Begebenheiten), auch wenn du genau weißt, daß du nicht schläfst. Dadurch entsteht eine gewisse Konditionierung, eine Gewohnheit, so daß du dich das auch im Traum fragst. Dann fällt vielleicht das ungewöhnliche Traumgeschehen auf oder du kannst dich kneifen.
Bei mir ist es so, daß ich bestimmtes Traumgeschehen einfach nicht akzeptiere oder völlig lächerlich finde, und plötzlich ist mir bewußt, daß es nur ein Traum sein könnte. Letzte Nacht erst wurde ich dreimal vom selben Polizisten verhaftet, wegen Nichts. Beim dritten Mal hatte ich die Nase voll. Ich erinnerte mich, daß es ein Traum sein könnte, wurde mir dessen fast gleichzeitig bewußt, und dann sagte ich dem verdutzten Polizisten meine (sehr deftige) Meinung und ging einfach fort.
Ich würde jetzt nicht sagen, daß da ein Verstand oder Denken mitspielte, eher ein Wille, eine Intention, ein Wunsch, ein Bewußtsein richtungsgebender Tendenzen.
Der Verstand ist m. E. nur im Wachsein nötig, z. B. um die Angst vor Träumen (auch Alpträumen) generell abzulegen, Er ist ein Instrument der Reflexion und gestaltet natürlich auch die Aspekte mit, die dann ein Thema im Traum sein können. Die Szenen, die Erlebnisse „an sich“ sind aber wie von selbst bewußt, ohne eigenes Zutun.

fusselhirn schrieb:
Viele Träume haben eine Handlung, einige haben, so denke ich, Funktionen ( z. B. Alpträume).
Das spricht eigentlich gegen etwas reflexartiges, oder?
Daß Träume eine Funktion haben, stellst du aber auch erst wieder im Wachsein, beim Reflektieren fest. Das Traumgeschehen selbst ist schon reflexartig. In einem Moment steht mein Bruder vor mir, im nächsten Augenblick hat er einen Pferdekopf. Es ist keine Zeit, darüber nachzudenken, es ist nur Erleben.
 
AW: Traumthema

Hallo Neugier,

Neugier schrieb:
Abgesehen davon, dass ich keine Scheu davor habe, zumindest Teile des Traumgeschehens
als unkontrolliert und zufallsbestimmt zu bezeichnen, scheint das Traumverständnis von minni
weitestgehend mit meinem Verständnis übereinzustimmen.

Deshalb meine Frage an minni: Was spricht gegen die Annahme unkontrollierter Teile ?

Wohlgemerkt, ich stelle die Möglichkeit kontrollierter Teile nicht in Abrede.

Gegen die Annahme unkontrollierter Teile spricht mein Weltbild, nach dem das Selbst (oder Wesenheit) die Szenen (im Traum wie im Wachsein) spontan gestaltet, die die Person (als Mensch) dann wahrnimmt. In diesem Weltbild gibt es keinen Zufall.
Ich stimme dir aber trotzdem zu, denn aus der begrenzten Perspektive der Person scheinen natürlich viele Dinge zu existieren, die sie nicht kontrollieren kann.
 
Traumverständnis

Hallo minni !

Möglicherweise sind die Unterschiede in unserem Verständnis doch größer als ich zunächst
angenommen hatte.
minni schrieb:
Gegen die Annahme unkontrollierter Teile spricht mein Weltbild,
nach dem das Selbst (oder Wesenheit) die Szenen (im Traum wie im Wachsein)
spontan gestaltet, die die Person (als Mensch) dann wahrnimmt.
In diesem Weltbild gibt es keinen Zufall.

In meinem Verständnis ist das Selbst sowohl an der Evokation der Bildelemete (indirekt)
beteiligt, die zusammengesetzt unsere Traumbilder ergeben, als auch der Betrachter der
Abfolge von Bildern.

Die indirekte Beteiligung an der Evokation von Bildelementen ergibt sich aus der besonders
engen Verschränkung des Selbst mit der Steuerung der Körperfunktionen.

Mit "unkontrolliert" habe ich gemeint, dass die Abfolge von Bildern nicht durch eine Instanz
gelenkt wird, die für Einhaltung bestimmter Regeln sorgt. Das zeitliche Zusammentreffen
der Bildelemente würde ich als weitgehend "zufallsbestimmt" bezeichnen (plötzlich hat der
Bruder einen Pferdekopf), auch wenn innerhalb der verschiedenen zeitlich parallel ablaufenden
Kausalketten (Teilprozesse, die jeweils ein Bildelement "konstruieren") streng genommen
sehr viel determiniert ist.
Im Träumeland-Thread ist mein Verständnis von Träumen etwas ausführlicher dargelegt.
 
AW: Traumthema

Hallo Neugier,

Neugier schrieb:
In meinem Verständnis ist das Selbst sowohl an der Evokation der Bildelemete (indirekt)
beteiligt, die zusammengesetzt unsere Traumbilder ergeben, als auch der Betrachter der
Abfolge von Bildern.

Die indirekte Beteiligung an der Evokation von Bildelementen ergibt sich aus der besonders
engen Verschränkung des Selbst mit der Steuerung der Körperfunktionen.

