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Kultur des Zweifels

AW: Kultur des Zweifels

Aber vielleicht haben wir (ich rede nicht sooo gern von der ganzen Gesellschaft und verwende lieber den ebenfalls etwas schwammigen Begriff "wir") den Zweifel nur deshalb so sehr kultiviert, um keine oder nur wenige echte (individuelle) Selbstzweifel zu haben... ist doch praktischer, nicht? ;)

Hat sich das Gros der Menschen anderer Kulturen (und nicht erst "wenige" Intellektuelle oder "Revoluzzer") emanzipiert, wird es ihnen vermutlich nicht anders ergehen.

Das ist die psychologische Seite, die sicher auch eine Rolle spielt.
Der kulturelle Selbstzweifel ist vielleicht sozusagen eine Folge der Doppelrolle der Aufklärung: Sie klärt zwar über Irrtümer auf, aber auch gleichzeitg über die Tatsache, dass es eventuell unmöglich ist, endgültig Irrtümer aufzuklären...
Unbehaglich wird mir das nur, wenn sich der Selbstzweifel in einer gesellschaftlichen Rolle allzusehr personifiziert ("Gewissen der Nation" u.ä.) und in dieser Rolle dann paradoxerweise schon wieder allzu selbstgewiss werden (so wie ich viele Kabarettisten empfinde).
Oder man kommt zu der Ansicht von z.B. Henryk M,. Broder, der meint, er glaube an eine Rollenverteilung in der Öffentlichkeit: Die einen (z.B. er) seien zum Kritisieren da, andere sollten handeln oder Perspektiven aufzeigen. Aber wie soll das eine ohne das andere gehen? Wie kann man denn die Welt kritisieren, ohne mehr als nur eine diffuse oder naiv-idealistische Idee zu haben, wie die Welt besser sein könnte?
 
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AW: Kultur des Zweifels

...die Tatsache, dass es eventuell unmöglich ist, endgültig Irrtümer aufzuklären...

Wenn das möglich wäre, würde die Entwicklung stehen bleiben. Deshalb findet man immer noch neuere (normalerweise größere) Zusammenhänge, in denen sich der sicher geglaubte Boden in Unsicherheit auflöst. Beispiel: Newton gegen Einstein. Oder Lebenspraktischer: "Wenn ich freundlich frage wird mir geholfen." wird zu "Wenn ich freundlich frage, wird mir geholfen, falls X."

Unbehaglich wird mir das nur, wenn sich der Selbstzweifel in einer gesellschaftlichen Rolle allzusehr personifiziert ("Gewissen der Nation" u.ä.) und in dieser Rolle dann paradoxerweise schon wieder allzu selbstgewiss werden (so wie ich viele Kabarettisten empfinde).
Oder man kommt zu der Ansicht von z.B. Henryk M,. Broder, der meint, er glaube an eine Rollenverteilung in der Öffentlichkeit: Die einen (z.B. er) seien zum Kritisieren da, andere sollten handeln oder Perspektiven aufzeigen. Aber wie soll das eine ohne das andere gehen? Wie kann man denn die Welt kritisieren, ohne mehr als nur eine diffuse oder naiv-idealistische Idee zu haben, wie die Welt besser sein könnte?

Gegen eine Rollenverteilung, ob nun zugewiesen oder eigenmächtig bin ich auch. Zweifel braucht eine Idee, die Frage ist nur, wie gut oder wahr diese Idee ist. Sonst endet der Zweifel in reiner miesmacherei. Davor muss man aufpassen.

