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Julian Assange und die deutsche Bundesregierung

Ich möchte mal einen Ausschnitt des Interviews hernehmen, um mal was los zu werden.
MB: Was halten Sie von der Rolle von Annalena Baerbock? In der Opposition war sie eine starke Befürworterin der Freilassung von Julian Assange, aber seit sie Außenministerin ist, hat sie sich zu diesem Thema sehr zurückgehalten und sagte sogar, dass sie sich nicht dazu äußern könne, was sie während ihrer Zeit in der Opposition gesagt habe.

Shipton: Ich möchte sie nur bitten, sich an ihre früheren Aussagen zu halten. Als die jetzige Regierung ins Amt kam hat sie, soweit ich weiß, Erklärungen abgegeben, dass sie eine auf Werten basierende Außenpolitik betreiben und sich für die Menschenrechte einsetzen würde. Dann tun Sie es doch auch einfach, fordern Sie öffentlich die Freilassung einer Person wie Julian, die vom Europäischen Parlament für sein Engagement für die Menschenrechte ausgezeichnet wurde. Fordern Sie öffentlich seine Freilassung.
Ich persönlich empfinde das als eine ganz miese Nummer. In der Opposition hat sie sich vor jedes ihr dargebotene Micro präsentiert und ihren Schmonz abgelassen. Jetzt scheint ihr das irgendwie peinlich.


Und hier mal ein etwas ausführlicheres Hintergrundbild.

Oh.... der Ehring ist Putin-Freund! ;)

Naja, lassen wir diese Belanglosigkeiten mal bei Seite.
Worum geht es hier? Hier geht es um nichts mehr, als unsere Glaubwürdigkeit!
Der Werte basierte Westen (eigentlich müßte man dies in Anführungsstriche setzen) kritisiert gern, wenn sich Regierungen, die nicht mit diesen Werten übereinstimmen, sich benehmen, wie wir es nie tun würden. Dummerweise ignorieren wir diese Werte, wenn uns der Partner genehm ist. Das ist leider dumm. Denn wer so agiert, der untergräbt seine eigene Glaubwürdigkeit.
Das ist kontraproduktiv. Denn wer Regierungskritiker zB in Russland bedingungslos unterstützt aber die eigenen im Stich läßt, der ist nun mal nicht glaubwürdig. Warum kritisiert man zu recht die Strafe eines solchen, der durch ein russisches Gericht verurteilt wurde aber Assange findet kein Gehör? Das ist eindeutig eine Doppelmoral, die dem "UNS" mehr schadet, als man denkt. Das ist ein Bild des "Westens", welches nicht förderlich ist, wenn man andere Nationen von etwas überzeugen will.

Was hindert einen deutschen Politiker daran, sich für Assange einzusetzen und ihn in Gesprächen mit den Politikern der USA zu thematisieren? Ich weiß es wirklich nicht.

Niemand braucht sich zu wundern, wenn man solche Politiker nicht ernst nimmt und sich einer Politier-Verdrossenheit anschließt, die für mich in vielen Punkten nachvollziehbar ist.

mfg
 
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Was hindert einen deutschen Politiker daran, sich für Assange einzusetzen und ihn in Gesprächen mit den Politikern der USA zu thematisieren? Ich weiß es wirklich nicht.
ZB dass er kein auf US-Recht spezialisierter Jurist ist, und die 18 Anklagepunkte, von denen schon die Hälfte reichen würde, um Assange für den Rest seines Lebens gesiebte Luft atmen zu lassen: https://www.justice.gov/opa/pr/wikileaks-founder-charged-superseding-indictment
 
Auch Deutsche sitzen im US-Knast. Geht alles.
Ja, ich weiß.
Und wir machen mit solchen Ländern auch noch Geschäfte. :rolleyes:
 
ZB dass er kein auf US-Recht spezialisierter Jurist ist, und die 18 Anklagepunkte, von denen schon die Hälfte reichen würde, um Assange für den Rest seines Lebens gesiebte Luft atmen zu lassen.