Damit reduzierst du Traumbilder auf das Ergebnis rein körperlicher Prozesse, gewürzt mit den Vorstellungen des Träumers, die bei der Betrachtung der Bilder entstehen.
Diese Vorstellungen wären dann aber auch wieder (indirekt) Ergebnis der körperlichen Vorgänge, da sie sich aus den Traumbildern ergeben, die wiederum körperlichen Prozessen entspringen. Dies träfe auch auf die kontrollierenden Instanzen zu, z. B. den Verstand – denn was ist er anderes als Vorstellung, die gedanklich ordnet?
Und inwiefern machst du nun noch ein Selbst aus? Wenn es mit der Steuerung der Körperfunktionen nicht gänzlich verschränkt ist, kann es kaum selbst Körperfunktion sein.

Neugier schrieb:
Mit "unkontrolliert" habe ich gemeint, dass die Abfolge von Bildern nicht durch eine Instanz gelenkt wird, die für Einhaltung bestimmter Regeln sorgt. Das zeitliche Zusammentreffen
der Bildelemente würde ich als weitgehend "zufallsbestimmt" bezeichnen (plötzlich hat der
Bruder einen Pferdekopf), auch wenn innerhalb der verschiedenen zeitlich parallel ablaufenden
Kausalketten (Teilprozesse, die jeweils ein Bildelement "konstruieren") streng genommen
sehr viel determiniert ist.
Im Träumeland-Thread ist mein Verständnis von Träumen etwas ausführlicher dargelegt.

Einer dieser Instanzen ist wohl der Verstand. Das würde fussel’s Frage nach dessen (des Verstandes) Anteil am Traumgeschehen beantworten. Nach deinen Ausführungen im „Träumeland“ würde der Anteil umso größer sein, je näher man sich dem Wachsein nähert.
Würdest du sagen, daß sich Traum- und Wachzustand nur durch unterschiedliche Intensitäten der kontrollierenden Instanzen unterscheidet?
 
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Träumen und Wachsein

Hallo Minni !

Minni schrieb:
Damit reduzierst du Traumbilder auf das Ergebnis rein körperlicher Prozesse,
gewürzt mit den Vorstellungen des Träumers, die bei der Betrachtung der Bilder entstehen.
Diese Vorstellungen wären dann aber auch wieder (indirekt) Ergebnis der körperlichen Vorgänge,
da sie sich aus den Traumbildern ergeben, die wiederum körperlichen Prozessen entspringen.

Ja, etwa so sehe ich das, als eine Verschränkung vieler, langer Ketten von Wirkungen,
die wieder Ursache für weitere Wirkungen sind.

Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich dazu aber zwei Aspekte hervorheben.

Erstens, müssen bei einer solchen Darstellung auch alle Wahrnehmungen und Vorstellungen
während des Wachzustandes unter "körperliche Vorgänge" subsumiert werden.

Zweitens, darf auch die Möglichkeit einer teilweisen autonomen Arbeit des Körperteiles "Gehirn"
nicht vergessen werden. Auch jene Teile des Gehirns, die während des Schlafes aktiv sind, können
Signale erzeugen, die als Auslöser oder Anstoß für die Konstruktion von Bildelementen wirken.

Und inwiefern machst du nun noch ein Selbst aus?
Wenn es mit der Steuerung der Körperfunktionen nicht gänzlich verschränkt ist,
kann es kaum selbst Körperfunktion sein.

In meiner Vorstellung ist das Selbst sehr eng verschränkt mit dem Körper,
genauergesagt, mit den Repräsentationen des Körpers im Hirn.

Einer dieser Instanzen ist wohl der Verstand.
Das würde fussel's Frage nach dessen (des Verstandes) Anteil am Traumgeschehen beantworten.
Nach deinen Ausführungen im "Träumeland" würde der Anteil umso größer sein, je näher man sich
dem Wachsein nähert.

Würdest du sagen, daß sich Traum- und Wachzustand nur durch unterschiedliche Intensitäten
der kontrollierenden Instanzen unterscheidet?

Das ist zumindest einer der signifikanten Unterschiede.
Darüberhinaus sind allerdings auch noch andere Unterschiede möglich
(z.B. eine Ungewissheit darüber, ob der Akteur im Traum nun ich bin, oder jemand anderer).

Ergänzend dazu sei nochmals in Erinnerung gerufen, dass nach meiner Modellvorstellung eine
große Vielfalt an Träumen mit stark unterschiedlichen Charakteristiken möglich ist, die sich aus
unterschiedlichen zeitlichen Relationen der Übergänge von schwach aktiviert auf stark aktiviert
der erwähnten Instanzen ergibt.

"Das Träumen" darf demnach genausowenig mit einer ganz bestimmten Sorte von Traum gleichgesetzt
werden, wie auch "das Wachsein" nicht mit einer einzigen psychischen Verfassung zu beschreiben ist.

Darauf wurde zwar ohnehin schon an anderer Stelle hingewiesen, aber es kann nicht schaden,
das erneut zu erwähnen.
 
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