Im Grunde ist zweifel nur der erste Schritt zum Glauben - zum ergreifen eines Glaubens. Wahrscheinlich hatten die treuen Christen der Vergangenheit so viel von dem blauäugigen Glauben, dass nun erstmal die Gegenseite bzw. die Ergänzung an der Tagesordnung ist.

netten Gruß
Jing
 
AW: Kultur des Zweifels

hallo, forianer!

sehr interessantes thema hier!
also den konstruktiven zweifel würde ich als mutter aller veränderung sehen. erst wenn menschen an etwas zweifeln und dann auch nach lösungen streben, beginnt eine umwandlung in handeln, denken und wollen. der destruktive zweifel hingegen, der nur zerstören will und keine lösung für danach bietet, der ist nicht so doll und eher hinderlich. allerdings kann es oft sein, dass aus destruktivem zweifel konstruktives handeln erwächst.

nichtdualistische Wissenschaftstheorie?
Wissenschaft ohne Zweifel?

dazu fallen mir nicht viele Schriften ein

@scilla

was ist dann mit der quantentheorie und der kernchemie? wo ist da der dualismus?
 
AW: Kultur des Zweifels

:buch: P.S.:
Wenn das möglich wäre, würde die Entwicklung stehen bleiben. Deshalb findet man immer noch neuere (normalerweise größere) Zusammenhänge, in denen sich der sicher geglaubte Boden in Unsicherheit auflöst. Beispiel: Newton gegen Einstein. Oder Lebenspraktischer: "Wenn ich freundlich frage wird mir geholfen." wird zu "Wenn ich freundlich frage, wird mir geholfen, falls X."

Das ist Hegels Dialektik, habe ich inzwischen rausgefunden. Jede These lässt sich mit einer Antithese verbinden und wird so zur Synthese, die immer beide auf eine Weise enthält.
 
AW: Kultur des Zweifels

Also diese elenden Zweifel sind manchmal schon ganz schön schrecklich.
Als Philosoph leidet man ständig darunter und vorallem egal bei welcher Tätigkeit oder Gedanken immer flüstert der unewrbittliche Zweifel im Gehirn: "Ist das wirklich so", "Hat man sich das wirklich genau überlegt" , "Ist man jetzt wirklich ehrlich zu sich selbst" und so weiter.
Diese Zweifel können einen manchmal schon ganz schön zum Verzweifeln bringen(kommt wohl auch daher) vorallem wenn es um Gefühle geht.

Aber der Zweifel ist wohl auch das was einen Philosoph auszeichnet.
Wenn man alles erst mal kritisch betrachtet, fallem einen viele Dinge auf, die in unserer Welt schief laufen und auch viele Paradoxen in unserer Welt über die man lächeln kann.

Ich sehe den Zweifel also sowohl als die größte Schwäche des Menschen, weil er ihn immer unentschlossen bleiben lässt, als auch die größte Stärke,weil mit ihm eben erst Fortschritt wie schon dargestellt auf dieser Seite möglich ist.

Floh
 
AW: Kultur des Zweifels

Also diese elenden Zweifel sind manchmal schon ganz schön schrecklich.
Als Philosoph leidet man ständig darunter und vorallem egal bei welcher Tätigkeit oder Gedanken immer flüstert der unewrbittliche Zweifel im Gehirn: "Ist das wirklich so", "Hat man sich das wirklich genau überlegt" , "Ist man jetzt wirklich ehrlich zu sich selbst" und so weiter.
Diese Zweifel können einen manchmal schon ganz schön zum Verzweifeln bringen(kommt wohl auch daher) vorallem wenn es um Gefühle geht.

Aber der Zweifel ist wohl auch das was einen Philosoph auszeichnet.
Wenn man alles erst mal kritisch betrachtet, fallem einen viele Dinge auf, die in unserer Welt schief laufen und auch viele Paradoxen in unserer Welt über die man lächeln kann.

Ich sehe den Zweifel also sowohl als die größte Schwäche des Menschen, weil er ihn immer unentschlossen bleiben lässt, als auch die größte Stärke,weil mit ihm eben erst Fortschritt wie schon dargestellt auf dieser Seite möglich ist.

Floh

Wahre Worte...

Menschen, die nicht zweifeln (denken), sind arm und Menschen, die nur dies tun (weil sie vielleich nicht anders können), auch. Nur mag ich glauben Erstere sind arm und erbärmlich, Letztere sind arm aber edel. Gesund ist beides nicht..
 