Bin selbst kein Jurist, aber angenommen, Assange hielte sich in Deutschland auf, dann sollte es für ihn ganz anders aussehen.
Nach deutschem Recht kann jemand in Deutschland für eine Straftat angeklagt werden, die er in einem Ausland begangen hat. Aber nur dann, wenn es sich auch in Deutschland um eine Straftat handelt. Handelt es sich in Deutschland um keine Straftat, dann kann er weder angeklagt noch ausgeliefert werden.
Die Assange angelasteten Vergehen wären in Deutschland keine Straftat. Hochverrat gibt es natürlich auch hier, aber nur für Geheimnisträger. Ein solcher ist Assange aber nie gewesen, und in Computersysteme eingedrungen ist er selbst auch nicht. Er hat veröffentlicht, was andere ihm zugetragen haben, und das wäre - was ihn persönlich betrifft - hierzulande keine Straftat.
Wäre Assange hier, dann würde man wahrscheinlich - um den Beziehungen, dem Recht und der Diplomatie genüge zu tun - da er als Australier hier kein Aufenthaltsrecht hat, ihn in sein Heimatland Australien abschieben. Und was die Australier dann tun ... nun ... Schulterzucken.

Hätten die Briten gegenüber den Amerikanern einen Arsch in der Hose, was sie seit dem Ende des 2. Weltkriegs aber noch nie hatten, dann müssten sie eigentlich genau das tun. Sie schieben Assange als unerwünschte Person in sein Heimatland Australien ab, übergeben ihn den australischen Behörden ... und was die dann tun, nun, deren Sache.

Wie eine moderne Nation wie die USA ein derartig veraltetes, unmenschliches und vor allem unlogisches Rechtssystem haben kann, das habe ich noch nie verstanden. Wie kann man jemanden zu einem Strafmaß von "175 Jahren" (= Assange) verurteilen, wie bescheuert ist das denn? Auch bei uns kann ein Täter zu lebenslänglich verurteilt werden, was einer Haft von nicht unter 15 Jahren gleichkommt. Aber das ist dann i.d.R. Mord mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 18 Jahren. Es kann darüber hinaus eine Sicherungsverwahrung angeordnet werden, aufgrund der besonderen Schwere der Tat, aber auch eine Sicherungsverwahrung ist keine Haft und unterscheidet sich von dieser.

Aber selbst unter der Annahme, Assange sei ein Spion gewesen, wäre ein solches Strafmaß in Europa sicherlich undenkbar. Das ist keine Justiz, sondern Rachejustiz, wie in vielen anderen Fällen der amerikanischen Justiz auch. Straftäter sollen ihre Taten verbüßen, insbesondere bei schweren Straftaten, aber auch für diese Täter muss es zumindest eine Aussicht geben, irgendwann wieder auf freien Fuß zu kommen. Denn Menschen ändern sich mit den Jahren und insbesondere auch nach vielen Jahren der Haft.

In den USA sitzen - ständig - knapp 2 Millionen Menschen in Haft. In keinem Land der westlichen Welt ist der Anteil an Häftlingen so hoch. Zum Vergleich: Die USA haben eine Bevölkerung von rund 330 Mio. Menschen, Deutschland von 85 Mio., aber in Deutschland sind es gerade einmal 60.000 Menschen, die in Gefängnissen einsitzen. Rechnet man mit den Zahlen herum: Weniger als 1/8 einer solchen Quote, Pi mal Daumen.
Die amerikanische Gesellschaft sollte sich also vielmehr fragen, was eigentlich schief läuft in ihrem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" oder "Land der Freien" - und warum in ihrem tollen Wunderland rund 8x so viele Menschen im Gefängnis sitzen, als in den europäischen Ländern, die nicht wenige Amerikaner als "sozialistisch unfrei" zu bezeichnen mögen.
 