AW: Kultur des Zweifels

Also diese elenden Zweifel sind manchmal schon ganz schön schrecklich.
Als Philosoph leidet man ständig darunter und vorallem egal bei welcher Tätigkeit oder Gedanken immer flüstert der unewrbittliche Zweifel im Gehirn: "Ist das wirklich so", "Hat man sich das wirklich genau überlegt" , "Ist man jetzt wirklich ehrlich zu sich selbst" und so weiter.

[...]

Ich sehe den Zweifel also sowohl als die größte Schwäche des Menschen, weil er ihn immer unentschlossen bleiben lässt, als auch die größte Stärke,weil mit ihm eben erst Fortschritt wie schon dargestellt auf dieser Seite möglich ist.

Ich finde, Zweifel muss im Zusammenhang eines Gesamtprozesses gesehen werden, um den Gedanken des Fortschritts, den du hier ansprichst, überhaupt erst erscheinen zu lassen. Oben habe ich das auch schon etwas überkürzt geschrieben: Aus Zweifel kann ein neuer Glauben erwachsen. Er tut es sogar immer. Dieses neuen Glaubens sollte man sich im Moment des Zweifelns bewusst sein, denn er gehört zum Zweifel, wie ein Zwilling zum anderen. Wenn man jetzt sagt: "Ich nehme einen neuen Glauben an." anstatt "Ich zweifele.", wird das Produktive offenbar.

Um zu zeigen, wie Zweifel mit einem neuen (angenommenen) Glauben zusammenhängt, möchte ich mal ein positives Beispiel wählen:

Wenn ich an meinem festgefahrenen Glauben zweifele, durch jede Prüfung zu fallen, nehme ich den Glauben an, eine Prüfung bestehen zu können.

Und der vollständigkeit halbe auch ein negatives Beispiel:

Wenn ich daran Zweifel die Prüfung zu bestehen, nehme ich den Glauben an, ich könnte sie bestehen (aber eben leider auch durchfallen).

Je nach tatsächlichen Stärken nicht unbedingt eine so schlechte Einstellung, an die Prüfung zu gehen.:)

Viele Grüße
J.
 
AW: Kultur des Zweifels

hallo, forianer!

ich habe in der letzten ausgabe der "time" ein interview mit dem ehemaligen chef der EG/EU, dem franzosen Delors, verfolgt. dortrin wurde er auch nach dem verbindenden für europa gefragt. er antwortete, dass für europa typisch der zweifel an bestehendem und an der welt allgemein seien!
dem konnte ich nur beipflichten. es in keinem anderen so großen gebiet der erde soviel umwälzungen gegeben wie in europa! das unterstützt diese these doch!
 
AW: Kultur des Zweifels

Man könnte jetzt mal schauen warum hier in Europa die meisten Umwälzungen und Erfindungen gemacht wurden, aber das wäre schon der nächste Tread.

Auch wäre interessant wie überhaupt Zweifel und auch die Philosophie zustande kommt. Kommt auch in meinen nächsten Traed.

Der Zweifel ist also im richtigen Maße gut und richtig, um nochmal zusammenzufassen.
Von einer Kultur des Zweifelns zu reden ist vll. etwas übertrieben, denn Kultur ist ja immer etwas, dass sich entwickelt hat und das etwas in best. Bahnen lenkt. Wer noch eine schönere Def. von Kultur hat der schreibe sie bitte rein, wir haben im Sozi Unterricht keine eindeutige gefunden.

Floh
 
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AW: Kultur des Zweifels

Von einer Kultur des Zweifelns zu reden ist vll. etwas übertrieben, denn Kultur ist ja immer etwas, dass sich entwickelt hat und das etwas in best. Bahnen lenkt.

Wieso? Siehst du da ein Wiederspruch? Die Idee der Zweifelns, des frei machens von einer unbegründeten Annahme, das lernen von Selbstständigkeit ist doch etwas, dass sich langsam entwickelt hat.

Freundliche Grüße
J.
 
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