Viele Staaten haben Auslieferungsabkommen miteinander geschlossen. Assange dürfte nur dort halbwegs sicher sein, wo kein solches mit USA existiert.
 
In den USA sitzen - ständig - knapp 2 Millionen Menschen in Haft. In keinem Land der westlichen Welt ist der Anteil an Häftlingen so hoch.
Das liegt daran, weil man dort schnell rein und wieder raus kommt. Schon für Verkehrsdelikte, oder wenn man einen Richter beleidigt, kommt man für ein paar Wochen in den Knast.

Ich kenne persönlich einen Fall, wo einer 7 Jahre sitzen musste weil er vor der Polizei geflüchtet ist. Er hatte 1 Gramm Kokain dabei, kam in eine Verkehrskontrolle und ist abgehauen. Die natürlich mit mehreren Bullenwagen hinter ihm her und haben alles gefilmt. Vor Gericht wurden ihm dann seine waghalsigen Fahrmanöver gezeigt und wo er um ein Haar Menschen umgefahren hätte. Das wurde alle addiert und er kam auf 7 Jahre.

Wäre er nicht geflüchtet, wäre nicht viel passiert. Kleine Geldstrafe vielleicht, wegen illegalem Drogenbesitz (kleine Menge).
 
Ich kenne persönlich einen Fall, wo einer 7 Jahre sitzen musste weil er vor der Polizei geflüchtet ist. Er hatte 1 Gramm Kokain dabei, kam in eine Verkehrskontrolle und ist abgehauen. Die natürlich mit mehreren Bullenwagen hinter ihm her und haben alles gefilmt. Vor Gericht wurden ihm dann seine waghalsigen Fahrmanöver gezeigt und wo er um ein Haar Menschen umgefahren hätte. Das wurde alle addiert und er kam auf 7 Jahre.

Das wäre sicherlich auch in Deutschland nicht ohne gewesen. Aber ohne Vorstrafen, hätte ein Richter in D das mutmaßlich zur Bewährung ausgesetzt, was ein Strafmaß von unter 2 Jahren voraussetzt. Denn kein Richter Deutschlands kann ein Strafmaß von mehr als 2 Jahren zur Bewährung aussetzen. 1 Gramm Kokain hätte man als Eigenbedarf eingeschätzt (aber kein Handel), sich der Polizei entzogen, Gefährdung des Straßenverkehrs, Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber nicht aggressiv, keinen verletzt ...

In D hätte der Richter vermutlich etwas anderes angeordnet. Der Täter wird für vermutlich 3 Jahre unter Bewährungsauflagen gestellt und hat sich alle 1-2 Monate bei seiner Bewährungshelferin zu melden. Er muss sich einer Drogentherapie unterziehen, hat einer ordentlichen Arbeit nachzugehen usw. usf. Das Ziel der deutschen Justiz ist es - und das finde ich auch richtig - den Täter zu resozialisieren, seine Probleme in den Griff zu bekommen, und ihn gesellschaftlich zu stabilisieren.

Und bei den allermeisten ist das dann auch der richtige Weg. Man führt die Menschen auf den rechten Weg zurück und sie tun es dann auch. Die allermeisten Menschen wollen nicht als Kriminelle leben. Sie wollen ein Leben, ordentlich und in Würde, mit Arbeit, Wohnung, Familie und Spaß.
Wer trotzdem ausschert .., nun, dem ist vllt. nicht zu helfen.
Sieben Jahre Knast - oder überhaupt Knast in so einem Fall - bessern die Menschen aber nicht. Sie kommen dann nur aus dem Knast heraus, ohne Wohnung, ohne Arbeit ... und an alledem wird sich vorerst nichts ändern. Sie landen erneut wieder in der Kriminalität, weil diese Szenen die einzigen sind, die sie überhaupt unterstützen.
 
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